Beiträge von Tobias Clausing

    Der Arbeitgeber kann die Freistellung nicht verweigern, weil er nicht "gefragt" werden muss. Vorgeschrieben ist ausschließlich die Abmeldung unter Angabe der voraussichtlichen Dauer und die Rückmeldung - beides zum Zwecke der Umdisponierung der Arbeit.


    Der AG kann aber die Lohnfortzahlung verweigern, wenn er berechtigte Zweifel an durchgeführten Tätigkeit (es muss eine dem BR obliegende Aufgabe) oder an der Erforderlichkeit der Freistellung für diese Aufgabe hat. Der Zeitraum der rückwirkenden Anfechtung muss auf die geltenden Ausschlussfristen begrenzt werden. Das erklärt eventuell die drei Monate.


    Ein Verstoß gegen die Pflicht, sich abzumelden oder wieder anzumelden begründet laut Fitting eine Abmahnung oder gar Schandenersatzansprüche. Wird keiner notwendigen BR-Tätigkeit nachgegangen, dann wäre halt die Lohnfortzahlung aussetzbar. Passiert das auch noch bewusst, wäre hier meines Erachtens alles von Amtspflichtverletzung bis Arbeitszeitbetrug drin.


    Jetzt verlangt der AG das erste mal einen Nachweis meiner BR-Tätigkeit.

    So wie der BR ganz plötzlich Verhandlungen zu einer BV aufnehmen kann, kann auch der AG irgendwann beginnen, die Freistellung in Frage zu stellen.


    Hat der AG nicht damit schon indirekt einer Freistellung zugestimmt?

    Hat der BR damit der Versetzung eines BRM zugestimmt?

    Die Antwort ist in beiden Fällen "Nein".


    Insbesondere zur Freistellung, die ja seit 6,5 Jahren in Vollzeit erfolgt, gibt es eine konkrete Umsetzungsmöglichkeit, die sich aus § 38 BetrVG ("mindestens") ergibt. Es steht dem BR jederzeit frei, über die Mindestzahl hinausgehende Freistellungen einzufordern und direkt im Arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu klären (geht natürlich auch einfacher per Vereinbarung). Wenn diese volle Freistellung wirklich notwendig ist (das will ich hier garnicht beurteilen oder bezweifeln), dann ist natürlich die Frage berechtigt, warum der BR effektiv eigenmächtig eine weitere Freistellung in Anspruch nimmt und über den § 37 BetrVg begründet.


    Ich werde das Gefühl nicht los, dass es noch eine B-Seite der Geschichte gibt. Wenn du mit reinem Gewissen begründen kannst, dass das erforderliche BR Tätigkeit war und auch die Freigestellten vollständig ausgelastet sind, dann halte ich die bislang einmalige Anfrage des AG für uncool, nachvollziehbar und zumindest anteilig legitim.

    Dein Widerspruch ist in seiner Pauschalität ebenso falsch wie meine erste Aussage.

    Dein Zitat konnte ich im Urteil selbst nicht finden. Es wäre nett, wenn du für Zitate die Quelle angeben würdest.


    Konkret heißt es im Urteil:

    Zitat

    Entscheidend dafür, ob die Tätigkeit eines Betriebsrats­mitglieds als erforderlich i.S. von § 37 Abs. 2 BetrVG angesehen

    werden kann, ist, daß das betreffende Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdi­gung aller Umstände die ArbeitsVersäumnis für notwendig halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden (Fitting/Auffarth/Kaiser, aaO, § 37 RdNr, 25; Dietz/Richardi, BetrVG,

    6. Aufl., § 37 RdNr. 23; Galperin/Löwisch, BetrVG, 5. Aufl., § 37 Anm. 30; vgl. auch für das frühere Recht BAG AP Nrn. 4,

    7, 8 und 11 zu § 37 BetrVG; ähnlich GK-Wiese, aaO, § 37 Anm. 11).

    Es ist im konkreten Einzelfall nicht zu prüfen, ob auch ein freigestelltes BRM die Aufgabe übernehmen könnte.

    Zitat

    Dagegen spricht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, daß grundsätzlich die laufenden Geschäfte des Betriebsrats durch die freigestellten Betriebsratsmitglieder zu erledigen sind. Maßgeblich ist allein, ob der Kläger die konkrete Tätigkeit für erforderlich halten konnte.

    Trotzdem ist die Erledigung der laufenden Geschäfte vorrangig durch die freigestellten BRM zu erledigen und dies auch in die Überlegungen mit einzubeziehen.

    Grundsätzlich ist ein BRM frei in der Entscheidung, sich selbst für notwendige Betriebsratstätigkeit im erforderlichen Umfang freizustellen. Das muss auch ganz unabhängig vom Umfang nicht vom Gremium freigegeben oder hinterfragt werden.

    Der AG hat aber einen gewissen Auskunftsanspruch, wofür die Freistellung erfolgt, um die Erforderlichkeit auch prüfen zu können. Zudem hat der AG auch einen gewissen Anspruch, dass allgemeine Aufgaben auch von den freigestellten BRM wahrgenommen werden, um den restlichen BR zu entlasten. Sofern das BRM aber darlegen kann, dass die Freistellung notwendig war für BR-Arbeit und nicht auch von den Freigestellten BRM hätte erledigt werden können, dann muss der AG die Kröte schlucken.

    Der AG müsste sich parallel den Vorwurf der Behinderung der BR-Tätigkeit gefallen lassen und diesen ebenfalls entkräften. Bei drei freigestellten BRM nach § 38 und der nicht erfolgten Wahrnehmung einer möglichen Aufstockung halte ich die Frage an sich erst einmal für berechtigt. Auch gegenüber einem einzelnen BRM, dessen Freistellung "aus dem Rahmen fällt".

    dann wäre die Kappung von 55 wegen der zwischenzeitlichen Anpassung des Renteintrittalters auch zu bemängeln

    Das Gericht hat nicht gekappt und auch kein Alter festgesetzt oder sich in irgendeiner Weise ausgedacht.


    Der Sozialplan hat eine maximale Punktzahl von 55 für das Lebensalter (1 Punkt pro Jahr) vorgesehen. Das BAG hat festgestellt, dass das zulässig ist.

    Hätte der Sozialplan maximal 58 Punkte vorgesehen, dann wäre das Urteil vemutlcih gleich ausgefallen.

    Hätte der Sozialplan nur 53 Punkte vorgesehen, dann wäre auch das nicht pauschal unzulässig im Sinne des Gerichtes.


    Es darf nicht wegen des Alters diskriminiert werden und gleichzeitig darf das Alter sowohl positiv als auch negativ berücksichtigt werden. Es muss nur gut begründet sein und darf nicht zu Unrecht benachteiligen. Im Urteil wurde das anhand des Alters von 55 Jahren durchexerziert, was diese Grenze zu einer verhältnismäßig sicheren Altersgrenze macht. Es macht sie aber nicht zu einer Vorgabe, die regelmäßig angepasst werden müsste.

    Die Frage "Wo wollt ihr hin" ist auf jeden Fall eine der wichtigsten bei der Suche nach dem Weg.

    Die Sozialauswahl ist aus gutem Grund eine Mitbestimmungspflichtige Angelegenheit, weil sie ganz besonders die Mitarbeitenden betrifft und auch sehr abhängig von der gegenwärtigen Struktur des Unternehmens und der ggf. individuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt ist.

    Nur weil eine "Lösung" gesetzeskonform ist, ist sie nicht gut. Wenn es die eine gute Lösung gäbe, dann wäre sie quasi allgemein anerkannt oder gesetzlich vorgeschrieben.

    Es wäre also wirklich zu prüfen, ob anhand der konkreten Ergebnisliste beu euch im Betrieb jemand dabei ist, der ungerecht behandelt wird. Verlierer wird es auf jeden Fall geben, aber halt bestenfalls so fair wie möglich. Ich könnte mir z. B. vorstellen, dass bei kluger "Altersgrenze" für die Punkte die älteren MA (mit hohem Gehalt und nierigerer Leistung) gehen müssten, während die neueren MA mit schlechterem Gehalt und körperlich leistungsfähiger bleiben können. Im Idealfall sollten bei der Sozialauswahl alle am Ende ein reines Gewissen haben können.


    Nachtrag:

    Und dass der Staat jemanden als schützenswerter wertet, der im Zweifelsfall noch 10 Jahre Bürgergeld bekommen würde, als jemanden der nur noch 3 Jahre Bürgergeld bis zum Renteneintritt bekommen würde, entbehrt nicht einer gewissen Logik.

    Das Urteil des BAG ist kein Gesetzesentwurf sondern die Auslegung bestehender Gesetze, die älter sind als das Bürgergeld. In meinem idealisierten Bild des BAG werden Entscheidungen unabhängig von den Kosten für den Staat getroffen.

    Ich habe von dem Berufsfeld keine Ahnung, hatte nur Einschränkungsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen. Einen "passenden" Einfall habe ich nicht. Es dürfte aber vermutlich sehr kompliziert sein, so stark in die Tätigkeit einzugreifen und das dann auch vor Gericht vertreten zu können.

    Sofern ein Beschäftigungsverbot greift, dürfte auch die Suche nach einem anderen Arbeitgeber (bei gleichartiger Stelle) nicht hilfreich sein. Wenn kein Beschäftigungsverbot greift, dann müssten die Einschränkungen schon gesondert betrachtet und wirklich gut begründet werden.

    Das Gezeter der Muttis ist sicherlich ein gutes Argument, bis man die Kinder nach dem ersten Verstoß gegen irgendeine Regel beim Mittagessen direkt des Kindergartens verweist. Dann werden die meisten eine zweite Chance einfordern. Das ist nicht komplett vergleichbar, aber es gibt gute Gründe, warum Einträge im Führungszeugnis verjähren.

    Und sollte eine einzige Mutti von dem Eintrag erfahren würde ich vermutlich einen Anwalt nehmen und den gesamten Sauladen auseinandernehmen.

    Will sagen, auch eine mitbestimmungswidrig zustande gekommene Sozialauswahl führt nicht zwingend zum Erfolg des/der AN im Kündigungsschutzprozess.

    Der BR hat ganz zuerst einmal einen direkten Unterlassungsanspruch, wenn eine nicht mitbestimmte Sozialauswahl vorgenommen wird.


    Widerspruch gegen die Kündigung ist zwar bei Nichteinhalten der Auswahlrichtlinien möglich, aber vermutlich nicht basierend auf einer nicht erfolgten Beteiligung. Das dürften zwei getrennte Vorgänge sein.

    Ich kann mir z. B. die Kappung bei 55 mit den Punkten nicht vorstellen, das wäre vielleicht ein Thema das man mit dem AGG und einer möglichen Altersdiskrimierung ansehen müsste.

    Die Kappung verstößt nicht pauschal gegen das AGG sondern kann zulässig sein. Ich würde sogar stark vermuten, dass das zugehörige BAG-Urteil wegen genau dieser Frage ergangen ist.

    Die Punktevergabe habe ich gerade auch bei Haufe Personal-Office gefunden, mangels Zugang steht aber auch da kein Verweis zum konkreten Urteil.


    Ändert aber alles nichts daran, dass die Sozialauswahl mitbestimmt ist (völlig egal, ob der Vorschlag zulässig oder unzulässig ist).

    Bei einer mangelhaften Anhörung ist die Stellungnahme des BR unerheblich. Sie behebt Mängel in der Anhörung grundsätzlich nicht.

    Der unterlassenen Anhörung steht die mangelhafte Anhörung des Betriebsrats gleich, insbesondere wenn der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nicht ausreichend nachkommt, und zwar unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zur mangelhaften Anhörung Stellung genommen hat.

    "Korrekt ist es nicht."

    Das BAG hat Richtlinien zur Vergütung (das ist letztlich die Annahme dieser Überstunden) von Überstunden aufgestellt.

    Demnach müssen Überstunden nur vergütet werden, wenn sie vom AG ausdrücklich oder konkludent

    • angeordnet (das ist hier gerade nicht der Fall),
    • geduldet (auch das wurde hier explizit ausgeschlossen) oder
    • nachträglich gebilligt (hat er auch nicht)

    hat. Im Urteil geht es um eine weitaus größere Menge an Stunden, aber die Richtlinien sind sehr eindeutig aufgestellt. Nimm diesen Fall und arbeite die Randnotizen 30 ff. ab.


    Oder - ich lasse mich ja gerne überzeugen - liefere mehr als nur eine starke Behauptung. Weiter oben war für dich die Nichtannahme noch in Ordnung.

    Wenn der AG die Zeit annimmt, dann hat der AG ein Problem. Daher nimmt er die Zeit nicht an.

    Der AG muss kontrollieren und nachweisen , dass der AN die Pausen auch nimmt --- einfach abziehen beweist das nicht !
    Er könnte und müßte eine Pause ordnungsgemäß zuordnen , damit er die geleistete Arbeitszeit nicht annehmen muss ( LG Hamm)

    Der Arbeitgeber hat hier zwei ziemlich einfache Möglichkeiten: (Für die erste hat er sich aktuell entschieden)

    Er verweigert, so wie das alle hier beschrieben und für korrekt befunden haben, die Annahme rechtlich unzulässig geleisteter Arbeit. Und spätestens mit vorheriger Ansage und Anordnung ist da auch nichts mehr zu diskutieren.


    Oder er weist einfach eine feste, 30-Minütige Pause inmitten der Arbeitszeit an. Dann ist die Arbeitszeit wieder flexibler, dauert aber pauschal eine halbe Stunde länger.


    Es gibt einfach keine rechtlich zulässige Möglichkeit, mehr als sechs Stunden am Stück ohne Pause zu arbeiten. Und der Arbeitgeber haftet dafür, dass das eingehalten wird. Er tut also gut daran, auf exakte Einhaltung zu pochen.

    Das Ausbildungsverhältnis wird definitiv während der Probezeit beendet. Wir haben angeboten, auch einen Aufhebungsvertrag (ohne weitere Zugeständnisse) zu unterschreiben, weil sich das in Bewerbungsgesprächen und Lebenslauf einfach etwas besser macht. Im Idealfall kriegen wir den Azubi in einer schulischen Ausbildung unter. Wenn das aber alles nicht klappen sollte, dann wäre er leider erst mal arbeitslos.

    Vom Arbeitslosengeld habe ich (glücklicherweise) gänzlich keine Ahnung.

    Kurze Rückmeldung, weil das Ende auch gerne gehört wird:

    Die Perso hat, nachdem ich nachgehakt habe, die Info nachgeliefert, dass es sich um eine ordentliche Kündigung handelt.

    Wir haben aber eine etwas bessere Lösung gefunden, sodass die Kündigung nur eine Rückfalllösung bleibt.


    Kann man mit der Arbeitsagentur einen Deal machen, dass im Problemfall trotz Aufhebungsvertrag Arbeitslosengeld gezahlt wird? Ich hoffe, dass wir eine nahtlose Folgelösung mit voller Anrechnung der ersten Monate hinbekommen, das ist aber noch nicht ganz sicher.

    BR-Sitzung vorbereiten ist ja nur eine der Aufgaben des BRV

    Technisch betrachtet hat der BRV nur die Einladung unter Nennung der Tagesordnung zu versenden. Er darf die TOPs selber festlegen (in leicht eingeschränkter Hinsicht) und auch den Termin selber festsetzen. Es spricht aber nichts dagegen, dass er am Ende nur den Vorschlag von irgendwem prüft und dann versendet.

    In vielen Gremien wird die Tagesordnung in der vorherigen Sitzung schon beschlossen/entworfen. Und der Termin ist auch meistens ein Mehrheitsbeschluss.

    Der BRV trägt also "nur" die Verantwortung für die ordnungsgemäße Einladung.