Hallo,
bei uns wollen Sie 19 Mitarbeiter kündigen.
Auszug aus dem Kündigungsschreiben:
Konkret hat sich das Unternehmen dazu entschieden, in der Abteilung Werker am Standort X insgesamt 19 Arbeitsplätze durch Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen abzubauen.
Die angeführten Umstrukturierungsmaßnahmen sind aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen dringend notwendig und angezeigt. Die Verkleinerung der Abteilung der Werker muss unverzüglich durchgeführt werden.
Dies führt dazu, dass betriebsbedingte Kündigungen leider alternativlos sind. Insbesondere existieren auch keine freien Arbeitsplätze, auf die die zu kündigenden Mitarbeiter versetzt werden könnten.
2. Sozialauswahl
Neben dem oben genannten Mitarbeiter werden insgesamt 218 Mitarbeiter beschäftigt, wobei in der Abteilung Werker am Standort X insgesamt 56 Mitarbeiter beschäftigt werden, die mit ihm vergleichbar (horizontal und im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit) sind. Ein Mitarbeiter hat das Beschäftigungsverhältnis zwischenzeitlich durch Eigenkündigung zum 31.12. 2023 beendet.
Diese restlichen 55 Mitarbeiter sind horizontal miteinander vergleichbar. Insoweit können die Mitarbeiter sich untereinander während urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit vertreten.
Auch unter den verbleibenden Mitarbeitern der Abteilung Werker am Standort X wurde die gesetzliche vorgeschriebene Sozialauswahl durchgeführt. Die Sozialauswahl beruht auf einem vom Bundesarbeitsgericht abgesegneten Punkteschema, welches wie folgt lautet:
- Dienstjahre: bis 10 Dienstjahre je Dienstjahr: 1 Punkt, ab dem 11. Dienstjahr je Dienstjahr: 2 Punkte, wobei nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch eine maximale Punktezahl von 70 aufgrund der Dienstjahre berücksichtigt werden kann.
- Lebensalter: für jedes volle Lebensjahr: 1 Punkt, wobei lediglich die Lebensjahre bis zum 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch maximal 55 Punkte aufgrund des Lebensalters erreichbar sind.
- Unterhaltspflichten: je unterhaltsberechtigtem Kind: 4 Punkte, verheiratet: 8 Punkte.
- Behinderung: Schwerbehinderung bis zu 50% Erwerbsminderung: 5 Punkte, Schwerbehinderung mit über 50% Erwerbsminderung je 10% weitere Erwerbsminderung: jeweils 1 Punkt
Dies wiederum führt zu folgendem Punkteergebnis, welches sich aus der in der Anlage beigefügten Mitarbeitertabelle ergibt.
Anhand der Sozialpunkte wird insoweit ersichtlich, dass folgende Mitarbeiter den geringsten sozialen Schutz aufweisen und insoweit zu kündigen sind:
xxxx
Da das Punktesystem nicht mitbestimmt ist, wollen wir den Kündigungen widersprechen.
Quelle: https://www.betriebsrat.de/bet…slexikon/br/sozialauswahl
Ein Punkteschema für die soziale Auswahl ist eine mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie (§ 95 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Dies gilt auch, wenn es der Arbeitgeber nicht generell auf alle künftigen betriebsbedingten Kündigungen, sondern nur auf konkret bevorstehende Kündigungen anwenden will. Verletzt der Arbeitgeber in einem solchen Fall das Mitbestimmungsrecht, kann ihm auf Antrag des Betriebsrats die Wiederholung des mitbestimmungswidrigen Verhaltens auf der Grundlage des allgemeinen Unterlassungsanspruchs gerichtlich untersagt werden (BAG v. 26.7.2005 – 1 ABR 29/04). Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 95 Abs. 1 S. 2 u. 3 BetrVG). Auch wenn diese Vorschrift dem Betriebsrat kein Initiativrecht verleiht, hängt dessen Mitbestimmungsrecht nicht davon ab, ob der Arbeitgeber bereit ist, ihn an der Erstellung der bei der personellen Auswahl anzuwendenden Grundsätze zu beteiligen. Sinn und Zweck der Mitbestimmung besteht neben der Gewährleistung von Durchschaubarkeit der Personalentscheidungen darin, dass der Betriebsrat im Interesse der Arbeitnehmer Einfluss nehmen kann, unter welchen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen personelle Einzelmaßnahmen erfolgen sollen (BAG v. 26.7.2005 – 1 ABR 29/04).
Machen wir das richtig? Hatten noch nie eine Sozialauswahl und es gibt hier auch keine BV.
Danke für eure Antworten und sorry für den langen Text