Informationsweitergabe durch den Betriebsrat bei betriebsbedingten Kündigungen

  • Der Arbeitgeber informiert den BR mündlich darüber, dass vermutlich betriebsbedingte Kündigungen ins Haus stehen. Der Arbeitgeber erlegt dem BR Schweigen darüber auf. Der BR weiß nun was, darf aber die Kollegen der Abteilung nicht vorwarnen.
    Ist das korrekt, dass der BR jetzt solange den Mund halten muss?

    Und was wäre, wenn es sich nicht mehr um nur vermutliche Kündigungen handelt, sondern der Arbeitgeber schon weiß, dass es zu den betriebsbedingten Kündigungen kommen wird: Kann er auch dann den BR verpflichten zu schweigen bis er als Arbeitgeber die Mitarbeiter informiert?
    Was ist wenne einzelne aus dem BR sich nicht daran halten?

  • Hallo Meppen,

    grundsätzlich bin ich der Meinung, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht unter die Geheimhaltungspflicht nach § 79 BetrVG und § 102 Abs.2 Satz 5 fallen. Es handelt sich weder um Geschäfts- noch Betriebsgeheimnisse. Ebenso kann man nicht von persönlichen Verhältnissen der AN sprechen.

    Das der AG hier eine Schweigepflicht auferlegt ist m.E. also nicht verbindlich für den BR.

    Was Euren speziellen Fall angeht habe ich jedoch so meine Zweifel, wie man mit der Sache umgehen soll. Du schreibst ja: ...dass vermutlich betriebsbedingte Kündigungen ins Haus stehen.(Fettung von mir)

    Willst Du die AN über das "vermutlich" informieren?

    Habt Ihr einen WIA? Den würde ich mal zuerst darauf ansetzen.

    Und wie sieht es mit Betriebsänderung (§111 BetrVG) aus? War die Information des AG bereits die im § 111 BetrVG verlangte "umfassenede Unterrichtung?

    Gruß

    Wolle

  • Hallo Wolle,
    danke! Ich sehe das nämlich auch so, dass der AG hier keine Schweigepflicht verordnen kann, wenn tatsächlich betriebsbedingte Kündigungen ins Haus stehen.
    Innerhalb (!) des Gremiums wurde vom Vorsitz und vom Stellvertreter absolutes Stillschweigen gefordert und Mitgliedern des Gremiums schärfste Konsequenzen angedroht, falls sie sich verplappern würden.
    Deshalb die Frage, was einem BR-Mitglied hier passieren könnte, wenn es sich nicht daran hält.

  • Noch eine Nachfrage an Wolle: Du zitierst: § 102 Abs.2 Satz 5. Hier geht es doch aber noch nicht um die Anhörungen zur Kündigung an und für sich, sondern um eine Vorab Information des Betriebsrates: "In der Abteilung XY werden demnächst X Personen betriebsbedingt gekündigt.".

    Die Frage ist ja auch, was wir als BR mit der Info machen können; noch gab es ja keine Anhörungen zu den Kündigungen. Die Arbeitnehmer vorab informieren, macht, glaube ich, auch keinen Sinn. Das sollten sie dann mal besser vom Arbeitgeber erfahren. Der informiert sie, bietet "goldenen Handschlag" und Tipps für die optimale Bewerbung bei einem neuen Arbeitgeber. Dann kommen die Anhörungen und dann beginnt unsere Arbeit, indem wir schauen, ob es nicht noch andere (freie) Arbeitsplätze im Unternehmen gibt, die auf diese Leutchen passen können.
    §111 greift nicht, sind zu wenige Arbeitnehmer im Vergleich zu der Gesamtmenge an Arbeitnehmern.

  • Hallo Meppen,

    im schlimmsten Fall könnte ein Ausschlussverfahren nach § 23 BetrVG drohen. Dazu müsste aber dann die Forderung des AG nach Verschwiegenheit vom Gericht als berechtigt angesehen werden. Was ich mir jedoch nicht vorstellen kann.

    Sehe gerade, Du hast noch eine weitere Frage gepostet.

    Der Verweis auf § 102 (mit dem dortigen Verweis auf § 99) war nur der Vollständigkeit halber, da auch dort die Verschwiegenheitspflicht des BR behandelt wird. Hatte also zum aktuellen Zeitpunkt nichts mit dem Fall direkt zu tun.

    Wolle

  • Wir hatten zwei ähnliche Fälle: Wir haben als BR die Anhörung zur Einstellung von neuen Mitarbeitern erhalten, die als Ersatzeinstellung für auslaufende befristete Verträge gekennzeichnet waren.

    Ein BR-Mitglied hat die betroffenen Kollegen informiert, dass es lt. Willen des AG wahrscheinlich nicht mit ihnen weitergehen werde und hat sie (beratend) daran erinnert, sich rechtzeitig arbeitssuchend zu melden.

    Der AG bekam Wind von der Sache, da die beiden Kollegen natürlich ob ihres drohenden Arbeitsplatzverlustes unruhig wurden. Dem BRM wurde eine Abmahnung ausgesprochen wegen Verletzung der Vertraulichkeit (die dieses BRM auch stillschweigend hinnahm). Es habe keinerlei Recht, AN auf personelle Maßnahmen anzusprechen, bevor es nicht der AG aufgrund seiner Fürsorgepflicht (Haha!) selbst getan habe.

    Aus der Anhörung zur Ersatzeinstellung habe sich für den BR ja auch noch längst keine automatische Nichtweiterbeschäftigung der befristeten AN in einem anderen Bereich ableiten lassen.

    In einem anderen Fall wurde der BR informiert, dass die a.o. Kündigung eines MA geplant sei, man aber den MA zuvor unter Beteiligung des BR zu den Vorwürfen noch anhören wolle. Ein dem AN nahestehendes BRM informierte den MA über den bedrohten Fortbestand des AV.

    Auch hier erfuhr der AG von der Informationsweitergabe, worauf er den BR auf das Schärfste angriff, seine Vorgehensweise zu untergraben und dem MA schwere mentale Schäden zuzufügen, die der AG im Rahmen seiner Fürsorgepflicht während des Gesprächs ganz anders hätte auffangen können.

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.