Lunch and Learn - hab ihr damit schon Erfahrungen gemacht?

  • Hallo,

    bei uns gibt es Bestrebungen, "kleinere" Schulungen in Form von "lunch and learn" anzubieten. Die Idee ist, dass die Mittagspause dafür genutzt wird - also die Leute sich mit ihrer Butterstulle dazu setzen (Zitat "Das wird in USA ständig so gemacht")

    Argument dafür ist, dass dort Dinge angesprochen werden, die nicht essentiell, aber nützlich sind, und jeder selbst entscheiden kann, ob er seine Freizeit dafür nutzen will.

    Gegenargument von uns: Pausen sind Pausen, und Fortbildung ist Fortbildung - wenn etwas nötig ist, soll der AG auch die Zeit dafür zahlen, wenn es nicht nötig ist, braucht man es nicht anbieten.

    Da wir eine Gleitzeitregelung ohne feste Pausen haben, ist es schwierig, es über die Schiene zu verhindern.

    Jetzt ist meine Hauptfrage (wie im Topic genannt), ob von euch jemand so etwas kennt und wenn ja, wie es umgesetzt wird.

    Und die Nebenfrage - ist der §98 immer noch verwendbar als Bremse, auch wenn der AG die Teilnahme an den Veranstaltungen als "freiwillig" deklariert?

    Ich bin gespannt auf eure Meinungen.

  • Wenn es freiwillig ist, sind das dann keine Infos, die ich beachten muss. Zumindestens kann mir keiner hinterher vorwerfen, ich hätte das Eine oder Andere wissen müssen.
    Und das wäre das Argument, dass ich den MA mitteilen würde. Wenn da keiner mehr hingehen würde, wird der AG dieses Vorgehen auch bald ändern.
    Ich glaube nicht, dass wir hier im 98er sind. Da geht es um Berufsbildungsmaßnahmen. Jetzt müsste man wissen über was bei den Treffen gesprochen wird und ob das zur Berufsbildung gehört oder nicht. .

  • Hallo,

    habe zu Definition des Begriffes "Pause" folgende Ausführung gefunden:

    eine Pause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes liegt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dann vor, wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeitsunterbrechung weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten braucht, sondern freie Verfügung darüber hat, wo und wie er diese Ruhezeit verbringt. Entscheidendes Kriterium für die Pause ist somit die Freistellung des Arbeitnehmers von jeder Arbeitsverpflichtung und auch jeglicher Verpflichtung, sich zum Dienst bereit zu halten. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer während einer Ruhepause nicht (mehr) dem Direktions-, Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt – also Vorschriften und Anordnungen, wo er die Pause zu verbringen habe (spezielle Räume, Aufenthalt im Bereich der Station, Abteilung etc.) und wie er sie zu verbringen habe, nicht möglich sind; nur dann ist das für die Pause essentielle Autonomie- und damit Erholungskriterium erfüllt.

    BAG, Entscheidungen vom 5.5.1988, 27.2.1992 und 23.2.1992, AP Nr. 1, 5 und 6

    Hier liegt m.E. ein Verstoss gegen das ArbZG vor der nach § 22.1.2 und § 22.2 für den AG richtig teuer werden kann.

    Die erwähnte Freiwilligkeit der Teilnahme zieht m.E. nicht, da einer "Freiwilligkeit im Arbeitsverhältnis" kritisch gegenüber gestanden werden muss.

    Gruß
    Wolle

  • Zitat von Wolle :


    Die erwähnte Freiwilligkeit der Teilnahme zieht m.E. nicht, da einer "Freiwilligkeit im Arbeitsverhältnis" kritisch gegenüber gestanden werden muss.


    Ich habe mit dem freiwilligen Verzicht auf irgendeinen Rechtsanspruch eines Arbeitnehmers immer ein Problem.
    Auch wenn vielleicht der eine oder andere sagt, dass er selbst entscheiden kann, legt er damit doch eine "Messlatte" auf. An dieser Messlatte werden die Kollegen dann gemessen und... fallen in Ungnade. Deswegen werde ich als BRM niemals einer Regelung zustimmen, welche meine Kollegen unter kollektivem Zwang "freiwillig" durchführen sollen.

    In meiner Firma wurde mal ein Englischkurs angeboten. Der AG stellte eine Liste auf, welche MA aus seiner Sicht an dem Kurs teilnehmen sollten. Da aber der Unterricht in die Freizeit fiel und auch nicht als Gutstunden verbucht werden sollte, machte der AG den eleganten Schlenker und bot den Unterricht für die freiwillige Teilnahme an. Kosten übernahm der AG.

    Ich habe mich vehement dagegen gewehrt und habe es noch jahrelang hinterhergetragen bekommen. Auch heute noch!

    Gruß
    Rolf

  • Vielen Dank für eure Beiträge - sie haben mir weitere Argumentationshilfen gegeben.

    Den §98 sehe ich schon einschlägig, da es in Abs. 6 heißt, dass die Vorschriften auch für "sonstige" Bildungsmaßnahmen gelten. Ich war nur im Zweifel, ob eine freiwillige Teilnahme das aushebeln kann.

    Problem ist halt immer, wie freiwillig etwas ist, wenn der Chef sagt "das könnte interessant für Sie sein" - keine explizite Aufforderung, aber schon eine deutliche Erwartungshaltung (wie Rolfs Beispiel zeigt).

    Da werden wir wohl einfach nur abwarten können - und natürlich aufmerksam beobachten, und viel Aufklärung betreiben ... auch im Vorfeld, dass keine essentiellen Themen so abgehandelt werden.

  • Hallo,

    der Begriff der "Freiwilligkeit" ist in einem Abhängigkeitsverhältnis, und ein Arbeitsverhältnis ist ein solches, immer ein Problem.

    Der BR kann (und sollte) dies auf jeden Fall über seine Mitbestimmungsrechte unterbinden, einschlägig ist für mich v.a. der § 87 I Nr. 2 BetrVG, dabei ist die "Freiwilligkeit" der AN unerheblich: Wurde im Benehmen mit dem BR eine Pause festgelegt, so ist diese einzuhalten, und dafür hat der AG zu sorgen. Punkt. Und die Zustimmung zu einer Gleitzeit durch den BR ist nicht in eine Zustimmung zur Nicht-Pausen-Nahme umzudeuten.

    Grüsse Winfried

    Edit: Der § 98 zieht ebenfalls, und auch der wird durch die angebliche "Freiwilligkeit" nicht ausgehebelt.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo Marsu,

    mit "einfach nur abwarten" ist glaube ich die falsche Vorgehensweise.
    Da sind Mitbestimmungsrechte des BR betroffen (siehe Beitrag von Winfried oben).
    Und da wird gegen ein Gestz verstossen (siehe mein Beitrag oben).
    Mach in diesem Zusammenhang auf § 80 BetrVG aufmerksam:
    (1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
    1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen,
    Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;

    Gruß
    Wolle

  • Das "abwarten" bezog sich darauf, ob sie wirklich versuchen werden, diese Idee umzusetzen. Im Moment ist das noch offen, wobei wir schon bei der ersten Erwähnung dieser Idee darauf hingewiesen hatten, dass es sich unserer Ansicht nach dabei nicht mehr um Pausen handeln kann.
    Wenn da jetzt nichts mehr kommt, reicht uns das ja - aber falls doch, habe ich jetzt reichlich Munition von euch bekommen.

    Danke euch dafür! :)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.