AU Bescheinigung am nächsten Tag bei AG

  • Hallo Leute,

    habe von einer Bekannten einen AV bekommen in dem steht:

    Die AN ist verpflichtet jede Arbeitsverhinderung und ihre Dauer unter Angabe der Gründe unverzüglich mitzuteilen.
    (Soweit in Ordnung)
    Die AN hat eine ärtzliche Bescheinigung über das Bestehen der AU sowie deren voraussichtliche Dauer, spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.
    (Hier habe ich ein Problem)

    Mir ist §5 EntgFG bekannt.
    Wie ist aber §5 EntgFG Satz 3 zu werten?
    Das die Bescheinigung schon ab dem ersten Tag ausgestellt sein muss, oder dass sie auch schon am am nächsten Tag vorliegen muß?

    Bei meiner Bekannten, soll sie ja am Folgetag vorliegen. Was aber per Post schlecht realisierbar ist. Bei Ihr hat die Post sage und schreibe 4 Tage gebraucht. Den AG hat sie per Anruf am ersten Tag über die AU informiert.
    Jetzt hat sie eine Abmahnung bekommen.

    Ich habe versucht zum §5 mehr Infos zu bekommen aber den Satz 3 haben die meisten Komentierungen zum Ausstellen der AU ab dem ersten Tag abgehandelt.
    Kann ein AG wirklich verlangen, dass eine AU am nächsten Tag bei Ihm im Briefkasten ist?
    Ich war bisher der Meinung, dass ich zwar ab dem ersten Tag eine AU Bescheinigung brauche, (wenn vorgeschrieben) aber nicht, dass sie am nächsten Tag vorliegen muss. Bei uns ist es im TV wie im Gesetz geregelt nur, dass dann der Satz 3 aus dem §5 EntgFG in folgenden Satz abgeändert wurde:
    In begründeten Fällen kann auch schon für den ersten Tag der AU die Bescheinigung verlangt werden. (heißt aber nicht, dass sie am nächsten Tag beim AG sein muss.

    Was wisst Ihr darüber? wie seht Ihr das?

  • Zitat von Bartender :


    Bei meiner Bekannten, soll sie ja am Folgetag vorliegen. Was aber per Post schlecht realisierbar ist. Bei Ihr hat die Post sage und schreibe 4 Tage gebraucht. Den AG hat sie per Anruf am ersten Tag über die AU informiert.


    Bei uns wird die gescannte und per Email zugeschickte AU akzeptiert. Das Original der AU wird dann übergeben, wenn man wieder in der Firma ist. Bei Krankenhausaufenthalt reicht der Anruf und das Nachreichen der AU sobald wie möglich. Sogar meine Krankenkasse akzeptiert die für sie vorgesehene AU (DIN A5) gescannt per Email! Da muss ich das Original noch nicht einmal mehr zusenden.

    Gruß
    Rolf

  • Hallo Rolf hallo Wolle,

    so eindeutig sind diese Aussagen nicht.
    Zum einen ist es ok, wenn eine Fa. ein Fax oder gescante AU akzeptiert.
    Aber ich konnte definitiv nirgends lesen, dass die AU am nächsten Tag beim AG sein muss. Das liegt doch nicht mehr in meinem Einflussbereich.
    Selbst wenn ich dies mit Einwurf Rückschein mache, dauert das unter umständen auch zwei bis drei Tage. Ich kann mir auch schwerlich vorstellen, dass ich gehalten bin, Personen zu beauftragen um eine AU beim AG einzuwerfen.

    Bei meiner bekannten sieht es auch so aus, dass sie weder Scanner noch Fax hat. Und in der Nachbarschaft rumrennen um Hilfe zu bekommen mit Fieber oder gebrochenen Gliedern kann auch nicht sinnhaft sein.

  • Hallo Bartender,

    Du hast geschrieben:
    Aber ich konnte definitiv nirgends lesen, dass die AU am nächsten Tag beim AG sein muss.

    Das geht für mich eindeutig aus § 5 Satz 2 EntgFG hervor.

    Hier steht doch :Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.

    Oder verstehe ich da etwas falsch?

  • Hallo Wolle,

    ja du versteht da etwas falsch oder ich habe mich nicht richtig ausgedrückt.

    Es geht darum, dass wenn ich am ersten Tag krank bin und mein AG sagt, dass er die AU Bescheinigung für den ersten Tag am nächsten TAg vorliegen haben möchte.
    Bsp.
    Ich werde am Dienstag krank.
    melde mich krank
    gehe zum Arzt
    werde für zwei Tage (bis Donnerstag) Krankgeschrieben
    melde meinem AG dass ich zwei Tage ausfalle,
    jetzt müsste ich nach dem willen meines AG, die AU bis Mittwoch vorlegen.Also am nächsten Tag.

    Ist das jetzt etwas genauer?
    Und jetzt die Frage: wie kommt meine AU bescheinigung innerhalb eines Tages ( Von Dienstag auf Mittwoch) zum AG???

  • Hallo Bartender,

    war schon richtig verstanden!
    Wie Du die AU nun binnen eines Tages zum AG bekommst liegt allein in Deiner Verantwortung.
    Wenn Post und Fax nicht in Frage kommen bleibt nur selbst die AU abzugeben oder einen Dritten damit zu beauftragen, damit Du auf der sicheren Seite bist.

    Gruß
    Wolle

  • Hallo Bartender,

    Du liegst mit Deiner Vermutung richtig.

    § 5 Abs. 1 Satz 3 bezieht sich nach der mir bekannten Kommentierung ausschließlich auf den Zeitpunkt, ab dem die AUB ausgestellt sein muß. Der AG kann auch bei Kurzzeiterkrankungen eine AUB ab dem ersten Tag verlangen.

    Bei der Vorlage (= Frist zur Überbringung) der AUB kann der AG nicht einseitig extrem kurze Fristen setzen, sondern muß die Dauer der zulässigen Übermittlungswege akzeptieren. Selbst Behörden setzen hier mittlerweile für den Postweg bis zu 3 Werktage als üblich an. Dabei ist die reale Postlaufzeit weniger wichtig als die unverzügliche Absendung der AUB.

    Die Abmahnung aus dem von Dir genannten Grund halte ich für abwegig, die entsprechende Bestimmung im ArbV für rechtswidrig, da sie den AN mE unangemessen benachteiligt, was wiederum dazu führen könnte, daß auch die anderen Bestimmungen, die § 5 EFZG einschränken, rechtswidrig sein könnten.

  • Hallo whoepfner,

    der AG setzt hier nicht einseitig eine extrem kurze Frist zur Überbringung der AU.
    Er hält sich wortgetreu an den § 5.1 Satz 2.
    Auch der Passus im AV spiegelt lediglich den Inhalt dieses Satzes wieder.
    Die Sache ist rechtlich m.E ganz in Ordnung, wenn auch von der Durchführbarkeit eher bedenklich.

    Gruß
    Wolle

  • Hallo Wolle,

    "Er hält sich wortgetreu an den § 5.1 Satz 2."
    Da bist du gemeinsam mit dem AG bei dem Begriff "wortgetreu" auf dem falschen Dampfer.
    Der Begriff des "Vorlegens" in § 5 EFZG bezieht sich eben nicht auf den Vorgang, daß der AG die AUB vorliegen hat, sondern darauf, daß bereits der Zeitraum vor dem 4. Tag der AU durch die AUB abgedeckt wird.
    Steht so in jeder mir bekannten Kommentierung.

  • Zitat von whoepfner :


    § 5 Abs. 1 Satz 3 bezieht sich nach der mir bekannten Kommentierung ausschließlich auf den Zeitpunkt, ab dem die AUB ausgestellt sein muß. Der AG kann auch bei Kurzzeiterkrankungen eine AUB ab dem ersten Tag verlangen.


    anders im Erfurter (2010, Rn 6), der als maßgebend für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht den Zugang der Nachricht beim Arbeitgeber, nicht die Absendung sieht. Da kann ich mich eben nicht auf die Post verlassen und muss ggf. die Bescheinigung selbst oder durch einen Boten vorbei bringen. Die Fälle, in denen dies nicht möglich sein sollte, dürften sehr wenige sein.

  • Hallo.

    Zitat von Siegbert :

    Da kann ich mich eben nicht auf die Post verlassen und muss ggf. die Bescheinigung selbst oder durch einen Boten vorbei bringen. Die Fälle, in denen dies nicht möglich sein sollte, dürften sehr wenige sein.

    Einerseits gebe ich Dir recht, auch m.W. bezieht sich das auf den Zugang der AUB.

    Jedoch die obige Schlußfolgerung halte ich für nicht ganz richtig; ich habe jetzt zwar nicht nochmal in die Kommentierung geschaut, meine mich jedoch erinnern zu können, dass dort auch von der "Zumutbarkeit" bzw. "technischen Möglichkeit" die Rede ist, die AUB entsprechend zu übergeben. Einem/einer erkrankten AN wird es je nach Gesundheitszustand und Entfernung vom Arbeitsplatz u.U. nicht zumutbar sein, die AUB selbst zu überbringen, auch wird je nach Gesundheitszustand auch nicht erwartet werden können, dass er/sie BotInnen rekrutiert (auch dann bliebe ja übrigens das Übermittlungsrisiko bei dem/der AN).

    Ggf., so möglich, finde ich die Idee des Faxens bzw. des Scannens / Fotografierens der AUB mit anschließendem Mailversand ganz gut - vorausgesetzt, der/die AN hat diese Möglichkeit.

    IdR wird man mangels Alternativen die Post nutzen (müssen), sollte aber das Absendedatum dokumentieren.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • wenn ich in besagter Randnote weiter lese, dann heißt es da, dass das Gesetz dem Arbeitnehmer nur aufgibt, den Arbeitgeber so schnell zu informieren, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Diese zu beurteilen, wird in Streitfällen dann auch Sache des Gerichts sein.

  • Wobei eine verkürzung der Frist zur vorlage der AUB dem Mitbestimmungsrecht
    nach §87 Abs1 Nr.1 BetrVG unterliegt und somit einseitig ausgesprochen Unwirksam ist, dazu gibt es ein BAG Urteil (momentan habe Ich leider das Aktenzeichen in der Firma).Aussnahme wäre allerdings auch ein Tarifvertag bzw. kein BR.

  • Hallo Leute,

    wenn ich mir das Alles so durchlese, kan ich nur feststellen, dass Ihr geteilter Meinung seit und keine handfeste Aussage hierzu bis jetzt bekannt ist.
    Ich werde hier natürlich auch weiter suchen und mal schauen, ob ich zum Vorteil der AN fündig werde.

  • Ich habe im Schaub, Arbeitsrechts Handbuch (11 Auflage) unter §98, Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall, V. Anzeige und Nachweispflichten einiges gefunden, die schon aussagen, dass dies nicht richtig geregelt ist.
    Unter §98 Rn 119-163 stehen wirklich viele gegensätzliche Aussagen.
    Interessant ist die Rn 158. Anzeige und Nachweispflicht im Ausland aus der ich einiges mehr ableiten würde.
    "der AN wird daher i.d.R. eine Mitteilung durch telefon, Telefax, oder Telegramm machen müssen.Fettung von mir
    Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der AG zu tragen. Dagegen besteht kein Grund, den AG anders als bei erkrankung im Inland mit den erwachsenden Grundkosten zu belasten..... den Rest schenk ich mir

    Warum soll den ein Attest aus dem Ausland nicht am nächsten Tag da sein?
    Dies zeigt doch, dass aufgrund der Umstände, nicht gewährleistet werden kann, ein Attest am nächsten Tag vorzulegen.

    Wenn ich das ganze mal interpretieren darf:
    Es geht im Grunde nur um das Leistungsverweigerungsrecht des AG wenn keine AUB vorliegt, wenn dies ab dem ersten Tag verlangt wird. Das Leistungsverweigerungsrecht unterbreche ich, mit dem Nachreichen einer AUB. Für mich als AN ist es uninteresant was das Geld angeht. Mit der AUB bekomme ich es.
    Disziplinarisch sieht es anders aus: Hier habe ich nur die Möglichkeit zu Klagen gegen die ausgesprochene Abmahnung, in dem von mir beschribenen Fall.
    bringt aber nichts, weil bei einer KündschKlage der Richter feststellen sollte, ob die Abmahnung gerechtfertigt war. Hier ist der AV wahrscheinlich nicht sauber formuliert. Bringt aber viel Unruhe ins Arbeitsleben und den einen oder Anderen AN in die Arbeitslosigkeit.:evil:

  • Das Betriebsverfassunggesetz schliesst eine einseitige Verkürzung der Vorlagepflicht aus (auch Vertraglich).

    c) Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG wird nur dann ausgeschlossen, wenn eine inhaltliche und abschließende tarifliche Regelung über den Mitbestimmungsgegenstand besteht (siehe nur BAG Großer Senat 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134, zu C II 1 der Gründe). Nur dann ist dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts Genüge getan, den Arbeitnehmern die gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Entscheidungen zu sichern. Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an ein das Mitbestimmungsrecht verdrängendes Gesetz.


    Siehe : BAG, 25.01.2000 - 1 ABR 3/99


    oder http://lexetius.com/2000,4337

  • Zitat von Siegbert :

    anders im Erfurter (2010, Rn 6), der als maßgebend für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht den Zugang der Nachricht beim Arbeitgeber, nicht die Absendung sieht. Da kann ich mich eben nicht auf die Post verlassen und muss ggf. die Bescheinigung selbst oder durch einen Boten vorbei bringen. Die Fälle, in denen dies nicht möglich sein sollte, dürften sehr wenige sein.

    Halt, die Rn bezieht sich auf die unverzügliche Krankmeldung und nicht auf die Vorlage der AUB. Da die Krankmeldung unverzüglich zu erfolgen hat, scheidet der Postweg quasi aus, da man in der Regel ein Telefon besitzt oder eine SMS, Email versenden kann, die allesamt schneller beim Arbeitgeber ankommen.


    Es geht hier um drei verschiedene Dinge:

    1. Die unverzügliche Krankmeldung. Hier muss der AN ohne schuldhaftes Zögern dem Arbeitgeber mitteilen, dass er krankheitsbedingt fehlen wird. Da Telefon, Email und SMS die schnellsten Wege sind, wird man die Meldung auf diese Wege abgeben müssen, zumindest dann, wenn dazu die Möglichkeit besteht, was in Deutschland in der Regel der Fall sein wird.

    2. Der Zeitraum der Krankmeldung. Das Gesetz sieht vor, dass eine AUB vorzulegen ist, wenn die Krankheit länger als drei Kalendertage andauert. Das heißt, die ersten drei Tage sind ohne Vorlage einer AUB möglich. Der AG kann aber von einzelnen MA verlangen, bereits einen früheren Zeitraum nachzuweisen. Soll das generell so sein: Mitbestimmung BR.

    3. Vorlage der AUB. Der Erfurter meint, dass bei technischer Gegebenheit die AUB bereits am ersten Krankheitstag vorgelegt werden muss. Allerdings meine ich irgendwo anders gelesen zu haben, dass durchaus die üblichen Postzeiten angemessen sind. Zumal hier auch noch die Frage ist, ob eine Kopie überhaupt ausreicht. Ein Scan per Mail ist ja nicht das Original. Ich denke, dass in der Regel das Original vorgelegt werden muss. Wenn der Arbeitgeber eine Kopie akzeptiert, könnte es vielleicht anders sein.