Offenlegung schon lang bestehender Schwerbehinderung

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgende Frage, weil mir hierzu bisher die Erfahrung fehlt:

    Ein Kollege ist schon seit vielen Jahren schwerbehindert (GdB 70, künstl. Darmausgang), hat dies dem Arbeitgeber gegenüber aber nicht offengelegt. Auch mir war das nicht bekannt. Er hat bei seiner täglichen Arbeit auch keinerlei Einschränkungen, und es gab nie Probleme irgendwelcher Art (Schreibtischjob)

    Bei seiner Einstellung hat er die Schwerbehinderung dem damaligen Personalleiter offenbart, hat sich aber mit diesem geeinigt, dass sie nicht offiziell werden muss, wenn er ( der Mitarbeiter ) das nicht möchte.

    Nun hat der Kollege noch einen Bandscheibenvorfall und denkt darüber nach, jetzt seine Behinderung offen zu legen.

    Kann Arbeitgeber ihm aus der bisher nicht erfolgten Offenlegung der Schwerbehinderteigenschaft einen Strick drehen? (Der Personalleiter, der ihn seinerzeit eingestellt hat, ist inzwischen nicht mehr im Unternehmen und kann nicht bestätigen, dass er davon wusste).

    Ich denke zwar nicht, aber möchte doch sicherheitshalber eure evtl. Erfahrungen zu dem Thema nutzen.

    Gleichzeitig macht er sich Sorgen, dass bei einem evtl. Arbeitgeberwechsel die SB-Eigenschaft unter den Unternehmen weitergegeben wird. Offiziell ist das sicher nicht so. Hat vielleicht jemand Erfahrung, ob es bei den Unternehmen irgendwelche "rote Listen" gibt oder dies im Zeugnis verklausuliert drinstehen kann?

    Der Kollege macht sich sehr viele Gedanken und ich möchte versuchen, ihm seine Sorgen etwas zu nehmen...

    Schonmal vielen Dank für eure Hilfe!

    Ulrike

  • Hallo Ulrike,

    schon vor Verabschiedung des AGG war in der Rechtsprechung unumstritten, daß ein sbM die Tatsache einer Schwerbehinderung grundsätzlich nicht von sich aus offenbaren muß.
    Das lässt sich in jedem einschlägigen Fachkommentar auch sehr schnell herausfinden.

  • Vielen Dank schonmal für die Antwort.

    Tut mir leid wenn ich nach etwas frage was eigentlich klar ist - von den Gesetzen her.

    Ich dachte dass vielleicht jemand schon Erfahrungen gemacht hat in seinem Betrieb mit so einem Fall. Sicher, letztendlich kann der Arbeitgeber einem MA, egal ob Schwerbehindert oder nicht, dass Leben immer schwer machen.

    Viele Grüße
    Ulrike

  • Was mich an der Geschichte interessiert: wie sieht es denn mit der jährlichen Aufstellung der sbM und der Gleichgestellten aus, die ja keine Erfindung von SGB IX ist, sondern auch schon im SchwbG geregelt war?
    Der Personaler wußte, daß der Kollege schwerbehindert ist. Aber er konnte sich nicht mit ihm darauf einigen, das nach außen hin nicht kundzutun, denn die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer richtigen Meldung geht dieser internen Vereinbarung vor.
    Die SBV erhält eine Kopie dieser Aufstellung, konnte also auch schon lange von diesem sbM wissen (oder aber sie hat tief und fest gepennt, sei es, weil sie die Aufstellung nicht erhalten hat oder weil sie sie nicht beachtet hat).
    Stand der in Rede stehende sbM nicht auf der Liste, dann hat die Firma (über Jahre?) mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich, fortgesetzt unrichtige Anzeigen abgegeben, hoffentlich ist das verjährt :) .
    Aber damit ist noch nicht Schluß; spinnen wir den Gedanken doch noch weiter:
    Unterstellt, der Kollege war nicht in der Jahresaufstellung aufgeführt - war denn trotzdem die geforderte Quote an schwerbehinderten Arbeitnehmern erfüllt?
    Wenn ja, ok; wenn nein: wer kommt für die (zuviel) gezahlte Ausgleichsabgabe auf?

    Freundliche Grüße und einen schönen Feiertag
    Michael

  • Sorry smoky,

    aber ich halte Deine Argumentation für weit hergeholt. Im Übrigen weißt Du aus dem Ursprungsposting nicht einmal, ob der sbM seinerzeit bei der Einstellung seine Schwerbehinderung nur erwähnt oder tatsächlich nachgewiesen hatte.

    Bereits vor Einführung des AGG mußte der sbM sich nur auf ausdrückliche Nachfrage offenbaren.
    Umgekehrt war (und ist) der AG nicht verpflichtet, diese Frage zu stellen.
    Solange der AN keine Rechte aus dem SGB IX beansprucht, muß der AG auch keinen Nachweis verlangen.
    Gesetzgeber und Rechtsprechung hatten und haben also schon Konstellationen akzeptiert, bei denen eine Eigenschaft als sbM unaufgedeckt bleiben konnte. Insoweit geht Deine Argumentation mit den unvollständigen Listen vollkommen ins Leere.
    Und die Andeutung mit der zuviel gezahlten Ausgleichsabgabe ist deswegen vollkommen absurd.

  • Hallo Wolfgang,

    keine Frage, die Überlegungen sind etwas weit hergeholt und ich stecke sogar noch weiter zurück und sage, daß es sich nicht einmal um Argumente handelt.
    Es sind halt eben Gedanken, die ich, wie angedeutet, ganz einfach weitergesponnen habe; Gedanken mitteilen, Fragen aufwerfen, denen ich nachgehen würde, wenn ich den Fall in meiner Praxis zu beurteilen hätte, Konsequenzen aufzeigen: nicht mehr, aber auch nicht weniger wollte ich mit meinem Beitrag bezwecken.

    Grüßle
    Michael

  • Zitat: "Wenn ja, ok; wenn nein: wer kommt für die (zuviel) gezahlte Ausgleichsabgabe auf?"

    Dafür kommt niemand auf und der AG kann auch keine Ansprüche stellen. Jeder SB entscheidet selbst, inwieweit er sich outet oder nicht. Ohne irgendwelche Kosequenzen von Seiten der GL...

  • Hallo smoky2,

    ich hoffe, daß Du bei derartigem "Weiterspinnen" auch daran denkst, daß es evtl. mitlesende "Greenhorns" gibt, die so was für bare Münze nehmen könnten und auf vollkommen absurde Pfade gelenkt werden.

  • Zitat von ergo:

    Auf meinem letzen Seminar meinte der RW das das sogar soweit gehen kann ,wenn man seine SB nicht angibt das dem AG ein Schaten entsteht, da er die SB Abgabe leisten muss obwohl er eine AN mit SB beschäftigt.

    Sicherlich entsteht dem AG so ein Schaden, andererseits wenn der AN seine Schwerbehinderung nicht angiebt, kann er auch keine 5 Tage Urlaub als Nachteilsausgleich bekommen, was wiederum für den AG ein Vorteil ist.

    Wie es aber das Urteil sagt, spätestens bei einer Anfrage des AG wenn es um betriebsbedingte Kündigungen geht kann die Schwerbehinderung nicht mehr verschwiegen werden.

    Togego

  • Hallo,

    der RW meinte das das nicht nur für Betribsbedingte Kündigunen gild, sondern generel.

    Wenn einer nach sechs Monaten eine falsche angabe macht kann man ihn auch aufgrund des Schatens Entlassen.

    Güße

    Ergo

  • Hallo Ergo,

    es ist dem SB freigestellt ob er seine SB dem neuen AG mitteilt oder nciht. Die einzige Einschränkung gibt es wenn er auf Grund seiner Behinderung für den Job ungeeignet ist.

    Aber zur Frage zurück: Er kann jederzeit seine SB melden, hat aber keine rückwirkenden Ansprüche. Ob irgendeine Firma unter der Hand irgendwelche Informationen weitergibt kann Dir niemand beantworten.

    Allein die Behauptung durch einen künstlichen Darmausgang nicht eingeschränkt zu sein, lässt mcih über Euer Klima nachdenken.

    Der Mann hat immer seine Arbeit gemacht. Also ist er für den AG ein willkommenden AN. Die SB verändert dies erst mal nciht. Und Respessalien wegen der SB wirst Du als SBV ja wohl zu verhindern wissen.

    Liebe Grüße Lisa

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.