polizeiliches Führungszeugnis?

  • Hallo,

    Kann die Firma von einem Mitarbeiter verlangen, ein polizeiliches Führungszeugnis einzuholen, um es an einen Kunden weiterzugeben?
    Ist der MA hierzu irgendwie verpflichtet?

    Danke schonmal,
    Togego

    Sehr geehrter Herr X.,

    bereits seit einiger Zeit verlangen immer mehr Kunden aktuelle polizeiliche Führungszeugnisse unserer Mitarbeiter, um ihren eigenen Sicherheits-Richtlinien Rechnung zu tragen.
    Um diesem Wunsch unserer Kunden schnell nachzukommen, möchten wir Sie deshalb bitten, bei der zuständigen Behörde (i.d.R. bei Ihrem örtlichen Bürgerbüro) ein aktuelles polizeiliches Führungszeugnis zu beantragen, welches Sie bitte an die Personalabteilung weiterleiten.

    Die Kosten hierfür können Sie über die Spesen abrechnen.
    Eine Kopie des polizeilichen Führungszeugnisses verbleibt in der Personalakte. Das Original erhalten Sie zur Aufbewahrung wieder zurück.

    Wir bitten Sie, ein unterschriebenes Exemplar der beiliegenden Einwilligungserklärung, in der auch die Regeln zur Weitergabe des Führungszeugnisses beschrieben sind, an die Personalabteilung zurück zu geben.

    Bei Fragen hierzu steht Ihnen Ihr/e zuständige/r Personalreferent/in gerne zur Verfügung.

    Wir danken Ihnen für Ihren bisherigen Einsatz und freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihre Personalabteilung

  • Hallo,

    zum Ersten besteht Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 1 BetrVG, wenn der AG von den AN die Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse verlangt (z.B. Hessisches LAG, 02.11.2006, 5 TaBVGa 196/06). Der BR sollte dem AG dieses Vorgehen umgehendst untersagen (lassen).

    Auch vom individualrechtlichen Standpunkt aus halte ich es für zweifelhaft, dass der AG mal einfach so Führungszeugnisse verlangen kann, da dies u.U. gegen die Persönlichkeitsrechte der AN verstößt; zulässig dürfte dies nur sein, wenn die AN in hoch sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten. Selbst wenn der AG sie verlangen kann, ist die Weitergabe an Dritte nochmal sehr kritisch zu sehen, ich hielte das für nicht zulässig.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ich habe gerade erfahren, dass der AG bereits mit dem alten BR zu diesem Thema gesprochen hat, genauere Infos dazu hab ich leider nicht, weil ich damals noch nicht dabei war. Es gibt aber definitiv keine BV zu diesem Thema.

  • ok, wir werden jetzt zu dem Thema eine BV ausarbeiten.

    Der Grund ist, der Kunde (Finanzwesen) fordert von uns die Führungszeugnisse, und wir sind nicht in der Position, die zu verweigern, wenn wir nicht den Vertrag verlieren wollen.

    Mir sind die folgenden Punkte auf Anhieb eingefallen:

    - Führungszeugnis wird nur auf explizite Anforderung des Kunden eingeholt.
    - Die Erlaubnis, das FZ weiterzugeben wird vom MA schriftlich eingeholt, dabei wird ihm mitgeteilt, welcher Kunde genau das FZ angefordert hat.
    - das FZ wird nicht in der Personalakte abgelegt.
    - Die Kosten für das FZ trägt der AG
    - Verweis auf eine ’Clearingstelle’ bei Streitigkeiten zu dieser BV
    - salvatorische Klausel

    Hab ich da noch was vergessen?

    danke,
    Togego

  • Kreis der Betroffenen eingrenzen -> ich kann mir nicht vorstellen, dass das FZ von der gesamten Firma verlangt wird/werden kann.
    Freiwilligkeit -> wenn jemand die Zustimmung verweigert darf ihm keine Sanktion drohen; ggf. definieren, wer ersatzweise das FZ beibringen dar.

  • Zitat von heelium :


    Kreis der Betroffenen eingrenzen -> ich kann mir nicht vorstellen, dass das FZ von der gesamten Firma verlangt wird/werden kann.

    Gute Idee, das ganze sollte eigendlich nur Mitarbeiter im Finanzbereich betreffen.

    Zitat von heelium :


    Freiwilligkeit -> wenn jemand die Zustimmung verweigert darf ihm keine Sanktion drohen; ggf. definieren, wer ersatzweise das FZ beibringen dar.

    Das ist zwar theoretisch so, der Kunde hat ja kein Recht auf das FZ, praktisch ist es aber so, dass der Kunde die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters, für den kein FZ vorliegt, ablehnen wird. Bei der momentanen Vertragslage kommt eine Ablehnung einer betriebsbedingten/personenbedingten Kündigung gleich.

  • Habt ihr einen Datenschutzbeauftragten??? :idea:

    Den interessieren solche Dinge nämlich auch immer sehr. Insbesondere wenn es um die Weitergabe personenbezogener Daten geht, muss man heutzutage ja sehr sehr vorsichtig sein...

  • Zitat von Winfried :


    Selbst wenn der AG sie verlangen kann, ist die Weitergabe an Dritte nochmal sehr kritisch zu sehen, ich hielte das für nicht zulässig.

    Ich habe mich gerade mit einem Kumpel unterhalten, der Datenschutzbeauftragter ist. Der hat gleich ganz erschüttert reagiert, als ich ihm von der Sache erzählt habe...

    Und kann mich daher meinem vorherigen Posting und Winfried nur anschließen.

    Aus datenschutzrechtlicher Sicht darf die Firma die FZ nicht weitergeben.

    Auch wenn eine Zustimmung des MA vorliegt, ist es immernoch sehr fragwürdig... ich würde das Ganze auf jeden Fall durch einen fähigen Anwalt prüfen lassen.

  • Hui.

    Zitat von Togego :

    Bei der momentanen Vertragslage kommt eine Ablehnung einer betriebsbedingten/personenbedingten Kündigung gleich.

    Nicht, dass man es als AN darauf ankommen lassen möchte, jedoch: In einem möglichen Kündigungsschutzprozeß würde der AG da wahrscheinlich sehr, sehr alt aussehen.

    Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • hi, was heißt "kunde". seid ihr ein an-verleiher? wenn das leih-an sind, dann kann der entleiher das von denen so verlangen, wie ers von seinen eigenen an verlangt und mit seinem br ausgemacht hat, im gesetzlichen rahmen natürlich. aber dann wär auch eh der entleiher-br zuständig. tschö tyler

  • Zitat von Tyler Durden :


    hi, was heißt "kunde". seid ihr ein an-verleiher? wenn das leih-an sind, dann kann der entleiher das von denen so verlangen, wie ers von seinen eigenen an verlangt und mit seinem br ausgemacht hat, im gesetzlichen rahmen natürlich. aber dann wär auch eh der entleiher-br zuständig. tschö tyler

    Wir sind ein IT-Dienstleister, sprich wir verkaufen keine Arbeitnehmer, sondern Dienstleistungen. Trotzdem übt der Kunde oft einen starken Druck darüber aus, wer genau die Dienstleitung erbringt. Im aktuellen Fall verlangt er von allen unseren Mitarbeitern, ein polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen.

    Das er sich damit ziemlich weit aus dem Fenster lehnt und in Bezug auf Arbeitnehmerüberlassung Probleme bekommen kann ist uns klar, wir werden den Kunden darauf aber sicherlich nicht hinweisen, da wir vor einiger Zeit einen größeren Auftrag verloren haben kann es uns nur recht sein, wenn sich jemand beim Kunden einklagen sollte.

    Togego

  • Hallo,

    nachdem wir uns mit der PA eigentlich einig waren, und einige kritische Punkte geklärt waren (z.B. wird das FZ beim Kunden nur zur Einsicht relevanter Einträge vorgelegt, aber nicht an ihn weitergegeben), kam jetzt ein grundlegender Änderungswunsch, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob ich den tragen kann. Es geht um die Freiwilligkeit:

    Unser Vorschlag:
    3.7 Freiwilligkeit
    Das Einholen des polizeilichen Führungszeugnisses seitens des Arbeitsnehmers und die Erlaubnis zur Vorlage beim Kunden sind freiwillig. Bei Verweigerung der Zustimmung seitens des Mitarbeiters entstehen ihm keine Sanktionen.

    Der Gegenvorschlag der PA:
    3.7. Freiwilligkeit
    Es besteht keine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers, ein polizeiliches Führungszeugnis einzuholen oder der Vorlage beim Kunden zuzustimmen. Bei Verweigerung der Einholung oder Zustimmung seitens des Mitarbeiters entstehen ihm deswegen keine Sanktionen. Unberührt bleiben Rechte des Arbeitgebers, die sich aus einer eventuell eingeschränkten Einsatzmöglichkeit des Mitarbeiters wegen fehlendem Führungszeugnis oder fehlender Zustimmung zur Vorlage beim Kunden ergeben.

    Es klingt erst mal logisch, dass der AN nicht an einem Ort eingesetzt werden kann, wenn der Kunde das (wg. fehlendem FZ, auch wenn er das natürlich nicht so sagen wird) ablehnt. Allerdings kommt mir die Formulierung der PA so wage vor, als ob sie sich so aus der Verantwortung stehlen will, für den MA eine andere Einsatzmöglichkeit zu suchen.

    Was meint ihr?

    Danke schonmal,
    Togego

  • Hallo.

    Zitat von Togego :

    Unberührt bleiben Rechte des Arbeitgebers, die sich aus einer eventuell eingeschränkten Einsatzmöglichkeit des Mitarbeiters wegen fehlendem Führungszeugnis oder fehlender Zustimmung zur Vorlage beim Kunden ergeben.[/I]

    Hier sollte der BR den AG auffordern, eine Formulierung vorzulegen, die diese angeblichen Rechte des AG detailliert auflistet.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.