Arbeitsvertrag - Klausel für Überstunden

  • Guten Morgen zusammen,

    kaum gibt es wieder mehr zu tun holt uns das Thema Überstunden ein.

    Bei unseren Angestellten gilt durch eine BV folgende Regelung:
    bis zur 24 Std im Monat können als Überstunden aufgebaut werden.
    Jede Stunde darüberhinaus wird am Monatsende ersatzlos gestrichen.
    Das ist schon nicht sonderlich schön.

    In einer Reihe von Arbeitsverträgen gibt es allerdings Klauseln wie:

    "Mit der Zahlung des vereinbarten Gehaltes ist die Leistung gebotener Mehrarbeit
    als abgegolten anzusehen."

    Es gibt keine Begrenzung auf eine Höchststundenzahl. Uns - BR - liegen nun Anfragen von
    angestellten Kollegen vor, die Fragen, ob ein solcher Arbeitsvertrag überhaupt gültig
    ist und ob es hier Nachforderungsansprüche gibt.
    Die Verträge laufen zum Teil 15 oder 20 Jahre mit dieser oder ähnlich lautenden
    Klauseln.

    Also konkrekt:
    Sind solche Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen mit solchen Klauseln
    gültig?
    Gibt es eine Möglichkeit hier Ansprüche (Nachforderungen) gegenüber dem AG geltend
    zu machen?

    Auf die Antworten sind wir sehr gespannt.

    Gruß Nico

  • Hallo Nico,

    "Jede Stunde darüberhinaus wird am Monatsende ersatzlos gestrichen."
    Diese Klausel ist mE hochproblematisch und in einigen denkbaren Konstellationen wahrscheinlich rechtswidrig.
    Ist die Regelung Teil einer flexiblen Arbeitszeitregelung ???

    Ob die Regelungen des Arbeitsvertrages speziell durch die BV im Rahmen des Günstigkeitsprinzips berührt werden, kann von sehr vielen Einzelfallumständen abhängen.
    Sehr viel wahrscheinlicher ist mE, daß die von dir zitierte Klausel
    "Mit der Zahlung des vereinbarten Gehaltes ist die Leistung gebotener Mehrarbeit
    als abgegolten anzusehen."

    einer AGB-Kontrolle nicht standhält, da sie den AN ungebührlich benachteiligt.

  • Ja, die Regelung mit Streichung am Monatsende ist eine
    BV für eine flex. Arbeitszeitregelung.


    Vermutlich muß beides geprüft und überarbeitet werden.

    Die Arbeitsverträge müssten festgesetzte Stundenzahlen enthalten wie "Regelarbeitszeit 40 Std / Woche; Überstunden bis 5 pro Woche oder 24 / Monat sind über das Gehalt abgedeckt".
    Für die dann zusätzlichen Mehrstunden muß eine Regelung über Zahlung oder Ausgleich
    gefunden werden.

    Na, das werden schöne Gespräche mit der Heeresleitung...

    Gruß Nico

  • Hallo.

    Zitat von kowiseiner :

    Sind solche Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen mit solchen Klauseln gültig?

    Weder die Regelung in der BV ist gültig, noch die AV-Klausel. Marco P. hat für die AV-Klausel einen Link gepostet, da sollte alles drinstehen. Eine BV, die vorsieht, dass AN für eine geleistete Arbeit nicht vergütet werden (eine Stundenstreichung ist nichts anderes), ist mit Sicherheit rechtswidrig. Auch eine entsprechende AV-Formulierung würde einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

    Zitat von kowiseiner :

    Gibt es eine Möglichkeit hier Ansprüche (Nachforderungen) gegenüber dem AG geltend zu machen?

    Absolut.

    Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo Winfried,

    ich glaube, bei der Stundenstreichung liegst Du mit Deiner generellen Ablehnung nicht ganz richtig. Ich kann mir nämlich schon ein Szenario vorstellen, bei der eine solche Streichung zulässig sein könnte, nämlich wenn der Anlass der Streichung allein und unstrittig vom AN zu vertreten ist.

    Dies könnte zB sein:
    BR und AG vereinbaren eine BV zu flexibler Arbeitszeit. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist die Zahl der Plusstunden am Monatsende strikt begrenzt.
    Wenn nun AN Y meint, sich nicht daran halten zu müssen und am Monatsende mehr Plusstunden aufgebaut hat, ohne daß der AG dies in irgendeiner Form verlangt hat bzw. sonstwie zu vertreten hat, dann ist der AG mE nicht verpflichtet, die über die vereinbarte Plusstundenzahl hinausgehende Arbeit zu vergüten. Es fehlt schlichtweg an der vertraglichen Grundlage des § 611 BGB, wenn der AN unaufgefordert mehr leistet als vereinbart bzw. in einer BV festgelegt.
    Wir wissen doch, daß es auch diese speziellen Helden der Arbeiterklasse gibt, die man vor sich selbst und ihrem Selbstausbeutungsdrang schützen muß. Und wenn es einer partout nicht kapieren will, dann soll es auch ruhig mal finanziell weh tun - zB durch Wegfall von Stunden.
    Deswegen habe ich in meiner ersten Antwort nur von "hochproblematisch" geschrieben.
    Natürlich wäre eine ersatzlose Streichung dann rechtswidrig, wenn der AN aus Gründen, die er nicht zu vertreten hatte, einen Plussaldo nicht mehr BV-konform abbauen konnte.

  • Hallo.

    Zitat von whoepfner :

    Ich kann mir nämlich schon ein Szenario vorstellen, bei der eine solche Streichung zulässig sein könnte, nämlich wenn der Anlass der Streichung allein und unstrittig vom AN zu vertreten ist.

    Da sind wir uns absolut einig, da stimme ich Dir 100%ig zu, da passt kein Blatt Papier zwischen uns. Ich hatte aber auch gar nicht geschrieben, dass eine solche Streichung immer unzulässig sei.

    Vielmehr glaube ich, dass eine AV-Klausel zur Stundenstreichung wie vom Threadstarter beschrieben (Bis zur 24 Std im Monat können als Überstunden aufgebaut werden. Jede Stunde darüberhinaus wird am Monatsende ersatzlos gestrichen) ungültig ist, denn sie sieht die Streichung pauschal vor. Und im Rahmen einer BV wäre das zusätzlich auch deswegen gar nicht rechtmäßig regelbar, da in einer BV keine Bestimmungen über die Vergütung oder Nichtvergütung von Arbeit getroffen werden dürfen.

    Und da sollten wir uns eigentlich auch einig sein. Oder?

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Zitat von Winfried :


    Und im Rahmen einer BV wäre das zusätzlich auch deswegen gar nicht rechtmäßig regelbar, da in einer BV keine Bestimmungen über die Vergütung oder Nichtvergütung von Arbeit getroffen werden dürfen.

    Hallo Winfried,

    schließt du auf diese Aussage aufgrund des Tarifvorbehaltes? Oder wie kommst du anderweitig auf diese Aussage?

    Gruß
    Sebbo

  • Hallo,

    nach § 87 I BetrVG besteht zur Vergütungshöhe keine Mitbestimmung, nach § 77 III BetrVG besteht Tarifvorbehalt, umd zum Dritten kannst Du über eine BV generell nicht verschlechternd in den AV eingreifen.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.