Rückforderung von VL für Azubi

  • Moin,

    folgender Fall beschäftigt mich:

    Ein Azubi hat über 2,5 Jahre VL erhalten. Im vorletzten Monat der Ausbildung will der AG diese komplett zurückhaben, Begründung ist, der AG würde diese ja gar nicht zahlen. Der AG behält die 2 letzten Gehaltszahlungen somit ohne Vorwarnung komplett ein.

    Nach 195BGB ist das insofern in Ordnung, da die Verjährungsfrist seit 2002 generell 3 Jahre beträgt. Nach 818BGB wäre es auch gerechtfertigt, da die Bereicherung nicht weggefallen ist, dass heisst, dass das Geld nicht "verfrühstückt" worden ist, da es als VL ja nach wie vor zur Verfügung steht.

    Welche Möglichkeit gibt es dennoch, dagegen vorzugehen.

    242BGB würde sich anbieten, Handeln nach Treu und Glauben. Der einzige Erwerbszweck des AG ist die Bezahlung der Azubis, die dann Dritten in Rechnung gestellt werden, die auch die Ausbildung tatsächlich vornehmen. Nach dem Grundsatz ließe sich formulieren, dass ein Unternehmen, dessen einziger Zweck es ist, Azubis zu bezahlen, eigentlich wissen müsste, wie das geht und der Azubi sich damit auf die Richtigkeit der Abrechnungen verlassen können muss.

    Abgesehen von Nebenkriegsschauplätzen (Gewerkschaft, Öffentlichkeit und Herangehen an die Ausbildungsbetriebe und deren Image) stellt sich die Frage, wie man gegenüber dem AG argumentieren sollte.

    Fällt euch mehr ein als der wachsweiche 242BGB?

  • Hallo wizardofid,

    ich weiß jetzt grad nicht, wie Du auf den Trichter kommst, dass die Vorgehensweise des AGs bzw. dessen "Anspruch" in Ordnung ist ... :roll:

    Deine Argumentationsversuche in allen Ehren, aber hier ist der Gang zum Anwalt gefragt.
    Ergänzend sollte sich dieser Azubi umgehend an den, für ihn zuständigen Ausbildungsberater der IHK wenden.


    Gruß

    Kokomiko

  • Zitat von Kokomiko :


    Hallo wizardofid,

    ich weiß jetzt grad nicht, wie Du auf den Trichter kommst, dass die Vorgehensweise des AGs bzw. dessen "Anspruch" in Ordnung ist ... :roll:

    Deine Argumentationsversuche in allen Ehren, aber hier ist der Gang zum Anwalt gefragt.
    Ergänzend sollte sich dieser Azubi umgehend an den, für ihn zuständigen Ausbildungsberater der IHK wenden.


    Gruß

    Kokomiko

    Das der Anspruch in Ordnung ist wollte ich ja gerade nicht sagen. Ooops.

    "Nach 195BGB ist das insofern in Ordnung" Betonung auf insofern
    "Nach 818BGB wäre es auch gerechtfertigt" Betonung auf wäre

    Also: weder Verjährung noch Wegfall der Bereicherung kommt in Frage, das wären nämlich die einfachsten Mittel.

    Das mit dem IHK-Ausbildungsberater klingt gut, die Anwälte kriegen den Fall eh serviert.

    Wäre nur schön, wenn jemand mit so einem Fall schon Erfahrungen hat.

    Gruß

    Wizard

  • Hallo wizardofid,

    wie sieht es denn mit einer betrieblichen Übung aus?

    Durch die betriebliche Übung werden freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden, denen sich der Arbeitgeber nicht mehr einseitig entziehen kann. Die betriebliche Übung ist ein im deutschen Arbeitsrecht gewohnheitsrechtlich anerkanntes Rechtsinstitut.Das Entstehen von individuellen, einklagbaren Ansprüchen aus betrieblicher Übung setzt neben einem Umstandsfaktor (vorbehaltslose Gewährung einer Leistung) immer auch einen Zeitfaktor (regelmäßige Wiederholung) voraus.
    So entsteht z.B. beim Weihnachtsgeld eine betriebliche Übung, wenn es der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ohne Freiwilligkeitsvorbehalt zahlt. Der Arbeitnehmer kann dann darauf vertrauen, dass auch im vierten Jahr gezahlt wird.

    Viele Grüße,
    Thomas

  • Zitat von Thomas Marx :


    So entsteht z.B. beim Weihnachtsgeld eine betriebliche Übung, wenn es der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ohne Freiwilligkeitsvorbehalt zahlt. Der Arbeitnehmer kann dann darauf vertrauen, dass auch im vierten Jahr gezahlt wird.

    Leider wird auch hier wieder vergessen dass der Arbeitgeber einen Vertrauenstatbestand schaffen muss damit eine betriebliche Übung entsteht.
    Drei Jahre hintereinander ohne Freiweilligkeitsvorbehalt schafft diesen Vertrauenstatbestand nicht in jedem Falle.

  • Hallo,

    mir stellen sich da Fragen: Gilt ein TV, und wenn ja, was sagt dieser über Ausschlußfristen und über VL? Gibt es AV-Regelungen? Ist der AG tatsächlich insoweit im Recht, dass einE Azubi eigentlich keine VL bekäme?

    Die betriebliche Übung wäre u.U. zu prüfen, wobei ich Timos Einwand zustimme.

    Was m.E. definitiv nicht geht: dass der AG einfach komplette Monatsvergütungen einbehält. Im Gegenteil: der AG ist zur Auszahlung der kompletten Vergütung verpflichtet. Wäre der Anspruch des AG gegenüber dem/der Azubi tatsächlich gerechtfertigt, dann müßten ggf. Rückzahlungsmodaliäten vereinbart werden, hierbei wären z.B. die Regelungen der §§ 850 ff. ZPO analog zu beachten.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

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