Betriebsvereinbarung

  • Hallo,

    habe hier eine bestehende Betriebsvereinbarung, kann ich diese "anfechten", oder muss ich Überzeugungsarbeit leisten gegenüber dem Betriebsrat bzw. GBR, damit sie diese kündigen? Aus meiner Sicht, werden durch diese Vereinbarung Schwerbehinderte benachteiligt ........


    Gruß

    Udo

  • Hallo Udo, anfechten kannst du wenig, da du kein Verhandlungspartner bist bei BVen.

    Je nachdem, ob es um eine "normale" Betriebsvereinbarung geht oder um eine Gesamt-BV, ist also der BR oder der GBR dein Ansprechpartner für deine Überzeugungsarbeit.


    Je nachdem, wie diese Benachteiligung ausfällt, kannst du z.B. diese ggf. auch begründen und auf Benachteiligungsverbote z.B. durch das AGG verweisen. Und wenn das möglich ist, kannst du mit dem § 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nachsetzen, möglicherweise auch Satz 4 desselben Paragrafen. Da stochere ich aber schon tief im Nebel, da du keinerlei Andeutungen zur BV und der vermuteten Benachteiligung machst.

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Je nachdem, wie diese Benachteiligung ausfällt, kannst du z.B. diese ggf. auch begründen und auf Benachteiligungsverbote z.B. durch das AGG verweisen. Und wenn das möglich ist, kannst du mit dem § 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nachsetzen, möglicherweise auch Satz 4 desselben Paragrafen. Da stochere ich aber schon tief im Nebel, da du keinerlei Andeutungen zur BV und der vermuteten Benachteiligung machst.

    Da bin ich ganz bei Scheeks. Ohne weitere Details ist die Frage was man machen könnte nicht wirklich zu beantworten.

    Hallo,

    habe hier eine bestehende Betriebsvereinbarung, kann ich diese "anfechten", oder muss ich Überzeugungsarbeit leisten gegenüber dem Betriebsrat bzw. GBR, damit sie diese kündigen? Aus meiner Sicht, werden durch diese Vereinbarung Schwerbehinderte benachteiligt ........


    Gruß

    Udo

    Ich sehe keine Möglichkeit der Anfechtung. Wenn die Beteiligung der SBV versäumt worden wäre hätte man direkt im Anschluss tätig werden können mit einer Aussetzung aber Anfechtung gibt es da nicht.
    Wenn du GSBV bist kannst du versuchen den GBR mit Argumenten zu überzeugen. Dito als SBV beim BR. Oder wenn möglich bei beiden.


    Du kannst natürlich auch den Inklusionsbeauftragen auf eine Möglichkeit einer Verletzung einer gesetzlichen Grundlage hinweisen. Vielleich kannst du so den Arbeitgeber einzuspannen das dieser von seiner Seite Handlungsbedarf erkennt/sieht und handelt. Ob du dich da auf BR bzw. GBR Ebene dann unbeliebt machst ist eine andere Sache.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • muss ich Überzeugungsarbeit leisten gegenüber dem Betriebsrat bzw. GBR, damit sie diese kündigen?

    hast Du denn überhaupt schon mal versucht mit dem Betriebsrat und/oder dem AG zu reden?


    btw: reicht ja wenn Du den AG überzeugst, auch der kann die BV kündigen

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Hallo,


    ein wie auch immer geartetes "Anfechtungsrecht" der SBV bei BVen gibt es mit Ausnahme der Inklusionsvereinbarung nicht.


    Allerdings darf aber eine BV nicht in die gesetzlich geregelten Rechte sowohl der schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten oder der SBV selbst eingreifen. Sollte die BV hier unzulässig eingreifen, ist es Deine Aufgabe als SBV, dies Punkt für Punkt aufzuarbeiten, darzustellen und den Betriebsparteien ggfs. auch so mitzuteilen.

    Denn in Punkten, in denen eine BV in die o.a. Rechte eingreigt, ist sie rechtsunwirksam, weil das SGB IX ggü. einer BV das höherrangige Recht ist und mit wenigen Ausnahmen weder tarif- noch BV-disponibel ist. Ggfs mußt Du dann auch im Einzelfall die Rechtsunwirksamkeit gerichtlich feststellen lassen.


    Da, wo die BV nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, sondern einfach nur inhaltlich schlecht ist, aber noch innerhalb des Zuständigkeitsrahmens von BR und AG, mußt Du halt mit Argumenten arbeiten. Denn die Betriebsparteien haben nun mal auch das Recht auf Dummheit und Irrtum.

    Du hast aber auch das Recht als SBV gem. § 178 Abs. 4 Satz 1 SGB IX das Recht, die Angelegenheit auf die TO einer BR-Sitzung setzen zu lassen. Ob dieses Recht nur in Bezug auf Diskussionspunkte besteht oder aber auch in der Stellung von Beschlussanträgen - darüber schweigt sich die mir bekannte Literatur (u.a. ErfK, LPK-SGB IX, Fitting, Neumann/Pahlen) aus bzw. wird nicht konkret. Ggfs. musst Du Dich eben bei der Stellung eines Beschlussantrages mit einem BRM "abstimmen", der/die diesen beschlussantrag (zB "Kündigung der BV XY") für Dich stellt.


    Scheeks: Sorry, aber dabei

    § 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nachsetzen, möglicherweise auch Satz 4 desselben Paragrafen.

    muss ich mal kurz den Korinthenkacker-Modus einschalten, den § 80 Abs.1 BetrVG hat nur einen einzigen Satz. Du meinst wahrscheinlich § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ?

  • muss ich mal kurz den Korinthenkacker-Modus einschalten, den § 80 Abs.1 BetrVG hat nur einen einzigen Satz. Du meinst wahrscheinlich § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ?

    Also ich habe gelernt das dies Ziffer 4 heißt und nicht Nr. 4. Also § 80 Abs. 1 Ziffer 4 BetrVG

    Ich weise besonders darauf hin, dass ich es nach wie vor für richtig halte, Arbeiter und Angestellte gut zu bezahlen und sie nicht von oben herab, sondern als gleichberechtigte Vertragsgenossen zu behandeln.

    (Robert Bosch)

  • Hallo Kehler,


    Du magst das so gelernt haben, es ist aber beileibe nicht so ausschließlich. Unterhalb der Angabe des jeweiligen Paragraphen gibt es für die weitere Untergliederung zT zulässige Alternativen. So kann zB nicht nur Ziffer oder Nummer heissen, auch für den Absatz gibt es unterschiedliche zulässige Darstellungsweisen - zB mit römischen Zahlen wie zB regelmäßig im ErfK verwendet.

    Und die Bezeichnung "Nr." statt "Ziffer" nutzt zB der LPK-SGB IX durchgehend und da ist nun wirklich jede Menge juristische Fachkompetenz mit Professoren und (ehem.) Richtern an obersten Bundesgerichten versammelt.

  • Ggfs mußt Du dann auch im Einzelfall die Rechtsunwirksamkeit gerichtlich feststellen lassen.

    Nachfrage: Unter welchen Voraussetzungen kann eine SBV eine BV "wegklagen"?

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hältst Du diese BV konkret für rechtswidrig? Wenn ja, inwiefern?

    Hallo, ist etwas komplexer,

    aber im Groben:

    Wir haben einen BV für die Lohnerhöhung

    Beispiel es gib im Durchschnitt 6% Lohnerhöhung, dann werden 3 % auf alle verteilt und die anderen 3% werden über ein Mitarbeitergespräch ausgeschüttet. Dort gibt es eine Beurteilung von -- / - / O / + / ++

    Einbezogen wird hierbei auch ein Lohnband usw. usw.

    Schwerbehinderte brauche diese Leistungsbeurteilung nicht machen, und werden automatische auf Punkt (o) bewertet. Sie sollten damals dadurch geschützt werden und keine Nachteil erleiden.

    Leider werden die Gespräch in den letzten 1 bis 2 Jahren nur noch nach dem Nasenfaktor abgehalten und es werden sehr viele mit + oder auch ++ bewertet. Und im ganzen Werk gibt es nur 3 die ein minus bekommen haben.

    Hierdurch werden die automatische auf Punkt bewerteten benachteiligt.


    Das in einer kurzer Zusammenfassung

  • Lohnerhöhung per BV?

    Wenn nicht die Größe des Topfes (in o.g. Bsp. die 6%) behandelt wird, sondern nur der Verteilungsmodus (in o.g. Bsp. Hälfte an alle, andere Hälfte nach Leistung), dann ist das gangbar.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Schwerbehinderte brauche diese Leistungsbeurteilung nicht machen, und werden automatische auf Punkt (o) bewertet. Sie sollten damals dadurch geschützt werden und keine Nachteil erleiden.

    Gut gedacht, schlecht durchgeführt: denn sie Schwerbehinderten können sich ja dadurch auch nicht verbessern. Man könnte sie also mit der durchschnittlichen Verbesserung (nach diesen Beurteilungen) beteiligen; aber wenn der Schnitt unter 0 fiele, wäre das auch wieder fragwürdig.

    Das ganze Konstrukt ist wackelig hoch 10, vor allem wenn wie weiter ausgeführt die Gespräche eh nur nach Nasenfaktor und nicht systematisch geführt werden.

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Schwerbehinderte brauche diese Leistungsbeurteilung nicht machen, und werden automatische auf Punkt (o) bewertet. Sie sollten damals dadurch geschützt werden und keine Nachteil erleiden.

    Das ganze Konstrukt ist wackelig hoch 10

    Ich würde hier nicht "wackelig" sagen, sondern eindeutig diskriminierend. - Denn so werden die Schwerbehinderten faktisch gar nicht beurteilt, sondern pauschal als "Durchschnitt" abgefertigt, womit ihnen durch die weiteren Regelungen der BV (ebenso pauschal) eine Lohnerhöhung vorenthalten wird.

    Mal abgesehen davon ist eine "Leistungsbeurteilung" keine Strafmaßnahme von der man die Schwerbehinderten "befreit" hat, jeder MA hat einen Anspruch auf eine "Leistungsbeurteilung" (§ 82 Abs. 2 BetrVG) und auch dieser Anspruch wird den Schwerbehinderten durch diese Regelung vorenthalten.

    Nachfrage: Unter welchen Voraussetzungen kann eine SBV eine BV "wegklagen"?

    Vermutlich genau unter diesen. Denn diese BV enthält Schwerbehinderten gesetzliche Rechte vor.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo Fried,


    eine SBV kann natürlich schon im Wege des Beschlussverfahrens klagen, wenn eine BV komplett oder in Teilen die gesetzlich festgeschriebenen Rechte der SBV unzulässig einschränkt.


    Im Fall der Leistungsbeurteilung liegt eindeutig eine (mehrfache) behinderungsbedingte Diskriminierung vor, denn behinderte Menschen müssen zum Einen bei Leistungseinschränkungen grundsätzlich nach ihrem persönlichen Leistungsvermögen beurteilt werden. Auch kann eine Behinderung sich überhaupt nicht auf die geforderte Arbeitsleistung auswirken.

    Im Ergebnis kann in beiden Fällen eine pauschale neutrale Bewertung dazu führen, daß behinderte Menschen von Leistungsprämien ausgeschlossen werden.

    Dies ist allerdings eine individualrechtliche Angelegenheit, gegen die die Betroffenen selbst vorgehen müßten.


    Die SBV hat allerdings Anspruch auf die Mitteilung der Ergebnisse der Leistungsbewertung und ggfs. die Erläuterung - gerade auch im Vergleich zu Nichtbehinderten. Hier kann dann die SBV sowohl pauschal als auch im Einzelfall sehr wohl Diskriminierung geltend machen.

  • Ist echt schwierig das alles auf den Punkt zu bringen, dann würde ich ein Buch schreiben müssen :)

    Die Schwerbehinderten können auf Wunsch natürlich eine Leistungsbeurteilung bekommen und die SBV nimmt dann auch an dem Mitarbeitergespräch teil. Das wollten die meisten aber nicht da sie damit gut gefahren sind....

    Dazu kommt, in der BV steht, der Vorgesetzte und der Mitarbeiter müssen mindestens 6 Monate zusammen arbeiten damit eine Leistungsbeurteilung statt finden kann. Wenn nicht dann auf Punkt bewertet.

    Eine Kollegen mit 50GdB hat in den letzten 3 Jahren 6 verschiedene Vorgesetzte gehabt und wurde daher immer auf Punkt bewertet, obwohl sie ein Gespräch haben wollte, aber der Vorgesetzte nie lange genug mit ihr zusammen gearbeitet hat.

    Beim letzten Gespräch sollte sie kurzfristig bewertet werden (Chaos durch Umstrukturierung), war aber krank und die Frist war abgelaufen.

    In der Abteilung arbeiten 9 Personen:

    5 bekamen ein +

    1 ist noch in der Probezeit

    1 wollte nicht da über 60 Jahre

    1 hatte gekündigt, also egal

    1 mit 50 GdB war krank und wurde auf Punkt bewertet


    Der fade Beigeschmack: 2 Personen waren zum Zeitpunkt der Gespräche nicht vor Ort ( 1 Urlaub und 1 Krank)

    die im Urlaub wurde privat angeschrieben und es wurde ein kurzes "Gespräch" geführt und die

    Schwerbehinderte wurde nicht kontaktiert, obwohl sie schon angekündigt hatte am Montag wieder

    zur Arbeit zu kommen. Das wußte der Vorgesetzte auch ...... also auch dort Nasenfaktor


    das ist grob das Thema :)