Chef möchte Betriebsurlaub im Schwimmbad einführen

  • Moin, alle zusammen


    Unser Chef möchte ab dem nächsten Jahr in den Sommerferien Betriebsurlaub einführen. Das Schwimmbad (Hallenbad) soll dann für 6 Wochen für die Öffentlichkeit

    geschlossen bleiben. Es sollen aber in den ersten drei Wochen noch Intensiv-Schwimmkurse stattfinden und in den letzten drei Wochen die jährliche Revision durchgeführt werden. Es sollen 2 Teams gebildet werden und nun soll aber jeder mindestens 2 Wochen Urlaub in den Sommerferien nehmen, damit der Badbetriebsleiter den restlichen Urlaub besser planen kann. In der Schwimmhalle arbeiten 4 Kollegen und in der Reinigung drei Kolleginnen, 1 Servicekraft arbeitet an der Kasse. Es handelt sich um ein kleines Bad, in dem der Badbetriebsleiter die Schicht von dem, der Urlaub hat, übernimmt.

    Nun habe ich gelesen, dass es "Wichtige Betriebliche Gründe" bedarf, um einen Betriebsurlaub einzuführen. Ist es eurer Meinung nach ein "wichtiger Grund, den Urlaub besser zu planen? Meiner Meinung nach nicht. Da ich gleichzeitig im BR bin, weiß ich, dass dies auf jeden Fall "Mitbestimmungspflichtig" ist.

    Bin auf eure Antworten gespannt...danke im Voraus

  • Mal ganz unwissend gefragt: was spricht denn gegen den Plan? Im Übrigen sehe ich nicht, wo da ein Betriebsurlaub ist, wenn die kompletten sechs Wochen gearbeitet wird, wenn auch mit reduzierter Belegschaft.

  • Nun habe ich gelesen, dass es "Wichtige Betriebliche Gründe" bedarf, um einen Betriebsurlaub einzuführen.

    Wenn ein BR da ist, ist es unerheblich ob hier solche Gründe vorliegen,

    Ihr müsst euch halt mit dem AG einig werden.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Nun habe ich gelesen, dass es "Wichtige Betriebliche Gründe" bedarf, um einen Betriebsurlaub einzuführen. Ist es eurer Meinung nach ein "wichtiger Grund, den Urlaub besser zu planen?

    Nein, das ist kein wichtiger Grund.


    Aber die Revision könnte man als solchen ansehen.

    Bei uns ist das Hallenbad immer kurz vor Weihnachten bis Anfang Janaur für 4 Wochen geschlossen, da haben die MA dann auch 2 Wochen Urlaub und alle Wartungsarbeiten können durchgeführt werden.


    Also den Ansatz mit der

    d in den letzten drei Wochen die jährliche Revision durchgeführt werden.

    halte für einen "wichtigen Grund", den Rest eher nicht.

    Da ich gleichzeitig im BR bin, weiß ich, dass dies auf jeden Fall "Mitbestimmungspflichtig" ist.

    siehe erco : ihr müßt euch einigen oder das wird nix mit Betriebsurlaub

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Der Betriebsleiter ist berechtigt, das Schwimmbad zu schließen oder den Betrieb einzuschränken. Das ist erst einmal eine mitbestimmungsfreie wirtschaftliche Entscheidung.

    Während der benannten Zeiten kann Betriebsurlaub angeordnet werden, sofern nur eine geringere Personaldeckung notwendig ist. Für dringende betriebliche Belange dürfte das ausreichen, wenn es keine Arbeit für alle gibt. Es ist ja nicht nachfrageabhängig und somit eine Verlagerung des Betriebsrisikos auf die MA.

    Pauschal würde ich sagen, dass ihr mit den zwei Wochen noch ganz gut gestellt seid und der AG je nach Urlaubsanspruch noch mehr anordnen könnte.

  • Nein, das ist kein wichtiger Grund.

    Das ist etwas zu kurz gedacht.

    Natürlich kann Urlaub ein wichtiger Grund sein, der AG muss ihn gewähren und gleichzeitig den Betrieb am laufen halten.

    Deshalb hat der BR hier ja auch so umfangreiche Mitbestimmungsrechte, von den Urlaubsgrundsätzen, bis hin zu den individuellen Urlaubsanträgen einzelner MA. - Um nichts anderes geht es hier, um Urlaubsgrundsätze.

    Gerade wenn es um Betriebsurlaub geht, kommt man da nicht um eine vernünftige Betriebsvereinbarung herum (am besten mit externem Sachverstand).

    Da muss der AG dann mal eine umfängliche Personalplanung vorlegen und sachlich Begründen, womit er denn diese Einschränkung bei der Wahl des Urlaubszeitraums begründet.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Pauschal würde ich sagen, dass ihr mit den zwei Wochen noch ganz gut gestellt seid und der AG je nach Urlaubsanspruch noch mehr anordnen könnte.

    Wie kommst du denn darauf.

    Anordnen schonmal gar nicht.

    Eine BV, notfalls in einer Einigungsstelle, verhandeln geht natürlich.

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    Reinhard Mey

  • Eine BV, notfalls in einer Einigungsstelle, verhandeln geht natürlich.

    Eine BV ist bestimmt sinnvoll (und erzwingbar), eine Einigungsstelle bestimmt möglich, "verhandeln" ein netter Versuch. Ich sehe hier keine Verhandlungsmasse. Wenn der Bums zu ist, wird nicht gearbeitet.

    Die Arbeitsgerichte halten sich grob an ein älteres Urteil des BAG, das Betriebsurlaub im Umfang von 3/5 des Urlaubsanspruches für zulässig hält. Aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die sind sicherlich im Einzelfall zu klären, ich sehe hier aber keine gute Verhandlungsposition des BR. Und auch die Einigungsstelle muss sich ja irgendwie an die gegebenen Fakten, Rechte und Gesetze halten. Das wird sicherlich teuer für den AG, aber für den BR nicht von besonderem Erfolg gekrönt sein.


    Ich drücke euch gerne die Daumen, es ist nie ausgeschlossen, dass mehr erreicht wird als einem rechtlich zusteht. Aber auf euch wetten würde ich nicht.

  • Super... ich bin begeistert von euren zahlreichen Antworten. Im Grunde sind es 2-3 Kollegen, die dies nicht besonders gut finden. Ich denke mal, dass wir uns jetzt zeitnah mal zusammensetzen, um eine Regelung hinzubekommen...vielleicht dann mit einer BV.

    Vielen Dank nochmal für eure Beiträge

  • Die Arbeitsgerichte halten sich grob an ein älteres Urteil des BAG, das Betriebsurlaub im Umfang von 3/5 des Urlaubsanspruches für zulässig hält.

    Wenn es das Urteil ist das seinerzeit, in einer Einigungsstelle, der Anwalt des AG angeführt hat dann war das entscheidende das es dort keinen BR gab.

    Wir haben in unserer BV in einer Einigungsstelle viel klären und erreichen können.

    Es gab viel Verhandlungsmasse!

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    Reinhard Mey

  • Hallo,


    das einschlägige Urteil des BAG ist vom 28.07.1981 (!!!), 1 ABR 79/79. Die dort aufgestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es im Betrieb einen BR gibt oder nicht.

    Gibt es einen BR, hat dieser zwar ein MBR gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 betrVG, muß aber auch hierbei die Interessen des Betriebes, die "betrieblichen Belange" berücksichtigen.

  • Mitbestimmung des Betriebsrats:

    . Die dort aufgestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es im Betrieb einen BR gibt oder nicht.

    Besteht ein Betriebsrat, hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht über die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für die jeweiligen Arbeitnehmer. Diesem Recht unterfällt auch die Festlegung von Betriebsferien und die Frage, ob der gesamte Betrieb oder nur einzelne Betriebsabteilungen Betriebsferien machen sollen (BAG, Urteil vom 09.05.1984, Az.: 5 AZR 412/81).

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    Reinhard Mey

  • Das ist wirklich vollkommen korrekt. Manchmal ist aber auch der Mitbestimmung inhaltlich einfach eine Grenze gesetzt. Und die ist meistens da, wo wirtschaftliche und unternehmerische Entscheidungen anfangen.

    Ich wiederhole das gerne noch mal: Wenn der Bums zu ist, dann gibt es keine Arbeit.

    Und selbstverständlich gilt für diese Zeit die volle Mitbestimmung des Betriebsrates. Über die ganzen Rahmenbedingungen kann verhandelt werden, mit allen Tricks, die dem BR einfallen. Und meinetwegen auch mit der Drohung der Einigungsstelle. Aber auch der Bundespräsident als Vorsitzender der Einigungsstelle kann dem AG nicht aufgeben, den Laden wieder zu öffnen.

    Das benannte Urteil zeigt ganz nett die Regelungsmöglichkeiten: Was kann getan werden, um Lohnausfall zu vermeiden? Wie ist die Ankündigungsfrist (ein Jahr)? Und in diesem Fall auch: Machen wir einen Betriebsurlaub - denn das geht gemeinsam auch ohne dringende betriebliche Gründe.

    Mitbestimmung endet aber da, wo ein Gesetz anfängt. Und wenn das Gesetz eine Festlegung aus dringenden betrieblichen Gründen ermöglicht, dann kann ein Gericht zwar prüfen, ob die Gründe wirklich dringend genug sind, um die Rechte der MA zu beschneiden, aber so lange sie das sind, hat der BR bei dieser Festlegung (das "Ob") keinerlei Mitbestimmungsrecht mehr.

  • Wenn der Bums zu ist, dann gibt es keine Arbeit, (...) hat der BR bei dieser Festlegung (das "Ob") keinerlei Mitbestimmungsrecht mehr.

    Du gehst also davon aus, der AG könne den Laden unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend zumachen, und das schaltete praktisch die Mitbestimmung des BR bzgl Betriebsurlaub aus?


    Das ist so platt ausgedrückt natürlich falsch. Die Mitbestimmung entfällt nicht. Aber natürlich prüft die E-Stelle die Gründe des AG, und wenn die gut genug sind, hat der BR Argumentationsprobleme und wird überstimmt werden. Das gölte dann auch für eine ggf stattfindende gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der E-Stelle.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    6 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Wenn dringende betriebliche Belange das erfordern, dann ja.


    Durch wechselnde Arbeitsorte entzieht sich die Literatur aktuell meines Zugriffs. Ich nehme das mit und prüfe das für mich und euch zeitnah anhand des heiligen Buches.