Mitarbeiter --> Spezialklinik

  • Moin,


    heute morgen kam ein Kollege zu mir und schilderte folgenden Sachverhalt:


    Er soll am 31.05.2023 ins Krankenhaus bzw. in eine Spezialklinik, um seinen Blutzucker einstellen zu lassen. Er leidet schon länger daran, aber irgendwie passt die Einstellung seines Blutzuckers noch nicht. Das soll wohl 7 - 9 Tage dauern. Er fragt jetzt, ob er dafür Überstunden nehmen soll, da er ja nicht wirklich krank ist. Ich habe ihm gesagt, er solle sich krankschreiben lassen, wie seht ihr die Lage?

    "Das Gras wächst nicht schneller wenn man dran zieht."

    "Immer Sonne ist Wüste"

    BRV,9er Gremium,kein Tarif

  • da er ja nicht wirklich krank ist.

    warum muss man sich den Blutzucker einstellen lassen und 7-9 Tage in eine Spezialklinik, wenn man nicht wirklich krank ist?

    macht man das jetzt auch schon bei gesunden Menschen oder ist das eine Bildungsurlaubsveranstaltung?


    Sorry für den Sarkasmus, aber der Kollege hat da wohl eine "falsche Denkweise"

    --> er ist krank bzw hat eine behandlungsbedürftige Krankheit (auch wenn er sich evt nicht "totkrank" fühlt)

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • er ist krank bzw hat eine behandlungsbedürftige Krankheit (auch wenn er sich evt nicht "totkrank" fühlt)

    Absolut und 100%ig richtig! Diabetes ist absolut keine Bagatelle und gerade ein nicht ordentlich eingestellter Blutzucker hat die übelsten Folgen. Da kann man erblinden, dialysepflichtig werden und gerne wird mindestens ein Fuß über die Jahre scheibchenweise amputiert. Der erhöhte Blutzucker schädigt die Blutgefäße, was vor allem da ins Gewicht fällt, wo diese besonders fein sind (Augen, Nieren usw.) und zerstört so mit der Zeit ganze Organe.

    Also ja, dieser Mensch hat eine ernstzunehmende und behandlungsbedürftige Erkrankung und jeden der etwas anderes behauptet darf getrost einen medizinisch vollkommen ungebildeten Vollpfosten nennen. ;)

    Das Krankenhaus stellt eine Bescheinigung aus und er ist dann arbeitsunfähig. Er muss keine Überstunden opfern.

    Ebenfalls richtig! Man bekommt vom Krankenhaus zwar keine AU, aber eine Bescheinigung über den Klinikaufenthalt von/bis.

    Diese ist aber für den AG mit einer AU gleichzusetzen.

    Das ein MA während eines stationären Klinikaufenthaltes nicht arbeiten kann ist ja selbsterklärend und das diese Behandlung nicht ambulant erfolgen kann, folgt einfach daraus, dass der Hausarzt die stationäre Behandlung konkret verordnet hat. (Hätte er das nicht, würde das auch nicht stationär stattfinden).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Mich hatte die Diabetolgin damals für ganze 6 Wochen krankgeschrieben, weil sie sagte, solange kann es dauern, bis der BZ richtig eingestellt ist. Als es dann zu einer Insulinresistenz kam (Jahre später), wat auch der Krankenhausaufhalt nie ein Thema. Bekam meine Liegebescheinigung und auch hier wieder meine ganz normale Lohnfortzahlung.


    Es gibt eben auch Krankheiten, bei denen man sich absolut nicht krank fühlt, aber es dennoch ist.

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

    ~~~ Eine Lösung hätte ich - mir fehlt nur das passende Problem. ~~~

  • Mich hatte die Diabetolgin damals für ganze 6 Wochen krankgeschrieben, weil sie sagte, solange kann es dauern, bis der BZ richtig eingestellt ist.

    Um den BZ von meinem Kater richtig einzustellen hab ich sogar 8 Wochen gebraucht und hab in der Zeit auch nicht verlangt, dass er Mäuse fangen soll ;)

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    Hanlons Rasiermesser

  • da er ja nicht wirklich krank ist.

    Ich wusste nicht, dass Diabetes neuerdings keine Krankheit mehr ist.


    Aber mal im Ernst, hier wird eine:e Arbeitnehmer:in infolge Krankheit (Diabetes) an der Arbeitsleistung gehindert - das entspricht genau dem Wortlaut des § 3 (1) EntfFG: Deswegen besteht der übliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung gg den AG. Punkt.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Er fragt jetzt, ob er dafür Überstunden nehmen soll, da er ja nicht wirklich krank ist. Ich habe ihm gesagt, er solle sich krankschreiben lassen, wie seht ihr die Lage?

    Also Diabetes ist eine Krankheit. Wer darunter leidet ist nicht automatisch AU. Vielleicht ist es klarer wenn die Begrifflichkeiten eingehalten werden.

    Wer in ein Krankenhaus muss dürfte immer AU sein. Und auch Krank.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Auch wenn es in vielen Fällen eine Überschneidung gibt, muss man nicht "krank" sein, um Arbeitsunfähig zu sein und ebenso nicht arbeitsunfähig, obwohl man krank ist. Diabetes geht üblicherweise nicht weg, man bleibt sein Leben lang "krank". Aber hoffentlich (ich wünsche es zumindest niemandem) nicht auch ein Leben lang arbeitsunfähig. Gleichzeitig ist z. B. eine Brustvergrößerung keine Krankheit und führt dennoch zu einer AU - mit Entgeltfortzahlung.

    Wer auf Ärztliche Anforderung im Krankenhaus liegt ist während dieser Zeit sicherlich Arbeitsunfähig, ganz unabhängig davon, wie "krank" man ist. Und ganz sicher entscheidet darüber nicht der Arbeitgeber.

  • Ui, Tobias Clausing , Dein letzter Beitrag ist auf mehreren Ebenen grottenfalsch.


    Doch, lt § 3 (1) EntgFG gilt die Entgeltfortzahlung, wenn man infolge Krankheit arbeitsunfähig ist - d.h. die Krankheit ist also zwingende Voraussetzung.


    Und nein, bei einem Eingriff, der medizinisch nicht notwendig ist bzw nicht aufgrund einer Krankheit erfolgt, also z.B. bei einer elektiven Brustvergrößerung, gibt es keine Entgeltfortzahlung - das muss in der Freizeit erfolgen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ok, mit der Brustvergrößerung habe ich bei der Suche nach EntgFZ ohne Krankheit doch danebengegriffen. Die Sterilisation ist aber z. B. explizit im Gesetz benannt, ebenso wie ein Schwangerschaftsabbruch. Beides in meinen Augen keine "Krankheit" und trotzdem verbunden mit der Entgeltfortzahlung.

    Mein Beispiel war also in einem Detail nicht korrekt und damit liege ich dann offenbar auf mehreren Ebenen grottenfalsch, selbst wenn sich mir die weiteren Ebenen nicht erschließen.

    [Hier stand nur noch Kram, der der Beantwortung der ursprünglichen Frage nicht zu weiterer Erkenntnis verhelfen würde. Ich verzichte für den Seelenfrieden.]

  • Tobias Clausing , Deine Aussage...

    (...) muss man nicht "krank" sein, um Arbeitsunfähig zu sein (...).

    ...war halt nicht nur im Detail, sondern grundsätzlich falsch. Isso. Dein Beispiel hat das unterstrichen.


    Davon gelten nur die im Gesetz § 3 (2) explizit genannten Ausnahmen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • ...war halt nicht nur im Detail, sondern grundsätzlich falsch. Isso. Dein Beispiel hat das unterstrichen.

    Natürlich hast Du Recht. Aber es ist ja auch (wie immer) eine Frage der Begrifflichkeiten.

    Natürlich kann es da zu Fehlinterpretationen kommen, je nach dem was man unter "krank" versteht. Ich bin über diese Formulierung im EntgFG auch erst mal "gestolpert", da wir im Rettungsdienst grundsätzlich zwischen "krank" und "verletzt" differenzieren. Ein Patient mit einem Herzinfarkt ist natürlich krank und nicht verletzt und ein Patient mit gebrochenem Oberschenkel ist verletzt aber nicht krank (sofern er abgesehen von der Fraktur keine Erkrankungen hat).

    Aber dies ist halt eine Definition des Rettungsdienstes und keine Definition des EntgFG (wär ja auch doof, dann würde man für ein gebrochenes Bein keine Entgeltfortzahlung bekommen).

    Entsprechend hatte ich im ersten Moment an der Formulierung "muss man nicht "krank" sein, um Arbeitsunfähig zu sein" gar nix auszusetzen, da in meinem Rettungsdienst geprägten Denken ein Mensch mit einem gebrochenen Bein nicht krank, sondern verletzt ist, aber natürlich Entgeltfortzahlung erhält. - Aber diese Definition von "krank" ist nicht im Sinne des Gesetzes, die korrekte Definition hat erco gepostet.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Ich habe keinen Kommentar da, vermute aber mal sehr stark, dass der Krankheitsbegriff des EntgFG dem in Deutschland gängigen sozialrechtlichen entspricht.


    Das BSG definiert als Krankheit den regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand, der Behandlungsbedürftigkeit oder/und Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Die Regelwidrigkeit ist ausgehend vom Leitbild des gesunden Menschen, der zur Ausübung der normalen körperlichen und psychischen Funktionen in der Lage ist, zu definieren. Eine Abweichung von dieser Norm führt zur Regelwidrigkeit.

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  • Bei einer gut eingestellten Diabetes ist man natürlich nicht AU. Aber bei der Einstellung einer erst begonnenen Diabetes kann es durchaus sein, dass man da echt und wirklich AU ist. Denn es kann zu Über- bzw. Unterzuckerung führen, welche auch lebensgefährlich sein. Daher schreiben Ärzte (berechtigt) krank. Also nix mit Überstunden oder Urlaub nehmen...

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

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