Schulungskosten für Betriebsrat verhindern Weiterbildung der anderen Mitarbeiter?

  • Hallo zusammen,


    bitte entschuldigt den langen Text.


    Ich arbeite in einem Standort mit 100 Mitarbeitern ohne Tarifvertrag. Dieser Standort ist Teil einer größeren Firma aus den USA. Diese Firma hat auch Standorte in Europa in Nicht-EU-Ländern, aber unserer ist der einzige in Deutschland.


    Für unseren Standort stehen dieses Jahr (2023) etwa 800 bis 1000 Euro pro Mitarbeiter für Weiterbildungen zur Verfügung.


    Der Geschäftsführer, die Personalerin und der Controller sind nicht nur für unseren, sondern für alle Standorte in Europa zuständig.


    Sie haben firmenöffentlich verkündet, dass der Betriebsrat die Hälfte des Weiterbildungsbudgets für dieses Jahr aufbrauchen würde.


    Das liegt daran, dass wir fast alle neu in den Betriebsrat gewählt wurden und alle Grundlagenschulungen dieses Jahr abschließen wollen.


    Wir haben dem Geschäftsführer und der Personalerin letztes Jahr eine Budgetschätzung gegeben und diese auf Wunsch nochmal gekürzt. Laut dem Controller wurden diese Informationen nicht in die Budgetplanung für dieses Jahr mit einbezogen, sondern er ist einfach von den Schulungskosten des Vorjahrs ausgegangen. Diese waren gering, weil wir nur zwei in house-Schulungen absolviert hatten.


    Es ist sicher unser Versäumnis als Betriebsrat, dass wir 2022 nicht mehr Schulungen absolviert haben, weil wir unsere Zeit zu sehr von der Personalerin haben binden lassen (die z.B. bei jeder Neueinstellung von Kollegen und bei Abteilungswechseln versucht hat die Betriebsvereinbarungen zu verletzen und sich nicht ans Arbeitsrecht gehalten hat). Wir haben die Schulungstermine auch nicht konkret für den gesamten Zeitraum 2022/23 festgelegt, sondern nur die anfallenden Schulungen und Kosten aufgelistet.


    Unser Geschäftsführer hat für die bisherigen Weiterbildungen oft erst am Tag vor oder wenige Tage vor der Veranstaltung das Kostenübernahmeformular für den Träger unterschrieben. Wir und unsere Abteilungen hatten dadurch keinerlei Planungssicherheit, selbst wenn er die Übernahme mündlich schon Wochen vorher zugesagt hatte.


    Der Geschäftsführer, die Personalerin und der Controller haben diverse Male gefordert, dass nur ein Teil unseres Gremiums die Grundlagenschulungen absolviert und die anderen regulären Mitglieder schult („train the trainer“), was unserer Meinung nach nicht in Ordnung ist.


    Sie haben damit gedroht dass die Gehaltserhöhungen für die Kollegen um die Summe geringer sein werden, die für die Betriebsratsweiterbildungen verwendet wird.


    Sie haben damit gedroht dass das Weiterbildungsbudget für alle Mitarbeiter um die Summe geringer sein wird, die für die Betriebsratsweiterbildungen verwendet wird.


    Nun verlangen sie, dass wir die Schulungen bis Mitte 2024 absolvieren, also über die erste Hälfte der Legislaturperiode und drei Kalenderjahre gestreckt. Das haben wir abgelehnt.


    Meine Fragen:

    1) Muss der Arbeitgeber die Weiterbildungskosten für Betriebsräte separat von denen für andere Zwecke einplanen?

    2) Wenn ja, wo steht das/mit welchem Urteil lässt sich das belegen?

    3) Darf er verlangen, dass wir die Grundlagenschulungen über so einen langen Zeitraum strecken?

    4) Liege ich richtig damit, dass das „train the trainer“-Modell Unsinn ist, weil die Zertifikate von anerkannten Weiterbildungsträgern vergeben werden müssen?


    Ich freue mich über jeden Hinweis, Links etc.


    Vielen Dank für Eure/Ihre Unterstützung!

  • Euer AG muss eure Schulungen nicht budgetieren, er muss sie zahlen. Und Grundlagenschulungen für alle neuen BR sind indiskutabel. Aber werft nicht mit Juristischem Kram um euch, gebt ihm § 40 Abs. 1 BetrVG. Und wenn er dann noch stänkert sucht ihr euch einen Fachanwalt, der freut sich über so einfachen Kram.


    Nebenbei: Betriebsöffentlich zu verkünden, dass der BR das Schulungsbudget alleine verbrennt dürfte eine Behinderung der Betriebsratsarbeit sein, dafür gibt's dann § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.


    Lernt man übrigens alles in den Schulungen. :D

    Oh - und bestellt euch mal auf Firmenkosten einen Fitting, so teuer ist der nicht, steht aber alles drin, wie man das BetrVG auslegen sollte.

  • Nebenbei: Betriebsöffentlich zu verkünden, dass der BR das Schulungsbudget alleine verbrennt dürfte eine Behinderung der Betriebsratsarbeit sein (...)

    Das war mein allererstes Gerichtsverfahren gg den AG als BRV, nachdem dieser in einer Betriebsversammlung gesagt hatte, er könne den Kolleg:innen aufgrund der vielen BR-Schulungen mun leider viel weniger Fortbildungen zahlen.


    Und so ging die Verhandlung los: Der Richter verlassen kurz den Tatbestand und wendete sich der AG-Bank mit folgenden Worten zu: "Herr AG, so geht des fei ned."


    Die weitere Verhandlung war sehr kurz und für den AG unerfreulich...


    1) Muss der Arbeitgeber die Weiterbildungskosten für Betriebsräte separat von denen für andere Zwecke einplanen?

    2) Wenn ja, wo steht das/mit welchem Urteil lässt sich das belegen?

    3) Darf er verlangen, dass wir die Grundlagenschulungen über so einen langen Zeitraum strecken?

    4) Liege ich richtig damit, dass das „train the trainer“-Modell Unsinn ist, weil die Zertifikate von anerkannten Weiterbildungsträgern vergeben werden müssen?

    1) Nein. Aber darf nicht den AN des Betriebes sagen, dass er die Kosten des BR negativ auf sie umlegt und sie dadurch Nachteile haben.

    2) Dazu gibt es umfangreiche Rechtsprechung.

    3) Nein. Der BR legt die Erforderlichkeit in eigenem billigen Ermessen fest. Und es ist sicher sinnvoll, das Grundlagenwissen schnell zu erwerben.

    4) Die Rechtssprechung definiert klar den Schulungsanspruch der BRM und negiert den Verweis auf bereits geschulte BRM mindestens für die Grundlagenschulungen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.