Mobbing/Beleidigung, was können wir als BR tun?

  • Hallo!


    Wir haben in unserer Technik einen Fall, wo ein Mitarbeiter von einem Arzt (kein Vorgesetzter) sehr oft beschimpft wird und seine Arbeitseinstellung und -leistung wird auch teilweise vor Mitarbeitern öffentlich kritisiert. Das geht nun schon über einen längeren Zeitraum so. Ein Gespräch zwischen Mitarbeiter, Vorgesetzten, Arzt und BR-Mitglied hat er leider abgelehnt und als nicht notwendig erachtet.

    Wir werden jetzt den Arbeitgeber schriftlich auffordern, dies zu unterlassen und das "Mobbing" zu beenden.


    Wenn dies nicht zur Lösung führt, was kann man als Betriebsrat weiterhin unternehmen? Ein Wechsel des Arbeitsplatzes (Ort) ist leider nicht möglich. Muss der Mitarbeiter dann selbst eventuell rechtlich dagegen vorgehen oder können wir als BR ihn dabei unterstützen?


    Würde mich über Hinweise freuen.

  • Ein Gespräch zwischen Mitarbeiter, Vorgesetzten, Arzt und BR-Mitglied hat er leider abgelehnt und als nicht notwendig erachtet.

    Wer hat das abgelehnt?


    Legt der MA eine Beschwerde gem. § 85 BetrVG beim BR ein und der BR beschließt in seiner Sitzung, dass der Beschwerde statt gegeben wird, dann fordert der BR den AG auf, den Grund der Beschwerde abzustellen.

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  • Hallo Macheledt,

    Du hast es zwar nicht ausdrücklich geschrieben, aber ich nehme mal an, der Arzt ist im Betrieb beschäftigt.

    Der Arzt kritisiert die Arbeitsleistung und -einstellung des betreffenden Kollegen. Dabei vergreift er sich im Ton, ist aber inhaltlich nahe bei den anderen Kollegen.

    Das Gespräch hat der Mitarbeiter abgelehnt. Daraus vermute ich, dass er auch nicht erfreut wäre, wenn Ihr Euch für ihn beim AG einsetzt. Die Folge wäre dann vorhersehbar ja wieder ein Gespräch, das er nicht will.


    Mir wären auch die Ziele solcher Gespräche nicht klar: Ihr wollt Euch dafür einsetzen, dass der Mitarbeiter nicht mehr gemobbt wird. Bei dem geplanten Gespräch käme die (angeblich) mangelnde Arbeitsleistung ja auch zu Sprache. Was ist, wenn die wirklich schlechter ist (und auch vor dem Mobbing schlechter war)? Dann müsste der Mitarbeiter seine Leistung verbessern, obwohl er dazu vielleicht keine Lust hat oder aus anderen Gründen nicht in der Lage ist und das niemanden auf die Nase binden will. Wenn Ihr jetzt auch noch den AG auffordert, den Mitarbeiter in seinen Fokus zu nehmen, wird dessen Lage noch prekärer.


    Meine Folgerung: Er hat gesagt, er will kein Gespräch. Dann lasst ihn.

    Und als Rückmeldung an Eure Rolle in diesem Spiel: Was genau ist Eure eigene Motivation für das Gespräch? Habt Ihr die Zuversicht, dass Ihr die Dynamik eines solchen Gesprächs im Griff hättet? Geht es "nur" um den Mitarbeiter oder auch um den Kampf gegen Arzt oder AG? Das sind so Fragen, die mir auch meine BR-Kollegen stellen, wenn ich mich mal wieder aufrege...

  • Ein BR kann nur helfen und unterstützen, wenn das der betroffene MA auch will. Dazu gehört aber auch eine gewisse Eigenbeteiligung des MA.

    Wie ich schon mal in einem anderen Zusammenhang schrieb: Wasch mich aber mach mich nicht nass, funktioniert nicht.

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  • Ich würde den Beitrag von BMG aufgreifen.
    Der Mitarbeiter hat das Gespräch abgelehnt? Oder hat der Arzt abgelehnt?

    Falls es der Mitarbeiter war welcher beleidigt wird. Habt Ihr ein Mandat von dem Mitarbeiter, welcher nicht am Gespräch teilnehmen will, da überhaupt tätig zu werden?

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Erst mal Danke für die Rückmeldungen. Ich habe mich schlecht ausgedrückt, sorry.


    Der Arzt ist angestellt im Betrieb. Er beleidigt den Kollegen und spricht ihm seine Qualität ab. Er brüllt z. Bsp. über den Flur dem Techniker hinterher, dass er seine Arbeit nicht kann und die Technik allgemein nichts taugt. Ein weiteres Mal hat er den Techniker gefragt, ob er nicht lieber seine 95-jährige Oma fragen sollte, die könnte das schneller erledigen als er. Das sagte er vor anderem Personal. Und so gibt es noch einige weitere Punkte. Das geht nun schon viele Monate so.`

    BMG

    An der Arbeit kann man nichts aussetzen. Das hätte dann unser direkter Vorgesetzte ja schon von sich aus angesprochen, wenn es so wäre. Außerdem ist der Arzt der Technik generell nicht weisungsbefugt. Aber diese ständigen Sticheleien und auch Diffamierungen vor dem Personal kann man doch nicht so stehen lassen, denke ich.


    Der Mitarbeiter scheut sicherlich nicht die Konfrontation, denn er hat sich auch schon juristischen Rat eingeholt. Der nächste Schritt, wenn es sich nicht bessert, wird vom Kollegen zum Arbeitsgericht gehen. Das wäre aber auch nicht in unserem Sinne.


    Der Arzt hat sich dem Gespräch verweigert. Daher bat uns der Kollege darum, dass wir uns als BR einbringen und dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass solche Aktionen zu unterlassen sind. Das werden wir jetzt tun, aber haben wir sonst überhaupt Möglichkeiten uns einzubringen?


    Ob man es Mobbing nennt oder anders, ist ja egal. Es muss möglich sein, dass man sich auf einer sachlichen Ebene begegnet und vernünftig kommuniziert.

  • Ich verweise hier noch einmal auf den § 85 BetrVG, das ist der Weg des AN auf dem ihr dann weitergeht in Richtung AG.

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  • Tagebuch führen wäre gut um eine Übersicht zu bekommen. Was ist passiert, welche Aussagen wurden gemacht, Wer hat das mitbekommen? Datum, Uhrzeit. Das bei jedem Fall.

    Ob das Mobbing ist werden andere Entscheiden. Es würde aber bei eurer Werksleitung helfen wenn man die Fälle (auch die häufigkeit) belegen kann.

    Was die Arbeitsleistung/Arbeitseinstellung betrifft..den Vorwurf kann niemand bewerten. Wie "BMG" schon erwähnt hat sollte man vorsichtig sein falls das zutrifft.

  • An der Arbeit kann man nichts aussetzen. Das hätte dann unser direkter Vorgesetzte ja schon von sich aus angesprochen, wenn es so wäre.

    Genau so würde ich mir das vom direkten Vorgesetzten bestätigen lassen und dann den betroffenen MA ermutigen, sein Beschwerderecht nach § 85 BetrVG in Anspruch zu nehmen. Wenn der BR die Beschwerde als berechtigt erachtet und an den AG weiterleitet, ist der verpflichtet, die Belästigung abzustellen. (Zumindest diesen Ausdruck halte ich für angemessen, da Beschimpfen und öffentliche Kritik sich niemand gefallen lassen muß). Bleibt der AG zögerlich, kann der BR über die Einigungsstelle eine Lösung erzwingen.

    Als Sofortmaßnahme würde ich bei jeder technischen Arbeit, die in der Nähe des Arztes auszuführen ist, den MA möglichst aus der Schußlinie nehmen und jemand anders die Arbeit erledigen lassen.


    Eine gute Zusammenfassung findest du hier: https://www.anwalt.de/rechtstipps/mobbing

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Wenn sich noch mehr Mitarbeiter betroffen fühlen durch das Verhalten von dem Arzt könnte der Betriebsrat ja mal gegenüber dem Arbeitgeber in einem Nebensatz den §104 BetrVG erwähnen.
    Und das man mit dem Gedanken spielt diese Karte auszuspielen.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Daher bat uns der Kollege darum, dass wir uns als BR einbringen und dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass solche Aktionen zu unterlassen sind. Das werden wir jetzt tun, aber haben wir sonst überhaupt Möglichkeiten uns einzubringen?


    Genau so würde ich mir das vom direkten Vorgesetzten bestätigen lassen und dann den betroffenen MA ermutigen, sein Beschwerderecht nach § 85 BetrVG in Anspruch zu nehmen. Wenn der BR die Beschwerde als berechtigt erachtet und an den AG weiterleitet, ist der verpflichtet, die Belästigung abzustellen.

    Bei dieser Konstellation könnte man meiner Auffassung nach auch darüber nachdenken, gemäß § 104 BetrVG den Arzt in seiner Eigenschaft als betriebsstörender Arbeitnehmer durch sein gesetzwidriges Verhalten per Arbeitsgerichtsbeschluss vom Arbeitgeber die Entlassung, zumindest aber dessen Versetzung verlangen. Andererseits wäre ein Einigungsstellenverfahren für den AG die kostspieligere Lösung.

    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

    Voltaire (1694 - 1778)


    " Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen,

    wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht "

    Papst Gregor der Große (540 - 604)


    " Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit "

    Kofi Annan, von 1997 bis 2006 Generalsekretär der UN

    Einmal editiert, zuletzt von Kampfschwein ()

  • Er beleidigt den Kollegen und spricht ihm seine Qualität ab. Er brüllt z. Bsp. über den Flur dem Techniker hinterher, dass er seine Arbeit nicht kann und die Technik allgemein nichts taugt. Ein weiteres Mal hat er den Techniker gefragt, ob er nicht lieber seine 95-jährige Oma fragen sollte, die könnte das schneller erledigen als er. Das sagte er vor anderem Personal. Und so gibt es noch einige weitere Punkte. Das geht nun schon viele Monate so.`

    Das ist ein Verhalten, dass arbeitsrechtlich sanktionierbar ist - es wäre mindestens abmahnbar, je nach Schweregrad könnte es auch zur Kündigung berechtigen. U.U. ist das auch strafrechtlich relevant.


    Ich würde hier ebenfalls den Beschwerdeweg nach § 85 empfehlen. In der Beschwerde sollten nach Möglichkeit auch mehrere Ereignisse und Zeug:innen konkret benannt werden.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Mich beschäfftigt hier die Frage der Vorgeschichte. Es fängt ja selten jemand an einfach aus Spass an der freude Grundlos jemand zu mobben. Und ich hab eines gelernt---> immer auch mal die andere Seite zu Wort kommen lassen um sich dann auch ein Bild vom großen Ganzen machen zu können.




    p.s. Wusstet Ihr das 9 von 10 Mobbing garnicht so schlimm finden :evil: 8o

  • Vielen Dank für die Hinweise. Werde es mit Bezug auf §85 BetrVG so machen.

    Wie sieht's denn aus ? Seid Ihr schon einen Schritt weiter :/

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  • Mich beschäfftigt hier die Frage der Vorgeschichte. Es fängt ja selten jemand an einfach aus Spass an der freude Grundlos jemand zu mobben. Und ich hab eines gelernt---> immer auch mal die andere Seite zu Wort kommen lassen um sich dann auch ein Bild vom großen Ganzen machen zu können.

    Mit Verlaub: Nein.


    Als jemand, der Mobbingfälle als BRM betreut hat (und auch im Beruf Menschen betreut hat, die darunter litten) kann ich sagen, dass diese Verantwortungsverschiebung hin zum Opfer eine indirekte Entschuldigung und damit Unterstützung der Täter:innen darstellt.


    Das Verhalten ist hier eindeutig beschrieben. Es ist bei egal welcher Vorgeschichte nicht gangbar.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Mit Verlaub: Nein.


    Als jemand, der Mobbingfälle als BRM betreut hat (und auch im Beruf Menschen betreut hat, die darunter litten) kann ich sagen, dass diese Verantwortungsverschiebung hin zum Opfer eine indirekte Entschuldigung und damit Unterstützung der Täter:innen darstellt.


    Das Verhalten ist hier eindeutig beschrieben. Es ist bei egal welcher Vorgeschichte nicht gangbar.

    aber vermutlich sehr hilfreich bei der Klärung der Angelegenheit ;)

  • aber vermutlich sehr hilfreich bei der Klärung der Angelegenheit ;)

    Nein.


    "Ich habe die alte Oma ausgeraubt, weil sie so demonstrativ die Hunderter im Portemonnaie hat sehen lassen." "Der Typ wollte doch auf's Maul, so schräg wie der mich angesehen hat." "Was heißt hier Vergewaltigung? Wer so einen Minirock anhat, will es doch!"


    Die Angelegenheit, also die Tat, ist klar.

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