Kündigung während Probezeit wegen langer Krankheit (alternativen)

  • Hallo Kollegen,


    Wir haben eine Kündigung in der Probezeit ( 6mon.) vorliegen. Der Mitarbeiter hatte kurz nach Einstellung einen Sportunfall.

    Jetzt soll er gekündigt werden. Ich hatte gehofft ( hab da mal was davon gehört ) das es die Möglichkeit gibt die Probezeit

    zu verlängern im Rahmen der ja quasi ausgefallenen Probezeit. Das haben aber meine Recherchen jetzt wiederlegt.


    Ich suche nun nach Möglichkeiten dem MA doch irgendwie ne Chance zu geben. Denn seine Arbeitsleistung war in seiner

    anwesenheit wohl schon brauchbar.


    Eine Möglichkeit die ich gefunden habe wäre die Kündigungsfrist so zu verlängern das eine weitere Testphase möglich wäre.

    Gibts da Obergrenzen?


    Oder einen Aufhebungsvertrag mit entsprechendem Ende .


    Beides müsste dann halt Schriftlich vom AG aufgehoben werden wenn die Entscheidung dann anders ausfällt.


    Meine Fragen dazu:


    Spricht von Betriebsratsseite was gegen einen der oben genannten Ideen?

    Sollten wir in diesem Fall der Kündigung dann wiedersprechen?

    Oder zustimmen unter genannten Bedingungen?


    Wir haben wie fast alle Unternehmen Personalmangel. Also wäre es nicht nur im Sinne des einzelnen MA sondern

    fürs Kollektiv schön wenn sich der betreffende MA evtl. doch als Verstärkung rausstellen würde.


    Noch ein Paar Fakten.


    Der MA war knapp 2 Monate Verletzt und hatte danach immer mal wieder Probleme die auf die Verletzung rückzuführen waren.

    Die 6 Monate laufen ende März aus. Es muss also bis mitte März eine Lösung her.

  • Nach 6 Monaten gilt das Kündigungsschutzgesetz egal ob der Mitarbeiter krank war oder nicht.

    das ist das Problem.


    Wenn der AG in der Probezeit kündigt muss er ja nicht substanziell begründen wieso, aber wenn er es macht muss es korrekt sein. Evtl darauf bezogen könntet ihr einen Widerspruch formulieren so euer AG denn so blöd war.

    Aber das KüSchG gilt halt noch nicht.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Hallo,

    Sollten wir in diesem Fall der Kündigung dann wiedersprechen?

    Ihr habt keinen Hebel für einen Widerspruch, wie die beiden Kollegen zuvor schon korrekt geschrieben haben.


    Eine Möglichkeit die ich gefunden habe wäre die Kündigungsfrist so zu verlängern das eine weitere Testphase möglich wäre.

    Gibts da Obergrenzen?

    Diese Option hat unser AG auch schon genutzt: also Kündigung in der Probezeit (nachfolgend KiPZ, denn ich bin schreibfaul) fristgerecht ausgesprochen "hat sich nicht bewährt", aber Kündigungstermin noch (einen Monat?) weiter in die Zukunft gelegt als die Minimalfrist, eben genau als Bewährungsoption: Bei Bewährung wird die Kündigung zurückgenommen (wofür der BR übrigens nicht zustimmen muss).
    Bei eventuellen Obergrenzen muss ich passen. Natürlich muss die KiPZ fristgemäß zugestellt werden. Aber wieviel weitere Bewährungszeit zugestanden werden kann, weiß ich nicht. Sofern es dafür Grenzen gibt, vermute ich mal, irgendwo zwischen einem und drei Monaten, eventuell auch maximal für die Krankeheitsdauer ... ?

    Sehr lange kann das kaum gehen, sonst würden wohl alle AG nach ~fünf Monaten - in der Probezeit! - kündigen und die Leute dann quasi endlos weiter arbeiten lassen, immer mit der bereits ausgesprochenen (!) Kündigung im Nacken und ohne Mitbestimmung für einen Rauswurf irgendwann später.


    Der MA war knapp 2 Monate Verletzt und hatte danach immer mal wieder Probleme die auf die Verletzung rückzuführen waren.

    Das macht es für ihn und für euch kaum leichter, denn der AG wird hier wohl von einer "schlechten Prognose" reden .... :-/

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Wie ja schon geschrieben wurde, erzwingen kannst Du hier nix.

    Aber vielleicht kannst Du den AG überzeugen aus der Kündigung eine Änderungskündigung auf einen befristeten Vertrag zu machen. So nach dem Motto: "Jetzt komm, gib dem noch ne Chance! So hat er nochmal 6 Monate Zeit sich zu bewähren und wenn das nicht klappt läuft einfach der Vertrag aus und Du musst ihn gar nicht kündigen".

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Wie ja schon geschrieben wurde, erzwingen kannst Du hier nix.

    Aber vielleicht kannst Du den AG überzeugen aus der Kündigung eine Änderungskündigung auf einen befristeten Vertrag zu machen. So nach dem Motto: "Jetzt komm, gib dem noch ne Chance! So hat er nochmal 6 Monate Zeit sich zu bewähren und wenn das nicht klappt läuft einfach der Vertrag aus und Du musst ihn gar nicht kündigen".

    bin mir nicht sicher ob das so geht. Befristet geht wohl nur bei einer Neueinstellung.

    Und ob das mit der Änderungskündigung sauber ist, bin ich mit nicht sicher.

  • bin mir nicht sicher ob das so geht. Befristet geht wohl nur bei einer Neueinstellung.

    Und ob das mit der Änderungskündigung sauber ist, bin ich mit nicht sicher.

    Ja, das geht. Sauber. Allerdings nur mit eines Sachgrundbefristung (keine sachgrundlose, zeitliche Befristung).

    Was aber kein Problem darstellt, da die Zulässigen Gründe für so eine Befristung im § 14 TzBfG geregelt sind und da steht unter § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG:

    Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

    (...)
    5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,

    (...)

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • ist der Kollege denn in einem unbefristeten AV wenn die Probezeit ausläuft?


    Wäre logisch wenn ich den Strang hier so verfolge, aber dazu welches AV nach der probezeit besteht lese ich nichts, von daher meine Frage.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Die Frage von Randolf ist berechtigt. Ist der AV befristet, kann man argumentieren, dass das Arbeitsverhältnis eh irgendwann endet, wenn der/die AN ungeeignet ist.


    Ansonsten bliebe noch die Option, dass AG und AN freiwillig und in gegenseitigem Einvernehmen den AV auf befristet abändern. Für den/die AN wird das vmtl eine bessere Option als die Kündigung sein.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo,


    bei einer Probezeit gem. § 622 Abs. 3 BGB dürfen nach Art. 8 III 1 NachweisRL 2019/1152/EU (deren Umsetzungsstand ich nicht vollständig kenne) " sechs Monate überschreitende Probezeiten ausnahmsweise vorgesehen werden, wenn dies ... im Interesse des AN ist." (ErfK, Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 15).

    Weiter heißt es im ErfK, Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn 49a:

    "Kann der AG Eignung und Leistung eines AN wegen der bes. Anforderungen des Arbeitsplatzes innerhalb von 6 Monaten nicht genügend beurteilen, darf eine längere Probezeit vereinbart werden (BAG 19.11.2019, NZA 2020, 536 Rn 31 ...), ggfs durch nachträgliche befristete Verlängerung der Probezeit (BAG 12.9.1996, AP BGB § 611 ...)."

  • Doch, nachträgliche Befristungen sind möglich.

    sieht der Erfurter, und dem vertraue ich mehr als Haufe, anders:


    aus RN 49 zu §14 TzBfG:


    ...Voraussetzung ist, dass die Erprobung nicht schon in einem vorgeschalteten ArbVerh. erfolgte.


    Das ist für mich ganz eindeutig die Probezeit.


    Ansonsten ist das unter den Bedingungen des §14 sicherlich möglich, für den Punkt Erprobung nicht.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Das ist für mich ganz eindeutig die Probezeit.

    Kann ja sein, dass es das für Dich ist ;)

    Rein faktisch hat aber eben keine Erprobung in einem vorgeschalteten ArbVerh. stattgefunden, weil der MA einfach krank war.

    (Genau diese Tatsache bezeichnet man gemein hin als "sachlichen Grund").

    Probezeit = Erprobung, obwohl faktisch (krankheitsbedingt) gar keine Erprobung stattgefunden hat ist keine sachliche Begründung, sondern pseudojuristische Winkelfurzerei :D

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo rtjum,


    wie alt ist denn Dein ErfK ? Denn das hier

    ...Voraussetzung ist, dass die Erprobung nicht schon in einem vorgeschalteten ArbVerh. erfolgte.

    steht bei meiner Ausgabe (22. Aufl., 2022) nicht mehr in der Rn 49. Und darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Rn (49a, 50) zu dem Thema § 14 Abs. 2 Nr. 5 TzBfG.


    Und auch bei den grundsätzlchen Erwägungen schließt der ErfK, Müller-Glöge, § 14 Rn 13f eine nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht grundsätzlich aus.

  • wie alt ist denn Dein ErfK ?

    23. Auflage, 2023

    keine Ahnung von wann Deine ist...ach, sorry lese gerade ist von 2022, also steht es in deinem noch nicht drin.


    pseudojuristische Winkelfurzerei

    mag sein, dass ich nur ein Winkeladvokat wäre.


    Und die RN 49a spricht ja eben auch nicht von einem neuen befristeten Vertrag sondern von einer befristeten Verlängerung der Probezeit.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

    3 Mal editiert, zuletzt von rtjum () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von rtjum mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Etwas Mut zur Lücke. Ich würde die Unsicherheit zwischen rtjum und albarracin akzeptieren und eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses und der Probezeit dem AG vorschlagen. Wird das befristet, dann muss am Ende der BR nicht gefragt werden (was deinem AG gefallen dürfte).

    Rechtliche Handhabe hast du nicht, aber wenn der Kollege sich etwas anstrengt, um anschließend übernommen zu werden und der AG sich nicht wie der letzte Arsch verhält, dann dürfte das am Ende zum Wohlgefallen aller Beteiligten ausgehen.

  • 23. Auflage, 2023

    Egal wie neu oder alt die Auflage ist, das hilft alles nix wenn man nicht mit den Begriffsdefinitionen aufpasst.

    Ich will Dich keineswegs als Winkeladvokat diskreditieren, ich sage nur das Gleiche wie so oft: Vorsicht mit Begrifflichkeiten!

    In diesem Fall Erprobung und Probezeit. Nun ist ja die "Probezeit" nicht wirklich ein juristischer Begriff, sondern wird auch "Wartezeit" genannt und bezeichnet schlicht den Zeitraum der ersten 6 Monate eines Arbeitsverhältnisses, in welchem das KSchG noch nicht greift. Das ist ja nun aber immer so, für jeden der irgendwo in einem neuen Betrieb anfängt. Wie sollte also das hier:

    ...Voraussetzung ist, dass die Erprobung nicht schon in einem vorgeschalteten ArbVerh. erfolgte.

    funktionieren, wenn es gleichbedeutend wäre mit: "...Voraussetzung ist, dass die Probezeit/Wartezeit nicht schon in einem vorgeschalteten ArbVerh. erfolgte." - Wie soll den die Probezeit/Wartezeit in einem vorgeschalteten ArbVerh. nicht erfolgen?

    Geht natürlich nicht, denn die Probezeit/Wartezeit hat man halt einfach aufgrund von § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG.

    Entsprechend kann "Erprobung" gar nicht gleichbedeutend mit "Probezeit" sein.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Dann begrab den Hund!

    >>Hat er nicht gesagt, oder?<<


    Entschuldige bitte meine Kopfstimme aus dem Off.


    Mangels echter Handhabe ggü. dem Arbeitgeber seid ihr eh auf dessen Wohlwollen angewiesen und die aktuelle Lösung ist eine Kündigung, also der Worst Case. Schlimmer machen kann er das nicht wirklich und es wird ihm gefallen, wenn du ihn um etwas bitten musst.