Dauerhafte Arbeitszeitreduzierung der kompletten Belegschaft

  • Hallo,


    wir haben aktuell eine schlechte wirtschaftliche Lage.

    die Belegschaft wurde bereits um 25 MA durch AHV reduziert.


    da dieses wohl nicht reicht, wir aber keine weiteren Personen entlassen können,

    möchte unser GF dieses nutzen um alle Arbeitsverträge von 40 std

    auf 35 std runter zusetzen.


    Hier möchte der GL mit uns eine BV verhandeln, in der wir als BR

    Konditionen aushandeln und mit Unterschrift alle Verträge runter

    setzen.


    Im BetrvG $87 (3) steht das wir vorübergehende Arbeitsreduktionen

    verhandeln könnten.


    Der GL will dieses aber dauerhaft und versucht uns einzureden, das wir dieses

    auch ohne Probleme machen könnten.

    Aber die 40 std stehen in den Arbeitsverträgen und sind somit doch Individualrecht,

    das können wir doch über eine BV gar nicht entscheiden, oder?


    LG Tina

  • Genau so ist es. Man kann in einer BV keine Änderungen der AVe vereinbaren. Die vereinbarten ArbZ gelten. Punkt.


    Dass man im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen (vorübergehend) Kurzarbeit vereinbaren kann, steht auf einem ganz anderen Blatt.


    Ein AG, der so argumentiert wie Eurer, ist - mit Verlaub - entweder sehr dumm oder ein ziemliches Arschloch oder beides.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ich hätte das natürlich preußisch eleganter und nicht so bajuwarisch derb formuliert, aber im Ergebnis kann ich Fried nur zustimmen.


    Zum Verständnis: in der Normenpyramide ist der Arbeitsvertrag nunmal die letzte Bastion und kann lediglich durch das Günstigkeitsprinzip ausgehebelt werden.


    35 statt 40 Stunden arbeiten, aber dafür gleich viel Geld bekommen wäre eindeutig günstiger. Beides zu kürzen wäre es nicht.


    Was ihr machen könntet: handelt mit dem AG aus, was die AN als Gegenleistung für ihre Unterschrift unter einen neuen Vertrag erhalten. Aber ohne deren Unterschrift könnte der AG allenfalls noch den Weg der Änderungskündigung gehen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Sorry,


    aber sich auf einen Kuhhandel einzulassen wie von Moritz vorgeschlagen halte ich für keine gute Idee. Denn eine Änderung des ArbV ist - wenn sich die Firma wieder "erholt" - dauernd, kurzarbeit vorübergehend.


    Aus meiner Sicht soll der AG erst mal darlegen, warum er nicht den Weg der Kurzarbeit gehen will. Wahrscheinlich - wie so viele andere AG auch - will er einfach ggü. der AA nicht die Karten auf den Tisch legen.

  • aber sich auf einen Kuhhandel einzulassen wie von Moritz vorgeschlagen

    Ich weiß nicht, wo Du hier einen Kuhhandel siehst. Ich habe das als ähnliches Verfahren gesehen wie ein BR, der anlässlich einer Kündigungswelle noch eine sogenannte "Sprinterprämie" aushandelt. Sich darauf einlassen muss jeder AN selber, dass kann (und darf) der BR ihm nicht abnehmen. Aber darüber verhandeln, was der AG anbieten will - da sehe ich keinen Kuhhandel.


    Dass eine dauernde/vertragliche Verkürzung der Arbeitszeit der schlechtere Weg ist, ist völlig unstrittig.


    Mir ging es mehr darum aufzuzeigen, was der BR tun kann und was nicht. Er kann Bedingungen aushandeln, auf die sich jeder einzelne AN einlassen kann oder auch nicht. Aber er kann nicht die Verträge ändern.

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  • (sich auf einen Kuhhandel einzulassen wie von Moritz vorgeschlagen halte ich für keine gute Idee. Denn eine Änderung des ArbV ist - wenn sich die Firma wieder "erholt" - dauernd, kurzarbeit vorübergehend. Aus meiner Sicht soll der AG erst mal darlegen, warum er nicht den Weg der Kurzarbeit gehen will.

    Jawollja.

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  • Es ist ja kein Widerspruch. Natürlich ist Kurzarbeit oft besser als eine Anpassung der Arbeitsverträge, die Verringerung der Arbeitszeit möglicherweise besser als Kündigungen und eine Abmilderung der Umstände für die MA immer wünschenswert.

    In Manchen Fällen kann der BR da mehr erreichen und in manchen weniger. Getrieben wird das aber alles auch von den Umständen im Unternehmen. Vielleicht ist die Möglichkeit der Kurzarbeit schon aufgebraucht. Vielleicht klammern sich hier auch alle an einen festen Ast eines längst verstorbenen Baumes.

    Weniger arbeiten ist z. B. bei einem Unternehmen, das nicht sinnvoll kostendeckend arbeitet ein schnelles Mittel, um die Kosten zu senken, aber keine Problemlösung. Kurzarbeit ist bei einem Unternehmen mit auslaufendem Geschäftsmodell nur ein Hinauszögern. Manchmal ist es leider einfach so, wie es ist und man muss den Untergang eines Unternehmens hinnehmen. Da ist dann eher der Wirtschaftsausschuss zu beschäftigen, um zu schauen, welches Potential wirklich in den Maßnahmen stecken könnte, bevor man versucht, das tote Pferd noch etwas länger zu reiten.

  • Moritz und Tobias Clausing , egal wie man zum "Kuhhandel" steht, Ihr überseht etwas grundlegendes: Der AG meint, über eine BV die arbeitsvertraglichen ArbZ reduzieren zu können, ohne Änderungs-AVe abschließen zu müssen. Und den Zahn muss man ihm brutalstmöglich ziehen.

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  • Ihr überseht etwas grundlegendes:


    Mir ging es mehr darum aufzuzeigen, was der BR tun kann und was nicht. Er kann Bedingungen aushandeln, auf die sich jeder einzelne AN einlassen kann oder auch nicht. Aber er kann nicht die Verträge ändern. (Fettung nachträglich hinzugefügt)

    Wie konnte mir das nur passieren...

    Ich habe aber auch bei Tobias nichts gelesen, dass er der Meinung wäre, der BR könne hier die Verträge ändern...

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  • Moritz , das war missverständlich ausgedrückt: Ihr überseht m.E , dass man dem AG den Zahn erst einmal ziehen muss. Selbst wenn ich pro "Kuhhandel" wäre (was ich nicht bin), verhandle ich keinen Millimeter weit, so lange das nicht absolut klar ist.

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  • Hallo zusammen,


    danke für Euren Input.

    Der AG hat zugegeben, das sie sich über

    unsere BV die 200 Änderungskündigungen und die Meldung beim Gewerbeamt ersparen wollten..

    Das sie uns damit als Ochs vor den Karren spanen, war Ihnen bewusst!


    Wir versuchen uns jetzt auf eine Arbeitszeitverkürzung von 1 Jahr zu einigen,

    somit hat der AG Zeit sich in Ruhe eine strategie mit uns/ ohne uns zu überlegen.


    Liebe Grüße! Tina

  • Wir versuchen uns jetzt auf eine Arbeitszeitverkürzung von 1 Jahr zu einigen (...).

    Aber eben nicht als BV! Er muss dann schon hergehen und versuchen, 200 AVe möglichst einvernehmlich zu ändern.

    Änderungskündigungen

    Kann er sich eh knicken, da verliert er zu 100% jeden Prozess in Bausch und Bogen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Was ist den der Unterschied ob ein Jahr oder unbefristet? Von den negativen Auswirkungen für die Mitarbeiter wohl nicht.
    Ich würde beides als Betriebsrat nicht machen.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Vielleicht ein möglicher Weg: Befristete Teilzeit für alle anbieten, Reduktion der Arbeitszeit um 12,5 % (35 statt 40 Stunden), Reduktion des Gehalts um 5 %. Das müssen aber alle MA (jeder einzeln für sich) akzeptieren. Eine BV geht nur für Kurzarbeit. Da könnt ihr für die MA entscheiden.


    Was ist den der Unterschied ob ein Jahr oder unbefristet? Von den negativen Auswirkungen für die Mitarbeiter wohl nicht.
    Ich würde beides als Betriebsrat nicht machen.

    Das wäre ganz pauschal auch meine Meinung. Aber man wird da unterscheiden müssen, wie es dem Unternehmen wirklich geht. Ein knallharter BR, der noch 500 Euro Prämie raushaut, hilft eher weniger, wenn sich alle in sechs Monaten einen neuen Job suchen müssen.

    BRV, 9er Gremium, kein Tarif

    Einmal editiert, zuletzt von Tobias Clausing () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Tobias Clausing mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Was ist den der Unterschied ob ein Jahr oder unbefristet?

    Die Motivation der AN, so einen AV zu unterschreiben. Die dürfte bei einem temporären Gehaltsverzicht bei akuter wirtschaftlicher Notlage (die der AG darzulegen hätte -> erst ausführliche Info an den BR, dann Info an die Belegschaft) höher sein als wenn man dauerhaft verzichtet.


    Wobei ich weiterhin dagegen plädiere, dass der BR das verhandeln unterstützt.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Den Mitarbeitern muss aber auch klar sein das das geringere Gehalt dann bei ALG1 / ALG2 auch zu einer Reduzierung führt.
    So ungefährlich ist das ja leider nicht.
    Meine Frage wäre ob der Arbeitgeber nicht durch Kurzarbeit anmelden will und kann und das dann etwas aufstockt und das ganze dann für die Mitarbeiter attraktiver ist.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Meine Frage wäre ob der Arbeitgeber nicht durch Kurzarbeit anmelden will (...)

    Lt Threadstarter:in nicht. Und das alleine macht das Ganze schon sehr verdächtig.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Und das alleine macht das Ganze schon sehr verdächtig.

    Das sehe ich auch so. Auf der einen Seite verstehe ich, dass der AG ungern 200 AVen ändern will (wo ihm sicher klar ist, dass er nicht alle wird überzeugen können). Warum er dann aber nicht DEN Weg gehen will, der ihm das ganz legal umschiffen lässt - das wirft Fragen auf!


    KrHer Aus meiner Sicht wäret ihr gut beraten, wenn ihr sofort einen Fachanwalt für Arbeitsrecht mit ins Boot holt. Der AG will euch hier vor irgendeinen Karren spannen und ihr wisst (so scheint es wenigstens) nicht, wie euch geschieht. Was ihr jetzt braucht, sind keine Berater (Menschen in einem Forum) sondern ein Bollwerk (einen Anwalt vor Ort), damit alles mit rechten Dingen zugeht.


    Macht eurem AG klar, dass ihr selbstverständlich an seiner Seite steht um auch durch wirtschaftlich schwere Zeiten zu gehen und ihr gerne bereit seid, hier zu unterstützen. Aber nur auf Augenhöhe und mit offenen Karten. Und Augenhöhe meint: Anwalt an eurer Seite (und gerne auch an der Seite des AG) und dann am runden Tisch.

    Und je mehr der AG sich dagegen sträubt, umso mehr solltet ihr "eure Stellungen ausbauen"...


    Ich kenne weder euren AG noch die Situation vor Ort, aber alleine schon von den Erzählungen gehen bei mir sämtliche Nackenhaare hoch!

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  • Lt Threadstarter:in nicht. Und das alleine macht das Ganze schon sehr verdächtig.

    Das habe ich auch gelesen.

    Aber mann kann ja besuchen Druck aufzubauen wenn man klar erklärt das man die Absenkung nicht machen wird. Und sich auch mal mit einem Anwalt und der Agentur für Arbeit unterhalten. Um da klare Vorschläge in diese Richtung zu machen. Das war als eine mögliche Lösungsidee aufgeführt.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)