"Ich kann Ihre Beweggründe Betriebsrat zu werden einfach nicht nachvollziehen"

  • Mal zur Abwechslung etwas was mehr auf kommunikativer Ebene stattfindet als auf dem Boden des Gesetzes. Seit meiner Wahl hatte ich mit diversen Chefs ein paar Unterhaltungen die meinerseits zu Kopfkratzen geführt haben.


    So ein paar Aussagen blieben da bei mir hängen, über die ich ein bisschen länger nachgegrübelt habe, also ich eigentlich sollte. Mein persönliches Highlight ist - "Ich kann Ihre Beweggründe Betriebsrat zu werden einfach nicht nachvollziehen. Sie haben doch jetzt schon so viele Aufgaben, denen Sie kaum gerecht werden können."


    Zum einen möchte ich Applaus spenden, weil es eine wirklich kunstvolle Konstruktion ist. Zum anderen denke ich, dass ein halbes Jahr nach der Wahl einfach auch mal gut sein müsste. Zumal nicht wenig Zeitaufwand dadurch entsteht überhaupt erstmal vernünftige Abläufe mit dem AG zu etablieren.

    Wie gehen die alten Hasen mit solchen Gesprächssituationen um?

    Fallere me possum solus - wie wir Lateiner sagen. 3er Betriebsrat, BRV, kein Tarif.

  • "Ich kann Ihre Beweggründe Betriebsrat zu werden einfach nicht nachvollziehen. Sie haben doch jetzt schon so viele Aufgaben, denen Sie kaum gerecht werden können."

    Vorschläge nach dem Motto: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, bzw. wer dumm fragt, kriegt auch eine dumme Antwort:


    1. Das müssen Sie auch nicht verstehen. Es reicht, wenn ich es verstehe. Meines Wissens hat Einstein die Relativitätstheorie auch nicht seinem Friseur erklärt.


    2. Gerade weil ich kaum mit der Arbeit zurechtkomme, will ich Betriebsrat werden. Dann müssen Sie meine Arbeit halt jemand anderem aufhalsen, während ich mich auf die Sitzung vorbereite.


    3. Ich erkläre es Ihnen, wenn Sie mir im Gegenzug erklären, warum Sie Chef werden wollten. Nach meiner Vorstellung muß man dazu geldgeil und machthungrig sein, sowie unfähig ein Familienleben zu führen.


    ;) ;) ;)

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Mal zur Abwechslung etwas was mehr auf kommunikativer Ebene stattfindet als auf dem Boden des Gesetzes. Seit meiner Wahl hatte ich mit diversen Chefs ein paar Unterhaltungen die meinerseits zu Kopfkratzen geführt haben.


    So ein paar Aussagen blieben da bei mir hängen, über die ich ein bisschen länger nachgegrübelt habe, also ich eigentlich sollte. Mein persönliches Highlight ist - "Ich kann Ihre Beweggründe Betriebsrat zu werden einfach nicht nachvollziehen. Sie haben doch jetzt schon so viele Aufgaben, denen Sie kaum gerecht werden können."


    Zum einen möchte ich Applaus spenden, weil es eine wirklich kunstvolle Konstruktion ist. Zum anderen denke ich, dass ein halbes Jahr nach der Wahl einfach auch mal gut sein müsste. Zumal nicht wenig Zeitaufwand dadurch entsteht überhaupt erstmal vernünftige Abläufe mit dem AG zu etablieren.

    Wie gehen die alten Hasen mit solchen Gesprächssituationen um?

    Interessanter Beitrag! Werde da interresiert mitlesen. So in der Art hab ich auch schon einige Kommentare erhalten.


    Ist genau mein Humor, aber Hand aufs Herz: sowas befriedigt möglicherweiße das eigene ego, aber zielführend isses wohl eher nicht.

  • Ist genau mein Humor, aber Hand aufs Herz: sowas befriedigt möglicherweiße das eigene ego, aber zielführend isses wohl eher nicht.

    Das sicherlich nicht, aber das blöde Gesicht beim anderen Gesprächspartner ist es durchaus wert. :D

    Das Leben ist Veränderung

    Starte dort, wo du stehst!

    Aber versuche jeden Tag einen neuen Startpunkt zu finden!
    Benutze das, was du hast!

    Aber versuche jeden Tag etwas neues zu benutzen!
    Tu das, was du kannst!

    Aber versuche jeden Tag etwas mehr zu tun!

  • Wie gehen die alten Hasen mit solchen Gesprächssituationen um?

    Am liebsten gar nicht... denn realistisch betrachtet sind solche Kommentare nicht sinnvoll zu verarbeiten. Allein schon, weil die Prämissen falsch sind...


    Und genau darauf würde ich dann auch abzielen (wobei es natürlich immer einfacher ist, am Schreibtisch, wo man in Ruhe nachdenken kann, eine Antwort zu finden, als wenn man in der Situation ist und sich erst einmal in die Enge gedrängt fühlt).


    Erster Ansatz (in solchen und ähnlichen Situationen): Raus aus der persönlichen Situation (denn genau das passiert da gerade, du wirst persönlich angegriffen)


    "Es tut mir leid, wenn sie meine persönlichen Beweggründe nicht nachvollziehen können. Ist aber auch nicht wirklich schlimm. Sie sind halt persönlich - sprich meine - die müssen sie nicht verstehen. Aber es geht doch heute gar nicht darum, warum ich BR bin, sondern um folgendes Sachthema... Wie gehen wir denn jetzt damit um?"


    Sprich den Angriff ins Leere laufen lassen und das Gegenüber wieder zur Sache zurückführen. Je nach Penetranz wird die Gegenseite wieder und wieder versuchen auf die persönliche Schiene zu gehen. Immer wieder zurück zur Sache!

    Und wenn die Gegenseite gar nicht aufhört, das Gespräch abbrechen: "Ich merke, sie können sich heute nicht auf die Sache konzentrieren. Wollen wir gleich einen neuen Termin ausmachen oder wollen sie sich oder soll ich mich melden?"

    Und wichtig: gleich noch mitgeben, dass das Thema (und die Mitbestimmung) damit nicht erledigt ist.


    Das Gegenüber muss lernen/merken, dass das Eröffnen von Nebenkriegsschauplätzen nicht dazu führt, dass du nachgibst, sondern er nicht voran kommt, weil du ihn ins Leere laufen lässt...


    Aber das ist ein gutes Beispiel dafür, dass und warum man nie unvorbereitet in Gespräche gehen soll (ohne dir persönlich da jetzt irgendetwas anlasten zu wollen!): Was ist das Thema? Wie sieht es um die Mitbestimmung aus? (Reine Information, Beratung oder gar echte Mitbestimmung?) Was muss am Ende rauskommen? Und was passiert, wenn das nicht rauskommt?

    (Ist es eine reine Information, schneidet man sich ins eigene Fleisch, wenn man so einen Termin abbricht, weil der AG dann immer sagen kann: ich hätte sie ja informiert, sie sind ja gegangen - also bleibt nur: zurück zur Sache, immer und immer wieder. Geht es aber um echte Mitbestimmung kann man dem AG viel eher erklären, dass man so ja offensichtlich nicht arbeiten kann, also probieren wir es später wieder. Bis dahin hat er aber kein notwendiges Einverständnis und täte gut daran auch nichts umzusetzen....)


    Und wenn man dann selber Zeit hatte, sich mit so einem Vorwurf auseinanderzusetzen, könnte die (ruhige und sachliche) Antwort sein: Sehen sie, genau das war der Grund. Die Arbeitslast ist bei allen Kollegen so hoch, dass sie ihre Aufgaben kaum erledigen können. Da muss sich etwas dran ändern. Also habe ich beschlossen, mich zu opfern und für meine Kollegen in die Bresche zu springen. Und was die zusätzlichen Aufgaben angeht: Sie sollten sich da nochmal mit ihrer Rechtsberatung in Verbindung setzen. Meine Aufgaben als BR sind nicht zusätzlich, sondern anstatt. Das sollten sie schnellstens verstehen und berücksichtigen. Sonst streiten wir uns gleich wieder über eine mögliche Behinderung der BR-Arbeit. Das wollen wir doch nicht, oder?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Danke für diesen Beitrag. Bringt mich weiter :thumbup:

  • Ich stimme Moritz zu: Das Gegenüber freundlich darauf hinweisen, dass persönliche Motivationen nicht Thema des professionellen Austausches sind und dann auf das anstehende Sachthema eingehen.


    Und derlei interessant formulierte Beleidigungen...

    "Sie haben doch jetzt schon so viele Aufgaben, denen Sie kaum gerecht werden können."

    ...würde ich schlicht ignorieren.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Aber das ist ein gutes Beispiel dafür, dass und warum man nie unvorbereitet in Gespräche gehen soll (ohne dir persönlich da jetzt irgendetwas anlasten zu wollen!)

    Gespräche mit eigenen Vorgesetzten kann man meist schlecht vermeiden. Mir geht das auch mehr an die Nieren aktuell, als ich sollte.

    Fallere me possum solus - wie wir Lateiner sagen. 3er Betriebsrat, BRV, kein Tarif.

  • Gespräche mit eigenen Vorgesetzten kann man meist schlecht vermeiden.

    Ohne Frage. Es geht auch nicht um Vermeidung, sondern um Vorbereitung. (Aber wie schon geschrieben: Hinterher hat man gut reden. Meist trifft einen so etwas erst einmal unvorbereitet...)

    Mir geht das auch mehr an die Nieren aktuell, als ich sollte.

    Da kann ich nur sagen: Willkommen im Club! Ich behaupte, die wenigsten von uns haben das noch nicht erlebt. Die wenigsten von uns sind mit der dicken Haut geboren. Die entwickelt sich üblicherweise erst im Laufe der Jahre.


    Du musst dir dabei eines immer und immer wieder vor Augen führen: Derartige persönliche Angriffe sagen viel weniger über dich, als über den Angreifenden...


    Und die meisten werden genau dann persönlich, wenn ihnen die sachlichen Argumente ausgegangen sind... mach das (bitte!!!) nicht zu deinem Problem!


    und denkst dabei an Götz von Berlichingen

    Du meinst bestimmt das berühmte Zitat aus dem 1. Akt von Goethes gleichnamigen Drama "Wo viel Licht ist, ist starker Schatten." Oder? :saint:

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Von wem stammt eigentlich das kein vulgäres Wort enthaltende und damit ausspruchsfähige Sprichwort: "Was stört es den Mond, wenn der Hund ihn ankläfft?" :/

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)