Probezeitkündigung "willkürlich"?

  • Hallo zusammen,


    mir ist durchaus bewusst, dass unsere Möglichkeiten als Gremium bei einer Probezeitkündigung so gut wie nicht vorhanden sind.


    Gestern bekam ich eine Kündigung für einen Kollegen in der Probezeit eingereicht. Diese ist allerdings ohne irgendeine Begründung. Es wird nur aufgeführt, dass man diesen Kollegen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen will.


    Mir ist der Grund klar - eine wirtschaftliche Schieflage, aber ich will es dem AG so schwierig als möglich machen, einfach weil es sich um einen sehr guten Mitarbeiter handelt und hier nur geschaut wird, wer "einfach" zu kündigen ist (Probezeit).


    Da ansonsten alles einwandfrei eingereicht wurde, Fristen eingehalten etc. bin ich bei meiner Recherche auf den Punkt gestoßen dass auch Probezeitkündigungen nicht willkürlich sein dürfen.


    Sehr suspekt empfand ich es auch, dass der AG der Meinung war, mir mitteilen zu müssen, dass ich doch bitte ansonsten zu diesem Sachverhalt schweigen möge. Untere den gegebenen Umständen sehe ich es als meine Pflicht mit dem entsprechenden Kollegen zu sprechen. Das ist allerdings völlig unabhängig von meiner Frage die ich stelle.


    Danke im Voraus für Eure Meinungen.


    Liebe Grüße,


    Micha

  • Diese ist allerdings ohne irgendeine Begründung. Es wird nur aufgeführt, dass man diesen Kollegen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen will.

    Komplett ohne? Dann ist der AG zum Kündigen zu dumm, der/die AN gewönne trotz eigentlich fehlendem gesetzlichen Kündigungsschutz nach §1 KSchG den Prozess.


    Letztlich muss der AG nur einen Satz schreiben...


    Komplett ohne? Dann ist der AG zum Kündigen zu dumm, der/die AN gewönne trotz eigentlich fehlendem gesetzlichen Kündigungsschutz nach §1 KSchG den Prozess.

    Man kann den/die AN ja auf diesen Umstand hinweisen...

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • In der Probezeit gilt eine verkürzte Kündigungsfrist: Der Arbeitgeber darf während der Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB mit einer verkürzten Frist von zwei Wochen kündigen. Die ordentliche Kündigung kann während der Probezeit ohne Grund erfolgen. Die Probezeitkündigung muss daher grundsätzlich nicht begründet werden. Allerdings muss sich auch eine Kündigung in der Probezeit an den üblichen Grenzen orientieren und darf nicht sittenwidrig oder willkürlich sein.

    Komplett ohne? Dann ist der AG zum Kündigen zu dumm, der/die AN gewönne trotz eigentlich fehlendem gesetzlichen Kündigungsschutz nach §1 KSchG den Prozess.

    das sieht der Gesetzgeber aber anders.


    Im Gegenteil würde die Angabe eines Grundes erst die Möglichkeit des BR-Widerspruches eröffnen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • in der Probezeit muss der AG eine Kündigung leider nicht substantiell begründen sondern, wenn er es aber tut dann muss das korrekt und vollständig sein.

    ausreichend ist z.B. der Satz "Der AG möchte das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen".

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • ich finde diesen Link dazu recht gut erklärend (für Laien wie mich) mit einem Urteil wo die Kündigung aufgrund der Angabe von Gründen "kassiert" wurde:


    ttps://www.iw-recht.de/site/assets/files/4920/bei-kuendigung-in-probezeit-keine-gruende-nennen.pdf


    ttps://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/wie-arbeitgeber-in-der-probezeit-kuendigen-koennen_76_173340.html

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • das sieht der Gesetzgeber aber anders.

    Du verwechselst da was, genauso wie rtjum :


    Ggü dem/der AN bedarf es keiner Begründung.


    Bei der Anhörung des BR braucht es eine Begründung aber durchaus - diese darf aber in der Probezeit sehr kurz und pauschal sein. Fehlen darf sie in der Anhörung allerdings nicht.


    Siehe z.B. BAG 16.9.2004 - 2 AZR 511/03, v.a. Rn 20.


    Deswegen:

    Komplett ohne? Dann ist der AG zum Kündigen zu dumm, der/die AN gewönne trotz eigentlich fehlendem gesetzlichen Kündigungsschutz nach §1 KSchG den Prozess.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Du verwechselst da was, genauso wie rtjum :

    lt. unserem Anwalt muss der AG das in der Probezeit nicht begründen, die pauschale Aussage wie von mir genannt ist ausreichend.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Hallo und WOW, das ging ja mal schnell mit den Antworten. Super und vielen lieben Dank für Eure Antworten. Ich werde mir das oben aufgeführte Urteil gleich mal zu Gemüte führen.

    Ist gerade hier einfach nur nervig in dem Laden hier...

  • Bei der Anhörung des BR braucht es eine Begründung aber durchaus - diese darf aber in der Probezeit sehr kurz und pauschal sein. Fehlen darf sie in der Anhörung allerdings nicht.


    Siehe z.B. BAG 16.9.2004 - 2 AZR 511/03, v.a. Rn 20.

    was ja in dem von mir angeführten Link auch genauso drinsteht :/



    Gestern bekam ich eine Kündigung für einen Kollegen in der Probezeit eingereicht. Diese ist allerdings ohne irgendeine Begründung. Es wird nur aufgeführt, dass man diesen Kollegen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen will.

    und wenn ich diesen Satz durchlese, dann beziehe ich die Aussage auf die Kündigung, nicht auf die Anhörung.


    desweiteren wird geschrieben:

    Da ansonsten alles einwandfrei eingereicht wurde, Fristen eingehalten etc. bin ich bei meiner Recherche auf den Punkt gestoßen dass auch Probezeitkündigungen nicht willkürlich sein dürfen.

    wie man jetzt daraus schließen soll, das nicht die Kündigung ohne Grund ist, sondern bei der Anhörung keine Begründung genannt wurde?

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Mir ist der Grund klar - eine wirtschaftliche Schieflage, aber ich will es dem AG so schwierig als möglich machen


    hmmm eine komische Ansicht!


    Klar ist wenn es zuwenig Arbeit gibt werden Stellen abgebaut und das trifft natürlich als erstes Leute in der Probezeit egal wie gut sie sind.

  • Mir ist der Grund klar - eine wirtschaftliche Schieflage, aber ich will es dem AG so schwierig als möglich machen


    hmmm eine komische Ansicht!


    Klar ist wenn es zuwenig Arbeit gibt werden Stellen abgebaut und das trifft natürlich als erstes Leute in der Probezeit egal wie gut sie sind.

    Kann ich verstehen, dass Dir die Aussage "komisch" vorkommt, aber ich habe für diese Aussage Gründe. Deren Erläuterung würde vermutlich über mehrere Seiten gehen. Faktisch ist es so, dass diese Kündigung einfach dämlich ist. Und das sage ich nicht mit der BR Brille auf, sondern aus Sicht eines Mitarbeiters der diese Vorgehensweise keinesfalls nachvollziehen kann. (es wurde vor einem Monat jemand eingestellt, der deutlich mehr als der nun zu kündigende Kollege verdient, aber bis dato nicht näherungsweise gezeigt hat, dass er dieses Gehalt wert ist...)

  • Gestern bekam ich eine Kündigung für einen Kollegen in der Probezeit eingereicht. Diese ist allerdings ohne irgendeine Begründung. Es wird nur aufgeführt, dass man diesen Kollegen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen will.

    wie man jetzt daraus schließen soll, das nicht die Kündigung ohne Grund ist, sondern bei der Anhörung keine Begründung genannt wurde?

    Im Gegenteil würde die Angabe eines Grundes erst die Möglichkeit des BR-Widerspruches eröffnen.

    :rolleyes:

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Gut, das war dann offensichtlich mein Fehler: Meine Aussage war so gemeint, dass die im Gremium eingereichte Kündigung ohne Begründung war. Einfach nur die Aussage "wir beabsichtigen zu kündigen". Mehr stand in der Anhörung nicht drin

  • lt. unserem Anwalt muss der AG das in der Probezeit nicht begründen, die pauschale Aussage wie von mir genannt ist ausreichend.

    ausreichend ist z.B. der Satz "Der AG möchte das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen".

    Da lautet das o.g. BAG-Urteil deutlich anders, wie übrigens auch alle mir bekannten Quellen - lies bitte die Rn 19 und 20, das BAG formuliert da recht klar. Auch hier braucht es eine Begründung. Allerdings reichte u.U. ein dann folgender Satz wie z.B. "hat unseren Ansprüchen nicht genügt" oder "wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten" oder "wegen personeller Überbesetzung".


    AltErnie72 , viel machen kann/sollte der BR hier nicht.

    • Den AG darauf hinweisen, dass die Anhörung unzureichend ist? M.E. nur, wenn überhaupt, wenn der AG der Fristen wegen dann nicht mehr in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses kündigen könnte. Anderenfalls hört er Euch halt erneut an und ergänzt den einen Satz, den es bei einer Anhörung zu einer Probezeitkündigung braucht.
    • Widersprechen? In der Probezeit schwer möglich.
    • Den/die AN auf den Umstand der mangelhaften Anhörung und die möglichen Rechtsfolgen aufmerksam machen? Das würde ich ggfmachen.

    Gut, das war dann offensichtlich mein Fehler:

    Nein. Das war eigentlich klar und verständlich.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Da lautet das o.g. BAG-Urteil deutlich anders, wie übrigens auch alle mir bekannten Quellen - lies bitte die Rn 19 und 20, das BAG formuliert da recht klar. Auch hier braucht es eine Begründung. Allerdings reichte u.U. ein dann folgender Satz wie z.B. "hat unseren Ansprüchen nicht genügt" oder "wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten" oder "wegen personeller Überbesetzung".


    AltErnie72 , viel machen kann/sollte der BR hier nicht.

    • Den AG darauf hinweisen, dass die Anhörung unzureichend ist? M.E. nur, wenn überhaupt, wenn der AG der Fristen wegen dann nicht mehr in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses kündigen könnte. Anderenfalls hört er Euch halt erneut an und ergänzt den einen Satz, den es bei einer Anhörung zu einer Probezeitkündigung braucht.
    • Widersprechen? In der Probezeit schwer möglich.
    • Den/die AN auf den Umstand der mangelhaften Anhörung und die möglichen Rechtsfolgen aufmerksam machen? Das würde ich ggfmachen.

    Nein. Das war eigentlich klar und verständlich.

    Ja das wir da vermutlich wenig Chancen haben, ist mir klar. Ich dachte ich frage trotzdem mal, einfach weil hier gerade so viel Mist läuft, gegen den man als BR wenig machen kann.

    Ich will dem AG mehr oder weniger einfach nur zeigen, dass es auch Grenzen gibt. Ich denke wir werden es im Prinzip auch genauso machen wie Du schon schriebst. Morgen ist Sitzung und dann besprechen wir das.


    Vielen lieben Dank Dir und allen anderen.


    Liebe Grüße,


    Micha


  • § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


    (1) 1Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. 2Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. 3Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

    Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können.

  • Ich will dem AG mehr oder weniger einfach nur zeigen, dass es auch Grenzen gibt.

    Wenn der/die AN Bescheid weiß und das durchzieht, zeigt das ArbG dem AG die Grenzen. Wenn.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Den AN auf den Umstand der mangelhaften Anhörung und die möglichen Rechtsfolgen aufmerksam machen? Das würde ich ggfmachen.

    Nicht nur ggf. sondern sicher!


    Ich würde als BR die Anhörungsfrist verstreichen lassen, aber den AN informieren, dass die Anhörung mangelhaft war. Dann liegt im Ermessen AN ob sich Kündigungsschutz für ihn lohnt. Falls nicht, kann der BR abwarten, ob der AG den Fehler ein zweites Mal macht und jemand anderem den Arbeitsplatz erhalten... ;)

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Ich kenn es laut der gängigen Vertragslage so, dass innerhalb der Probezeit innerhalb kurzer Zeit (meist zwei Wochen ) ohne Angabe von Gründen gekündigt werden darf. Eine Klage vor Gericht hat hier keine Erfolgsaussicht. Anders sieht die Sachlage aus, nach bestehen der Probezeit.

  • Ich kenn es laut der gängigen Vertragslage so, dass innerhalb der Probezeit innerhalb kurzer Zeit (meist zwei Wochen ) ohne Angabe von Gründen gekündigt werden darf. Eine Klage vor Gericht hat hier keine Erfolgsaussicht. Anders sieht die Sachlage aus, nach bestehen der Probezeit.

    versteh das bitte nicht als Angriff, aber es ist durchaus sinnvoll einen Thread komplett zu lesen, bevor man eine Antwort schreibt.

    Da die bisherigen Beiträge das Thema deutlich differenzierter und umfangreicher behandeln, drängt sich beim Lesen Deines Beitrags die Vermutung auf, dass Du nichts davon gelesen hast. ;)

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser