Verschenkte Pause

  • Sorry Randolf, aber Du verrennst Dich hier.


    Es reicht eben nicht das der AG eindeutig regelt, er muss auch auf die Einhaltung der Regeln achten.

    Sagt ja keiner was dagegen. Nur dass Du Dich weigerst zu akzeptieren, dass dieses "auf die Einhaltung der Regeln achten" auch dadurch passieren kann, dass der AG rundheraus erklärt, dass er Arbeitsleistung die durch Verstöße entstehen nicht annimmt.


    Irgendwie wollen immer alle mündige und erwachsene Menschen sein, aber wenn es darum geht mal eigenständig Regeln einzuhalten (die mehr als deutlich kommuniziert sind!), dann will auf einmal jeder den schwarzen Peter auf den AG schieben... *


    Wenn ich Deinen Gedankengang weiterspinne, komme ich zu dem Ergebnis, dass Du es besser fändest, der AG würde die durch Verstoß entstandene Arbeitszeit vergüten, aber gleichzeitig den AN dafür abmahnen, dass er gegen das ArbZG (und seine explizite Anweisung sich dran zu halten!) verstoßen habe. Und im Wiederholungsfall soll er den AN dann halt kündigen, dafür sind Abmahnungen ja schließlich da...


    In meinen Augen ist die Variante "liebe AN, ihr kennt die Regeln - haltet euch dran oder ihr werdet für die Zeit der Verstöße nicht bezahlt, also überlegt es euch, ob ihr mir Arbeitsleistung schenken wollt" das mildere (und probatere) Mittel, da dadurch die AN (die ja auch nichts zu verschenken haben) plötzlich eine eigene Motivation bekommen auf die Einhaltung zu achten.


    Aber das scheint wohl eine Frage der selbstgewählten Prioritäten zu sein...



    *Das funktioniert übrigens auch anders herum. Vor Jahren hat sich unser damaliger BR darüber beschwert, dass in bestimmten Bereichen immer und immer wieder gegen die vereinbarten Arbeitszeiten vorstoßen wurde, ohne dass der BR dazu angehört worden sei. Als der BR dann vor das Arbeitsgericht gezogen ist, um die Einhaltung der BV und die Wahrung seiner Beteiligungsrechte einzufordern, hat sich der AG hingestellt und gesagt: "ja, was soll ich denn machen? Die haben halt einen Schlüssel für das Büro und setzen sich da einfach hin und arbeiten. Wie sollen wir das denn verhindern?"

    Und das war der Punkt, wo der Vorsitzende erst verblüfft geschaut hat, dann kurz aufgelacht und dann zum Anwalt des AG meinte, er möge doch seinem Mandanten mal das Konzept des Hausrechts erläutern. Und wie Abmahnungen funktionieren. Und (jetzt kommt es) wenn es gar nicht anders ginge, müsse der AG eben erklären, die Arbeitsleistung nicht anzunehmen und die Vergütung der Zeiten verweigern, dann würde sich das recht schnell von alleine erledigen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

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  • Irgendwie wollen immer alle mündige und erwachsene Menschen sein, aber wenn es darum geht mal eigenständig Regeln einzuhalten (die mehr als deutlich kommuniziert sind!), dann will auf einmal jeder den schwarzen Peter auf den AG schieben... *

    :D mir das zu unterstellen, hat schon was für sich, wo ich doch immer derjenige bin, dem hier fehlende Empathie für AN und zu große AG-Freundlichkeit unterstellt wird

    Wenn ich Deinen Gedankengang weiterspinne, komme ich zu dem Ergebnis, dass Du es besser fändest, der AG würde die durch Verstoß entstandene Arbeitszeit vergüten, aber gleichzeitig den AN dafür abmahnen, dass er gegen das ArbZG (und seine explizite Anweisung sich dran zu halten!) verstoßen habe. Und im Wiederholungsfall soll er den AN dann halt kündigen, dafür sind Abmahnungen ja schließlich da...

    das ist mein Gedankengang, wenn ich voraussetze, dass der AG die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen würde


    Und wie Abmahnungen funktionieren. Und (jetzt kommt es) wenn es gar nicht anders ginge, müsse der AG eben erklären, die Arbeitsleistung nicht anzunehmen und die Vergütung der Zeiten verweigern, dann würde sich das recht schnell von alleine erledigen.

    das ist ein vom Richter durchaus netter Gedankengang, aus Erfahrung weiß ich aber, das engagierte AN (gerade wenn der AG diesen auch noch ganz geschickt "Verantwortung" suggeriert) Pausen und Arbeitszeithöchstgrenzen eben regelmäßig ignorieren, wenn das keiner "kontrolliert"

    Und dann werden tatsächlich die pauschalen Pausenabzüge m.M.n. für den AG zu einem Hilfsmittel unbezahlte Arbeitszeiten zu erlangen (das funktioniert in einigen Branchen ganz gut)


    Dieses "pauschale Abziehen von Pausenzeiten" ist ähnlich wie "freiwillige Überstunden" für den einfachen Arbeitnehmer eine "Hürde", wenn es darum geht seine Rechte einzufordern, gerade dann wenn die Vorgesetzten dann anders handeln oder Pausen gerade nicht in den Zeitplan passen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Nur so am Rande: die BV wird gerade formuliert, daher suchen wir Input, wie man so was sinnvoll lösen kann. :)


    Und ich liebäugle tatsächlich damit, ein automatisches Abziehen zu untersagen und jedem selbst die Verantwortung zu geben wobei dem AG auch eine Kontrollpflicht obliegt. So schenkt keiner dem anderen irgendwas.

  • Aber nach meinem Verständnis ist euer System falsch konfiguriert. Wenn eine Arbeitsunterbrechung mindestens 15 Min zu sein hat, aber nur 14 gemacht wurden, dann sollte der Abzug auch nur 1 Minute betragen.

    Dem stimme ich zu.


    Könnte u.U. auch vom Zeitfenster abhängen:

    Unser System kennt beispielsweise ein Zeitfenster (im hinterlegten Arbeitszeitmodell, also ggf. für andere Abteolungen und/oder andere Schichten auch anders hinterlegt), innerhalb dessen ausgestochene Zeiten (Pausen) automatisch auf die Mittagspause angerchnet werden.

    Soll heißen: steche ich mittags für sagen wir 20 Minuten aus, weil ich mir extern einen Salat oder Döner oder Brötchen geholt habe oder einfach nur spazieren war, werden mir diese 20 min. auf die 30-minütige Mittagspause angerechnet und insgesamt 30 Minuten Pause verbucht. Ist auch so bekannt und kommuniziert seit Jahren.

    Daher wäre auch für mich vorstellbar, die 14 Minuten ggf. als minimal 15 Minuten zu buchen und damit als Pause.
    Hängt aber sicherlich von noch mehr Umständen und Faktoren ab, u.a deiner erwähnten Raucherpause, als wir momentan im Blick haben, drum kann natürlich alles falsch sein :-/

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Passt ja auf, da eine ordentliche BV zu schaffen! Unsere ist da völliger Müll. Wir bekommen laut BV nach 3 Arbeitsstunden automatisch 15 Minuten Pause abgezogen und nach 6 Std. eine halbe Stunde. Egal, ob, wie oder wann wir stechen. Wenn man also erst nach 4 Stunden aussticht, wird diese Zeit zusätzlich abgezogen. Die 15 Minuten nach den 3 Std. gehen ja automatisch weg. Also müssten wir mit der Stoppuhr neben dem Terminal stehen und exakt nach 3 Stunden stechen. Da uns das zu blöd ist, sticht gar keiner mehr.

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

    ~~~ Eine Lösung hätte ich - mir fehlt nur das passende Problem. ~~~

  • Lilex , und warum hat der BR so eine wschl rechtswidrige BV abgeschlossen bzw kündigt sie nicht?

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Lilex , und warum hat der BR so eine wschl rechtswidrige BV abgeschlossen bzw kündigt sie nicht?

    Weil sie selbst davon überzeugt sind, eine super BV abgeschlossen zu haben. Allerdings müssen sie jetzt nochmal aktiv werden, weil ich das angekündigte Review nach 1 Jahr nun öffentlich eingefordert habe.

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

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  • Da Pausen zu gewähren sind und nicht nur einfach abzuziehen, dürfte euer Review interessant werden :)

    Besonders spannend sind u.a. die erwähnten 15 min. Pause nach 3 Stunden Arbeit ebenso wie garnicht mehr stechen - und sicher noch weit mehr ... da wär´ ich gern Mäuschen, wenn es in die Debatte geht :D

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Scheeks, ich wäre auch gern Mäuschen ;) Bis jetzt hatte ich ja alle Unklarheiten dem BR mitgeteilt. Eigentlich sollte das Review im Juli sein, da war das eine Jahr um. Da wurde es verzögert wegen Urlaub und Corona. Immerhin wurde in der vorletzten Sitzung das Review beschlossen und in der letzen Sitzung die "Projektgruppe" Review beschlossen. Nun wird über die Umsetzung der Vorschläge nachgedacht ;)


    Die problematische sprich nicht nachvollziehbare Einstellung des BR und der Personaler ist, da man ja weiß, wann abgezogen wird, kann man sich seine Pause ja so einrichten. Und das lasse ich jetzt mal ohne Kommentar ;)

    ~~~ Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht. ~~~

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  • Die problematische sprich nicht nachvollziehbare Einstellung des BR und der Personaler ist, da man ja weiß, wann abgezogen wird, kann man sich seine Pause ja so einrichten. Und das lasse ich jetzt mal ohne Kommentar

    Wenn das genau so gefordert und erwartet wird, dann solltet ihr das entsprechend umsetzen. Nach exakt drei Stunden auflegen, aufstehen und gehen. Was auch immer gerade anliegt: Der AG hält flexiblere Pausenzeiten nicht für notwendig, es wird für ihn also offenbar OK sein. Bei der Bundeswehr nannte man das "Dienst nach Vorschrift". Dann tut man, was man muss und am Ende geht nix mehr.

  • Der AG hält flexiblere Pausenzeiten nicht für notwendig

    Wenn der AG das tatsächlich so genau haben wollte, bin ich auch dabei, allerdings lese ich das nicht daraus. (Vielleicht aber auch, weil es schlicht keinen Sinn machen würde, es wirklich so zu interpretieren.)



    da man ja weiß, wann abgezogen wird, kann man sich seine Pause ja so einrichten

    Das verstehe ich erst einmal so: jeder weiß, wenn du mehr als 3 Stunden arbeitest, erwartet das System 15 Min Pause von dir. Also richte es dir so ein, dass du bei der nachträglichen Prüfung auch diese 15 Min Pausen ausweisen kannst. Andernfalls wird sie automatisch abgezogen.


    Das Unsinnige (so habe ich das bisher verstanden) ist lediglich, dass ein AN der 185 Minuten gearbeitet hat, jetzt nicht 5 Minuten abgezogen bekommt (weil er nur 180 hätte ohne Pause arbeiten dürfen) sondern gleich 15. Damit hätte er nur 170 Minuten Arbeitszeit und hätte eigentlich gar keine Pause zu machen brauchen... (man könnte das ein Paradoxon schimpfen...)

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  • die "Projektgruppe" Review beschlossen

    Die Wortwahl und Bezeichnung ist wichtig: in einer Projektgruppe kann man auch erfahrene Kollegen einbeziehen, die keine BR-Mitglieder sind. Wenn du eine Lobby findest, kannst du dich evtl. konstruktiv einbringen.

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  • Hallo Randolf

    (Az.: 3 Ca 1634/11) Landgericht Hamm sieht das aber anders.

    Dein Urteilsverweis - übrigens nicht von irgendeinem "Landgericht", sondern vom ArbG Hamm -

    ArbG Hamm, Urteil vom 30.01.2013 - 3 Ca 1634/11
    Darlegungslast für Pausenzeiten, Kraftfahrer, Auslegung einer Vergütungsabrede
    openjur.de

    ist für den Ausgangsfall nicht einschlägig.

    In diesem Fall ging es um einen AG, der die Pausenzeit überhaupt nicht festgelegt hatte - auch nicht grob innerhalb eines Zeitrahmens - und auch sonst keine Äußerung in Bezug auf Pausenverstösse getätigt hatte. In diesem Fall kann sehr wohl Annahmeverzug entstehen. Das hatte ich aber auch nicht bestritten.


    Im geschilderten Fall scheint es aber Ansagen vom AG zu geben, daß die Pause genommen werden soll. Solche Ansagen sind grundsätzlich "befreiend" für den Annahmeverzug des AG.

    Und dafür ist auch nicht mehr BAG von 1992 einschlägig, sondern die deutlich aktuellere Rechtsprechung wie zB BAG vom 25.02.2015, 1 AZR 642/13

    1 AZR 642/13 - Das Bundesarbeitsgericht

    Und hier sagt das BAG unmißverständlich, daß der Annahmeverzug nicht gegeben ist, wenn der AG entsprechende Ansagen -sei es einseitig zB auf Grundlage des § 106 GewO, sei es im Rahmen einer BV - macht. Und dann muß der AG auch nicht jedem AN ständig über die Schulter schauen, ob die Pause tatsächlich voll "genommen" wird.