Geschäftsführer bei der Wahl des Wahlvorstands

  • Hallo zusammen,


    wir haben beschlossen einen Betriebsrat zu gründen. Dies stößt in der Leitung nicht unbedingt auf Begeisterung. (wir arbeiten im sozialen Bereich)

    Vor ca. 1,5 Monaten hatten wir angekündigt einen Betriebsrat zu gründen. Heute wurde der Aushang für die Wahl des Wahlvorstands gemacht.

    Daraufhin wurden wir zu einem Gespräch mit der Geschäftsführung geladen.

    Diese meinte dann, dass wir diesen Termin nicht machen können, da unser Heimleiter als auch die GL im Urlaub seien und sie selbst auch keine Zeit hätte.

    Sie meinte dann, dass wir verpflichtet seien, die Leitung einzuladen und solche Termine mit ihr abzusprechen. Nun also die erste Frage: Sind wir tatsächlich dazu verpflichtet die Leitung zu dieser Veranstaltung einzuladen? (laut meines Wissens kann man, muss man aber nicht)

    Zudem meinte die GF, dass sie jemanden von außerhalb zu dieser Veranstaltung einladen wollen würde um zu überprüfen ob wir uns an alle Vorgaben halten. Zu so einem Fall habe ich im Internet noch gar nichts gelesen. Gibt es so etwas überhaupt? Darf sie so etwas fordern?

    Da wir ein Betrieb mit unter 100 Mitarbeiter sind gilt für uns das Vereinfachte Wahlverfahren. (nur falls das einen Unterschied machen würde)


    Liebe Grüße

    Theresa

  • RN 24 zu § 17, RN 26

    Heute wurde der Aushang für die Wahl des Wahlvorstands gemacht.

    Ich hoffe, ihr habt die Frist des § 17a BetrVG von mindestens 7 Tagen eingehalten. Wenn ja ist damit die Wahl eingeleitet und jegliche Verschiebung des Termins macht eine spätere Anfechtung einfacher. (Von wegen Verwirrung welcher Termin denn nun gegolten hätte usw...)



    Sind wir tatsächlich dazu verpflichtet die Leitung zu dieser Veranstaltung einzuladen?

    Die Kommentierung spricht davon, dass gem. den Vorschriften des § 43 (2) BetrVG der Arbeitgeber zu den Versammlungen einzuladen ist und ihm die Teilnahme (selbstverständlich) gestattet ist. Nicht gestattet ist sie aber den in § 5 (2) und (3) benannten Personen (sprich den Gesellschaftern und den Leitenden Angestellten (so sie nicht den Arbeitgeber vertreten))


    Davon, dass eine solche Versammlung nur mit ihnen stattfinden kann/darf/soll steht nirgendwo etwas. Gleichwohl gibt es gute Gründe sie dabei zu haben, weil bei dieser Wahlversammlung auch die Wählerliste erstellt wird. Und hier Fragen zu klären, geht nun mal deutlich besser, wenn auch ein Vertreter dabei ist.


    Zudem meinte die GF, dass sie jemanden von außerhalb zu dieser Veranstaltung einladen wollen würde um zu überprüfen ob wir uns an alle Vorgaben halten.

    Das wäre der Punkt, wo ich die GF fragen würde, ob derjenige entweder selber keinen Plan von den Vorgaben hätte (dann wüsste er nämlich, dass betriebsfremde Personen keinen Zugang zu solchen Versammlungen haben dürfen) oder er bewusst hier eine Anfechtbarkeit der Wahl des Wahlvorstandes erreichen möchte? Die Kosten dafür trägt der Arbeitgeber, wenn er also den Aufwand (ist ja immerhin alles Arbeitszeit evtl. sogar verbunden mit zu erstattenden Fahrtkosten) mehrfach bezahlen will - man muss ja nicht alles verstehen, was so eine GF für Gut und Richtig befindet...



    Da wir ein Betrieb mit unter 100 Mitarbeiter sind gilt für uns das Vereinfachte Wahlverfahren. (nur falls das einen Unterschied machen würde)

    Ja macht es, weil dann bei euch die §§ 14a und 17a BetrVG zum Zuge kommen!


    Aus meiner Sicht ist das hier ein reines "Machtspielchen". Ich würde der GF klar machen: ok, tut uns leid, dass wir den Termin nicht im Vorfeld abgestimmt haben, wir haben uns für einen Termin entschieden, wo möglichst viele teilnehmen können und der laufende Betrieb am wenigsten gestört werden. Die Wahl sei jetzt eingeleitet und es stünde dem AG (der GF) selbstverständlich jederzeit der Weg frei, die Wahl hinterher anzugehen und von einem Arbeitsgericht überprüfen zu lassen, aber ihr würdet jetzt nicht mehr von dem Fahrplan abweichen, weil das garantiert die Wahl anfechtbar machen würde.


    Ihr werdet dann u.U. mit dem Rumgezicke (keine Vorlage der Personallisten für die Wählerliste) umgehen müssen (klassische Behinderung von BR-Wahlen und absolut strafbewehrt!), aber zieht es jetzt durch. Denn wenn ihr euch jetzt ins Bockshorn jagen lasst, steht zu befürchten, dass der AG/die GF es immer und immer wieder tun/versuchen werden.


    Viel Erfolg und lasst Euch nicht unterkriegen!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Theresa,


    AG und leitende Angestellte haben auf der Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstandes ausdrücklich nichts zu suchen! Die einzigen Nicht-Betriebsangehörigen mit Teilnahmerecht sind Vertreter der zuständigen Gewerkschaft (in eurem Fall vermutlich verdi). Daher ist auch völlig unerheblich, ob die GL zu diesem Zeitpunkt Urlaub hat.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Sind wir tatsächlich dazu verpflichtet die Leitung zu dieser Veranstaltung einzuladen?

    Nein.

    Zudem meinte die GF, dass sie jemanden von außerhalb zu dieser Veranstaltung einladen wollen würde um zu überprüfen ob wir uns an alle Vorgaben halten. (...) Darf sie so etwas fordern?

    Und das erst recht nicht.


    Ähnliches wurde z.B. auch in diesem Thread diskutiert.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Die Kommentierung spricht davon, dass gem. den Vorschriften des § 43 (2) BetrVG der Arbeitgeber zu den Versammlungen einzuladen ist und ihm die Teilnahme (selbstverständlich) gestattet ist.

    Das bezieht sich m.E. nur auf die regulären Betriebsversammlungen, die der gewählte BR durchzuführen hat. Hier geht es jedoch um die Gründung eines BR. Und da wären Manipulationen Tür und Tor geöffnet, wenn der AG mit gespitztem Bleistift in der Ecke lauert...

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Die Kommentierung spricht davon, dass gem. den Vorschriften des § 43 (2) BetrVG der Arbeitgeber zu den Versammlungen einzuladen ist und ihm die Teilnahme (selbstverständlich) gestattet ist.

    Das gilt nicht für die Wahlversammlung! Wir reden hier nicht von den regulären Betriebsversammlungen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Diese meinte dann, dass wir diesen Termin nicht machen können, da unser Heimleiter als auch die GL im Urlaub seien und sie selbst auch keine Zeit hätte.

    Zu spät - die Wahl ist eingeleitet.

    Zudem meinte die GF, dass sie jemanden von außerhalb zu dieser Veranstaltung einladen wollen würde um zu überprüfen ob wir uns an alle Vorgaben halten

    Augenroll-GIF. Soviel zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.


    Ich wünsche euch viel Kraft und Durchhaltevermögen. Prüft mal, ob bei einem der Anbieter eine kurzfristige Schulung des gewählten Wahlvorstand möglich ist, durch die Wochenfrist nicht ganz einfach.


    Die erste Wahl ist immer die schwerste. :)

    Fallere me possum solus - wie wir Lateiner sagen. 3er Betriebsrat, BRV, kein Tarif.

  • Fried  Mann mit der Ledertasche

    Diesen Teil

    Die Kommentierung spricht davon

    habt ihr zwar beide zitiert, aber offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen.


    Ich habe mir das nicht ausgedacht.

    Zitat von Fitting, 30. Aufl., RN 26 zu § 17 BetrVG

    Für die BetrVerslg. gelten unter Berücksichtigung ihres beschränkten Auftrags die allgemeinen Vorschriften über die BetrVerslg., insbes. § 43 Abs. 2 über die Teilnahme des ArbGeb. (LAG Bln 10.2.1986 - 9 TaBV 5/85 ... )


    Und bevor ihr mich jetzt wg § 17 BetrVG "ans Kreuz nagelt", weil doch § 17a einschlägig ist:


    Zitat von Fitting, 30. Aufl., RN 16 zu § 17a BetrVG

    Zum Teilnahmerecht des ArbGeb -> § 17 Rn 26

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Moritz, ich habe keinen Fitting daheim rumliegen und das Urteil googeln liefert keine brauchbaren Ergebnisse. Könntest du die Rn mal abtippen oder fotografieren?

    Ein Anwesenheitsrecht des AG bei der Wahlversammlung wird übrigens auch vom ifb verneint:


    Nicht zur Teilnahme berechtigt sind der Arbeitgeber und seine Vertreter sowie leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Arbeitgeber bzw. einer seiner Vertreter sollte jedoch während der Wahlversammlung für eventuelle Rückfragen (z.B. bzgl. der Erstellung der Wählerliste) erreichbar sein. Ebenfalls nicht zur Teilnahme berechtigt sind Personen nach § 5 Abs. 2 BetrVG.


    Aber ich bin durchaus bereit, mich eines besseren belehren zu lassen, wenn auch in diesem Fall nur ungern... :(

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Moritz und Der Mann mit der Ledertasche : Tatsächlich war die Teilnahmeberechtigung des AG zwischen den Kommentierungen wohl umstritten, der ErfK bejahte sie in älteren Ausgaben und nannte als dem entgegengesetzte Meinungen die Kommentierungen Richardi und DKKW - in der neuesten Ausgabe ist aber wohl auch der ErfK "geswitcht" und verneint die Teilnahmeberechtigung des AG.


    (Ich neige zu der Ansicht, der AG ist nicht teilnahmeberechtigt, das hat man hier ja schon bemerkt)


    Aber selbst wenn der AG teilnahmeberechtigt wäre: Der Termin der Wahlversammlung muss nicht nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet werden. Wenn der AG keine Zeit hat, hat er eh Pech gehabt, d.h. Theresa kann das Ansinnen des AG in jedem Falle getrost ignorieren und die Versammlung bei dem Termin belassen. Denn merke: Eine (mögliche) Teilnahmeberechtigung hieße eben nicht eine Teilnahmeverpflichtung des AG!


    Und dass die Anwesenheit von Betriebsfremden (jenseits der Gewerkschaft) verboten ist, ist ja sowieso eindeutig.


    Theresa , soweit alles klar, oder war das alles jetzt zu verwirrend? Fazit ist, der Wunsch Eures AG kann und darf getrost ignoriert werden, egal wie man die Teilnahmeberechtigung sieht.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    9 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Aber selbst wenn der AG teilnahmeberechtigt wäre: Der Termin der Wahlversammlung muss nicht nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet werden.

    Zeit hat man bekannterweise nicht, die macht man sich. Das klingt hart nach "ALLES MUSS ÜBER MEINEN TISCH - besonders wenns mir nicht passt!" :D

    Fallere me possum solus - wie wir Lateiner sagen. 3er Betriebsrat, BRV, kein Tarif.

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten! Ich denke, dass uns das auf jeden Fall weiter bringt und wir für das Gespräch nächste Woche gut informiert sind :)


    Ich bin gespannt wie es weiter geht... Es bleibt spannend

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten! Ich denke, dass uns das auf jeden Fall weiter bringt und wir für das Gespräch nächste Woche gut informiert sind

    Viel Erfolg :)


    Nur ergänzend, denn für deine Argumentation hast du ja schon viel "Munition" bekommen ....

    Sie meinte dann, dass wir verpflichtet seien, die Leitung einzuladen und solche Termine mit ihr abzusprechen.

    Frage sie doch mal nach der Rechtsgrundlage für diese Meinung, wo sie also diese Pflicht hernimmt oder ableitet. Vermutlich kann sie nicht liefern und wenn doch, kannst du höflich danken und die Info mitnehmen, damit ihr sie prüfen (lassen) könnt .... und weise auf die dennoch laufenden Fristen hin :)

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.