Urlaub; bei freigestellten Betriebsrats Mitgliedern nach §38 BetrVG

  • Guten Morgen zusammen,


    ich denke jedem ist klar das auch nach §38 BetrVG Freigestellte Betriebsrats Mitglieder ihren Urlaub beantragen müssen.

    Aber kann der Arbeitgeber den Urlaubsantrag überhaupt ablehnen?

    Hier zu konnte ich leider keine Antwort finden und hoffe hier im Forum etwas Hilfe zu erhalten.


    Mit freundlichem Gruß

    Carsten

  • Hallo Carsten,


    in der Theorie: Ja kann er ablehnen, wenn es einen entsprechenden dringenden betrieblichen Grund oder einen Urlaubswunsch eines anderen AN für diese Zeit gibt.


    In der Praxis wird es wohl kaum entsprechende dringende betriebliche Gründe geben, wobei wenn durch den Urlaub des freigestellten eine Person nachrückt wodurch es dann zu einer entsprechenden Notlage in deren Bereich kommt, könnte es so einen Grund geben.

    Oder bei mehreren freigestellten BRM würde ich als AG auch mal ablehnen wenn dann mehrere freigestellte oder gar alle gleichzeitig Urlaub wollen.


    Viele Grüße

    Bernd

  • n der Praxis wird es wohl kaum entsprechende dringende betriebliche Gründe geben, wobei wenn durch den Urlaub des freigestellten eine Person nachrückt wodurch es dann zu einer entsprechenden Notlage in deren Bereich kommt, könnte es so einen Grund geben

    wohl kaum, weil der freigestellte BRM könnte auch krank werden, dann wäre es dasselbe Szenario.

    Und der Nachrücker ist ja nicht automatisch freigestellt, sehr wahrscheinlich wird dieses nachgerückte EBRM sogar nur sporadisch BR-Aufgaben wahrnehmen, da ja die Aufgaben des freigestellten i.d.R von regulären BRM übernommen werden, da diese in den Themen eingearbeitet sind.


    freigestellte BRM organisieren sich selbst und einen Ablehnungsgrund kann ich mir dahingehend vorstellen, das z.B. der Betriebsrat dann nicht mehr beschlussfähig wäre oder aber das kein "BRV" als Ansprechpartner mehr zur Verfügung steht, also neben dem BRV auch der stellv. BRV und alle weiteren Vertreter verhindert sind.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Aber kann der Arbeitgeber den Urlaubsantrag überhaupt ablehnen?

    Der § 8 (1) BUrlG lässt dem AG nicht viele Möglichkeiten, Urlaubswünsche von AN abzulehnen, und von den wenigen trifft auf Vollfreigestellte nichts zu.


    Also: Nein.


    einen Ablehnungsgrund kann ich mir dahingehend vorstellen, das z.B. der Betriebsrat dann nicht mehr beschlussfähig wäre oder aber das kein "BRV" als Ansprechpartner mehr zur Verfügung steht, also neben dem BRV auch der stellv. BRV und alle weiteren Vertreter verhindert sind.

    Die innere Organisation des BR geht den AG nichts an, also auch hier: Nein.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Das voll freigestellte BRM organisiert sich selbst. so steht es zumindest im Fitting. Daher ist eine ablehnung von Urlaub und oder der Abbau vom STD Konto nur schwer vorstellbar.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Jetzt haben wir alle Meinungen, zusammen :)


    Ich teile auch mal meine Auffassung zu dem Thema, bei der ich aber nicht ganz sicher bin. Zum einen sehen ich es auch wie Fried, dass es keinen Ablehnungsgrund gibt.

    Aber eigentlich ist das aus meiner Sicht nicht relevant, da der Arbeitergeber ja keine Weisungsbefugnis und keine Direktionsrecht hat.

    Somit kann er eigentlich garnicht über denn Urlaub eines Freigestellten Betriebsrats entscheiden.


    Wie seht ihr das?


  • erco , da waren Randolf und Bernd_47 ...


    Carsten G. , wenn man ein bisschen im Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht daheim ist und sich nicht ablenken lässt, ist die Antwort eigentlich klar:


    1) Der AG hat über das innere Gefüge des BR, über dessen Organisation usw. nicht zu befinden. Mehr noch: Eine Urlaubsverweigerung wegen des inneren Gefüges des BR wäre eine Behinderung der BR-Tätigkeit. 2) Das BUrlG beschränkt die Ablehnungsgründe, die Kommentierungen spezifizieren das, auf Vollfreigestellte trifft nichts davon zu.


    Für Vollfreigestellte ruht die primäre Leistungspflicht aus dem AV, die Pflicht zur Arbeitsleistung. Nebenpflichten bestehen weiter, deswegen muss man z.B. Urlaubsanträge einreichen oder die Zeiterfassung betätigen. Aber in der Tat ist das Direktionsrecht suspendiert, oder anders gesagt: Wo keine Arbeit geleistet wird, kann um sie herum nichts angeschafft werden.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    4 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Dann wäre die eigentliche Frage ja beantwortet. Weiter gelten aber auch für voll freigestellte BRM die bestehenden Betriebsvereinbarungen. Wenn es bei euch also Regelungen zum Urlaub gibt - welcher Art auch immer - dann gelten sie auch analog sofern anwendbar für den BR.

    Angenommen, bei euch gibt es eine vereinbarte Urlaubssperre, dann darf auch ein freigestelltes BRM da keinen Urlaub nehmen. Völlig unabhängig davon, ob es sinnvoll ist oder nicht.

  • freigestellte BRM organisieren sich selbst und einen Ablehnungsgrund kann ich mir dahingehend vorstellen, das z.B. der Betriebsrat dann nicht mehr beschlussfähig wäre oder aber das kein "BRV" als Ansprechpartner mehr zur Verfügung steht, also neben dem BRV auch der stellv. BRV und alle weiteren Vertreter verhindert sind.

    Das würde ich nicht als Grund für die Ablehnung von Urlaub sehen. Vor allem was interessiert mich das als AG wenn ich jetzt dem BR eine außerordentliche Kündigung oder sonstiges unangenehmes schicke und ich dann eine Zustimmung bzw. was auch immer durch Fristablauf bekomme.
    Weil wie Fried geschrieben geht mich die innere Organisation nicht wirklich etwas an. Das ist dann halt ein Organversagen des Betriebsrates wenn da z. B. ein Fristablauf passiert.

    Dann wäre die eigentliche Frage ja beantwortet. Weiter gelten aber auch für voll freigestellte BRM die bestehenden Betriebsvereinbarungen. Wenn es bei euch also Regelungen zum Urlaub gibt - welcher Art auch immer - dann gelten sie auch analog sofern anwendbar für den BR.

    Angenommen, bei euch gibt es eine vereinbarte Urlaubssperre, dann darf auch ein freigestelltes BRM da keinen Urlaub nehmen. Völlig unabhängig davon, ob es sinnvoll ist oder nicht.

    Allerdings stimme ich auch hier Tobias Clausing zu weil Betriebsratsmitglieder sind natürlich auch "Mitarbeiter" des Unternehmens.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Dann wäre die eigentliche Frage ja beantwortet.

    Das denke ich auch.


    Ich stimme Tobias Clausing zu, dass BVen zum Thema Urlaub aufgrund der weiter geltenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten auch für vollfreigestellte BRM gelten, auch ggf eine BV über eine Urlaubssperre.


    (Es wird m.E. jetzt etwas OT bzw nicht OT, aber extrem speziell: Meinethalben können die Meinungen auch einfach nebeneinander stehen bleiben und müssen diesen Thread nicht künstlich verlängern...)


    Trotzdem gehe ich davon aus, dass eine BV über eine Urlaubssperre (die prinzipiell wschl möglich ist, aber nur unter engen Voraussetzungen, sprich mit sehr guten Begründungen versehen) der Verwirklichung des Urlaubsanspruches des vollfreigestellten BRM während dieser Sperre sehr wahrscheinlich nicht entgegensteht. Denn keine kollektive Regelung enthebt den AG von seiner Pflicht gemäß BUrlG, den Urlaubswunsch der AN individuell zu prüfen und dabei die gesetzlichen Ablehnungsgründe zu beachten. D.h. die Anwesenheit des/der spezifischen AN muss dringend erforderlich sein, um eine Ablehnung zu rechtfertigen, Urlaubssperre hin oder her. Es gibt durchaus Fälle von "normalen" AN, die in einstweiligen Verfügungsverfahren trotz einer Urlaubssperre mangels einer ausreichenden individuellen Begründung vor dem ArbG mit ihrem Urlaubswunsch obsiegt haben.


    Und damit sind wir wieder bei der obigen Feststellung: Bei Vollfreigestellten ist eine Ablehnung individuell nicht begründbar...

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Angenommen, bei euch gibt es eine vereinbarte Urlaubssperre, dann darf auch ein freigestelltes BRM da keinen Urlaub nehmen.

    Da bin ich eher bei Fried.

    Etwas anderes könnte bei einer Vereinbarung von Betriebsferien gelten, also der umgekehrte Fall.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Etwas anderes könnte bei einer Vereinbarung von Betriebsferien gelten, also der umgekehrte Fall.

    Das sehe ich auch so, mindestens wenn auch Verwaltung und AG selber in Betriebsferien sind.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ihr habt ja völlig Recht mit euren Einwänden bzw. Ergänzungen. Worauf ich hinaus wollte: Auch freigestellte BRM haben sich an Betriebsvereinbarungen und allgemeingültige Regelungen zu halten und auch die (völlig korrekten) Einwände ergeben sich nicht direkt aus der Eigenschaft als freigestelltes BRM. Es gibt da keine Extrawurst sondern nur eine Tätigkeit, bei der die Ablehnung des Urlaubes extrem schwer zu begründen wäre.

    Sobald es analog zur Urlaubssperre beim Betriebsurlaub Ausnahmen gäbe, wie z. B. eine Inventur, ließe sich auf gleichem Wege eine Anwesenheit des BR verargumentieren.

    Ergo: Keine Extrawurst, nur weil es der BR ist, aber immer Berücksichtigung der jeweiligen Situation - wie bei allen MA.