Wählerlisten SBV Wahl

  • Hallo Zusammen,


    bei uns steht nun die erste SBV Wahl an. Leider hat keiner aus dem Gremium jemals so eine Wahl vorbereiten müssen, weshalb uns nun das Wissen fehlt.


    Aktuell stehen wir vor dem Problem der Wählerliste:

    Muss diese von allen möglichen Wählern eingesehen werden können?


    In unserem Unternehmen möchte eine Person nicht, dass ihr Status bekannt wird.


    Reicht es, wenn eine Wählerliste erstellt wird, damit sichergestellt werden kann, dass nur wahlberechtigte Personen ihre Stimme abgeben, und diese dann unter Verschluss gehalten wird?


    vielen Dank!

  • paperclips

    Hat den Titel des Themas von „Wählerlisten SBV“ zu „Wählerlisten SBV Wahl“ geändert.
  • Bei uns hat auch niemand außerhalb der HR und des Wahlvorstands je die komplette Liste gesehen. Wenn diese Person so viel Wert auf ihre Anonymität legt, kann sie auch nicht an der Wahlversammlung teilnehmen und es bleibt ihr nur noch die Briefwahl. Möglich ist also beinahe vollständige Anonymität. Haben wir genau so gelöst. Nur bei der Auszählung der Briefwahlstimmen muss man dann kurz die Klappe halten und sich auf "ja, ist wahlberechtigt" beschränken.

  • Um Gotteswillen! Natürlich muss (!!!) die Wähler:innenliste einsehbar sein, das wäre sonst ein astreiner Anfechtungsgrund.


    § 3 SchwbVWO ist da eindeutig, die komplette Liste ist an geeigneter Stelle auszulegen. Anders wäre das Recht nach § 4 SchwbVWO, Einspruch gg deren Richtigkeit einzulegen, auch nicht ausübbar.


    paperclips , persönliche Verschwiegenheitswünsche müssen hinter die gesetzlichen Pflichten des WV zurücktreten.


    Hans Luft , dann seid froh, dass niemand die Wahlen angefochten hat. Weil bei so einem massiven Fauxpas wäre die Entscheidung des ArbG sonnenklar.


    albarracin kann vllt spezifizieren, was die "geeignete Stelle" ist, an der die Liste auszuliegen hat.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    3 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • "An geeigneter Stelle auszulegen." ist passiert, konnte jeder einsehen. Hat aber niemand gewollt.

    Gut für Euch. Dann warst Du aber mindestens extrem missverständlich ggü dem/der Fragesteller:in.

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  • Vielen Dank für die schnellen Antworten!


    Fried, wäre es dann möglich, falls von der Person gewünscht, diese aus der Wahl auszuschließen?


    Mir ist bewusst, dass das zwar nicht besonders schön ist, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man solche streng vertraulichen Daten ohne Einverständnis der betreffenden Person für andere zugänglich auslegen darf.

  • Fried, wäre es dann möglich, falls von der Person gewünscht, diese aus der Wahl auszuschließen?

    Nein!


    (...) ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man solche streng vertraulichen Daten ohne Einverständnis der betreffenden Person für andere zugänglich auslegen darf.

    Doch. Wenn es gesetzlich gefordert ist.


    Leider hat keiner aus dem Gremium jemals so eine Wahl vorbereiten müssen, weshalb uns nun das Wissen fehlt.

    An den Besuch der erforderlichen Schulung habt Ihr nicht gedacht?

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  • aber wenn ein MA seine Schwerbehinderung dem Unternehmen meldet, dann müßte dies Person auch melden können: "ich bin nicht mehr Schwerbehindert"


    damit wäre sie dann aus der Wählerliste raus (verzichtet allerdings auch auf ihren Status)


    Interessiert mich tatsächlich, weil ich einen ähnlich gelagerten Fall habe und es um die 5-SBV-MA Grenze geht.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Gut für Euch. Dann warst Du aber mindestens extrem missverständlich ggü dem/der Fragesteller:in.

    Das war nicht meine Absicht. Natürlich gibt es die Wählerliste, aber gleichzeitig existiert hier laut unserem RA ein starkes Recht, dass nur jemand mit berechtigtem Interesse von einer Schwerbehinderung erfährt. Da widerstreiten halt Datenschutz und SchwbVWO. War wahrscheinlich alles etwas einfacher, als man sich diese Gesetze ausgedacht hat. Was sich in manchen Gesetzen für realitätsferne Anachronismen finden, ist echt traurig.

  • dass nur jemand mit berechtigtem Interesse von einer Schwerbehinderung erfährt.

    Deswegen dürfte das " Auslegen an geeigneter Stelle" bedeuten, dass man es nicht einfach betriebsöffentlich aushängt. Mangels eines Kommentars zur SchwbVWO kann ich aber nicht sagen, was die Kriterien für eine geeignete Stelle sind. Unser Forumsspezialist zu Fragen des SGB IX wird das sicher beantworten können.


    Mangels eines Kommentars zur SchwbVWO

    Wobei ich der Meinung bin, dass man als WV zur SBV-Wahl nicht nur geschult sein, sondern auch einen solchen Kommentar in Reichweite haben sollte.

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  • Hallo,


    auch die SBV-Wahl ist grundsätzlich betriebsöffentlich.

    "Geeignet" iSd § 3 SchwbVWO ist ein Ort, der


    - zu normalen Büro- bzw. Arbeitszeiten für alle Beschäftigte zugänglich ist

    - der barrierefrei zugänglich ist

    - der keine Einsichtnahme für betriebsfremde Personen ermöglicht


    Für die Einsichtnahme in die Wählerliste ist nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 SGB IX kein "besonderes Interesse" notwendig.

    ( nach Sachadae in LPK-SGB IX, § 3 SchbVWO Rn 11, 13)


    Weiter gilt:

    - bei zergliederten Betrieben bzw. räumlich weit entfernten Betriebsteilen ist "ggfs.eine Auslegung an mehreren Stellen erforderlich, um allen Wahlberechtigten in gleichermaßen zumutbarer Weise eine Einsichtnahme zu ermöglichen." (Sachadae, a.a.O., Rn 12)

    - Ort und Zeit der Auslegung der Wählerliste sind im Wahlausschreiben anzugeben gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX


    In unserem Unternehmen möchte eine Person nicht, dass ihr Status bekannt wird.

    Die SchbVWO ist höherrangiges Recht.

    Reicht es, wenn eine Wählerliste erstellt wird, damit sichergestellt werden kann, dass nur wahlberechtigte Personen ihre Stimme abgeben, und diese dann unter Verschluss gehalten wird?

    Nein, das würde die Wahl regelmäßig anfechtbar machen, evtl. sogar nichtig.



    weshalb uns nun das Wissen fehlt.

    Wahlseminar habt Ihr auch nicht besucht?



    wäre es dann möglich, falls von der Person gewünscht, diese aus der Wahl auszuschließen?

    Das wäre völliger Quatsch. Wie gesagt, die Wahlvorschriften sind höherrangig. Eine bekannte Wählerin kann auch nicht einfach "gestrichen" werden. Was macht Ihr, wenn sie sich das nochmals anders überlegt und doch wählen will. Oder wenn jemand nachfragt, warum Kollegin XY nicht im Wähler*innenverzeichnis steht?

  • aber wenn ein MA seine Schwerbehinderung dem Unternehmen meldet, dann müßte dies Person auch melden können: "ich bin nicht mehr Schwerbehindert"

    Ja, aber m.E. nur wenn die Person z.B. wegen einer Neufeststellung des GdB tatsächlich nicht mehr als SB gölte.


    Dass ein:e AN weiter tatsächlich SB ist, aber ggü dem AG angibt, auf Rechte aus dem SGB IX verzichten zu wollen, wäre das nach meinem Dafürhalten unerheblich.


    Aber auch das wird albarracin besser wissen... (Sorry, bin lästig...)

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  • Hallo,


    die Rechte schwerbehinderter/gleichgestellter Menschen im Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis sowie die Pflichten der Arbeitgeber gelten gem. § 151 Abs. 1 SGB IX unmittelbar und zwingend, sofern dem AG die Schwerbehinderung/Gleichstellung bekannt ist.

    § 151 SGB IX - Einzelnorm

    Ein bißchen Rechte gibt es genauso wenig wie ein bißchen Pflichten oder eine Art "Wahlrecht" über die in Anspruch genommenen Rechte und Pflichten.


    Aus diesem Grund kennt das SGB IX im Beschäftigungsverhältnis (wenn dem AG die Schwerbehinderung/Gleichstellung den bekannt wurde) nur ein Ende der besonderen Rechte und Ansprüche - nämlich die Neufeststellung eines GdB <50 oder der Entzug bzw. die Rücknahme einer Gleichstellung .

    Dies ist dann geregelt in § 199 SGB IX mit einer Übergangsfrist:

    § 199 SGB IX - Einzelnorm

  • Wissensstand meinerseits zu diesem Thema, ich habe ein Seminar hierzu besucht, ist folgender:


    die Wählerliste ist zu erstellen und stetig zu pflegen. Einsicht in die Wählerliste haben alle Wahlberechtigten, es muss ja der Name und der Betrieb/die Abteilung angegeben sein, sowie bei Namensgleichheiten auch das Geburtsdatum.

    Jeder Wahlberechtigte sollte sich tatsächlich das Recht auf Einsicht in die Wählerliste nehmen, da nur dann die Richtigkeit gegeben ist.

    Da sich jedoch auch Personen ohne SB oder GL zur Wahl stellen können, ist auch diesen Personen, bei berechtigtem Interesse, das Recht auf Einsicht gegeben. Ich habe hierfür ein Formblatt erstellt, welches den nicht SB/GL eine Schweigepflicht auferlegt nach DSGVO. Das berechtigte Interesse ist vom WV zu prüfen. Die Stützunterschriften auf den Wahlvorschlägen dürfen ja nur von SB und GL geleistet werden.

    Die Wählerliste ist in unserem Wahlvorstandsbüro einsehbar. Nach Ende unseres WV Bürotages wird diese in einem Rollcontainer eingeschlossen. Um die Daten nicht offensichtlich zu haben, haben wir die SchwbVWO vor die Liste gelegt und mit einer Büroklammer verbunden.

    Der/die MAin welche(r) nicht möchte dass sein GdB oder überhaupt die SB bekannt wird, sollte vielleicht beraten werden. Da es sich bei "Wahlen" immer um eine sog. Bürgerpflicht handelt, kann nicht auf den Eintrag in die Wählerliste verzichtet werden.

  • Ich habe dies durch unseren hausinternen RA prüfen lassen. Dieser meinte das dies schon rechtskonform ist in Sachen DSGVO.

    Wenn jemand (kein SB/GL) plausibel erklären kann weshalb er die Wählerliste einsehen möchte ist dies ja im Prinzip kein Problem. Es heißt doch schließlich dass die Daten von SB/GL besonders zu schützen sind.

    Nicht jeder SB/GL möchte von sich preisgegeben wissen dass er SB oder GL ist.

  • Das Thema hatten wir auch gerade. Das "berechtigte Interesse" zu prüfen ist wohl notwendig, wenngleich sich wieder die Frage auftut, was das den ist. "Ich will nur mal gucken wer da drauf steht?". "Ich will mich als nicht behindert zur Wahl stellen (steht nicht auf der Wählerliste) und will mal gucken, wer alles wählen darf!". Oder: Jemand will mal ein bisschen Zeit totschlagen und will nur mal so gucken, die Wahlordnung lesen und die Zeit vertrödeln. Oder jemand meint, das "der Neue" zwar Gleichgestellt ist, aber nicht weiß, ob er auf der Wählerliste steht.

    Sollte man Protokoll darüber führen, wer Wählerliste und Wahlordnung einsieht und warum?

  • Das "berechtigte Interesse" zu prüfen ist wohl notwendig

    Aber Bardtfeld , es ist doch eigentlich schon lange geklärt, dass das schlicht nicht stimmt:

    Für die Einsichtnahme in die Wählerliste ist nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 SGB IX kein "besonderes Interesse" notwendig. (nach Sachadae in LPK-SGB IX, § 3 SchbVWO Rn 11, 13)


    Da kann "ein hausinterner RA" sagen, was er will. Mitglieder der Rechtsabteilung des AG sind nicht zwingend Expert:innen des SGB IX und der SchwbVWO, da würde ich doch eher den einschlägigen Kommentierungen trauen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

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  • Für die Einsichtnahme in die Wählerliste ist nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 SGB IX kein "besonderes Interesse" notwendig.

    ( nach Sachadae in LPK-SGB IX, § 3 SchbVWO Rn 11, 13)

    Mhhh, ich sehe im Zitierten Gesetzt keinen Bezug zu Wahlen oder Wählerlisten

    Sozialgesetzbuch Neuntes Buch § 3 Vorrang von Prävention

    (2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

    Oder bin ich da so-was von auf dem Holzweg und es ergibt sich was aus den genannten Paragrafen?

    Dagegen sagt die Wahlordnung:

    § 3 Liste der Wahlberechtigten

    (2) Die Liste der Wahlberechtigten oder eine Abschrift ist unverzüglich nach Einleitung der Wahl bis zum Abschluß der Stimmabgabe an geeigneter Stelle zur Einsicht auszulegen.


    § 4 Einspruch gegen die Liste der Wahlberechtigten

    (1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.

    Womit wir wieder beim "berechtigten Interesse" wären, wie man das Prüft und was das ist.

    Wie will jemand Einspruch einlegen wenn er/sie die Wählerliste nicht einsehen kann?

  • Man kann sich auch dummstellen... Dass albarracin sich einmal vertippt und sich insgesamt auf den §3 der SchwbVWO bezogen hat, war zumindest mir klar. Er hat auch einen entsprechenden Kommentar zur SchwbVWO genannt, der besagt, dass kein besonderes Interesse für die Einsicht nötig ist.


    Kommentaraussagen und Gerichtsurteile haben in einem Forum wie diesem, in dem es um Rechtsfragen geht, nunmal den Status von Fakten.


    ( Bardtfeld , hast Du einen Kommentar zur SchwbVWO?Wenn Du WV einer SBV-Wahl bist, solltest Du nämlich dringend einen haben.)


    § 4 SchwbVWO regelt etwas anderes als § 3, nicht den Einblick in, sondern den Widerspruch gg die Wähler:innenliste. Das sind zwei sehr unterschiedliche Paar Stiefel, die eben auch sehr unterschiedlich behandelt werden.


    (Man könnte sich ja generell auch mal fragen, warum in dem einen Paragraphen das notwendige Interesse aufgeführt ist und in dem anderen nicht. Oder was "ist auszulegen" bedeutet: Das bedeutet nämlich in keinem Fall, dass das Auszulegende auch zu bewachen oder zu kontrollieren ist)


    P.S., Einspruch wird ggü dem WV eingelegt, und ggf wird der Rechtsweg beschritten. So viel zum "wie".


    Aber ich denke, auch in dem Thread hier ist alles gesagt. Das kann man jetzt beachten oder auch nicht.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

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