Zusammenschluss verschiedener Unternehmen

  • Guten Abend liebe Kollegen,

    am heutigen Nachmittag fand ein Termin zwischen BR und GF statt.
    Um diesen Termin hatte der BR gebeten, unser Thema war eigentlich "zu erwartende Kosten für Schulungen".
    Darüber wollten wir vis-a-vis informieren, nicht nur formelle Emails verschicken.

    Eröffnet wurde das Gespräch durch unseren GF jedoch anders.
    Vorab ein paar Background Informationen:

    - Wir gehören einem US Konzern an

    - Sind aktuell eine GmbH in Deutschland mit ca. 60 Mitarbeitern

    - Vor ca. 2 Jahren wurden zwei Firmen akuiriert, die ebenfalls Niederlassungen in DE haben (zusammen ca. 190 MA)

    - bislang wurde an den (vorherhigen) BR (wir sind seit ca. 2,5 Monaten im Amt) kommuniziert, dass KEINE Betriebsänderung o.ä. geplant ist.

    - Es gab einige Punkte, die jedoch für uns dafür sprachen, weswegen wir dies auch vor ca. 3 Wochen nochmal angesprochen haben.


    Heute wurden wir darüber informiert, dass MORGEN ein Infoschreiben an die Manager unseres Unternehmens sowie der zwei gekauften Unternehmen gehen soll.
    Überschrift "Zusammenschluss von FIrma 1, Firma 2 und FIrma 3". Unter dem Namen unserer aktuellen GmbH.

    Wir wurden im Vorfeld nicht informiert sondern nun vor vollendete Tatsachen gestellt.

    Aussage GF: "Es wird für KEINEN MA Veränderungen geben". Naja, was interessiert mich morgen mein Wort von heute?


    Morgen werden wir mit unserer beratenden Kanzlei telefonieren.

    Aktuell sitzen wir beisammen und grübeln - vielleicht gibt es hier hilfreiche Gedankengänge?


    1. Müssen wir nun einfach hinnehmen, dass wir übergangen und vor vollendete Tatsachen gesetzt wurden?

    2. Welche Mittel haben?

    3. Was MÜSSEN wir gegebenfalls sogar tun, um uns selbst nicht angreifbar zu machen?

    4. Wenn die MA der beiden anderen Firmen nun auch zu unserer GmbH gehören (jedoch mit eigenen Betriebsstätten), wie verhält es sich in Bezug auf den BR?
    Ist der BR auch für diese Kollegen mit zuständig? Oder spielt es keine Rolle, da die Betriebsstätten anderswo sind?


    Vielen Dank für jeglichen Kommentar!

  • Hallo,


    nun hier handelt es sich um eine Betriebsänderung nach §111 BetrVG weiterhin kommt zur Anwendung §613a BGB mit den entsprechend Fristen und Verpflichtungen.

    Desweiteren könnt ihr ggf. schonmal die Neuwahl planen §13 BetrVG kommt natürlich darauf an inwieweit die anderen beiden Betriebe eigenständig Betriebsratsfähig sind bzw. die räumliche Entfernung zu euch.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Hallo,


    § 111 BetrVG ist sicher einschlägig, mit allen daraus für den BR abzuleitenden umfangreichen Rechten und für den AG folgenden umfangreichen Pflichten. Eine bloße pauschale und kurze Information reicht da nicht aus.


    § 613a BGB, da muss ich Bernd_47 widersprechen, dürfte dagegen für Euch nicht zutreffen, da es an der Voraussetzung des Übergangs Eures Betriebes auf einen neuen Inhaber fehlt. Ob er für die anderen Betriebe gilt, muss dort geprüft werden.


    Bernd_47 hat auch nicht ganz recht bzgl der Wahlen. Zu klären wäre - nur wenn Ihr tatsächlich ein einziger BR-fähiger Betrieb wärt, was bei entsprechender räumlicher Entfernung nicht der Fall wäre - nämlich die Frage, welcher der drei BRe die meisten wahlberechtigten AN vertritt. Denn alleine dieser BR nimmt das maximal sechsmonatige Übergangsmandat nach §21a (2) BetrVG wahr und leitet die Wahlen ein.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Bernd_47 hat auch nicht ganz recht bzgl der Wahlen. Zu klären wäre - nur wenn Ihr tatsächlich ein einziger BR-fähiger Betrieb wärt, was bei entsprechender räumlicher Entfernung nicht der Fall wäre - nämlich die Frage, welcher der drei BRe die meisten wahlberechtigten AN vertritt. Denn alleine dieser BR nimmt das maximal sechsmonatige Übergangsmandat nach §21a (2) BetrVG wahr und leitet die Wahlen ein.


    Ob wir ein einziger BR-fähiger Betrieb sind muss geklärt werden, aber die räumliche Entfernung ist tatsächlich zu groß (wir sitzen in der Mitte von DE, die beiden anderen Unternehmen jeweils im Norden und Süden).

  • (wir sitzen in der Mitte von DE, die beiden anderen Unternehmen jeweils im Norden und Süden).

    Das spricht doch sehr dafür, dass § 4 (1) Nr 1 BetrVG gilt und somit drei Betriebe anzunehmen sind, die jeweils eigene BRe wählen und gemeinsam einen GBR bilden.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Das spricht doch sehr dafür, dass § 4 (1) Nr 1 BetrVG gilt und somit drei Betriebe anzunehmen sind, die jeweils eigene BRe wählen und gemeinsam einen GBR bilden.

    Nun ist es so, dass der "Hauptbetrieb" (rechtlicher Firmensitz, Mitten in DE platziert) bereits einen BR hat (uns), die anderen beiden Betriebsstätten (bzw. es sind sogar 4 andere Betriebsstätten) jedoch nicht.


    Heißt, wenn die anderen Betriebsstätten keinen BR gründen möchten, profitieren sie auch nicht von den Vorteilen, die ein BR mit sich bringt? Natürlich kann man die Gründung eines BR anstoßen, aber mehr auch nicht, oder sehe ich das falsch?

  • Heißt, wenn die anderen Betriebsstätten keinen BR gründen möchten, profitieren sie auch nicht von den Vorteilen, die ein BR mit sich bringt? Natürlich kann man die Gründung eines BR anstoßen, aber mehr auch nicht, oder sehe ich das falsch?

    Genau.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Letztlich gäbe es noch die Möglichkeit aus § 4 (1) Satz 2 BetrVG: Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.


    Wobei das m.E. eine suboptimale Lösung im Vergleich zu BR-Wahlen vor Ort wäre. Dass bei weiten Entfernungen lt BetrVG mehrere BRe zu wählen sind, liegt ja v.a. auch daran, dass eine Vertretung über große räumliche Distanz deutlich erschwert ist.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Letztlich gäbe es noch die Möglichkeit aus § 4 (1) Satz 2 BetrVG: Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.

    Danke für den Hinweis.

    Ich versuche mich gerade in die Thematik einzuarbeiten.
    Es ist so, dass die anderen Unternehmen, die integriert werden, keinen Betriebsrat haben.
    Wenn sie keinen eigenen Betriebsrat gründen, könnten wir sie zur Abstimmung anhalten, ob sie mit in unseren Betriebsrat integriert werden wollen - allerdings erst dann, wenn wir neu wählen? (was regelhaft erst in knapp 4 Jahren der Fall wäre).

    Nun heißt es in § 1 Abs. 2 BetrVG "Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn"
    § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG "zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder".Dies trifft in unserem Fall zu. Alle Betriebe sind im Vertrieb, die Produkte überschneiden sich und es sind bereits gemeinsame Teams aus Unternehmen A und Unternehmen B gegründet, die zusammen Gebiete bearbeiten.

    Zudem finde ich § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a.):

    "Durch Tarifvertrag können berstimmt werden für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Beteriebsrats", dazu dann § 3 Absatz 2 "Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 keine tarifliche Regelung und gilt auch kein anderer Tarifvertrag, kann die Regelung durch Betriebsvereinbarungen getroffen werden", außerdem § 3 Abs. 3 BetrVG "Besteht im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 Buchstabe a keine tarifliche Regelung und besteht in dem Unternehmen kein Betriebsrat, können die Arbeitnehmer mit Stimmenmehrheit die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschließen. Die Abstimmung kann von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft veranlasst werden."


    Verstehe ich das richtig, dass die zu integrierenden Unternehmen sich (durch Abstimmung) unserem Betriebsrat anschließen können, oder aber wir dahingehend eine BV ausarbeiten können?
    Es steht außer Frage, dass es sinniger wäre, wenn jedes dieser Unternehmen einen eigenen BR hätte, und wir dann einen GBR bilden - allerdings denke ich, dass die Hemmschwelle, einen BR zu gründen, größer ist, als die, sich einem existierenden BR anzuschließen.

    Vielleicht habe ich aber auch tausend Knoten im Kopf?

  • PMBR_DE , der gemeinsame Betrieb verschiedener Unternehmen trifft bei Euch nicht zu, denn Ihr habt nicht eine Betriebsstätte, sondern fünf (die nicht mal nah beinander sind) und Ihr habt nicht mehrere Unternehmen, sondern nur eines. Es mangelt also an allen Voraussetzungen, es bleibt bei § 4 (1) BetrVG.


    Ihr könnt als einziger BR im Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten zudem keine BV abschließen, die Euch diese Betriebe zuschlägt, da Ihr nicht im Namen der BR-losen Betriebe handeln könnt. Eine solche BV könnte also, wenn überhaupt, nur der bei Euch nicht existente GBR schließen (BAG, Beschluss vom 24. 4. 2013 – 7 ABR 71/11).

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)