Mitarbeiterin Symptome möchte aber nicht zum Arzt

  • Liebe Kolleg*innen,


    ein Mitarbeiter in unserer Firma bekam an seinem Arbeitsplatz vor einiger Zeit eine allergische Reaktion. An diesem Tag wurde er in dem jeweiligen Bereich nicht mehr eingesetzt. Die Ursache ist unklar. Andere Mitarbeiter haben an diesem Arbeitsplatz keine Beschwerden. Der Mitarbeiter beruft sich ohne ärztliche Prüfung auf eine Stauballergie.

    Auf Nachfrage seiner Abteilungsleiterin, was denn der ärztliche Allergietest ergeben hätte, ergab, dass der Kollege bisher keinen Allergietest gemacht und es offensichtlich auch nicht vor hat. Der Kollege gibt uns gegenüber an, dass er nicht zu einem Allergietest verpflichtet wäre, verlangt aber gleichzeitig, immer beim Auftreten von allergischen Reaktionen nicht mehr an diesem Platz arbeiten zu müssen.


    Wie sieht die Lage aus Eurer Erfahrung aus?


    Viele Grüße

    struggler

  • Konkret gefragt: Wie ausgeprägt sind die allergischen Symptome? Inwiefern beeinträchtigen Sie die Fähigkeit zur Erbringung der geschuldeten Arbeitskraft? Gibt es andere Einsatzmöglichkeiten und wenn ja, mit welchem Aufwand sind sie für den AG zu realisieren?


    M.E. kann und darf der AG unter bestimmten Voraussetzungen eine (betriebs)medizinische Untersuchung anordnen, wenn und insoweit arbeitsmedizinische Hinweise für die Unvereinbarkeit bestimmter Tätigkeiten mit einer gesundheitlichen Einschränkung des Arbeitnehmers bestehen.


    M.E. könnte und sollte der AG auch die Expertise der zuständigen BG hinzuziehen.


    Arbeitsrechtlich betrachtet kann die Nichtkooperation des/der AN Konsequenzen bis hin zu Beschäftigtigungsverboten, Abmahnung oder gar Kündigung haben.


    Wenn die allergischen Symptome allerdings die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen und der/die AN trotz Nachfragen des AG nichts belastbares (sprich ärztliches) bzgl der Symptomatik beibringt, kann der AG den Wunsch des/der AN, ggf woanders eingesetzt zu werden, auch getrost ignorieren.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    2 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Wie ausgeprägt sind die allergischen Symptome? Inwiefern beeinträchtigen Sie die Fähigkeit zur Erbringung der geschuldeten Arbeitskraft? Gibt es andere Einsatzmöglichkeiten und wenn ja, mit welchem Aufwand sind sie für den AG zu realisieren?

    Wie willst Du beraten, wenn Du z.B. die Antwort auf o.g. Fragen nicht kennst?


    Wenn es z.B. leichte Smptome sind, die die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen (ich z.B. habe jedes Jahr im Mai und Juni ca 6 bis 8 Wochen eine allergische Reaktion vmtl auf Gräser, arbeite aber normal), erübrigt sich m.E. eine Beratung.


    Wenn es schwere Symptome sind und/oder die Arbeitsleistung beeinträchtigt ist und eine andere Einsatzmöglichkeit nicht oder nur unter hohem Aufwand realisierbar ist, der/die AN dabei die Kooperation verweigert, dann wird man dahingehend beraten müssen, dass der/die AN aufhört, das eigene Arbeitsverhältnis zu gefährden.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    2 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • M.E. kann und darf der AG unter bestimmten Voraussetzungen eine (betriebs)medizinische Untersuchung anordnen,

    Das kann er meines Wissens nicht, er kann sie anbieten.

    In allem anderen stimme ich den Ausführungen von Fried zu.

    Vor allem dem hier:

    Arbeitsrechtlich betrachtet kann die Nichtkooperation des/der AN Konsequenzen bis hin zu Beschäftigtigungsverboten,

    Der Kollege ist gut beraten seiner Allergie auf den Grund zu gehen. Worauf genau er Allergisch reagiert. Ist ja nicht immer der gesamte Arbeitsplatz.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Hallo,


    der AG hat auch ggü. dem AN eine Fürsorgepflicht. Deswegen darf er auch einen AN nicht an einem Arbeitsplatz einsetzen, der offensichtlich für den AN gesundheitsschädlich ist.


    Angesichts der Schilderung

    bekam an seinem Arbeitsplatz vor einiger Zeit eine allergische Reaktion


    Der Mitarbeiter beruft sich ohne ärztliche Prüfung auf eine Stauballergie.

    kann mnan mE schon von einer akuten Gefahr ausgehen. Deswegen kann der AG die weitere Beschäftigung des AN an diesem Arbeitsplatz erst mal verweigern. Wenn der AN die Klärung seiner gesundheitlichen Eignung verweigert,

    dass der Kollege bisher keinen Allergietest gemacht und es offensichtlich auch nicht vor hat.

    wozu er im Rahmen seiner Treuepflichten ggü. dem AG verpflichtet wäre, besteht auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder wegen Annahmeverzug. Auch kann der AG ohne Klärung der konkreten Umstände den AN nicht so ohne weiteres an einem Ersatzarbeitsplatz beschäftigen, solange es kein Reinluft-Arbeitsplatz wäre


    Auch der BR müßte dem AN klarmachen, daß "Wasch mir den Pelz, aber mach nicht nass" hier nicht dauerhaft funktioniert. Und ein Allergietest ist - mit Verlaub - eine dem AN durchaus zumutbare Maßnahme zur Klärung seiner gesundheitlichen Eignung - egal ob beim Betriebsarzt (der ja auch der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt) oder bei einem selbst ausgesuchten niedergelassenen Facharzt.

  • Der Mitarbeiter beruft sich ohne ärztliche Prüfung auf eine Stauballergie.

    Ist das für den Arbeitsplatz denn plausibel? Eine "Stauballergie" ist in der Regel eine Reaktion auf den Kot von Hausstaubmilben. Die tritt nicht da auf, wo es "staubig" ist, sondern bei von Menschen genutzten Textilien (Betten, Polstermöbel, Teppiche etc).

  • besteht auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

    Der AN hat, ungeachtet seiner Mitwirkung, Anspruch auf die 6 Wochen Lohnfortzahlung.

    Sollte er länger AU sein gibt es Krankengeld.

    Dazu muss er aber zum Arzt.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Treten den bei diesem Arbeitnehmer die allergischen Reaktionen regelmässig bzw. regelmässiger bei der Arbeit an diesem Arbeitsplatz auf? Und sichern nicht an dem anderen anderen Bereich zuverlässig nicht auf?

    Um das vielleicht etwas besser beurteilen zu können wäre es hilfreich etwas mehr von dem Arbeitsplatz zu wissen. Also was gemacht wird und ob eine Stauballergie wirklich realistisch sein könnte.

    Besteht die Möglichkeit das das chronisch werden kann?

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Eine "Stauballergie" ist in der Regel eine Reaktion auf den Kot von Hausstaubmilben.

    Es muss ja keine Hausstauballergie sein, es gibt auch Mehlstauballergie etc..


    Gibt es für den Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung?

    Die müsste erstellt oder überprüft werden. Dabei ist dann ja der Betriebsarzt mit zu beteiligen.

  • Mit Verlaub, liebe Forumskolleg:innen, Euch fällt schon auf, dass Ihr hier Fragen stellt, die nicht in den Aufgabenbereich bzw in die Kompentenz des BR fallen, sondern die nur arbeitsmedizinisch zu klären sind?


    Und das ist m.E. alles, was der BR dem/der AN zu raten hat und auch raten kann, unter Aufklärung über alle möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Nichtkooperation. Punkt.


    Ich denke, dass v.a. albarracin alles gesagt hat, was hier arbeitsrechtlich relevant ist.


    Der AN hat, ungeachtet seiner Mitwirkung, Anspruch auf die 6 Wochen Lohnfortzahlung.

    Sollte er länger AU sein gibt es Krankengeld.

    Dazu muss er aber zum Arzt.

    Bei Verstoß gg die Treuepflichten durch Weigerung, sich arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, um ggf einen anderen Arbeitsplatz zu finden? Nein.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    4 Mal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hallo erco,


    man kann ja mal einfach was behaupten,

    Der AN hat, ungeachtet seiner Mitwirkung, Anspruch auf die 6 Wochen Lohnfortzahlung.

    das BAG sieht das aber seit 1997 anders als Du und hat diese Auffassung 2012 (BAG v. 27.09.2012, 2 AZR 811/11 - ab Rn 22) bestätigt,

    2 AZR 811/11 - Das Bundesarbeitsgericht

    auch wenn das in der Literatur leicht kritisiert wird:

    "Demggü. vertritt das BAG die Auff., bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des AG müsse der AN eine ärztl. Untersuchung seines Gesundheitszustandes dulden (s. BAG 12.8.1999 ...). Ein AN, der die notwendige ärztl. Begutachtung über Gebühr erschwert oder unmöglich macht, verstößt gegen seine Treuepflicht und kann ggfs. gekündigt werden (...). Ein derartiger Rechtssatz geht zu weit und verletzt das allg. Persönlichkeitsrecht des AN (...). Dies hat das BAG in einer anderen Entsch. erkannt (BAG 12.8.1999 ...). Keineswegs kann der AG verlangen, dass der Arzt ohne jede Einschränkung alle Untersuchungen vornehmen darf, die AG oder Arzt für sachdienl. halten. Das Interesse des AG an der geforderten Untersuchung ist vielmehr abzuwägen gegen das Interesse des AN an der Wahrung seiner Intimsphäre und körperl. Unversehrtheit (...). Es muß zunächst nach der Art des Eingriffs und dem Eingriffsziel diff. werden, im Kern bedarf es einer Verhältnismäßigkeitsprüfung."

    (ErfK, Preis, § 611a BGB Rn 746).


    Also tanzt der AN im beschriebenen Fall auf einem recht dünnen Seil und kann sich nicht so ohne Weiteres in die AU "flüchten", um zB einem Allergietest zu entgehen.

    Einmal editiert, zuletzt von albarracin () aus folgendem Grund: fehlendes Verb ergänzt.

  • Bei Verstoß gg die Treuepflichten durch Weigerung, sich arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, um ggf einen anderen Arbeitsplatz zu finden? Nein.

    Wenn er zu seinem Hausarzt geht, und das muss er ja für eine AU, dann bekommt er bis zu 6 Wochen seinen Lohn weiter.

    Deine angeführte Mitwirkungspflicht des AN sehe ich im EntgFG § 3 nicht.

    Habe aber auch keinen Kommentar hierzu.


    @ albrrachin Ich spreche von 6 Wochen Lohnfortzahlung das BAG von Kündigung


    Eine mögliche Kündigung bei Weigerung habe ich ja nicht ausgeschlossen.

    In allem anderen stimme ich den Ausführungen von Fried zu.

    Vor allem dem hier:

    ..........

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

    Einmal editiert, zuletzt von erco () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von erco mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Mit Verlaub, liebe Forumskolleg:innen, Euch fällt schon auf, dass Ihr hier Fragen stellt, die nicht in den Aufgabenbereich bzw in die Kompentenz des BR fallen, sondern die nur arbeitsmedizinisch zu klären sind?


    Und das ist m.E. alles, was der BR dem/der AN zu raten hat und auch raten kann, unter Aufklärung über alle möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Nichtkooperation. Punkt.

    Klar ist das schon etwas außerhalb des BR, wobei ich im Arbeitsschutz schon verstehen will ob das andere Arbeitnehmer auch betreffen könnte mit der Allergie. Deshalb kann man das schon hinterfragen um zu verstehen ob da vielleicht etwas ist wo man kollektiv tätig werden müsste über den Arbeitssicherheitsausschuss.

    Und ja man kann dem Arbeitnehmer als Betriebsrat nur raten das ärztlich abklären zu lassen bevor das für den Arbeitnehmer dann ein Problem wird.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Deine angeführte Mitwirkungspflicht des AN sehe ich im EntgFG § 3 nicht. Habe aber auch keinen Kommentar hierzu.

    Dann empfehle ich u.a. den ErfK Rn 31. Die Weigerung des/der AN, der AU durch Kooperation bzgl arbeitsmedizinischer Maßnahmen, der daraus folgenden Beurteilung des Arbeitsplatzes und ggf der Suche nach alternativen Arbeitsplätzen vorzubeugen, kann man durchaus als schuldhaft bezeichnen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • albarracin

    So wie ich das Urteil lese, würde der AN sicher seinen Anspruch darauf verlieren, wegen Annahmeverzug weiterhin sein Gehalt zu beziehen, da er durch die Weigerung die tatsächliche Ursache abzuklären, dem AG nicht hilft, ihm einen entsprechenden Arbeitsplatz anzubieten. Nachvollziehbar.


    Gleichwohl denke ich, dass bei der AU schon unterschieden werden muss, worüber wir reden. Geht es um eine ganz andere Erkrankung, denke ich, sind wir uns einig, dass die keine Rolle spielt (bzw. den "normalen" Regeln zur AU unterliegen).


    Ebenso sähe ich akute Symptome durchaus gedeckt. (Also z.B. Luftnot/Bewusstseinsverlust als Begleitsymptome eines anaphylaktischen Schocks)

    Erst wenn die Symptome immer und immer wieder an verschiedenen Arbeitsplätzen auftauchen und der AN sich weiterhin weigert hier mitzuhelfen, das für die Zukunft zu vermeiden, könnte auch hier der Fall eintreten, dass der AG sich zurecht weigern dürfte weiterhin den Lohn fortzuzahlen. (Frei nach dem Motto: ich habe jetzt verschiedene Arbeitsplätze ausprobiert, überall wirst du krank. Ohne deine Mithilfe kann ich das aber nicht abstellen, also sieh zu, wie du klar kommst)


    Gleichwohl sehe ich das hier ganz genau so:

    Also tanzt der AN im beschriebenen Fall auf einem recht dünnen Seil

    Und das sollte man ihm, auch (oder gerade) als BR, mal klar machen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Dann empfehle ich u.a. den ErfK Rn 31. Die Weigerung des/der AN, der AU durch Kooperation bzgl arbeitsmedizinischer Maßnahmen, der daraus folgenden Beurteilung des Arbeitsplatzes und ggf der Suche nach alternativen Arbeitsplätzen vorzubeugen, kann man durchaus als schuldhaft bezeichnen.

    Klar im Erfurter, den habe ich doch. :sleeping: :whistling:

    Aber unter RN 31 22. Auflage und auch den vor und nachgelagerten RN finde ich das da nicht.

    Rn 31 beginnt mit dem Satz: Dem AN kann ein heilungsförderndes Verhalten und eine bestimmte Verhaltensweise bzgl. seiner Gesundheit nicht vorgeschrieben werden.

    Das ein AN sich nicht Heilungswidrig verhalten darf, also wenn er schon AU ist, ist ja nicht das Thema.

    Aber dennoch glaube ich sind wir gar nicht soweit auseinander. Das er nämlich seinen Arbeitsplatz verlieren kann sollte er schon wissen.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • erco , die Rn 31 ist ja deutlich länger und dann m.E. bzgl der Schuldhaftigkeit auch deutlich: In dem Fall hier würden notwendige Maßnahmen zur Abwendung der AU ja schuldhaft verunmöglicht.


    Aber bevor man sich in Detaildiskussionen verliert. Man ist sich hier ja weitgehend einig, dass der/die AN sich hier auf die eine oder andere Weise arbeitsrechtlich völlig unnötig ins Risiko begibt. Und darauf darf und kann der BR ihn/sie gerne hinweisen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Fried mit diesem Beitrag zusammengefügt.