Krankheitsbedingte Kündigung und Geheimhaltung

  • Ein Grund mehr, nur mit BRM in dieses Personalgespräch zu gehen. Das sollte mit Bezeugung des BRM ebenfalls protokolliert werden. Insofern hat Kampfschwein zwar recht, man kann aufstehen und gehen, aber wenn angekündigt ist, dass der AG sich im Personalgespräch derart dumm äußern wird, würde ich tatsächlich abwarten, bis das gesagt wurde, und dann erst gehen.

    Das ist so vorgesehen. Und das habe ich auch persönlich mit dem Mitarbeiter besprochen: Im Gespräch einfach zuhören und vom BRM protokollieren lassen. Es wird sicher der Satz von "der Gegenseite" fallen, dass das bitte nicht zu protokollieren ist oder dass das Gesagte nicht nach außen dringen darf, aber darauf kann man ja sagen, dass das nur ein internes Protokoll ist, was nur der BR zu sehen bekommt. Was ja auch erstmal stimmt, bis es vor Gericht geht.

    Und wenn man als BR bzw BRM solche Äußerungen aus erster Hand gehört hat, sollte man diese mit Datum, ggf weiteren Zeug:innen und Inhalt schriftlich dokumentieren und den/die AN darüber informieren.

    Diese Äußerungen habe ich mir notiert und der Mitarbeiter weiß darüber jetzt auch Bescheid.

  • Noch liegt ein Mobbing oder Bossing nicht vor, aber man ist frech und dumm genug, es vor Zeug:innen anzukündigen.

    Aber es wäre dem Kollegen schon mal rein vorsorglich zu empfehlen, ein Mobbingtagebuch zu führen.

    Ein Grund mehr, nur mit BRM in dieses Personalgespräch zu gehen. Das sollte mit Bezeugung des BRM ebenfalls protokolliert werden.

    Ob mit oder ohne BRM. Der Kollege sollte auch einen Schreibblock zum Personalgespräch mitnehmen und demonstrativ auf den Tisch legen.

    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

    Voltaire (1694 - 1778)


    " Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen,

    wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht "

    Papst Gregor der Große (540 - 604)


    " Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit "

    Kofi Annan, von 1997 bis 2006 Generalsekretär der UN

  • Dann macht Ihr ja gottseidank eh schon alles richtig. :thumbup:

    Es wird sicher der Satz von "der Gegenseite" fallen, dass das bitte nicht zu protokollieren ist oder dass das Gesagte nicht nach außen dringen darf, aber darauf kann man ja sagen, dass das nur ein internes Protokoll ist, was nur der BR zu sehen bekommt.

    Formal betrachtet ist es kein Protokoll für den BR, denn das BRM hat als individuelle Begleitung des/der AN tatsächlich eine Verschwiegenheitspflicht ggü dem BR.


    M.E. weist man lediglich darauf hin, dass man das Protokoll für sich als BRM und den/die AN schreibt, und das darauf ein unabdingbares Recht besteht.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Die Teilnahmepflicht des Arbeitnehmers an Gesprächen, die über die in § 106 Satz 1, 2 GewO genannten Zielen hinausgehen bzw nicht im Zusammenhang stehen, z.B. eine Vertragsänderung oder ein Aufhebungsvertrag, kann der Arbeitgeber nicht durch einseitige Anordnung nach § 106 GewO durchsetzen (BAG, Urteil v. 23.06.2009, 2 AZR 606/08). Das heißt, der Kollege kann aufstehen und gehen. Und Tschüss.

    Ergänzung :


    Muss der AG dem AN für das Personalgespräch immer den konkreten Grund nennen? Meiner Auffassung nach ja. Denn dem AN obliegt nicht für jedes Personalgespräch eine Teilnahmepflicht, wie das BAG mit Urteil v. 23.06.2009, 2 AZR 606/08 klar gestellt hat.

    Darüber hinaus obliegt dem AG die Darlegungs- und Beweislast, dass die Weisung für das Personalgespräch im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und kollektiv-rechtlichen Grenzen erfolgt ist BAG, Urteil v. 2. 11. 2016, - 10 AZR 596/15 -

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  • Kampfschwein , die Pflicht, das Thema vorab zu nennen, resultiert m.E. auch aus dem BetrVG, nämlich § 82 (2), weil der/die AN nur bei bestimmten Themen ein BRM hinzuziehen kann, und dieses Recht in Unkenntnis des Themas unmöglich wahrgenommen werden kann.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Kampfschwein , die Pflicht, das Thema vorab zu nennen, resultiert m.E. auch aus dem BetrVG, nämlich § 82 (2), weil der/die AN nur bei bestimmten Themen ein BRM hinzuziehen kann,

    Nach kurzer Überlegung würde ich dies eher der Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers gemäß §81 BetrVG zuordnen.

    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

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  • Dann macht Ihr ja gottseidank eh schon alles richtig. :thumbup:

    Formal betrachtet ist es kein Protokoll für den BR, denn das BRM hat als individuelle Begleitung des/der AN tatsächlich eine Verschwiegenheitspflicht ggü dem BR.


    M.E. weist man lediglich darauf hin, dass man das Protokoll für sich als BRM und den/die AN schreibt, und das darauf ein unabdingbares Recht besteht.

    Ok, das ist ein guter Hinweis. Ich gehe aber davon aus, dass das teilnehmende BRM den AN fragen darf, ob das "Notierte" im BR besprochen werden darf, und der AN darf dem sicher zustimmen. Denn die aus ggf. rechtswidrigem Verhalten der "Gegenseite" resultierenden Maßnahmen sollten dann ja im BR besprochen werden dürfen, besonders wenn es in Richtung der "versuchten Behinderung des BR" nach §119 BetrVG geht, denke ich.

  • Ich gehe aber davon aus, dass das teilnehmende BRM den AN fragen darf, ob das "Notierte" im BR besprochen werden darf,

    solche Fragen stellt man in so einem Gespräch nicht. Wenn ein BRM anwesend ist, darf er selbstredent davon dem BR berichten.

    Wenn der AN das nicht von sich aus anmerkt ist alles ok.

    Es wird sicher der Satz von "der Gegenseite" fallen, dass das bitte nicht zu protokollieren ist oder dass das Gesagte nicht nach außen dringen darf, aber darauf kann man ja sagen, dass das nur ein internes Protokoll ist, was nur der BR zu sehen bekommt. Was ja auch erstmal stimmt, bis es vor Gericht geht.

    in einem solchen Fall würde ich während des Gespräches auch nichts protokollieren, weil die "Gegenseite" sich dann zurückhält. Da würde ich einfach zuhören und nach dem Gespräch mit dem AN zusammen ein "Gedächnisprotokoll" schreiben, das geht auch.

    M.E. weist man lediglich darauf hin, dass man das Protokoll für sich als BRM und den/die AN schreibt, und das darauf ein unabdingbares Recht besteht.

    kann man natürlich machen, aber welcher AG ist so dämlich dann noch "die Katze aus dem Sack" zu lassen?

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Randolf , Dein erster Absatz ist falsch, es besteht Schweigepflicht ggü dem BR, von der man aktiv befreit werden muss. Nachzulesen in den Kommentierungen.


    Deine beiden anderen Absätze stimmen - vmtl wäre es wirklich angezeigt, direkt nach dem Gespräch als BRM und AN gemeinsam zu protokollieren.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Randolf , Dein erster Absatz ist falsch, es besteht Schweigepflicht ggü dem BR, von der man aktiv befreit werden muss. Nachzulesen in den Kommentierungen.

    das werde ich mir dann nochmal "zu Gemüte" führen :/

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Hallo,


    man kann dem betroffenen Kollegen auch raten, zügig über einen Antrag auf Schwerbehinderung nachzudenken.

    3-5 Wochen (je nach Fallumständen) nach Zugang des Antrages beim Versorgungsamt setzt vorläufig der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen ein (bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens)

    Auch wenn kein GdB 50 oder mehr zu erwarten ist, kann ein Antrag sinn machen, weil es mittlerweile (seit 01.01.2021) einen pauschalen Steuerfreibetrag ab GdB 20 gibt und ab GdB 30 ein Antrag auf Gleichstellung möglich ist, wobei bei diesem Antrag auch wieder der vorläufige Kündigungsschutz einsetzt.

    Der Antrag ist gestellt. Danke für den Tipp.

    Gilt der Kündigungsschutz dann in dem Sinne für den Tag, an dem eine (auf was auch immer beruhende) Kündigung ausgesprochen wird, oder dürfen die Ereignisse, die als Kündigungsgrund herhalten sollen, auch erst nach Beginn des vorläufigen Kündigungsschutzes stattfinden?

    Konkret: Wenn eine weitere Abmahnung am Tag des Personalgesprächs ausgehändigt wird, werden die drei Wochen noch nicht rum sein.

  • Hallo,


    die Wirkung des vorläufigen Kündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch nach Antragstellung beginnt (im Umkehrschluss) erst nach Ablauf der Frist des § 173 Abs. 3 SGB IX

    § 173 SGB IX - Einzelnorm

    und nur für die Maßnahmen, die der AG ab dem Tag des Ablaufs trifft. Dabei spielt es keine Rolle, wann die einer Kündigung vorangehenden Sachverhalte stattfanden.

  • Der Antrag ist gestellt. Danke für den Tipp.

    Gilt der Kündigungsschutz dann in dem Sinne für den Tag, an dem eine (auf was auch immer beruhende) Kündigung ausgesprochen wird, oder dürfen die Ereignisse, die als Kündigungsgrund herhalten sollen, auch erst nach Beginn des vorläufigen Kündigungsschutzes stattfinden?

    Konkret: Wenn eine weitere Abmahnung am Tag des Personalgesprächs ausgehändigt wird, werden die drei Wochen noch nicht rum sein.

    Ich hoffe das sowohl der Antrag auf Feststellung eines GdB's und die Gleichstellung parallel gestellt worden sind. Also zwei Anträge gestellt worden sind.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Hallo suppenkasper,


    der vorläufige Kündigungsschutz gilt solange, bis das Verfahren wegen GdB rechtskräftig abgeschlossen ist - d.h. Widerspruch bzw. Klage verlängern ihn.

    Da bleibt dann immer noch Zeit, einen Antrag auf Gleichstellung zu stellen, denn solange die AA nicht mindestens einen GdB 30 sieht, macht sie genau gar nichts, außer dem Antragsteller eine "Kundennummer" zu verpassen.

  • Hallo suppenkasper,


    der vorläufige Kündigungsschutz gilt solange, bis das Verfahren wegen GdB rechtskräftig abgeschlossen ist - d.h. Widerspruch bzw. Klage verlängern ihn.

    Da bleibt dann immer noch Zeit, einen Antrag auf Gleichstellung zu stellen, denn solange die AA nicht mindestens einen GdB 30 sieht, macht sie genau gar nichts, außer dem Antragsteller eine "Kundennummer" zu verpassen.

    Das ist alles schon klar. Es gibt aber auch ein Eingangsdatum.
    Aber da haben wir halt unterschiedliche Auffassungen.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Tja, der Kampf geht, wenn man die Buchmacher fragen würde, wohl verloren. Nicht unbedingt für den AN, der bekommt ja eine (saftige?) Abfindung, aber für den Betrieb, der einen AN verliert, der gerne bleiben würde.

    Es wurde im Personalgespräch die (an sich ja angekündigte) Taktik "friss oder stirb" angewendet. D.h. wenn er nicht den Aufhebungsvertrag unterzeichnet, wird er halt ordentlich gekündigt. HR hat die Frage (des AN), ob die Firma gewillt ist, ihn weiter zu beschäftigen, verneint. Es steht also das im Raum, was alle immer denken: Wenn die Firma einen loswerden will, dann gelingt das immer, es ist nur eine Frage des Preises. Letzterer würde dann eben vor dem Arbeitsgericht ausgehandelt. Aber eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung gibt es explizit nicht. Frage von mir nun: Ist das immer richtig? Hat ein AN, der weiter arbeiten möchte, Null Chance? In unserem Fall darf man sagen, dass es eine "Zerrüttung" im Betrieb selbst nicht gibt. Daher kann man auch nicht argumentieren, dass für beiden Seiten eine Zusammenarbeit unzumutbar ist, weil die streitenden Parteien nicht zusammenarbeiten (müssen).

    Der AN tendiert also schon deswegen zur Annahme des Aufhebungsvertrags, weil er auch denkt, am Ende geht die Kündigung sowieso durch, und dann mit einer "Einigung" vor Gericht, die dann sicher weniger Geld einbringt als der Aufhebungsvertrag.

    Eine kleine "Anekdote" aus dem Gespräch: Es wurde vom HR hingewiesen, dass der AN im Falle der Ablehung eine Abmahnung bekommt. Die Abmahnung lag auch vor, in Papierform, aber verschlossen, d.h. der Inhalt wurde nicht genannt. Am Ende ist es wahrscheinlich egal, ob dieser miese Trick gegen einen Paragraphen verstößt, wenn die obige Annahme der gesicherten Durchsetzung der Kündigung stimmt.

  • Deine Annahme ist falsch.


    Natürlich geht der Kampf verloren, wenn man ihn nicht kämpft. Wie dann wohl hier. Ob man den Kampf aber kämpfen will, muss man sich selber fragen.


    Käme es zur Kündigung, hätte der AG durch sein strunzdummes (aktuell ja auch nötigendes) Verhalten dem/der AN für die Kündigungsschutzklage jedwede Munition geliefert; inhaltlich hat der AG bei dieser Fallgestaltung m.E. eh keine Chancen. Und nein, vor Gericht wird es nicht zu einem Vergleich mit Abfindung kommen, wenn nicht beide Parteien dem zustimmen.


    Der Kampf, die Klage würde also mit sehr hoher Sicherheit gewonnen werden, mit Weiterbeschäftigungsanspruch und Nachzahlung des entgangenen Entgeltes. Aber natürlich hätte man monatelang mit dem Verfahren zu tun.


    Ich habe in meinem Freundeskreis vor einigen Jahren einen vergleichbaren Fall erlebt, den der AG durch zwei Instanzen gezogen hat. Und dann auch am LAG verloren hat - er musste meinen Freund weiterbeschäftigen und 18 Monate Entgelt nachzahlen. Die Verhandlung am LAG war das Witzigste und Härteste, was ich als häufiger Teilnehmer und Zuhörer von Verhandlungen der Arbeitsgerichtsbarkeit mitbekommen hatte, denn der vorsitzende Richter hat mit seiner Meinung rhetorisch nicht hinter dem Berg gehalten und hat tonnenweise Sarkasmus über die Anwältin des AG ausgeschüttet.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)