Dauer Betriebsratssitzung

  • Hallo allerseits,

    unser Vorsitz beendet immer nach exakt einer von ihr vorgegebenen Zeit (90 Minuten/Woche bei 11er Gremium) die BR-Sitzung, obwohl wir noch Tagesordnungspunkte mit Beschlüssen auf der Tagesordnung haben. Sie begründet es damit, dass sie selbst keine Zeit hätte ("muss jetzt schnell weg") und dass auch die vielen nicht nach §38 freigestellten BR-Mitglieder noch was anders als BR-Arbeit zu tun hätten und dass man nicht überziehen könnte, weil dann BR-Mitglieder, die keine Zeit mehr haben, die Sitzung verlassen würden und dann die, die "mehr Sitzfleisch" haben, die Abstimmungen "für sich" entscheiden könnten.


    Ich habe mal in einem Kommentar (Däubler) gelesen (finde es jetzt aber nicht mehr), dass der Vorsitz die Aufgabe hätte die Tagesordnung auch abzuarbeiten.


    Welche Möglichkeiten seht ihr für die Minderheit (wenn der Vorsitz die Mehrheit hinter sich hat), dafür zu sorgen, dass die Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden, vielleicht zumindest die Tagesordnungspunkte, die auch mit Beschlussanträgen auf der Tagesordnung stehen, abzuarbeiten. Oder bleibt dann nur durch ein Viertel der Betriebsratsmitglieder nach §29 (3) Sitzungen einberufen zu lassen. Hätte man dann die Gewähr, dass die beantragten Punkte auch wirklich abgearbeitet werden? Oder kann der Vorsitz dann wieder die Sitzung schließen (Recht dazu hat er ja).

  • Auch wenn das nicht die Antwort ist, die man hier gerne hören möchte: So ist das in demokratischen Gremien. Wenn die Mehrheit das so ok findet, muss die Minderheit sich damit abfinden. Oder sie muss politisch aktiv werden und Überzeugungsarbeit leisten. (z.B. aufzeigen, welcher Schaden entsteht, wenn Mitbestimmung nicht wahrgenommen wird, bzw. verfristet)

    Als erstes würde ich wohl einen TO einbringen, in dem mal über das Selbstverständnis des BR gesprochen wird. Natürlich müssen Sitzungen nicht als Kaffeekränzchen unnötig in die Länge gezogen werden. Aber wenn es noch nicht einmal möglich ist, die wesentlichen Punkte abzuarbeiten, dann stimmt da was nicht...


    Die Belastung für Betrieb und Kollegen soll so gering wie möglich sein, einverstanden. Aber nur, wenn sie gleichzeitig auch so groß wie nötig ist. Und an letzterem scheint es hier zu hapern.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ob man eine Sitzung immer zu einem festen Zeitpunkt beendet, oder dann wenn man halt fertig ist, ist doch ein klassischer Regelungsgegenstand für eine Geschäftsordnung des Betriebsrats.

    Wenn Ihr also im Gremium eine Mehrheit für "wenn man halt fertig ist" habt, dann beschließt dieses in Eurer GO so zu regeln, dann hat sich auch der/die BRV daran zu halten.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Das Vorgehen der Vorsitzenden finde ich befremdlich.

    Änderungen der Tagesordnung, und das Beenden der Sitzung ist für mich eine, bedürfen der Einstimmigkeit, daher kann das m.M.n. nicht gemacht werden. Da lasse ich mich aber gerne eines Besseren belehren.

    Was ihr machen könnt?

    - das immer wieder ansprechen im BR

    - auf Betriebsversammlungen gezielt nachfragen warum die BRV die Sitzungen beendet obwohl Tagesordnungspunkte die die Belegschaft betreffen nicht abgearbeitet werden und warum die BRMs sich nicht genügend Zeit für ihre aufgaben nehmen und stattdessen lieber ihrer "normalen" Tätigkeit nachgehen

    - insgesamt Öffentlichkeitsarbeit machen (das dürft ihr auch als Minderheit, dann halt nicht im Namen des Gremiums)


    Macht das die nächsten 4 Jahre und spätestens bei der nächsten Wahl seht ihr dann ob eure Belegschaft das so haben will oder nicht.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Auch wenn das nicht die Antwort ist, die man hier gerne hören möchte: So ist das in demokratischen Gremien. Wenn die Mehrheit das so ok findet, muss die Minderheit sich damit abfinden.

    Ja. Und nein. Denn man kann und darf nur im Rahmen der Gesetze handeln.


    Weder BRV noch (die Mehrheit des) BR können und dürfen Regeln erlassen oder nach Regeln handeln, die z.B. die Funktionsfähigkeit des BR beeinträchtigen. Man kann dem entsprechend nicht pauschal vorher festlegen, dass eine bestimmte erforderliche BR-Tätigkeit nach einer bestimmten Zeit beendet werden muss. Wenn im BR Punkte zu behandeln sind, deren Behandlung nach 90 Minuten nicht abgeschlossen ist, dann ist das m.E. durchaus sehr geeignet, die Funktionsfähigkeit des BR zu gefährden.


    Dass der/die BRV "weg muss" oder andere BRM "keine Zeit mehr" hätten, ist angesichts der Freistellungs- und Vergütungsregeln sowie der Altsobliegenheiten der BRM jedenfalls Mumpitz, der an eine Amtspflichtverletzung nicht nur grenzt.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Solitarius: Euer BRV sollte sich einmal den § 37 BetrVG genau anschauen und dabei auch die Kommentierung nicht vergessen.


    Meine Devise lautet immer in solchen Fällen "Amtspflicht geht vor Dienstpflicht."


    Wenn es keine Einsicht gibt, in der Sitzung abstimmen und zu Protokoll geben, dass die nicht abgearbeiteten TOP in der folgenden BR-Sitzung als erstes auf die TO kommen.

    Das Leben ist Veränderung

    Starte dort, wo du stehst!

    Aber versuche jeden Tag einen neuen Startpunkt zu finden!
    Benutze das, was du hast!

    Aber versuche jeden Tag etwas neues zu benutzen!
    Tu das, was du kannst!

    Aber versuche jeden Tag etwas mehr zu tun!

  • Eine Verlängerung einer zu kurz anberaumten Sitzung geht m.E. nur nach einstimmigem Beschluss aller Anwesenden, denn BR-Mitglieder müssen sich auf den in der Einladung angeführten Zeitrahmen verlassen können. Denn es könnte ja sein, dass man private Verpflichtungen an der Dauer der BR-Sitzung ausrichtet, wo eben die "Amtspflicht" keinen Vorrang hat.

    Der Vorsitzende kann ja auch den Beginn einer Sitzung nicht einfach kurzerhand nach vorne legen, nur weil vielleicht eine beschlussfähige Anzahl von Mitgliedern schon 30 Minuten eher da sind.


    Einfluss auf die Reihenfolge der TOPs kann der BR mE auch nicht per Beschluss nehmen - denn im §29 Abs. 2 Satz 2 steht: "der Vorsitzende setzt die Agenda fest und leitet die Verhandlung". Da kommt man gegen einen sturköpfigen Vorsitzenden rechtlich nicht gegen an.


    Es beruht also auf Ensicht, Vernunft, Skills in Moderation und/oder Zeitmanagement der Vorsitzenden, dass er in Zukunft entweder weniger Punkte auf die TO nimmt oder mehr Zeit einplant.


    Einzige Hebel:

    1. Wenn ein Viertel der BR-Mitglieder damit unzufrieden sind, dass eine Sitzung ständig vor Abarbeitung aller TOPs beendet wird, können sie gem. §29 Abs. 3 beantragen, dass der Vorsitzende eine neue Sitzung anberaumen muss, um die offenen TOPs zu bearbeiten. Dieser Antrag kann auch mündlich gestellt werden, also z.B. dem Vorsitzenden einfach zugerufen werden, nachdem er pünktlich die Sitzung beendet hat. Das kann aber wiederum nicht beeinflussen, wo diese Themen dann in der Agenda hingepackt werden und wieviel Zeit für diese Sitzung veranschlagt werden...


    Ultimative Lösung: Wenn mehr als die Hälfte unzufrieden ist, können sie natürlich jederzeit den Agendapunkt "Neuwahl des Vorsitzenden" auf die Agenda zwingen. ...

  • Also ich beende auch unsere Sitzungen so pünktlich wie möglich. Die dauern aber 3,5 Stunden und danach ist dann auch die Luft raus.

    Man könnte sich ja auch daraufhin einigen, dass Tops wo Beschlüsse von Nöten sind zuerst behandelt werden.

    Und danach die kommen die man notfalls auch nächste Woche noch bereden kann.

  • Sorry eckenwischer,


    aber das hier


    Eine Verlängerung einer zu kurz anberaumten Sitzung geht m.E. nur nach einstimmigem Beschluss aller Anwesenden, denn BR-Mitglieder müssen sich auf den in der Einladung angeführten Zeitrahmen verlassen können.

    ist so pauschal völliger Quatsch.

    Eine BR-Sitzung dauert so lange wie nötig - idR solange, bis die TO abgearbeitet ist. Ein zeitrahmen für eine Sitzung ist bestenfalls ein freundlicher Hinweis, aber keine rechtlich belastbare Verpflichtung.

    Und wenn ein BRM aus rechtlich belastbaren Gründen nur einen begrenzten Zeitrahmen hat, dann muß das BRM dies eben im Vorfeld mitteilen, damit ggfs. ein Ersatzmitglied geladen werden kann.


    Ach ja, unsere BR-Sitzungen dauern alle 14 Tage 5,5 - 7,5 Std. (ohne Vor- und Nachbereitung).

  • unser Vorsitz beendet immer nach exakt einer von ihr vorgegebenen Zeit (90 Minuten/Woche bei 11er Gremium) die BR-Sitzung, obwohl wir noch Tagesordnungspunkte mit Beschlüssen auf der Tagesordnung haben. Sie begründet es damit, dass sie selbst keine Zeit hätte ("muss jetzt schnell weg")

    Für mich klingt das so, als wäre die BRV arbeitgebergesteuert :cursing: So etwas höre ich zum ersten mal und halte dies für extrem merkwürdig :rolleyes:

    Oder bleibt dann nur durch ein Viertel der Betriebsratsmitglieder nach §29 (3) Sitzungen einberufen zu lassen.

    Sofern nach der Beendigung der nächsten Sitzung noch Tagesordnungspunkte übrig geblieben sind und sich ein Viertel der Betriebsratsmitglieder zusammen raufen kann, sofort eine außerordentliche Sitzung nach §29 BetrVG zu beantragen und darüber hinaus gemäß §31 BetrVG einen Gewerkschaftssekretäter zu laden. ;) ;) ;)

    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

    Voltaire (1694 - 1778)


    " Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen,

    wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht "

    Papst Gregor der Große (540 - 604)


    " Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit "

    Kofi Annan, von 1997 bis 2006 Generalsekretär der UN

  • Das Verhalten des BRV lässt sich unterbinden:

    Eine ausreichende Anzahl an BRM beantragt den TOP "Ergänzung der Geschäftsordnung" für die nächste Sitzung:

    "Die regulären BR-Sitzungen finden regelmäßig Mittwochs von 9 bis 13 Uhr statt. " Oder so.

    Findet sich dazu eine Mehrheit, ist auch der BRV daran gebunden.

  • Den Weg über die Geschäftsordnung schlage ich auch vor.


    Wie albarracin möchte ich aber klarstellen, dass eine BR-Sitzung grundsätzlich nicht zeitlich begrenzt ist, eine Regelung " bis x Uhr" kann einen Erfahrungs- bzw. Richtwert darstellen, darf der Erforderlichkeit aber nicht im Weg stehen.


    Das Verhalten des/der BRV hier rechtfertigte m.E. die Abwahl.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)