Fristlos nach 37 Jahren mit 55+ J.?

  • Großunternehmen möchte MA fristlos kündigen, hilfsweise mit Aufhebungsvertrag.

    Das vorgeworfene "Vergehen" wäre auch mit einer Abmahnung zu händeln.

    Bisher keine Abmahnung erhalten.

    Die Spezialität des Falles: Der AN hat direkt nach der Ausbildung dort angefangen, vor inzwischen 37 Jahren. AN ist deutlich über 55 Jahre alt.

    Ordentlich nicht mehr kündbar.


    Nun hat man nach Angebot der fristlosen Kündigung oder alternativ Aufhebungsvertrag ohne große Frist (ohne Abfindung) dem Betroffenen eine Bedenkzeit eingeräumt. Er darf ca. 4 Wochen darüber nachdenken, ob er den Aufhebungsvertrag möchte.


    Meinem Wissensstand nach ist es doch so, dass gem. BGB §626 die Fristlose nur binnen 14 Tagen erklärt werden dürfte und sich "fristlos" nach einer 4wöchigen Bedenkzeit ohnehin dann formal erledigt hätte, richtig?

    Schwerbehinderung wurde aktuell online beantragt ( 3 Wo. Frist bis Kündigungserklärung nötig, bzw. 3 W. vor/3 Wo. nach...).

    Gleichstellung sollte wohl durchgehen.


    Betroffener ist morgen beim Fachanwalt.

    Ich versuche ihm lediglich Mut zu machen (nein, er gehört nicht zu unserem Betrieb, eher in meinen privaten Kreis.)

  • Das vorgeworfene "Vergehen" wäre auch mit einer Abmahnung zu händeln.

    Sorry, aber der Satz sagt leider gar nichts aus. Auch das berühmt/berüchtigte "Stehlen der silbernen Löffel" könnte mit einer Abmahnung geahndet werden.


    Die wichtigere Frage ist vielmehr: Reicht der Vorwurf für eine außerordentliche Kündigung?


    Wenn der AG ihm hier tatsächlich eine "fristlose Kündigung angeboten" hat oder einen Aufhebungsvertrag mit 4 Wochen Bedenkzeit, dann hoffe ich, er hat da einen Zeugen für. Denn ich sehe es auch so, dass der AG sich hier selber ein Bein stellt. Nach Ablauf der 2 Wochen wird er (aller Wahrscheinlichkeit nach) nicht mehr außerordentlich kündigen können. Was ich nicht einschätzen kann, ist ob ein Arbeitsgericht, dieses "Angebot" nicht auch schon als klaren Ausdruck des Kündigungswillens wertet. (Womit die 2-Wochen-Frist eingehalten wäre.) Auf der anderen Seite hat der AG mit Einräumung der 4-Wochen-Frist ja hinreichend deutlich gemacht, dass ihm eine ordentliche Kündigung durchaus zumutbar ist. (Er zumindest einen längeren Verbleib selber nicht als unzumutbar betrachtet.)


    Gleichwohl: wenn der AG mit solchen Dingen auffährt, scheint ja schon einiges in der Beziehung zwischen den Parteien im Argen zu liegen. Ohne jetzt das eigentliche Vergehen zu kennen, wäre ich eher entspannt, würde mich aber auf einen Rechtsstreit einstellen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Zitat

    Was ich nicht einschätzen kann, ist ob ein Arbeitsgericht, dieses "Angebot" nicht auch schon als klaren Ausdruck des Kündigungswillens wertet. (Womit die 2-Wochen-Frist eingehalten wäre.)

    Nach meinem Wissen muss eine Kündigung schriftlich erfolgen. Hier geht sowieso nur "fristlos", weil ordentlich eigentlich nicht mehr kündbar. Interessenabwägung nicht durchgeführt (ich habe nachgefragt... Nichts zum Thema Unterhaltsverpflichtungen... der Betroffene ist Alleinverdiener, minderjähriges Kind lebt bei ihm).


    Ja - das wird wohl vor Gericht enden.

  • ...und ein Gesichtsverlust par excellance wenn der AG nicht genug bietet und der MA nach gewonnenem Prozess einfach zurück kehrt und sich für den Sonderurlaub bedankt... ;)

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Ich hoffe auch das er das mit der Bedenkfrist von 4 Wochen und das der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung als Alternative in Betracht zieht schriftlich hat oder 150%tig rechtlicher nachweisen kann. Dann könnte das dem Arbeitgeber wirklich auf die Füsse fallen wenn nicht das von Moritz geschriebene mit der Idee der Ankündigung von einem Gericht auch so gesehen wird. Weil fristmässsig nach Bekanntwerden von 14 Tagen wäre dann das KO Kriterium für den den Arbeitgeber.

    Wichtig ist das sowohl der Antrag auf Feststellung des GdB und auch die Gleichstellung jetzt sofort gestellt sind und der Antrag bitte persönlich zum zuständigen Versorgungsamt getragen wird wegen dem Eingangsdatum. Weil da zählt jeder Tag der 3 Wochen für den Fall das das gerichtlich relevant wird. Gleiches gilt für das Datum der Antragstellung der Gleichstellung.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • An des Mitarbeiters Stelle würde ich die 4 Wochen Bedenkzeit auskosten und dann mit einem locker leichten "Nö" antworten. Keine Aufhebung.

    Und die fristlose ist wegen Verstreichen der Frist, an die eine außerordentliche Kündigung gebunden ist, dann ohnehin vom Tisch.


    Solche AG sollte man feiern. Zu dumm zum Teebeutel kompostieren.

  • Die Vermutung mit dem § 626 BGB stimmt. Mit diesem Vorgehen hat sich der AG selbst in die Hose geschissen, eine fristlose Kündigung wird nicht mehr möglich sein, wenn der/die AN sich nach den 4 Wochen nicht oder negativ äußert.


    Das Vorgehen, die Frist abzuwarten und umgehend SB zu beantragen, finde ich famos. Ich würde zudem prophylaktisch schon fachanwaltlichen Beistand konsultieren.


    Was mich aber interessiert: Was wäre das angebliche Fehlverhalten denn gewesen, von dem der AG meint, dass es ihn nach 37 Jahren Betriebszugehörigkeit ohne vorherige Abmahnung zur a.o. Kündigung berechtigt?

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Tut mir leid, öff. keine Einzelheiten, weil wiedererkennbar. Ist was Zwischenmenschliches, eben nicht der Silberlöffel. Werde berichten, wie es ausging. Fachanwalt ist bereits involviert.

    Betroffener ist der Pate meines Kindes und liegt mir am Herzen. Feiner Mensch.

  • Noch eine Nachfrage: Der Betriebsrat so fern vorhanden würde zu der außerordentlichen Kündigung schon angehört?

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • BR? Keine Ahnung. Aber der taugt in dem Laden wohl nichts und nickt in der Regel ab.

    Unser Pate hat nun anwaltliche Vertretung. Die Klage ist abgabefertig, sobald nötig.

    Über das dann befasste Arbeitsgericht habe ich recherchiert. Die Urteile, die ich fand, lesen sich vernünftig. Sollen sie es wagen...

  • BR? Keine Ahnung. Aber der taugt in dem Laden wohl nichts und nickt in der Regel ab.

    Dann hoffe ich mal das eine vorhandene SBV bei dem Gleichstellungsantrag, welcher ja auch schon gestellt worden ist hoffe ich, besser ist was die Stellungnahme angeht.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Das vorgeworfene "Vergehen" wäre auch mit einer Abmahnung zu händeln.

    Was GENAU wird dem Mitarbeiter denn vorgeworfen :/ :/ :/


    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

    Voltaire (1694 - 1778)


    " Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen,

    wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht "

    Papst Gregor der Große (540 - 604)


    " Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit "

    Kofi Annan, von 1997 bis 2006 Generalsekretär der UN

  • Meinem Wissensstand nach ist es doch so, dass gem. BGB §626 die Fristlose nur binnen 14 Tagen erklärt werden dürfte und sich "fristlos" nach einer 4wöchigen Bedenkzeit ohnehin dann formal erledigt hätte, richtig?

    Das sehe ich genau so. Denn der Gesetzestext, dass die Kündigung 'NUR' innerhalb von zwei Wochen erfolgen kann, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, ist eindeutig. Denn mit dem Terminus 'NUR' stellt §626 Abs.2 Satz 1 klar, dass es sich um eine Ausschlussfrist handelt, die nicht dadurch gehemmt wird, wenn der AG dem Betroffenen eine Bedenkzeit 4 Wochen für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages als Alternative zur fristlosen Kündigung einräumt.

    " Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher "

    Voltaire (1694 - 1778)


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    Kofi Annan, von 1997 bis 2006 Generalsekretär der UN