Vollfreistellung und Übergangszeit, faire Vorgehensweise

  • Guten Abend,

    sollte man seinen Vorgesetzten im Vorfeld darüber informieren, dass man einen Vorsitz und eine Vollfreistellung im Betriebsrat anstrebt?

    Wäre dies fairer als nichts zu sagen, auch wenn die Gefahr besteht, dass man dann doch nicht gewählt wird und der Vorgesetzte dann weiß, dass man die Vollfreistellung lieber gemacht hätte?


    Und falls man für die Vollfreistellung gewählt wird, sollte man seinem Vorgesetzten dann eine Übergangszeit anbieten, damit in der Abteilung keine Personalmangel entsteht?


    Viele Grüße

  • Als ich zum Vorsitzenden des BRs gewählt wurde habe ich den AG im Vorfeld informiert. Ich war auch der einzige Kandidat. Es konnte eine junge Azubine übernommen werden. Diese habe ich dann auch noch über Monate eingearbeitet und unterstützt. Das kam positiv bei unserem AG an und dadurch hatte ich ein paar "Bonuspunkte" bei Verhandlungen.

  • Als ich zum Vorsitzenden des BRs gewählt wurde habe ich den AG im Vorfeld informiert. Ich war auch der einzige Kandidat. Es konnte eine junge Azubine übernommen werden. Diese habe ich dann auch noch über Monate eingearbeitet und unterstützt. Das kam positiv bei unserem AG an und dadurch hatte ich ein paar "Bonuspunkte" bei Verhandlungen.

    Guten Morgen, als einziger Kandidat geht man kein Risiko ein, das hätte ich dann auch so gemacht. Aber bei uns gibt es mehrere Kandidaten. Wir sind ein 11er Gremium.

  • Nach meinem Verständnis gibt es hier kein Richtig und kein Falsch.


    Es gibt für beide Positionen ein Für und Wider.


    De jure wird es nicht verlangt.


    Auch das Anbieten einer Übergangszeit ist juristisch nicht gefordert, könnte aber als Zeichen guten Willens förderlich sein. Genauso gut könnte aber die Hütte derart brennen, dass jede Hand an Deck gebraucht wird. Am Ende ist es eine politische Entscheidung, die sinnvoll nur mit Kenntnis der genauen Umstände getroffen werden kann...


    Tendenziell aber bin ich geneigt zu sagen: Übergang ja, Vorwarnung nein. (Zu viele ungelegte Eier...)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich bin da ganz bei Moritz, obwohl ich selber meinem Vorgesetzten im Jahresgespräch im Herbst mitgeteilt habe, dass ich eine Teilfreistellung (die ist allerdings für den gesamten Ablauf deutlich leichter zu handhaben) nicht ausschließen möchte. Das hängt aber vom Wahlergebnis und dem Willen des neuen BR ab.

    Rechtlich eindeutig nicht notwendig, abgesehen von der Beratung mit dem AG direkt vor der Freistellung, insgesamt aber eher eine Bauchentscheidung. Aber: Tue das Richtige für dich und nicht für deinen Arbeitgeber, wenn es auf unterschiedliche Ergebnisse hinausläuft.

  • sollte man seinen Vorgesetzten im Vorfeld darüber informieren, dass man einen Vorsitz und eine Vollfreistellung im Betriebsrat anstrebt?

    Schwierig, ich persönlich würde eher davon abraten. Das hängt natürlich sehr stark von der Person (Vorgesetzter) und vom Verhältnis zu dieser Person ab.

    Denn selbst wenn man ein gutes, oder sogar freundschaftliches, Verhältnis zu seinem Vorgesetzten hat, schließt das ja gut gemeinte, aber weniger gut gemachte, Aktionen des Vorgesetzten, als Reaktion auf diese Information, nicht aus.

    Nehmen wir mal an Euer Verhältnis ist gut und Dein Vorgesetzter befürwortet Deine Bestrebungen (weil er Dich für einen guten BRV hält) und fängt direkt an sich Gedanken zu machen, wie er Deine Freistellung kompensieren kann. Spricht vielleicht schon mal ganz unbedarft mit ein paar Kollegen, wie man evtl. Aufgaben umverteilen kann, oder ob der Azubi Kevin, der in 2 Monaten seine Ausbildung beendet, vielleicht ein paar dieser Aufgaben übernehmen könnte.

    ...Du weißt wie Menschen drauf sein können, das wird sofort zu Gerede führen. "Aha, es wurde noch nicht mal gewählt, aber wer Vorsitzender wird steht wohl schon fest". Mit Sicherheit würden das einige MA mindestens als anmaßend empfinden und irgendwo werden sich bestimmt ein oder zwei MA finden, die sofort an die Verschwörungstheorie einer manipulierten BR-Wahl glauben wollen (weil man ja schon vor der Wahl angefangen hat die Freistellung zu organisieren).

    Ist das Verhältnis weniger gut, macht es der Vorgesetzte vielleicht sogar mit Absicht. (Vorgesetzter: "Könntest Du diese oder jene Aufgabe übernehmen?" MA: "Warum?" Vorgesetzter: "Naja der/die Bea_Ma hält sich ja jetzt schon für den freigestellten Vorsitzenden und je nach dem wie die Wahl ausgeht müssen wir die Aufgaben anders verteilen").

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die MA die Ambition "ich will in den BR, um was zu verbessern" durchaus schätzen, aber die Ambition "Ich will den Vorsitz und die Freistellung" als anmaßend empfinden und dieses dann bei der Wahl abstrafen und ihr Kreuz woanders machen.

    (Muss aber nicht sein, ich weiß ja nicht wie Eure MA so drauf sind).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • ich habe das zuerst im BR-Gremium geklärt, wer möglicherweise Interesse an einer Freistellung hat um meine Chancen einschätzen zu können.

    Nachdem zu erwarten war, das ich eine Freistellung bekommen könnte, habe ich den Vorgesetzten informiert und abgesprochen, wie wir eine "Übergangszeit" überbrücken bis er dann seinen Bereich umorganisiert hat.


    er war von einer möglichen freistellung zwar nicht begeistert, hat es aber positiv aufgefasst, dass er die Chance bekommt dann in einer Übergangszeit "umzuorganisieren" und nicht von-heute-auf-morgen vor vollendete tatsachen zu stehen.


    Bei der Wahl ist das kein Thema, man wird ja "nur" als BRM gewählt, der Rest ist BR-Gremiums Angelegenheit

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Unsere Wahl steht noch aus.

    Meinen Vorgesetzten habe ich informiert, dass ich wieder antrete und dass ich nicht absehen kann, ob ich a) gewählt werde und ob b) das neue Gremium dann wieder eine Freistellung (habe jetzt 50%) und ggf. 50% oder 100% für mich beschließen wird.


    Dass ich 100% anstrebe, habe ich nicht erklärt, denn ich will und werde dem neuen Gremium nicht vorgreifen. Wir haben erstmals eine Listenwahl, entsprechenden Widerstand von Teilen des bisherigen Gremiums (*), und wie das ausgehen wird, ist zumindest für mich völlig offen.


    mfG

    Scheeks



    *) aus der "haben-wir-immer-so-gemacht"-Fraktion, was Unterlassung vorgeschriebener Handlungen oder im schlimmsten Fall rechtswidrige Handlungen leider einschließt - deswegen sind Teile der Belegschaft mit dem BR an sich unzufrieden und deswegen wollen einige von uns BR-Neulingen auch die weiter-wie-bisher-Endlosschleife durchbrechen.

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Ich bin da ganz bei Moritz, obwohl ich selber meinem Vorgesetzten im Jahresgespräch im Herbst mitgeteilt habe, dass ich eine Teilfreistellung (die ist allerdings für den gesamten Ablauf deutlich leichter zu handhaben) nicht ausschließen möchte. Das hängt aber vom Wahlergebnis und dem Willen des neuen BR ab.

    Rechtlich eindeutig nicht notwendig, abgesehen von der Beratung mit dem AG direkt vor der Freistellung, insgesamt aber eher eine Bauchentscheidung. Aber: Tue das Richtige für dich und nicht für deinen Arbeitgeber, wenn es auf unterschiedliche Ergebnisse hinausläuft.

    Wenn es nur eine Person geben wird, die die Freistellung möchte, muss man dann trotzdem mit dem Arbeitgeber ein Beratungsgespräch machen?

  • der AG kann Einwände erheben, wenn es sich um einen "unverzichtbaren MA" handelt.

    Also ganz ohne AG läuft eine Freistellung auch nicht.

    Ggf. könnte der AG sehr gute Argumente haben, einen anderen BRM freizustellen, im Zweifel entscheidet das dann die nächste Instanz.


    $38 BetrVG (Auszugsweise)


    Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl


    Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. 5

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Wenn es nur eine Person geben wird, die die Freistellung möchte, muss man dann trotzdem mit dem Arbeitgeber ein Beratungsgespräch machen?

    Wie Randolf schon schrieb, es geht hier eigentlich nur darum, dass der AG planen kann. Es geht nicht darum, dass man dem AG mehrere Kandidaten präsentiert und er sich einen aussuchen kann/darf/soll.


    Gleichwohl: unterlässt der BR die Beratung mit dem AG, macht das den Beschluss nicht hinfällig. Nur den AG sauer... (evtl.) (Meint, der AG kann das nicht ablehnen, nur weil man vorher nicht mit ihm beraten hat.)

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wir haben seit der letzten Wahl zum ersten mal das Thema Freistellung eingeführt.


    Ich habe mit meiner Führungskraft nicht darüber gesprochen. Hatte auch nicht unbedingt mit dem Ergebnis gerechnet, dass das Thema Freistellung auf mich zukommt.

    Im Gegenzug haben wir aber mit der GF vereinbart, dass die Freistellung nicht sofort, sondern erst nach 3 Monaten beginnt, damit die Abläufe in der Abteilung bis dahin umgestellt werden können.

    Auch eine Art der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Der Laden muss nun mal laufen, wenn wir alle unser Gehalt bekommen wollen.

    Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen

    (Aristoteles)


    Noch ein Tipp für die derzeitige Nachhaltigkeitsdebatte:

    Save Water - Drink Wine !!

  • Im Gegenzug haben wir aber mit der GF vereinbart, dass die Freistellung nicht sofort, sondern erst nach 3 Monaten beginnt, damit die Abläufe in der Abteilung bis dahin umgestellt werden können.

    Hui, drei Monate sind aber schon recht viel! Immerhin bleibt ja in diesen 13 Wochen die Arbeit des BR liegen, für welche die Freistellung schließlich erfolgen soll.


    Vollfreistellung oder Teilfreistellung? Falls voll, wäre ja evtl. übergangsweise schon eine teilweise Freistellung möglich, beispielhaft 1 Tag je Woche ab sofort (oder spätestens ab dem nächsten Dienstplanbeginn), den Monat drauf 2 Tage, dann drei Tage und schließlich voll.

    Denn diese BR-Arbeit in Freistellung will auch gelernt sein, du kannst da nicht von 0 auf 100% anfangen, sondern musst dich selbst organisieren, hier und da weiterbilden, viel lesen, an dich herangetragenen Problemen nachgehen - und schließlich immer wieder dich mit dem Gremium abstimmen, was anliegt. Will sagen, du musst dich hier auch erstmal einarbeiten und wenn ihr/du schon diese Einarbeitung vertag(s)t, verschiebt sich auch die tatsächliche sinnvolle BR-Arbeit noch viel weiter nach hinten ...... :-/

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Hui, drei Monate sind aber schon recht viel! Immerhin bleibt ja in diesen 13 Wochen die Arbeit des BR liegen, für welche die Freistellung schließlich erfolgen soll.


    Vollfreistellung oder Teilfreistellung? Falls voll, wäre ja evtl. übergangsweise schon eine teilweise Freistellung möglich, beispielhaft 1 Tag je Woche ab sofort (oder spätestens ab dem nächsten Dienstplanbeginn), den Monat drauf 2 Tage, dann drei Tage und schließlich voll.

    Denn diese BR-Arbeit in Freistellung will auch gelernt sein, du kannst da nicht von 0 auf 100% anfangen, sondern musst dich selbst organisieren, hier und da weiterbilden, viel lesen, an dich herangetragenen Problemen nachgehen - und schließlich immer wieder dich mit dem Gremium abstimmen, was anliegt. Will sagen, du musst dich hier auch erstmal einarbeiten und wenn ihr/du schon diese Einarbeitung vertag(s)t, verschiebt sich auch die tatsächliche sinnvolle BR-Arbeit noch viel weiter nach hinten ...... :-/

    Es ging um eine Teilfreistellung. Ich 50%, mein Stellv. 50%

    Alles eine Frage der Organisation und des Arbeitsplatzes.

    Wir können unsere Zeit generell sehr frei einteilen. So konnte ich mir auch in der Übergangszeit die Freiräume schaffen, um BR-Tätigkeiten nachzugehen. Bin auch kein Einzelkämpfer und verteile gerne Aufgaben im Gremium.

    Nach 3 Monaten gibt es jetzt feste "BR-Zeiten" und feste "Bürozeiten".

    Und bei Bedarf kann man dann immer noch flexibel reagieren.

    Wie gesagt, alles eine Frage der Organisation und des guten Willens von allen Parteien. Und der ist zum Glück im Haus vorhanden.

    Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen

    (Aristoteles)


    Noch ein Tipp für die derzeitige Nachhaltigkeitsdebatte:

    Save Water - Drink Wine !!

  • Ich bin schon länger freigestellt und habe meinen eigentlichen Vorgesetzten immer vor der Wahl über meine Ambitionen informiert. Und habe dabei auch schon besprochen, welcher Arbeitsplatz denkbar wäre, wenn mein Wunsch nicht Realität wird. Ich habe das als fair empfunden und es hat auch nie zu irgendwelchem Gerede geführt.