Kündigung in der Probezeit

  • Moin zusammen,


    Probezeit beträgt 6 Monate.


    mir als 1 Mann Betriebsrat wird es nicht langweilig.


    Jetzt soll ein Mitarbeiter in der Probezeit gekündigt werden. Habe auch eine Anhörung bekommen. Die Probezeit geht bis ende März 2022, zu diesem Zeitpunkt soll auch gekündigt werden, aber bis dahin weiter im Dienstplan mit arbeiten. Nach nachfrage beim AG, möchte er Ihm ende Februar informieren.

    Begründung ist , dass er den Leiter nicht für Voll nimmt und auch sonst gegen alles ist. Also keine Begründung die eine Kündigung in der Probezeit generell nicht erlauben würde.


    Der Mitarbeiter weis davon noch nichts.


    Habe einen Vorschlag gemacht an den AG , dass er die Probezeit mit der Absprache des Mitarbeiters verlängert und mich informieren soll zum 17.02.2022 ob er auf meinen Vorschlag eingeht.


    Ist es jetzt meine Aufgabe als BRV , also als einziger Betriebsrat One Man Show, die Aufgabe den Mitarbeiter zu informieren, oder erst mal abwarten was auf meinen Vorschlag raus kommt und warten bis zum 17.02.22 , wenn ich wieder aus dem Urlaub bin und dann mit dem Mitarbeiter rede?


    Wie würdet Ihr handeln ?


    Vorher schon mit dem Mitarbeiter reden ?

    Muss man dafür eine außerordentliche Sitzung machen oder kann ich den Mitarbeiter auch so informieren, da er im gleichen Dorf wohnt und ich als BR alleine bin?

    Wie würdet ihr Euch verhalten ??


    Gruß


    Die Eule

  • Während der Probezeit gelten nicht die Bedingungen des KSchG. Der AG muß dich zwar anhören und über die Gründe informieren, aber großartige Widerspruchsmöglichkeiten hast du nicht.


    Auf deinen Vorschlag, die Probezeit zu verlängern, wird der AG wahrscheinlich nicht eingehen.

    Sofern eine anderslautende tarifvertragliche Regelung nicht anzuwenden ist, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes („längstens“) grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Dauer der Probezeit maßgeblich. Das bedeutet, dass die gesetzliche Grundkündigungsfrist (§ 622 Abs. 1 BGB) nach Ablauf der vereinbarten Probezeit-Kündigungsfrist, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten verbindlich ist (BAG v. 24.1.2008 - 6 AZR 519/07). Unabhängig von der Dauer der Probezeit unterliegt der Arbeitnehmer mit dem Ablauf von sechs Monaten dem Kündigungsschutz (§ 1 KSchG). Eine (einvernehmliche) Verlängerung der Probezeit ist zwar grundsätzlich möglich, aus diesen Gründen jedoch ab dem siebten Monat wirkungslos. (ifb Betriebsratslexikon)


    Ein MA, der sich innerhalb der Probezeit schon durch eine gewisse Lässigkeit gegenüber Weisungen von Vorgesetzten auszeichnet, wird sich auch nicht ändern wenn er den vollen Kündigungsschutz geniesst. Ich würde es auch nicht als meine Aufgabe betrachten, den MA zu informieren. Der AG kündigt, also hat er auch die Nachricht zu überbringen. Etwas anderes wäre, wenn der MA Kündigungsschutz genießen würde und du Widerspruch einlegst.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Moin Der Mann mit der Ledertasche,


    nach 102 BetrVG sollten wir dies machen. Was meinst Du dazu ? Ich selber bin auch der Meinung, dass es der AG selber machen sollte. Fakt ist aber , dass ich als BR weis, dass er seine Probezeit nicht bestehen wird und sich einen Neuen AG suchen muss. Für den Mitarbeiter ist es doch nicht gut noch weiter zu arbeiten ohne zu wissen, dass seine ganzen Bemühungen für die Katz sind und ich Ihm jetzt schon sagen könnte , dass er sich einen Neuen Arbeitgeber suchen muss.


    Das sind meine Gedanken gerade.



    Gruß

    Die Eule

  • Hallo Eule,

    Während der Probezeit gelten nicht die Bedingungen des KSchG. Der AG muß dich zwar anhören und über die Gründe informieren, aber großartige Widerspruchsmöglichkeiten hast du nicht.

    :thumbup:


    Der AG muss nicht einmal Begründungen liefern über "erfüllt nícht die Erwartungen" hinaus. Daher nehmen wir derlei meist nur zur Kenntnis und äußern uns nicht.


    Ich habe zwar Einiges gelesen, dass der BR erst und überhaupt einhaken könne bei weiterführenden Begründungen des AG, weil die halt dann auch sachlich passen müssen oder eben Widerspruchsmöglichkeiten bieten, aber alles in Allem hat der Ledertaschenmann wohl das Wesentliche schon geschrieben.


    Begründung ist , dass er den Leiter nicht für Voll nimmt und auch sonst gegen alles ist.

    Hast du denn mal in der Abteilung gefragt, wie es läuft mit dem neuen Kollegen?
    Und ihr seid ja so eine kleine Firma, hattest du denn in den letzten Wochen schon selbst mit dem Kollegen gesprochen?

    Auch wenn du in der Probezeit wenig tun kannst, so kannst du dir doch eine eigene Meinung oder zumindest einen Eindruck bilden und nebenbei ein Gespür dafür entwickeln, ob dir euer AG plausible Begründungen liefert oder vorgeschobene.


    Für den Mitarbeiter ist es doch nicht gut noch weiter zu arbeiten ohne zu wissen, dass seine ganzen Bemühungen für die Katz sind

    Auch diese Medaille hat eine zweite Seite: Sagst du es ihm jetzt schon, lässt er sich vielleicht krank schreiben bis zum Ablauf der Frist und seine/deine Kollegen dürfen seine Arbeit mit machen.

    Und wenn es sich euer AG noch anders überlegt - er hat bis zum letzten Tag der Probezeit Zeit dafür - bist du eh der Dumme. Denn auch das darf er, also sich etwas anders überlegen auch nach einer Anhörung.


    Klingt doof, aber bei einer Kündigung in Probezeit kannst du es kaum "RICHTIG" machen :-/

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Grundsätzlich sehe ich es auch so, dass es nicht meine Aufgabe als BR ist, solche Hiobsbotschaften zu überbringen.


    Auf der anderen Seite: ihr seid ein kleiner Betrieb und ihr wohnt im gleichen Dorf. Da ist halt die Frage, welche persönliche Bindung habt ihr? Ich würde mir nur ungern vorwerfen lassen wollen, es gewusst aber nichts gesagt zu haben. Aber das eben nur, wenn es da auch eine persönliche Bindung gibt.


    Verpflichtet bist du hier zu nichts. Die Anhörung des betroffenen AN ist zum Einen eine Sollvorschrift und zum Anderen: Was sollte er dir erzählen, was irgendwas ändert? Es ist ja nicht so, dass du hier irgendwas prüfen müsstest.


    Aber vielleicht redest du ja einfach mal mit dem Kollegen, frei nach der Devise: Und? Wie läufts? Probezeit ist ja bald zu Ende. Schon mal Gedanken gemacht, was passiert, wenn es mit der Probezeit vorbei ist? Spätestens dann sollte er nachfragen, und dann kannst du Wahrheitsgemäß antworten, der Chef hätte so Andeutungen gemacht... aber darüber könntest Du nicht reden.


    Rechne nur damit, dass der Chef bei dir auf der Matte steht und dich anpflaumt, dass du ihm das gesteckt hättest.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wenn der BR eine offizielle Anhörung erhält und der BR je nach eigener Einschätzung der Erforderlichkeit dazu den/die AN hören soll, dann hat der AG nicht herumzupflaumen, wenn der BR dies auch tut; der AG muss sich dieser Möglichkeit von Vornherein gewahr sein. Punkt.


    Die Eule , die Entscheidung über die Erforderlichkeit, den Kollegen zu hören, kann Dir niemand abnehmen. Wenn Du das für erforderlich hältst, musst Du das allerdings jetzt tun, während der Anhörungsfrist, und nicht irgendwann Wochen später. Denn das könnte ja Deine Stellungnahme beeinflussen.


    Ich als BR würde den/die AN hören, denn die Meinung des AG ist doch nur eine Seite der Münze. ( Der Mann mit der Ledertasche , ich bin etwas erstaunt, dass Du die Argumentation des AG gleich ungeprüft übernimmst... Vllt steckt da ja viel mehr dahinter?) Zudem besteht ja auch noch die Möglichkeit, dass kündigungsschutzrechtliche Gegebenheiten jenseits des KSchG ans Licht kommen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

    Einmal editiert, zuletzt von Fried ()

  • Habe auch eine Anhörung bekommen.


    Habe einen Vorschlag gemacht an den AG , dass er die Probezeit mit der Absprache des Mitarbeiters verlängert und mich informieren soll zum 17.02.2022 ob er auf meinen Vorschlag eingeht.

    das ist nett, kommt dem AG sehr entgegen dieser Vorschlag, besser kann es für den AG nicht laufen.


    Datum der Anhörung plus 7 Tage --> kein Widerspruch = schweigende Zustimmung

    heute ist der 07.02. , selbst wenn Du ab heute rechnest, liegt der 17.02. nach der Frist !!


    Der AG hat Dir einen Grund genannt, was er nicht hätte machen müssen. Der Vorteil für Dich ist jetzt: weil der AG einen Grund genannt hat, kannst Du evt. auch wirksam widersprechen innerhalb der Frist.

    Ohne nennung eines Grundes hättest Du quasi keine Möglichkeit zu widersprechen, jetzt schon, wenn Du den Grund einem Widerspruchsgrund zuordnen kannst.


    Du musst auf jeden Fall innerhalb der Frist eine Lösung finden oder widersprechen, bis zum auf eine Reaktion vom AG zu warten ist eine schweigende Zustimmung zur Anhörung.


    Der AG muß dich zwar anhören und über die Gründe informieren,

    der AG muss in der Probezeit keine Gründe anführen, Urteil Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12


    Während der ers­ten sechs Mo­na­te des Ar­beits­verhält­nis­ses be­steht Kündi­gungs­frei­heit, und das heißt für den Ar­beit­ge­ber, dass er "aus dem Bauch her­aus" kündi­gen darf. Er ist nicht ver­pflich­tet, sich über die tatsächli­chen Gründe für sei­ne ne­ga­ti­ve Ent­schei­dung, das Ar­beits­verhält­nis fortführen zu wol­len, klar zu wer­den. Da­her kann der Be­triebs­rat auch kei­ne dies­bezügli­chen In­for­ma­tio­nen in der Anhörung gemäß § 102 Be­trVG ver­lan­gen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


    3 Mal editiert, zuletzt von Randolf () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Randolf mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • der AG muss in der Probezeit keine Gründe anführen, Urteil Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12

    Das stimmt so nicht, und das steht so auch nicht im Urteil. Der AG muss die Gründe nennen, aber nicht substantiieren, d.h. er kann in der Anhörung sehr pauschal sein.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Das stimmt so nicht, und das steht so auch nicht im Urteil. Der AG muss die Gründe nennen, aber nicht substantiieren, d.h. er kann in der Anhörung sehr pauschal sein.

    "nicht im Interesse der AG" reicht als Grund, da hast Du Recht. (Fazit gem Haufe)


    Für mich ist das zwar kein "echter Grund" mit dem ich was anfangen könnte, aber ich gebe Dir recht: er muss eine Grund nennen


    Zitat aus BAG-Urteil: (fett und unterstrich von mir)


    Dar­um genügten die Mit­tei­lun­gen, die Ar­beit­neh­me­rin ha­be sich „während der Pro­be­zeit nicht bewährt“ und sei „nicht ge­eig­net, die ihr über­tra­ge­nen Auf­ga­ben ord­nungs­gemäß zu erfüllen“ (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26 f.), „nach un­se­rer all­ge­mei­nen, sub­jek­ti­ven Einschätzung genügt die Ar­beit­neh­me­rin un­se­ren An­for­de­run­gen nicht“ (BAG 3. De­zem­ber 1998 - 2 AZR 234/98 -) oder der Ar­beit­neh­mer ha­be die „in ihn ge­setz­ten Er­war­tun­gen nicht erfüllt“ (BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - aaO) je­weils den An­for­de­run­gen an ei­ne ord­nungs­gemäße Anhörung des Be­triebs­rats.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Randolf ,ich habe mich deswegen gerührt, weil viele BRe das tatsächlich nicht wissen und Deine Antwort falsch verstehen könnten.


    Der AG hat hier jedenfalls wohl mehr gesagt, als er hätte sagen müssen.


    Beim Lesen der Begründung hielte ich es zumindest für eine Möglichkeit, dass hier einfach ein kritischer Geist abgesägt werden soll. Neuen fallen ja oft Dinge auf, dagegen stehen dann Beharrungskräfte.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo Randolf,


    ich habe diesen Wiederspruch der Kündigung jetzt am Freitag geschrieben an den AG und eine weitere Antwort gebeten bis zum 17.02.22 da ich dort aus dem Urlaub komme. Der Einspruch müsste dann doch in der Zeit liegen ?


    Des weiteren möchte ich mich bei Euch bedanken, es sind viele konstruktive Meinungen vorhanden, die ich nutzen werde.


    Vielen Dank


    Die Eule

  • ich habe diesen Wiederspruch der Kündigung jetzt am Freitag geschrieben an den AG und eine weitere Antwort gebeten bis zum 17.02.22 da ich dort aus dem Urlaub komme. Der Einspruch müsste dann doch in der Zeit liegen ?

    1. Frage: Wann ist Dir die Anhörung wirksam zugegangen?

    2. Frage: welcher Widerspruchsgrund?

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Also Eule du solltest dringend mal auf Seminar gehen statt Dir hier die Tipps zu holen und dann weiterhin so selbstgestricktes Betriebsrats Wissen anzuwenden.

    Hallo schwede12,


    ich habe allerdings schon einige Seminare aufgesucht. Aber man kann auch in diesen Forum weitere nützliche Informationen bekommen. Da ich jetzt als ein Mann Betriebsrat tätig bin, sind mir Eure Tipps sehr wichtig und ich dachte, dass dies genau der richtige Ort ist. Es ist leider nicht mehr so, dass ich dies im Gremium fragen kann, daher sind mir Eure Informationen sehr hilfreich.


    Gruß


    Die Eule

  • Ich kann dich schon verstehen. Gerade da du alleine unterwegs bist.

    Für die freigestellten BR hier, die ihre Tätigkeit häufig schon seit vielen Jahren erfolgreich ausüben ist sicherlich vieles einfacher und klarer. Die haben schon alles zig mal erlebt.

    Für die unter uns, die nebenbei noch ihrer normalen Tätigkeit im Betrieb nachgehen, fehlt einfach ab und an die Zeit, erstmal lange zu recherchieren, Seminare zu besuchen. Natürlich weiß ich auch, dass wir für BR-Tätigkeiten freigestellt werden müssen, das lässt sich aber eben in kleineren Betrieben nicht immer ohne Probleme bewerkstelligen.

    Da ist ein Netzwerk enorm wichtig, um schnell Antworten zu bekommen. Und als eine Art Netzwerk verstehe ich das hier auch.

    Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen

    (Aristoteles)


    Noch ein Tipp für die derzeitige Nachhaltigkeitsdebatte:

    Save Water - Drink Wine !!