Eigentlich wollte ich eine Antwort zum Thread "Dreckige Wäsche" verfassen, aber die wäre so allgemein ausgefallen, dass ich lieber einen eigenen Thread dafür aufmache.
Ich sehe einen (vielleicht gewollten) strukturellen Nachteil des BR gegenüber dem AG. Aus Unterhaltungen mit anderen BR und auch eigener Erfahrung, sind BR-Gremien umso konfliktträchtiger, je größer sie sind. Harmonisch kann es meiner Ansicht nach höchstens in einem maximal 5-er Gremium zugehen. Darüber hat man meistens mehrere Listen, die sich untereinander oft nicht grün sind. Wenn dann noch seitens der GL ein BR eher als Störenfried angesehen wird, führt das zudem oft dazu, dass die Leute, die BR könnten es nicht wollen und diejenigen, die es wollen oft nicht können. Wenn es dem AG dann noch gelingt, über seine Getreuen eine "vernünftige, undogmatische" Gegenliste zu installieren, und eine vorgegebene Anzahl an Sitzen ums Verrecken zu besetzen sind, hat man man schnell ein Gremium in dem der Anteil der Spreu deutlich höher ist als der Weizen. Der AG hat den Vorteil, seine Beschlüsse im Alleingang fällen zu können, während der BR bei einem zerstrittenen oder postfaktischen Gremium an mehreren Fronten kämpfen muss.
Ich finde daher (auch wenn das wie "mehr Diktatur wagen" klingen mag):
Um effektiv arbeiten zu können, müssten die Gremien kleiner sein. Die derzeitigen vom BetrVG vorgegebenen Zahlen sollten eine Maximalgröße sein, die zwar erreicht werden kann, aber nicht muß.
Vorschlag für kleine Betriebe: Die Betriebsräte sollten grundsätzlich in Personenwahl gewählt werden. Der Erstplazierte entscheidet eigenverantwortlich, wieviele (bis zur Maximalgröße) und welche Nachplazierten er ins Gremium beruft und welche nicht.
Vorschlag für große Betriebe: wenn schon Listenwahl dann analog zur Politik. Es ziehen nur Listen, die sich über den grundsätzlichen Kurs verhandlungseinig werden ins Gremium ein, aber nicht die Opposition.
Eine derartige Reduzierung müsste sogar im Sinne der AG sein, die über die hohen Schulungskosten jammern. Wenn seitens der AG-Seite noch nie der Vorschlag nach einer Reduzierung der BR-Größe aufkam, hat das möglicherweise genau darin seinen Grund, dass ein großes zerstrittenes Gremium oft leichter für ihn handelbar ist als ein kleines einiges.
Wie steht ihr zu dem Vorschlag? Mir ist natürlich bewusst, dass das nur theoretische (und provokative) Gedankenspiele sind, die niemals den Weg in eine Gesetzesvorlage finden.