Fallfrage BEM: leidensgerechter Arbeitsplatz und Aussteuerung

  • Liebe Kollegen,


    ich berate eine Kollegin seit über einem Jahr. Diese Kollegin suchte mich seinerzeit während Arbeitsunfähigkeit auf und berichtete von massiven psychischen Problemen an ihrem Arbeitsplatz. Mobbing, Bossing, das volle Programm.

    Wir haben aufgrund psychischer Störungen einen GdB feststellen lassen (GdB 40) und haben darauf die Gleichstellung durchbekommen.


    Vor einigen Monaten habe ich dann ein BEM für die Mitarbeiterin eingefordert. Es erfolgte ein Infogespräch und wir warten nun auf das erste Analysegespräch, um einen leidensgerechten Arbeitsplatz für sie zu finden. Es zieht sich alles fürchterlich in die Länge und der Arbeitgeber kommt nicht in die Puschen.
    Eine Weiterbeschäftigung in ihrem bisherigen Team ist aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen; das ist auch ärztlich attestiert. Gleichzeitig kann sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in Wechselschicht arbeiten.


    Schon im Vorfeld haben wir uns (SBV und Mitarbeiterin) bemüht, einen alternativen Arbeitsplatz für sie zu finden und die Kollegin hat mit meiner Hilfe interne Bewerbungen verschickt. Diese wurden alle abgelehnt, da auf diesen Stellen in Wechselschicht gearbeitet wird und ihr das, wie erwähnt, aus gesundheitlichen Gründen aber nicht möglich ist.


    Nun läuft zu Anfang März der Krankengeldbezug aus.

    Mir stellt sich nun die Frage, wie sich die Situation darstellt, wenn bis dahin seitens des Arbeitgebers noch immer kein leidensgerechter Arbeitsplatz, ob im Rahmen eines BEM, eines Präventionsverfahrens oder auf direktem Wege, angeboten wurde. Meine Überlegung ist die, dass die Kollegin mit gewissem zeitlichen Vorlauf vor ihrer Aussteuerung ihre Arbeitskraft dem Arbeitgeber gegenüber explizit anbietet. Sollte der Mitarbeiterin dann keine Beschäftigung angeboten werden, befindet der Arbeitgeber sich im Annahmeverzug und müsste ihr das volle Gehalt zahlen. - Liege ich mit dieser Einschätzung zunächst richtig? Klar, der Arbeitgeber würde das so wahrscheinlich nicht akzeptieren, aber würde ein Arbeitsrichter den Fall so beurteilen, wie ich geschildert habe?


    Ich bin, wie immer, dankbar für jeden sachdienlichen Hinweis!


    Viele Grüße,


    Daniel

  • Hallo,


    sich allein auf das BEM zu verlassen, war ein Fehler. Ab dem Moment der Gleichstellung wäre hier ein Präventionsverfahren gem. § 167 Abs. 1 SGB IX einzuleiten gewesen. Dazu sollte die ANin den Ag ausdrücklich auffordern.


    Bei diesem Punkt

    Diese wurden alle abgelehnt, da auf diesen Stellen in Wechselschicht gearbeitet wird

    stellt sich regelmäßig die Frage, ob Wechselschicht tatsächlich notwendig ist oder ob nicht durch Umorganisationen gem. § 164 Abs. 4 SGB IX es möglich sein könnte, auch einen Arbeitsplatz in Normalarbeitszeit zu schaffen. Ich habe in vielen Fällen erlebt, daß derartige scheinbar in Stein gemeisselte Arbeitszeitmodelle nur der Phantasielosigkeit aller Beteiligten geschuldet sind und sich bei genauem Hinschauen sehr wohl Alternativen organisieren lassen.

    Es ist aber Sache von ANin, BR und ggfs. SBV hier konkrete Vorschläge zu unterbreiten oder ggfs. aktiv auf die Suche nach anderen leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeiten zu gehen - wenn nötig auch durch Nutzung von beruflicher Reha/Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

    Und wenn dann so ein Arbeitsplatz gefunden ist, dann hat eine gleichgestellte ANin auch einen erheblichen Vorrang vor anderen, "normalen" Stellenbewerbern.


    Bis aber so ein Arbeitsplatz nicht identifiziert wurde und die ANin ihre Arbeitskraft nicht konkret für einen solchen leidensgerechten Arbeitsplatz angeboten hat, ist das hier

    Meine Überlegung ist die, dass die Kollegin mit gewissem zeitlichen Vorlauf vor ihrer Aussteuerung ihre Arbeitskraft dem Arbeitgeber gegenüber explizit anbietet. Sollte der Mitarbeiterin dann keine Beschäftigung angeboten werden, befindet der Arbeitgeber sich im Annahmeverzug und müsste ihr das volle Gehalt zahlen. - Liege ich mit dieser Einschätzung zunächst richtig?

    reinstes Wunschdenken.