Probezeit und Wahlvorstand

  • Hallo,


    ist es zulässig, Kollegen, die noch in der Probezeit sind, in den Wahlvorstand zu bestellen? Ich habe schon länger recherchiert, und keine Info dazu gefunden, dass Probezeit und Wahlvorstand sich ausschließen…

    Allerdings beißt sich der Gedanke der Probezeit in meinen Augen mit dem Kündigungsschutz der Wahlvorstände ( Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands bis 6 Monate nach Ergebnisbekanntgabe). Wie ist damit umzugehen auch vor dem Hintergrund, dass sich ansonsten zu wenige Kollegen freiwillig für die Arbeit im Wahlvorstand gemeldet haben?


    Wäre super, wenn mir jemand Licht ins Dunkel bringen könnte!

    Beste Grüße

  • mir fällt kein Gesetz, Urteil oder sonstiges ein nachdem das verboten ist.

    Ob das für den MA sinnvoll ist kommt auch auf den Betrieb an.

    Wenn man einen vernünftigen Chef (ja auch die gibt es noch) hat, der die Probezeit tatsächlich nur dafür nutzt wofür sie gedacht ist, also niemanden rausschmeißt nur weil er Wahlvorstand macht, dann ist das kein Problem denke ich.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Da die ordentliche Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstandes unzulässig ist, geht die Kündigung auch nicht mehr in der Probezeit. Also durch den AG.

    So kann der MA nur gewinnen.


    Ja es ist zulässig da der MA Wahlberechtigt ist.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

    Einmal editiert, zuletzt von erco ()

  • und keine Info dazu gefunden, dass Probezeit und Wahlvorstand sich ausschließen…

    Aus dem einfachen Grund, weil sie es schlicht nicht tun. Gem. § 16 BetrVG besteht der Wahlvorstand aus drei Wahlberechtigten. Und wahlberechtigt ist laut § 7 BetrVG jeder AN des Betriebes, der das 16 Lebensjahr vollendet hat. Lediglich bei der Wählbarkeit gem. § 8 BetrVG braucht es eine Zugehörigkeit zum Betrieb von mindestens 6 Monaten.


    dass sich ansonsten zu wenige Kollegen freiwillig für die Arbeit im Wahlvorstand gemeldet haben?

    Ihr habt doch einen BR. Und keine/r von denen/euch (falls du dazu gehörst) will sich da engagieren? Mau, ganz mau....

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    2 Mal editiert, zuletzt von Moritz ()

  • ist eine Kündigung in der Probezeit denn genau das?

    Warum sollte sie das nicht sein? Auch in der Probezeit könntest Du außerordentlich (vulgo fristlos) gekündigt werden.


    Dass die Kündigungsfrist dort üblicherweise verkürzt und ein Kündigungsschutz üblicherweise nicht besteht, ist dem § 1 KSchG geschuldet, ändert aber nichts daran, dass eine Kündigung in der Probezeit ordentlich oder außerordentlich sein kann.

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  • Ich habe mich auf der Suche nach Wahlvorstandsmitgliedern bewusst dagegen entschieden, neue Kolleginnen und Kollegen in der Probezeit anzusprechen. Sowas gehört für mich auch zur vertrauensvollen Zusammenarbeit.

    Wäre jedoch jemand aktiv auf mich zugekommen, so wäre das natürlich in Ordnung gewesen.

    Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen. [YODA] - BRV, 9er Gremium, kein Tarif, sGBRV, sSBV

  • ist eine Kündigung in der Probezeit denn genau das?

    Ich kenne, in diesen Falle, nur zwei Arten einer Kündigung. Ordentlich und Außerordentlich.

    Der Schutz ergibt sich aus dem § 15 Abs 3 KSchG.

    Auch im Erfurter habe ich keine Ausnahme während der Probezeit hierzu gefunden.

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    Reinhard Mey

  • ist eine Kündigung in der Probezeit denn genau das?

    ja, ist es , incl. Anhörung


    Nur halt darf die Begründung fehlen und die verkürzte Frist.


    Kommt schon mal vor, ist immer interessant eine Anhörung ohne das es eine Begründung geben muss.

    Da kannst nicht mal widersprechen, weil kein Recht auf Information besteht und somit auch kein Widerspruchsgrund zieht.

    AG wären sogar "dumm" einen Begründng zu nennen und die Kündigung damit angreifbar zu machen.


    Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


    2 Mal editiert, zuletzt von Randolf ()

  • Also bei uns gab es auch bei den Probezeitkündigungen einen Grund gegenüber dem BR, wüsste auch nicht, warum es keinen geben muss. Allerdings sind die Hürden halt deutlich geringer. Es reicht halt auch ein "er passt nicht ins Team" aus. Dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Grund nennen muss, heißt nicht automatisch, dass er dem BR gegenüber nicht doch Gründe nennen muss.

  • Also bei uns gab es auch bei den Probezeitkündigungen einen Grund gegenüber dem BR, wüsste auch nicht, warum es keinen geben muss.

    weil das Gesetz das nicht vorschreibt.

    Allerdings sind die Hürden halt deutlich geringer. Es reicht halt auch ein "er passt nicht ins Team" aus.

    aber dann könnte man als BR evt widersprechen, wenn das nicht sachlich zu begründen ist

    Dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Grund nennen muss, heißt nicht automatisch, dass er dem BR gegenüber nicht doch Gründe nennen muss.

    doch heisst es, hat das BAG auch bestätigt siehe den Link

    Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12


    Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung in der Probezeit - HENSCHE Arbeitsrecht
    16.11.2013. Gemäß § 102 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Betriebsrat anhören, sonst ist die Kündigung…
    www.hensche.de

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    2 Mal editiert, zuletzt von Randolf ()

  • Ihr habt doch einen BR. Und keine/r von denen/euch (falls du dazu gehörst) will sich da engagieren? Mau, ganz mau....

    Das würde ich so nicht unbedingt unterschreiben. Viele BRM (zumindest bei uns), wenn sie wieder zur Wahl antreten wollen, haben da ein gewisses Problem mit ihrem "Demokratieverständnis". Seine eigene Wiederwahl zu organisieren und durchzuführen hat für viele ein "Gschmäckle" (wie man im Schwabenland sagt). Heißt soviel wie: Es könnte irgendwie unsauber wirken.

    Natürlich ist das rechtlich absolut in Ordnung und auch durchaus üblich, wäre aber (zumindest bei uns im Betrieb) keine gute "Wahlwerbung". (Viele MA bei uns waren sogar der Überzeugung, dass es gar nicht zulässig sein kann seine eigene Wahl zu organisieren). Da leiste ich zwar täglich Aufklärungsarbeit, aber ich kann den Kollegen nicht ausreden, dass sie das irgendwie "unanständig" finden.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Dass sie das finden kann ich nachvollziehen. Und wenn es genügend Kandidaten außerhalb gibt - klar, gerne. Aber wenn nicht, dann sollte man sich hier an den rechtlichen Möglichkeiten orientieren und nicht von persönlichen Befindlichkeiten einschränken lassen.


    Du findest das doof, dass ich das mache? Ja, ich auch. Übernimmst du den Job? Nein? Siehst du, einer muss es ja machen... Ende der Ansage!

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  • Du findest das doof, dass ich das mache? Ja, ich auch. Übernimmst du den Job? Nein? Siehst du, einer muss es ja machen... Ende der Ansage!

    So haben wir das im Grunde auch gemacht. Im Ergebnis konnten wir aber nur 2 Kandidaten außerhalb des Gremiums gewinnen. Aber dann hat sich doch schnell noch ein BRM für den 3. Platz gefunden (der ist generell recht schmerzfrei und hat es nicht so mit Befindlichkeiten). Ich selbst kann beide Standpunkte nachvollziehen und habe daher quasi die Münze geworfen und mich als Nachrücker aufstellen lassen :D

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Ich selbst kann beide Standpunkte nachvollziehen und habe daher quasi die Münze geworfen und mich als Nachrücker aufstellen lassen

    ... und bist auch immer gewählt worden :/


    Seine eigene Wiederwahl zu organisieren und durchzuführen hat für viele ein "Gschmäckle"

    ... ja, ja, ..

    Da leiste ich zwar täglich Aufklärungsarbeit, aber ich kann den Kollegen nicht ausreden, dass sie das irgendwie "unanständig" finden.

    :saint: :saint:

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Randolf bezüglich der Probezeitkündigung:


    hast du das Urteil eigentlich gelesen?


    aus dem Urteil aus deinem Link:

    "

    Be­trVG, wo­nach der Be­triebs­rat „vor je­der Kündi­gung“ zu hören ist. Auch wenn ein in­di­vi­du­al-recht­li­cher Kündi­gungs­schutz nicht oder noch nicht be­steht, soll der Be­triebs­rat in die La­ge ver­setzt wer­den, auf den Ar­beit­ge­ber ein­zu­wir­ken, um ihn ggf. mit bes­se­ren Ar­gu­men­ten von sei­nem Kündi­gungs­ent­schluss ab­zu­brin­gen. Dafür muss der Be­triebs­rat die Gründe ken­nen, die den Ar­beit­ge­ber zur Kündi­gung ver­an­las­sen (BAG 3. De­zem­ber 1998 - 2 AZR 234/98 - zu II 1 der Gründe).

    c) Bei ei­ner Kündi­gung in der War­te­zeit ist die Sub­stan­ti­ie­rungs­pflicht nicht an den ob­jek­ti­ven Merk­ma­len der Kündi­gungs­gründe des noch nicht an­wend­ba­ren § 1 KSchG, son­dern al­lein an den Umständen zu mes­sen, aus de­nen der Ar­beit­ge­ber sub­jek­tiv sei­nen Kündi­gungs­ent­schluss her­lei­tet (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26). Dies folgt aus dem Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­na­ti­on.

    ...........


    In der zwei­ten Kon­stel­la­ti­on reicht die Mit­tei­lung al­lein des Wert­ur­teils für ei­ne ord­nungs­gemäße Be­triebs­rats­anhörung aus. Der Ar­beit­ge­ber ist in die­sem Fall nicht ver­pflich­tet, im Rah­men des Anhörungs­ver­fah­rens nach § 102 Be­trVG sein Wert­ur­teil ge­genüber der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung zu sub­stan­ti­ie­ren oder zu be­gründen. Dar­um genügten die Mit­tei­lun­gen, die Ar­beit­neh­me­rin ha­be sich „während der Pro­be­zeit nicht bewährt“ und sei „nicht ge­eig­net, die ihr über­tra­ge­nen Auf­ga­ben ord­nungs­gemäß zu erfüllen“ (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26 f.), „nach un­se­rer all­ge­mei­nen, sub­jek­ti­ven Einschätzung genügt die Ar­beit­neh­me­rin un­se­ren An­for­de­run­gen nicht“ (BAG 3. De­zem­ber 1998 - 2 AZR 234/98 -) oder der Ar­beit­neh­mer ha­be die „in ihn ge­setz­ten Er­war­tun­gen nicht erfüllt“ (BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - aaO) je­weils den An­for­de­run­gen an ei­ne ord­nungs­gemäße Anhörung des Be­triebs­rats."


    Also, bei dem Verfahren hat die gekündigte geklagt, weil der BR angeblich nicht korrekt angehört wurde. Er wurde angehört und die Begründung hat halt ausgereicht.


    Und Ja Der Mitarbeiter passt nicht ins Team reicht in der Probezeit als Grund für eine Kündigung aus.


    Sorry, aber ich habe mich da eigentlich nur durchgearbeitet, weil ich irgendwie nicht glauben konnte, dass unser Arbeitgeber uns etwas gibt, was er nicht muss.


    <3 ;)

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten!


    In unserem Fall ist es tatsächlich nicht so, dass sich der BR vor der Arbeit im Wahlvorstand drücken will.

    Neben den vom Paragraphenreiter erwähnten Punkten hoffen wir auch immer auf Kollegen, die den BR nicht als „war schon immer da / wird immer da sein / geht mich nichts an / lass die mal machen“ sehen, sondern bereit sind, sich auch für die (gute) Sache zu engagieren. Dazu muss man ja nicht gleich für den BR kandidieren, Wahlvorstand ist auch gut und hilft weiter.

    Und klar, wenn sich nicht genügend Freiwillige für den Wahlvorstand finden, springen BRM ein. Aber wie‘s aussieht, muss das zumindest dieses Jahr nicht sein.


    Einen schönen Abend in die Runde und nochmals Danke.