Kein BEM, kein Zwischenzeugnis

  • Hallo, brauche dringend einen Tipp. Ich war lange krankgeschrieben über 12 Wochen. Nach den 12 Wochen bin ich wieder voll Arbeiten gegangen, es gab keine Wiedereingliederung trotz Schmerzen bin ich weiter arbeiten gegangen zwischendurch war ich nochmals eine Woche Krank. Ich habe daraufhin mit der SBV gesprochen, dieser sagte mir solange die Firma nicht reagiert kann er auch nichts unternehmen! Im Sommer habe ich eine vierwöchige Rehamaßnahme besucht. Nach der Raha habe ich wieder mit der SBV gesprochen, dieser sagte mir ich soll per email den Chef, den Betriebsrat und die SBV Anschreiben und die Bitten ein BEM Gespräch durchzuführen. Bis heute keine Reaktion. Jetzt bin ich so sauer und habe mich durch Zufall auf eine freie Stelle in einem anderen Betrieb beworben, dieser Betrieb verlangt ein Zwischenzeugnis, meine Firma kann mir im Moment keins ausstellen, denn sie brauchen für das Zwischenzeugnis sechs Wochen.

    Wie soll ich mich jetzt verhalten.

    Vielen Dank

  • Das Zwischenzeugnis wie auch das Beendigungszeugnis soll sich auf die Tätigkeit während des gesamten Beschäftigungsverhältnis beziehen. Das heißt es sieht so aus das deine Firma keine Lust hat dir ein Zeugnis zu geben oder mit dir ein BEM Gespräch zu führen. Beides kann man bei Unwillen des AG Gerichtlich Einklagen

    ( BAG 21. 01. 1993 – 6 AZR 171/92), zumindest mit rechtlichen Schritten drohen. Aber da ist dann auch schon ( meist schluss).

  • Homer hat natürlich recht, Du könntest beides einklagen. Wenn du eine Rechtsschutzversicherung hast, kannst du ja mal einen Anwalt kontaktieren.

    Nur leider wird dir das kurzfristig nicht weiterhelfen. Bis das durch ist, hat sich dein neuer Arbeitgeber vielleicht schon anders entschieden.

    Der Arbeitgeber hat hier sicherlich keine Eile. Er kann sich denken, was der Hintergrund ist, wenn ein Mitarbeiter um ein Zeugnis bittet.

    Mail an Chef und BR ist schon mal der richtige Weg. Und wenn nichts passiert, direkten Termin beim BR vereinbaren.

    Dann würde ich mit dem neuen Arbeitgeber sprechen und ihn informieren, dass du ja gerne liefern würdest, der aktuelle Arbeitgeber sich aber quer stellt. Vielleicht kann er ja damit leben, dass du das nachlieferst. Seien wir mal ehrlich, Arbeitszeugnisse sind häufig das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt werden.

    Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen

    (Aristoteles)


    Noch ein Tipp für die derzeitige Nachhaltigkeitsdebatte:

    Save Water - Drink Wine !!

  • Ja GdB 80.

    Da bis jetzt kein BEM statt gefunden hat, müsste der Arbeitgeber den Lohn weiter zahlen wenn ich wieder krank werde, ich hatte ja den Arbeitgeber um ein BEM aufgefordert.

  • Hallo, brauche dringend einen Tipp. Ich war lange krankgeschrieben über 12 Wochen. Nach den 12 Wochen bin ich wieder voll Arbeiten gegangen, es gab keine Wiedereingliederung trotz Schmerzen bin ich weiter arbeiten gegangen

    also erstmal sehe ich hier begriffliche Schwierigkeiten. Eine stufenweise Wiedereingliederung kann völlig unabhängig von einem BEM erfolgen. Die wird nämlich vom behandelnden Arzt vorgeschlagen und man ist in der Zeit weiter AU geschrieben.

    Zu einem BEM ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, wenn man mehr als 42 Tage in den letzten 12 Monaten AU war. Wichtig ist das aber erst, wenn er Dich krankheitsbedingt kündigen will, dann hat er ohne angebotenes BEM ganz schlechte Karten. Allerdings ist BEM eine Gesundheitsvorsorge, damit der AG mit dem hehren Gut "Arbeiter" auch gut umgeht. Möglicherweise kannst du ja deinen Job nicht mehr machen, aber einen anderen in deiner Firma. Dann sind beide Beteiligten zufrieden. Und bei den Angeboten derzeit auf dem Arbeitsmarkt tut er mglw. auch gut daran.

  • Hallo,


    es ist bedauerlich, daß Deine SBV so offensichtlich kenntnisfrei ist von wesentlichen Vorschriften des Schwerbehindertenrechts.

    Denn bei einem schwerbehinderten/gleichgestellten AN ist im Zusammenhang mit langer Erkrankung weniger das BEM (§ 167 Abs. 2 SGB IX) als das Präventionsverfahren (§ 167 Abs. 1 SGB IX) das Mittel der Wahl.

    § 167 SGB IX - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

    Dies hätte Deine SBV beim AG schon vor Ende der AU beim AG beantragen können. Auch Du selbst hättest direkt auf das Integrationsamt zugehen können (was Deine SBV auch hätte wissen können/sollen).

    Sofern die behinderungsbedingten Schwierigkeiten an Deinem derzeitigem Arbeitsplatz weiterbestehen, solltest Du dieses Mittel nutzen. In der Regel beauftragt dann das Integrationsamt den örtlich zuständigen Integrationsfachdienst mit der Durchführung einer evtl. notwendigen Prävention.


    Getrennt davon ist die Sache mit dem Zwischenzeugnis. Hier sind 6 Wochen für die Erstellung entschieden zu lang (bei uns dauert das idR 14 Tage). Wenn Du Rechtsschutz im Arbeitsrecht hast, solltest Du anwaltlich prüfen lassen, ob sich die Sache nicht zB mit einer einstweiligen Anordnung beim Arbeitsgericht beschleunigen lässt.

  • Danke für die Ausführlichen Antworten.

    Ich habe jetzt einen Anwalt für Arbeitsrecht beauftragt.

    Der Anwalt möchte meine Firma anschreiben, da aber mein Vorgesetzter nicht in der Firmenadresse steht, kann der erstmal den Betriebsrat Anschreiben?

  • kann der erstmal den

    Können wird er wohl schon. Nur wozu ist mir unklar.


    Verantwortlich für die Vorgänge im Unternehmen ist der AG. Und wenn der Anwalt meint, hier gäbe es Rede- oder Schreibbedarf, dann soll er doch den AG anschreiben.


    Was soll der BR mit dem Brief?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,


    wenn Dein Anwalt schon nicht weiß, daß er für derartige Angelegenheiten immer formal den AG (als juristische Person) anschreiben muß und nicht irgendeinen persönlich Verantwortlichen direkt, würde ich die Sach- und Fachkunde zumindest im Arbeitsrecht mal mit ein paar Fragezeichen versehen.

  • Hallo albarracin, das mit den Betriebsrat habe ich gemeint, ich muss meinen Anwalt mitteilen wen er anschreiben soll.

    Da wir im Betrieb einen Meister einen Leiter einen Bereichsleiter und einen Geschäftsführer haben. Soll er sich an den Geschäftsführer wenden?


    Wie reagiert so ein Vorgesetzter wenn er ein Brief vom Anwalt erhält?

    Schließlich hat der Betriebsrat und die SBV bisher nichts unternommen.

    Einmal editiert, zuletzt von tinto () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von tinto mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ansprechpartner ist der Geschäftsführer. Wie er reagiert, soll nicht deine Sorge sein. Geltendmachung deiner Rechte ist dein gutes Recht und für die Trantütigkeit von BR und SBV bist du nicht verantwortlich.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Das möchte ich etwas auseinander klamüsern.


    BEM:

    Die Firma ist gesetzlich verpflichtet ein BEM an zu bieten in Betrieben mit 500 oder mehr AN. Ist das bei euch so? Falls nein, kann der Betrieb es anbieten, muss aber nicht.

    Die Bemessensgrenze sind 42 AU Tage, ab da muss er anbieten (bei 500+ AN)

    In meinem Betrieb wird ab 30 AU Tagen angeboten. (~3000 MA)


    Wie albarricin schon geschrieben hat, käme bei dir auf Grund der 80% GdB wohl eher ein Präventionsverfahren in Betracht. Achtung! Das Präventionsverfahren hebt die BEM Pflicht eines Betriebes NICHT auf (wird oft behauptet, stimmt aber nicht!).


    Weder BEM noch Präventionsverfahren berühren die Lohnfortzahlung. Die ist gesetzlich geregelt und werden weder durch BEM noch Präventionsverfahren außer Kraft gesetzt.

    Ich glaube du hast das mit einem Arbeitsunfall verwechselt. Da zahlt aber auch nicht der AG weiter, sondern die Berufsgenossenschaft. Und hier gibt es keine Obergrenze der Fortzahlung.


    Ein rechtlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nicht! Es sei denn, es tariflich was anderes geregelt. Seid ihr Tarifgebunden? Gibt der Tarifvertrag da was her? Gibt es eine BV?

    Somit ist auch keine Frist einzuhalten, falls nicht.

    Bei berechtigtem Interesse (durch Tarifvertrag oder BV) ist eine 2-3 wöchige Frist üblich. Aber auch nicht einklagbar.

    Du kannst einem potenziellen neuen Arbeitgeber durchaus sagen, dass der alte AG kein Zwischenzeugnis ausstellen möchte.


    Also wenn ein Anwalt für Arbeitsrecht nicht weiß, dass jede Firma eine "ladungsfähige Adresse" hat, dann solltest du dir dringend einen anderen Anwalt suchen. Rechtsverkehr findet immer statt mit der "ladungsfähigen Adresse". Die kann man zur Not dem Handelsregister entnehmen.

    Eine Firma ist eine juristische Person, die einzelnen Geschäftsführer vertreten diese nur. Aber die sind bekanntlich austauschbar. Daher immer an die "ladungsfähige Adresse" wenden. So ist es dem AG auch nicht möglich, rechtliche Dinge zu verschleppen und so evtl. Fristen so zu verletzen, dass er sich seinen Pflichten entzieht.


    Das ist einer der Gründe, warum ich jedem die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft empfehle. Da mag vieles nicht passen oder auch deren Politik schräg sein. Aber die Rechtsberatung ist in aller Regel vorzüglich. Und man ist als Gewerkschaftsmitglied auch rechtlich kostenlos vertreten. Durch alle Instanzen!


    Deinem ganzen Anliegen entnehme ich, dass du in deiner aktuellen Firma ziemlich frustriert bist. Von daher drücke ich dir die Daumen auf die neue Stelle!

  • Das würde mich die gesetzliche Grundlage für die 500 Mitarbeiter sehr stark interessieren. Das SGB IX gibt das auf jeden Fall nicht her.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Ich arbeite im Wechselschichtdienst.

    Und leider komme ich von da nicht nicht raus.

    Ich hatte ein Angebot gemacht, dass mir wenigstens die Nachtschichten rausgekommen werden und dafür Frühdienst mache, aber leider habe ich da kein Chance.

    Zum Arbeitszeugnis nochmals, die brauchen 6 Monate dafür!

    Ist traurig wie eine Firma mit Ihren Mitarbeitern umgeht. Selbst wenn man schon 32Jahre dort arbeitet.

  • Ohje Bjoern,


    soviel Aufwand mit so wenig Ertrag.


    verpflichtet ein BEM an zu bieten in Betrieben mit 500 oder mehr AN.

    Das ist falsch. Das Gesetz kennt diese Grenze nicht. Die gesetzliche Verpflichtung zum BEM hat jeder AG unabhängig von der Betriebsgröße.


    Das Präventionsverfahren hebt die BEM Pflicht eines Betriebes NICHT auf (wird oft behauptet, stimmt aber nicht!).

    Auch diese Weisheit hast Du relativ exklusiv. Es kommt nicht darauf an, ob man es BEM, Prävention oder Kindergeburtstag nennt.

    Es kommt allein darauf an, daß der AG frühzeitig und angemessen reagiert. Und ein guten Präventionsverfahren kann ein BEM sehr wohl "ersetzen", wenn letztendlich daraus Maßnahmen resultieren, die auch weiterer AU vorbeugen können. In der Normenkonkurrenz zwischen BEM und Prävention ist die Prävention nun mal das spezielle Verfahren für schwerbehinderte/gleichgestellte AN und ggü. dem BEM grundsätzlich vorrangig.


    Und jetzt wird es wirklich schräg:

    Ich glaube du hast das mit einem Arbeitsunfall verwechselt. Da zahlt aber auch nicht der AG weiter, sondern die Berufsgenossenschaft.

    Gemäß § 52 Nr. 1 SGB VII

    § 52 SGB 7 - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

    wird kein Verletztengeld gezahlt, wenn Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht.


    Und auch hier liegst Du leider falsch

    Und hier gibt es keine Obergrenze der Fortzahlung.

    denn § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII

    § 46 SGB 7 - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

    kennt mit einigen kleinen Ausnahmen sehr wohl die allgemeine 78-Wochen-Grenze für Verletztengeld.

    Ein rechtlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nicht!

    Damit sind wir aber noch nicht am Ende der Fehlerkette, denn auch das hier


    Ein rechtlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nicht!

    ist so pauschal falsch.

    Unter bestimmten Bedingungen bei einem "berechtigten Interesse des AN (Wechsel der Tätigkeit, Wechsel des Vorgesetzten, Arbeitgeberwechsel mehr als 3 Jahre Abstand seit der letzten Beurteilung und auch Bewerbung) hat die Rechtsprechung sehr wohl ein einklagbares Recht auf ein Zwischenzeugnis auch ohne Regelung in TV oder BV bejaht.

    Guckst Du zB hier:

    Anspruch auf Zwischenzeugnis | Fragen & Antworten (gansel-rechtsanwaelte.de)


    Bleibt letztendlich leider nur eine Aussage, die völlig richtig ist:

    Aber die Rechtsberatung ist in aller Regel vorzüglich. Und man ist als Gewerkschaftsmitglied auch rechtlich kostenlos vertreten.

    Sorry Bjoern, aber Du lehnst Dich weit aus dem Fenster in Themen, bei denen Dir offensichtlich elementarste Grundkenntnisse fehlen 8| ;( . So wird das nix.

    Einmal editiert, zuletzt von albarracin () aus folgendem Grund: Zitatfehler bei Zwischenzeugnis korrigiert