Fragen zu §30 (2) BetrVG

  • Hallo

    Mal wieder fragen zum §30 :whistling:

    wir wollen in der Geschäftsordnung regeln das z.B.

    Angenommen mein Auto streikt und ich nicht zur BR Sitzung kann, das ich dann per Videokonferenz Teilnehmen kann.

    Also alles Fälle die man nicht vorher sehen kann, ein Kollege wird krank und der Ersatz wird zur BR, BA und anderen Ausschüssen per Video zur Sitzung geladen, kurzfristig!

    Man muss dazu erklären das fast alle BRM einen Anfahrtsweg von min 2 Std haben!

    Ist das Zulässig? :/

  • Ist das Zulässig?

    Solange damit auch tatsächlich "der Vorrang der Präsenzsitzung" gewahrt bleibt, würde ich sagen ja.

    Wenn dann allerdings in der Praxis bei (fast) jeder Sitzung von jemand "das Auto streikt", dann nicht.

    Es steht ja nicht im Gesetz, dass Ihr den Vorrang der Präsenzsitzung in Eure GO reinschreiben sollt, es steht im Gesetz, dass Ihr den Vorrang der Präsenzsitzung in Eurer GO sichern müsst. D.h. welche Regelung Ihr dazu auch immer trefft, in der Praxis muss sie ohne wenn und aber dazu führen, dass Präsenzsitzungen auch tatsächlich Vorrang haben.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • (2) Abweichend von Absatz 1 Satz 5 kann die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn

    1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind, (Hervorhebungen durch den Zitierenden)

    Und genau das wollt ihr doch tun. Wo siehst du ein Problem?


    Solange damit auch tatsächlich "der Vorrang der Präsenzsitzung" gewahrt bleibt, würde ich sagen ja.

    Wenn dann allerdings in der Praxis bei (fast) jeder Sitzung von jemand "das Auto streikt", dann nicht.

    Das sehe ich grundsätzlich anders. Wenn in der GO drinsteht, dass die Teilnahme per Video im Notfall/bei ausnahmsweise kurzfristiger Nachladung zulässig ist, dann ist der Vorrang der Präsenzsitzung damit gesichert, weil nur Ausnahmen beschrieben sind.


    Wenn nun zufällig jede Woche jemand anderem "die Karre verreckt", dann ist das Pech, aber nicht dem Gremium anzulasten. (Wäre es immer der gleiche, könnte man das anders sehen.)


    Möglicherweise müsste man über kurz oder lang die definierten Ausnahmetatbestände überdenken, wenn das Ergebnis der Definition ist, dass am Ende doch fast jede Sitzung als "Hybrid" durchgeführt ist, aber solange die definierten Ausnahmetatbestände nicht offensichtlich zu einer Umkehrung des Vorranges führen, spielt die tatsächliche Anzahl der Ausnahmen erst einmal keine Rolle. Sonst hättest du den Effekt, dass die Gültigkeit deiner GO plötzlich vom Zufall abhängt. Das darf, nach meinem Verständnis, nicht sein.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    Einmal editiert, zuletzt von Moritz () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Moritz mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ok danke für die Antworten.


    Was wenn jetzt, ein Kollege sagt ich komme Online dazu und 1/4 der Mitglieder sagen wir wollen das nicht?

    Laut Gesetzt

    2.nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht

  • Ich verstehe die Frage nicht.


    Das Gesetz sagt klar, geht, wenn nicht widersprochen wird. Wird widersprochen geht es nicht. Ist doch klar. Dann hat der Kollege die Wahl seinen Hintern durch die Gegend zu hieven und vor Ort zu erscheinen, sich einen Grund zu suchen, warum er verhindert ist, oder unentschuldigt zu fehlen.


    Was ist jetzt die Frage?

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  • Das sehe ich grundsätzlich anders.

    Das darfst Du natürlich gerne ;)

    Ich würde mich darauf aber eher nicht verlassen, weil das hier...

    Wenn in der GO drinsteht, dass die Teilnahme per Video im Notfall/bei ausnahmsweise kurzfristiger Nachladung zulässig ist, dann ist der Vorrang der Präsenzsitzung damit gesichert, weil nur Ausnahmen beschrieben sind.

    ...erstmal nur eine Annahme bzw. Behauptung ist. Das mag ja in der Theorie zutreffen, mMn ist aber im wesentlichen die Frage, ob es auch in der Praxis zutrifft. Wenn das in mit der Regelung in der Praxis funktioniert, ist ja alles gut. Aber wenn nicht, ist dass hier....

    Möglicherweise müsste man über kurz oder lang die definierten Ausnahmetatbestände überdenken, wenn das Ergebnis der Definition ist, dass am Ende doch fast jede Sitzung als "Hybrid" durchgeführt ist,

    ...mMn absolut unzureichend. Wenn am Ende doch fast jede Sitzung als "Hybrid" durchgeführt wird, hat man mit der Regelung den Vorrang der Präsenzsitzung eben nicht gesichert, sondern bestenfalls erfolglos versucht den Vorrang der Präsenzsitzung zu sichern. Wenn das tatsächlich eintrifft, reicht es einfach nicht aus das "möglicherweise über kurz oder lang mal zu überdenken". Dann muss man die Regelung umgehend in die Tonne treten, weil sich in der Praxis gezeigt hat, dass sie nicht geeignet ist (dem Gesetz entsprechend) den Vorrang der Präsenzsitzung zu sichern.

    solange die definierten Ausnahmetatbestände nicht offensichtlich zu einer Umkehrung des Vorranges führen, spielt die tatsächliche Anzahl der Ausnahmen erst einmal keine Rolle.

    Das sehe ich eben anders. Die tatsächliche Anzahl der Ausnahmen spielt sehr wohl eine Rolle. Solange die definierten Ausnahmetatbestände nicht offensichtlich zu einer Umkehrung des Vorranges führen ist die Regelung natürlich erstmal ok, aber halt nur solange bis man feststellt, dass die definierten Ausnahmetatbestände aber tatsächlich zu einer Umkehrung des Vorranges führen.

    Sonst hättest du den Effekt, dass die Gültigkeit deiner GO plötzlich vom Zufall abhängt. Das darf, nach meinem Verständnis, nicht sein.

    Richtig, das heißt aber dass die Regelung nicht gut ist und nicht dass "die tatsächliche Anzahl der Ausnahmen erst einmal keine Rolle spielt", solange die Ausnahmen als solche definiert sind. Wenn man eine Regelung beschließt, die in der Praxis zu einer Umkehrung des Vorranges führen kann, spielt man selbst und eigenverantwortlich mit der Gültigkeit seiner GO. Der Effekt, dass die Gültigkeit deiner GO plötzlich vom Zufall abhängt, wird nämlich einzig und allein durch diese Regelung (die man selbst formuliert und beschlossen hat) ausgelöst.

    Daher ist es für mein Verständnis unumgänglich eine Regelung zu treffen, die den Vorrang der Präsenzsitzung auch tatsächlich sichert und nicht nur theoretisch.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Ich empfehle hier dringend einen Fachanwalt hinzu zu ziehen, um die GO entsprechend rechtssicher zu gestalten, die Praxis zu besprechen, damit eure Beschlüsse nicht anfechtbar werden wegen Fehlern in der GO oder der Praxis.


    Grundsätzlich geht alles, so lange der AG die Praxis nicht anfechtet.

    Wegen Formfehlern, falschen GO und anfechtbarer Praxis wurden aber schon ganze Gremien aus dem Amt entfernt.

    Daher sind mir da Mutmaßungen zu heikel, das gehört mit einem Fachanwalt geklärt!

  • Das Gesetz sagt klar, geht, wenn nicht widersprochen wird. Wird widersprochen geht es nicht.

    Ich bin schon gespannt, wann es da die ersten Probleme gibt. Ein viertel der BRM muss widersprechen um eine Präsenzveranstaltung zu erzwingen. Klar! Aber die Einspruchsfrist legt der BRV fest. Die meisten haben in ihrer GO geregelt, dass die Einladung mit TO 3 Tage vor der Sitzung rausgeht. Das heißt, die Frist kann nur sehr kurzfristig sein. Während der Sitzung (am Sitzungsbeginn) ist auf alle Fälle zu spät, da wäre die Gefahr zu hoch, dass der BR nicht mehr beschlussfähig ist. Aber sind 2 Tage zum reagieren genug?


    Sorry, etwas OT, aber den Gedanken musste ich loswerden.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Ich empfehle hier dringend einen Fachanwalt hinzu zu ziehen, um die GO entsprechend rechtssicher zu gestalten, die Praxis zu besprechen,

    Sehe ich ganz genauso. Das Seminar ist aber leider erst nächste Woche... als Webinar... ist das dann überhaupt zulässig? ;)


    Paragraphenreiter Die einzige Möglichkeit, das nicht vom Zufall abhängig zu machen, wäre dann wohl, dass man schlicht regelt: eine Sitzung im Monat (wöchentliche Sitzung mal angenommen) wird als Video-/Hybrid-Sitzung abgehalten. Punkt. Damit habe ich 3/4 der Sitzungen als Präsenz definiert und bin auf der sicheren Seite. Und alle BRM müssen halt ihre kaputten Autos auf diesen einen Tag pro Monat legen ;)


    Was ich damit sagen will: nach Deiner Sichtweise darf ich nur feste Regelungen treffen, aber keine Ausnahmetatbestände definieren, da ich ja im Vorfeld nicht wissen kann, wie oft diese Ausnahmetatbestände greifen.


    Ich sehe die Problematik des Terminus "gesichert" im Gesetz. Aber ich gebe zu, da gehöre ich eher in die Fraktion: bis das BAG das mal anders entschieden hat und solange das gut geht, solange verargumentiere ich es so wie oben dargelegt. Das ist ja nicht in Stein gemeißelt und lässt sich ändern. Aber erst einmal kann ich (und das Gremium) damit arbeiten.


    (Oder anders gesagt: Selbstkasteiung in vorauseilendem Gehorsam gehört nicht zu meinen Kernkompetenzen! ;) )


    Aber ich werde das Thema mit in die Schulung nehmen und berichten, versprochen!

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  • Paragraphenreiter Die einzige Möglichkeit, das nicht vom Zufall abhängig zu machen, wäre dann wohl, dass man schlicht regelt: eine Sitzung im Monat (wöchentliche Sitzung mal angenommen) wird als Video-/Hybrid-Sitzung abgehalten. Punkt. Damit habe ich 3/4 der Sitzungen als Präsenz definiert und bin auf der sicheren Seite. Und alle BRM müssen halt ihre kaputten Autos auf diesen einen Tag pro Monat legen ;)

    Also Moritz, mich schockiert Dein Mangel an Kreativität :D das ist doch sonst nicht Deine Art, gab es heute noch keinen Kaffee? ;)

    Man kann doch diese Regelung (wie von Rübezahl beschrieben) genau so beschließen, man ergänzt sie einfach um den Passus "maximal 25 Hybrid-/Onlinesitzungen pro Jahr". Bei wöchentlichen Sitzungen (also 52 Sitzungen pro Jahr) ist dann mit gesicherten 27 Präsenzsitzungen und maximal 25 Hybrid-/Onlinesitzungen der Vorrang gesichert und man hat ein ordentliches "Kontingent" an möglichen Hybrid-/Onlinesitzungen, welches doch wohl ausreichen sollte um auf kurzfristige Ausfälle zu reagieren.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • gab es heute noch keinen Kaffee?

    Ich glaube, ich hatte schon mal erwähnt, dass ich Tee-Trinker bin 8)



    man ergänzt sie einfach um den Passus "maximal 25 Hybrid-/Onlinesitzungen pro Jahr"

    Sagen wir mal so, den Gedanken hatte ich für ca. 3 Sekunden im Kopf, habe ihn dann aber wieder verworfen. Ja, der Vorrang ist damit gesichert, ohne Zweifel. Aber die Umsetzung erschien mir zu kompliziert, weil das Ergebnis ja sein könnte, dass während der eine Kollege das noch nutzen kann, der nächste es schon nicht mehr kann. Fand ich doof. Aber ja, zugegeben, eine Möglichkeit wäre es wohl. (Wir schaffen es noch, dass 80% der notwendigen BR-Arbeit für Selbstverwaltung und Kontrolle drauf geht... HILFE!!!!)

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  • Ja, der Vorrang ist damit gesichert, ohne Zweifel. Aber die Umsetzung erschien mir zu kompliziert, weil das Ergebnis ja sein könnte, dass während der eine Kollege das noch nutzen kann, der nächste es schon nicht mehr kann.

    Warum? Die BR-Sitzung zählt ja nicht als Präsenzsitzung oder Hybridsitzung für den Einzelnen. Der Vorrang der Präsenzsitzung muss für das Gremium gewahrt bleiben. Dass heisst, nur weil jede Woche ein anderer fehlt kann ich nicht sagen, dass der Vorrang der Präsenzsitzung gewahrt blieb. Wenn dann muss ich tatsächlich für das komplette Gremium festlegen, wie viele Tele- oder Hybridsitzungen gemacht werden dürfen.


    LG

    Markus

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  • Wenn dann muss ich tatsächlich für das komplette Gremium festlegen, wie viele Tele- oder Hybridsitzungen gemacht werden dürfen.

    Ob ich das muss, ist ja genau die Frage, bzw. Gegenstand der Diskussion. Aber wenn ich eine feste Zahl festlege, führt das u.U. dazu, dass im Oktober das BRM, dessen Auto sich verabschiedet hat (bleiben wir bei dem Beispiel) sagen kann, ich nehmen dann per Video an der Sitzung teil und damit die 25 voll macht, so dass im November das nächste BRM die Ausnahmeregelung nicht mehr nutzen kann und nur noch unentschuldigt fehlen kann. Damit ist dann zwar der Vorrang gesichert, nicht aber unbedingt die Gleichbehandlung der BRM. (Und da neige ich dann eben dazu, lieber den Vorrang (versehentlich - es geht ja nicht um geplant, das ist nicht der Punkt) über die Klinge springen zu lassen.)



    Dass heisst, nur weil jede Woche ein anderer fehlt kann ich nicht sagen, dass der Vorrang der Präsenzsitzung gewahrt blieb.

    Damit sind wir dann ja wieder bei der Diskussion der Ausnahmetatbestände an sich, das Thema wähnte ich erledigt.

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  • unterschiedliche Meinungen, was der Gesetzgeber mit der Änderung tatsächlich meint:


    1.die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,


    Da kann man ja auch in die GO sowas wie "Sitzungen findet grundsätzlich als Präsenzsitzungen statt" schreiben, dann hat man mit dem grundsätzlich doch auch den Vorrang...

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)