Gibt es eine Pflicht eine Beschwerde nach §84 mit einer vorgesetzten Person zu besprechen, die nicht in Deutschland betriebsangehörig ist?

  • Liebe Foris,

    hat jemand von euch Erfahrung mit den Rechten von Beschäftigten in deutschen Unternehmen, die mit gleichartigen Unternehmen international eng zusammenarbeiten, weil sie alle dem gleichen Eigentümer gehören? Ich habe nämlich dazu folgende zwei Fragen:


    1.) Müssen sich Beschäftigte eines deutschen Betriebes, die gemeinsam eine Beschwerde nach §84 BetrVG führen, zur Klärung dieser Beschwerde auf einen nicht-deutsch sprechenden hochrangigen Fach-Vorgesetzten verweisen lassen, der nicht im deutschen Betrieb angestellt ist?
    Diesem Vorgesetztem sind die Beschwerdegründe nicht nur längst bekannt, sondern er hat die Beschwerdegründe durch eigene organisatorische Anweisungen auch überwiegend selbst verursacht. Zudem fühlen sich die deutschen Kollegen dem Gespräch mit dem im Ausland angestellten Vorgesetzten nicht gewachsen: Sie wollen weder ein Gespräch über ihre Situation in englischer Sprache führen noch fühlen sie sich den rhetorischen Kniffen der Gegenseite gewappnet. Zudem fürchten sie, dass diejenigen, die von ihnen das Wort führen, vom ausländischen Vorgesetzten auf eine Art "Liste der Aufrührer" gesetzt werden.

    Die Betriebssprache bei uns im Betrieb ist Deutsch. Als Geschäftssprache wird Englisch verwendet. Diese Anforderung (Englisch als Geschäftssprache) findet sich nicht in Arbeitsverträgen, wird aber in Stellenausschreibungen und Stellenbeschreibungen genannt.


    2.) Wäre es strategisch sinnvoller die Kollegen ziehen ihre Beschwerde nach §84 BetrVG zurück und stellen statt dessen eine Beschwerde nach §85 BetrVG über den Betriebsrat, um so zu erreichen, dass der Betriebsrat sich ihrer Beschwerde annimmt?


    Zum Hintergrund:

    Bei uns im deutschen Betrieb sind Kollegen überlastet und haben das dem deutschen Arbeitgeber (der Geschäftsleitung der deutschen Firma) gemeldet. Die unmittelbaren Vorgesetzten der deutschen Kollegen sind auch im deutschen Unternehmen angestellt, deren Vorgesetzte aber sitzen im Ausland.

    Nun hat sich wegen der Überlastungsanzeige nichts getan: Die Kollegen haben weiterhin zuviel Arbeit für die Zeit, die sie zur Verfügung haben. Und sie fühlen sich weiterhin stark unter Druck gesetzt, ihnen wird gedroht, dass wenn sie die Arbeit nicht schaffen, würde ihre Arbeit ins Ausland verlagert werden.

    Nun haben die Kollegen, weil sich auf die Überlastungsanzeige hin nichts tat, noch eine Beschwerde nach §84 BetrVG an den deutschen Arbeitgeber geschrieben. Jetzt meldet sich der deutsche Arbeitgeber zurück und will einen Gesprächstermin zwischen einem ausländischen, nicht im deutschen Betrieb angestellten, Fach-Vorgesetzten und den deutschen Beschäftigten initiieren.

  • Hallo Solitarius,


    Wäre es strategisch sinnvoller die Kollegen ziehen ihre Beschwerde nach §84 BetrVG zurück und stellen statt dessen eine Beschwerde nach §85 BetrVG über den Betriebsrat, um so zu erreichen, dass der Betriebsrat sich ihrer Beschwerde annimmt?

    also ich persönlich würde hier sagen ja, weil:

    Jetzt meldet sich der deutsche Arbeitgeber zurück und will einen Gesprächstermin zwischen einem ausländischen, nicht im deutschen Betrieb angestellten, Fach-Vorgesetzten und den deutschen Beschäftigten initiieren.

    Das für mich nachvollziehbar ist (weil das Problem nicht auf seinem Mist gewachsen ist und er vermutlich auch nicht weiß wie er da was ändern soll).

    und:

    Zudem fühlen sich die deutschen Kollegen dem Gespräch mit dem im Ausland angestellten Vorgesetzten nicht gewachsen: Sie wollen weder ein Gespräch über ihre Situation in englischer Sprache führen noch fühlen sie sich den rhetorischen Kniffen der Gegenseite gewappnet. Zudem fürchten sie, dass diejenigen, die von ihnen das Wort führen, vom ausländischen Vorgesetzten auf eine Art "Liste der Aufrührer" gesetzt werden.

    auch das für mich absolut nachvollziehbar ist.


    Daher würde ich persönlich in dieser Situation sagen, na gut dafür sind wir als BR ja da.

    Also prüfen, ob die Beschwerde berechtigt ist (scheint sie ja zu sein) und dann mal schauen, was das BetrVG bzgl. des Gegenstands dieser Beschwerde so zu bieten hat. Also mal eine detaillierte Personalplanung vorlegen lassen (§ 92 BetrVG), mal Arbeitszeiten und Überstunden genau anschauen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG), die Auslastung/Belastung der betroffenen MA, mit Blick auf den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit, mal genau unter die Lupe nehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) usw usw.

    Denn nur mit:

    Bei uns im deutschen Betrieb sind Kollegen überlastet

    werdet Ihr nicht weit kommen. Ihr werdet diese Überlastung schon (in einem juristischen Rahmen) genau definieren müssen, um hier effektiv "beim AG auf Abhilfe hinwirken" zu können.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo Paragraphenreiter, vielen Dank für diese Rückmeldung. Die Kollegen haben ihre Überlastungsanzeige nicht nur in Hinblick auf die drohenden Gefahren für das Geschäft des Arbeitgebers, sondern auch in Hinblick auf ihre Gesundheit geschildert. Deine Hinweise auf Personalplanung, Arbeitszeiten und Überstunden sowie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit helfen schon mal weiter.

    Allerdings gibt es Gründe, die die Beschäftigten derzeit noch davon abhalten den §85 zu "ziehen".


    Wenn wir jetzt also bei §84 bleiben, wie steht es hier mit dem vom deutschen Arbeitgeber vorgeschlagenen Fach-Vorgesetzen im Ausland, der sich ja z.B. nicht an das Maßregelungsverbot aus §612a BGB gebunden sehen muss und es bleibt auch noch die Sprachbarriere. Simultan-Dolmetscher einschalten? Den Fach-Vorgesetzten im Ausland an §612a BGB erinnern? Den im Ausland angesiedelten Nicht-Betriebsangehörigen mit Fug und Recht (welchem?) als Ansprechpartner in Deutschland ablehnen?

  • Den im Ausland angesiedelten Nicht-Betriebsangehörigen mit Fug und Recht (welchem?) als Ansprechpartner in Deutschland ablehnen?

    Da wird es dann schwierig, weil ich die genauen Umstände nicht kenne.

    Aber wenn das hier...

    Diesem Vorgesetztem sind die Beschwerdegründe nicht nur längst bekannt, sondern er hat die Beschwerdegründe durch eigene organisatorische Anweisungen auch überwiegend selbst verursacht.

    ...zutreffend ist, ist dann dieser Vorgesetzte nicht eher Gegenstand der Beschwerde, als die "zuständige Stelle" zur Entgegennahme dieser Beschwerde (gem. § 84 BetrVG)? Also geht es nicht eher darum sich über diesen Vorgesetzten zu beschweren, statt bei diesem Vorgesetzten? Wenn also dieser Vorgesetzte die (Überlastungs-)Probleme verursacht, davon weiß aber nichts tut und nicht mal auf eine Überlastungsanzeige reagiert, macht es dann Sinn sich bei ihm darüber zu beschweren? Wäre es da nicht zielführender sich bei dem Vorgesetzten dieses Vorgesetzten darüber zu beschweren, dass er die (Überlastungs-)Probleme verursacht, davon weiß aber nichts tut und nicht mal auf eine Überlastungsanzeige reagiert?

    Wie gesagt, ich kenne die genauen Umstände nicht, aber grundsätzlich würde ich sagen, sich bei dem zu beschweren, der eigentlich das Problem ist, bringt meistens wenig.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo Paragraphenreiter,

    die Beschwerde nach §84 soll an die zuständige Stelle gehen. So weit, so gut. Aber wer ist die zuständige Stelle in einem deutschen Betrieb? Kann der Arbeitgeber seine Aufgabe Beschwerden nach §84 zu bearbeiten an ausländische, nicht deutsch-sprechende Führungspersonen abgeben, wenn es um Beschwerden und Überlastungsanzeigen in der Betriebssprache Deutsch geht?

    Der von dir vorgeschlagene Vorgesetzte des Vorgesetzten findet sich natürlich auch nicht in der Betriebsorganisation des deutschen Betriebes und deutsch-sprachig wäre der auch nicht.

  • Kann der Arbeitgeber seine Aufgabe Beschwerden nach §84 zu bearbeiten an ausländische, nicht deutsch-sprechende Führungspersonen abgeben, wenn es um Beschwerden und Überlastungsanzeigen in der Betriebssprache Deutsch geht?

    Zunächst einmal: Die Fragestellung ist falsch. Dass er das kann, hat er doch gerade hinlänglich belegt. Es könnte also allenfalls um die Frage gehen, ob er das darf.


    Und auch da halte ich den Schwerpunkt deiner Fragestellung für falsch.


    Es geht um Beschwerden und Überlastungsanzeigen. Punkt. In welcher Sprache die geäußert wurde, spielt doch gar keine Rolle. Das Thema sollte von jemandem bearbeitet werden, der die Überlastung zu verantworten hat. Und da scheint mir der Ansprechpartner grundsätzlich richtig gewählt, wenn eure eigene Geschäftsführung euch auch nichts anderes dazu sagen kann, als: wurde uns gesagt, sollen wir so machen...


    Die Betriebssprache bei uns im Betrieb ist Deutsch.

    Vor dem Hintergrund, würde ich mich ganz doof auf den Standpunkt stellen, dass das Meeting auch auf Deutsch stattfindet. Ach der spricht gar kein Deutsch? Das ist ja blöd... Wer erklärt ihm das jetzt?


    Warum macht ihr die Sprachbarriere zu eurem Problem?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Solitarius,

    die Überlastungsanzeige und Beschwerde nach §84 BetrVG ging ja an den Arbeitgeber was soweit korrekt ist. Dass der Arbeitgeber in eurem Fall wahrscheinlich der deutsche Geschäftsführer. Dass dieser die Beschwerde an den entsprechenden Vorgesetzten weiterleitet der für diesen Bereich zuständig ist, ist ersteinmal sinnvoll, zumindest wenn dieser die notwendigen Befugnisse hat an der Situation etwas zu ändern, dass dieser der Lades und betriebssprache nicht mächtig ist, ist natürlich nicht optimal, hier würde ich den Arbeitgeber bitten einen entsprechenden Dolmetscher bereitzustellen für dieses Gespräch. Denn wenn dieses Gespräch stattfindet sollten auch die rechtlichen Rahmenbedingungen klar sein und das ist durchaus die deutsche Gesetzgebung, da es sich um einen in Dutschland ansässigen Betrieb handelt, damit würde auch der §612a BGB greifen und das muss ggf. auch der ausländischen Führungskraft klar gemacht werden.

    Viele Grüße

    Bernd


    Edith: der Ansatz von Moritz die Sprachbarriere zur Führungskraft zu verschieben finde ich gut. Ähm kann einer von den Teilnehmern Dialekt...? :evil:

  • Allerdings gibt es Gründe, die die Beschäftigten derzeit noch davon abhalten den §85 zu "ziehen".

    Welche wären das? Denn ich hielte das tatsächlich für die geschmeidigste Lösung...

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Welche wären das? Denn ich hielte das tatsächlich für die geschmeidigste Lösung...

    Das ist eine Frage welche ich mir auch stelle. Vor allem ist ja §84 BetrVG etwas was der einzelne machen kann. Laut Eröffnungsbetrag sind sie gemeinsam über den §84 BetrVG unterwegs was eigentlich ja gar nicht geht. Außer gemeinsam ist so gemeint das eine Gruppe von Kollegen/innen jeder mit einer Beschwerde einzeln unterwegs ist.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Kann der Arbeitgeber seine Aufgabe Beschwerden nach §84 zu bearbeiten an ausländische, nicht deutsch-sprechende Führungspersonen abgeben, wenn es um Beschwerden und Überlastungsanzeigen in der Betriebssprache Deutsch geht?

    Wie ja schon geschrieben wurde, hat das mit der Sprache einfach nix zu tun.

    Allerdings drängt sich mir da gerade ein anderer Gedanke auf...

    Fach-Vorgesetzten

    Wenn, so wie Du schreibst, die ausländische Führungskraft "nur" der fachliche Vorgesetzte ist, so ist er hier tatsächlich nur sehr bedingt zuständig. Alle arbeitsrechtlichen Belange fallen in die Zuständigkeit des disziplinarischen Vorgesetzten.

    Da es bei der Beschwerde und der Überlastungsanzeige um die Arbeitsorganisation geht und diese vermutlich im wesentlichen vom fachlichen Vorgesetzten zu verantworten ist, macht es zwar durchaus Sinn ihn dazu zu holen, aber für die Bearbeitung einer Beschwerde nach BetrVG kann mMn nur der disziplinarische Vorgesetzte zuständig sein.

    Ich habe so die Vermutung, dass es sich Euer deutscher AG hier nur leicht machen will und einfach auf seinen Vorgesetzten im Ausland verweist. ("Kann ich nix für, kommt von oben"). Wenn ich das richtig verstanden habe, seid Ihr ja bei einem deutschen Unternehmen angestellt, welches auch einen eigenen Geschäftsführer hat, dessen Direktionsbefugnis Ihr unterliegt. Für mein Verständnis ist es dessen Aufgabe (und nicht Eure) dem Fachvorgesetzten zu vermitteln, dass es so nicht geht und seine MA überlastet sind.

    (Ich kenne so eine Konstellation aus dem Familienkreis, mein alter Herr (inzwischen lang in Rente) war Geschäftsführer der deutschen Niederlassungen eines italienischen Konzerns und er hatte regelmäßig sehr "intensive" Diskussionen, in denen er seinen italienischen Vorgesetzten vermittelt hat, warum er ihre Vorstellungen von Arbeitsorganisation nicht umsetzen kann und wird).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Das ist eine Frage welche ich mir auch stelle. Vor allem ist ja §84 BetrVG etwas was der einzelne machen kann. Laut Eröffnungsbetrag sind sie gemeinsam über den §84 BetrVG unterwegs was eigentlich ja gar nicht geht. Außer gemeinsam ist so gemeint das eine Gruppe von Kollegen/innen jeder mit einer Beschwerde einzeln unterwegs ist.

    Dass der §85 bislang nicht gezogen wurde hat was mit der Besetzung des Betriebsrats und Interessenkonflikten zu tun, aber dessen ungeachtet habe ich den Beschwerdeführenden auch schon geraten den 85er "zu ziehen".


    Suppenkasper weist völlig zurecht auf den individualrechtlichen Charakter des Beschwerderechts nach §84 hin.
    Allerdings hat sich der Arbeitgeber bislang nicht dahingehend geäußert, dass er von jeder einzelnen der beschwerdeführenden Personen eine eigene, separate Beschwerde wünscht (die Erstellung der separaten Beschwerden würde ja in Arbeitszeit erfolgen und der Arbeitgeber hat vermutlich kein Interesse daran, mit der Forderung nach separaten Beschwerden noch weitere Arbeitszeit zu verlieren). Auch ist es ja vom Ablauf her so gewesen, dass sich eine Gruppe von Beschäftigten dazu entschlossen hat eine gemeinsame Überlastungsanzeige zu stellen. Als diese Überlastungsanzeige ohne Resonanz blieb, hat die Gruppe dann die Beschwerde darüber, dass in Bezug auf die in der Überlastungsanzeige genannten Belastungen keine Abhilfe geschaffen wird, an den Arbeitgeber adressiert.
    Allerdings können sich ja bei der Beschwerde nach §85 dann auch mehrere Beschäftigte gleichzeitig beschweren :)

  • Dass der §85 bislang nicht gezogen wurde hat was mit der Besetzung des Betriebsrats und Interessenkonflikten zu tun, aber dessen ungeachtet habe ich den Beschwerdeführenden auch schon geraten den 85er "zu ziehen".

    Auch Betriebsratsmitglieder sind Arbeitnehmer welche den §84 oder §85 BetrVG für sich ziehen können. Wenn Sie dann befangen sind sollten darf sich in dem Fall das Ersatzmitglied mit dem Arbeitgeber vergnügen.


    Suppenkasper weist völlig zurecht auf den individualrechtlichen Charakter des Beschwerderechts nach §84 hin.
    Allerdings hat sich der Arbeitgeber bislang nicht dahingehend geäußert, dass er von jeder einzelnen der beschwerdeführenden Personen eine eigene, separate Beschwerde wünscht (die Erstellung der separaten Beschwerden würde ja in Arbeitszeit erfolgen und der Arbeitgeber hat vermutlich kein Interesse daran, mit der Forderung nach separaten Beschwerden noch weitere Arbeitszeit zu verlieren).

    Vielleicht sollte der Betriebsrat dem Arbeitgeber mal erklären das der §84 BetrVG kein Wunschkonzert des Arbeitgebers ist sondern die Beschwerde nach §84 eine einseitige Willenserklärung jedes betroffenen Arbeitnehmers ist.
    Welcher er im Gegensatz zu einer Kündigung des Arbeitnehmers nicht einfach so zu den Akten nehmen muss sondern in jedem Einzelfall tätig werden muss, sich damit beschäftigen muss und im Glücksfall eine Abhilfe schaffen muss und dem "Einreicher der Willenserklärung" eine qualifizierte Antwort schuldig ist. Sprich er also mal wirklich in den Niederungen des Betriebes arbeiten muss. :)

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

    Einmal editiert, zuletzt von suppenkasper () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von suppenkasper mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ich würde gern noch die Frage zur "zuständigen Stelle" bzw. zum "disziplinarischen Vorgesetzten" noch mit euch beleuchten.

    Eingereicht wurde die Beschwerde nach §84 nicht bei den beiden in Deutschland vorhandenen Führungsebenen (weil die ja eben nix unternommen hatten), sondern beim Vertreter des Geschäftsführers in Deutschland, der zu Personalabteilung gehört.


    Wie eben schon geschrieben gibt es in Deutschland zwei Führungsebenen. Diese haben auf die Überlastungsanzeige, die bereits vor mehreren Monaten gestellt wurde, nicht reagiert. Dies vornehmlich deshalb, weil sie sich nicht gegenüber der höheren Führungsperson im Ausland durchsetzen können. Anstatt die Beschwerdeführenden (BF) von Arbeit zu entlasten, hat man ihnen noch weitere Arbeit aufgebürdet, mit dem Argument, dass man nicht anders könne (andernfalls werde die Arbeit ins Ausland verlagert), zudem hat sich die Situation noch weiter verschärft, weil Beschäftigte aus diesem Bereich gekündigt haben und nicht nachbesetzt wurden/werden konnten. Die Kollegen arbeiten vermehrt nur noch die Regelarbeitszeit und die Arbeit bleibt liegen, was die Beschwerdeführenden belastet, weil ihnen die Konsequenzen klar sind, sie aber auch mit 12h Arbeit am Tag die Arbeit nicht erledigt bekommen würden. Aus diesem Grund hatten die BF die Beschwerde nach §84 eingereicht und werden nun an eben die höhere Führungsperson im Ausland verwiesen, gegen die sich ihre eigenen Führungskräfte in Deutschland nicht durchsetzen konnten.
    Da die höhere Führungsperson im Ausland aber hierarchisch direkt über den deutschen Führungskräften angesiedelt ist, ist sie dann nicht die disziplinarische Vorgesetzte und nicht wie zunächst von mir geschrieben die fachliche Vorgesetzte?

    Und kann ein disziplinarischer Vorgesetzter so ohne weiteres im Ausland sitzen?

    Wir sind ja, wie der Paragraphenreiter richtig schreibt, bei einem deutschen Unternehmen angestellt, welches auch einen eigenen Geschäftsführer hat, dessen Direktionsbefugnis wir unterliegen. Ist es nicht die Aufgabe unseres Geschäftsführers oder einer der zwei Führungsebnen in Deutschland der höheren Führungsperson im Ausland zu vermitteln, dass es so nicht geht und die Beschäftigten überlastet sind?


    Es geht um Beschwerden und Überlastungsanzeigen. Punkt. In welcher Sprache die geäußert wurde, spielt doch gar keine Rolle.

    Hallo Moritz, wie gehen wir damit um, dass die Beschwerde und die Überlastungsanzeige auf Deutsch geschrieben worden sind und jetzt vom Vertreter des Geschäftsführers (an den die Beschwerde adressiert wurde) ins Englische übersetzt wurden und zwar ohne die Beschwerdeführenden darüber zu informieren, dass eine Übersetzung erfolgt ist und natürlich daher auch ohne den Beschwerdeführenden die Übersetzung vorzulegen.

    Und außerdem fühlt es sich irgendwie nicht gut an, wenn die Namen der beschwerdeführenden Personen an die höhere Führungsperson im Ausland weitergereicht wurden, ohne vorher die beschwerdeführenden Personen um ihr Einverständnis zu bitten. Wie bereits gesagt, ist eine höhere Führungsperson im Ausland an das Maßregelungsverbot, das in Deutschland gilt gebunden?

    Einmal editiert, zuletzt von Solitarius () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Solitarius mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Und kann ein disziplinarischer Vorgesetzter so ohne weiteres im Ausland sitzen?

    Ganz klares Ja. Wie der AG sich organisiert ist ganz allein seine Aufgabe. Um hier mal eine vor längerer Zeit geführte Diskussion zusammenzufassen: Wenn der Typ von der Straße kommt, und dir was über deinen Job erzählen will, kannst du ihn selbstverständlich ignorieren. Wenn aber dein Arbeitgeber (wer auch immer ihn rechtlich vertritt) dir erklärt: du hörst ab sofort auf sein Kommando, dann ist das so. Und da spielt es überhaupt keine Rolle, ob derjenige Angestellter deiner Firma ist, am gleichen Ort sitzt oder was auch immer. Der AG entscheidet über die Organisation. Punkt. (Er muss es dir nur selbstverständlich bekanntmachen, logisch oder?)



    Ist es nicht die Aufgabe unseres Geschäftsführers oder einer der zwei Führungsebnen in Deutschland der höheren Führungsperson im Ausland zu vermitteln, dass es so nicht geht und die Beschäftigten überlastet sind?

    In einer idealtypischen Welt wäre das wohl so. Aber was machst du, wenn das nicht passiert? Mögliche Hilfe von außen ablehnen*, weil du meinst, es müsste anders gelöst werden? Nicht hilfreich, oder?



    und natürlich daher auch ohne den Beschwerdeführenden die Übersetzung vorzulegen

    Seid doch mal bitte konsequent. Entweder sagt ihr, ihr seid des Englischen gar nicht so sehr mächtig, dass ihr das in Englisch handhaben könntet (oder wolltet?), also haltet euch doch einfach raus, dann seid ihr auch nicht für Übersetzungs-/Transkriptionsfehler verantwortlich. Kann man doch herrlich mit spielen. Was? Nein, das haben wir so nie gesagt. Oh, da fehlt aber noch ein wesentlicher Punkt...

    Oder ihr seid so firm, dann hört auf zu jammern und stellt euch dem Gespräch. Beides gleichzeitig ist unglaubwürdig und klingt mehr nach mimimi als nach allem anderen.


    Und außerdem fühlt es sich irgendwie nicht gut an, wenn die Namen der beschwerdeführenden Personen an die höhere Führungsperson im Ausland weitergereicht wurden, ohne vorher die beschwerdeführenden Personen um ihr Einverständnis zu bitten.

    Kann ich ein Stück weit nachvollziehen, ist mit Sicherheit schlechter Stil, aber grundsätzlich bin ich der Meinung: Wenn meine Kritik sachlich gerechtfertigt ist und auch sachlich vorgetragen wurde, dann stehe ich dazu. (Wie sagte der Onkel in der Werbung immer? Dafür stehe ich mit meinem Namen. ;) )



    Wie bereits gesagt, ist eine höhere Führungsperson im Ausland an das Maßregelungsverbot, das in Deutschland gilt gebunden?

    Lass es mich mal so sagen: Am Ende des Tages gilt selbstverständlich das deutsche Arbeitsrecht. Da gibt es keine zwei Meinungen. Es könnte nur "unhandlich" werden das durchzusetzen.


    (Aus dem Nähkästchen geplaudert: Unsere im Ausland sitzende Konzernmutter hatte auch mal ganz tolle Ideen, was sie so einfach macht, wo wir gesagt haben, nee, macht ihr nicht. Unsere Geschäftsführung hat versucht es dem Konzern verständlich zu machen, der hat sich aber stur gestellt. Am Ende haben wir quasi einen "Showkampf" vor dem Arbeitsgericht ausgefochten. War "lustig", weil der Vorsitzende in der Güteverhandlung dem Rechtsvertreter des AG (der sich selber lieber nicht die Blöße gegeben hat, dort zu erscheinen) erklärt hat, dass die Rechtslage doch derart eindeutig sei, dass es doch wohl keines Urteils bedürfe. Und sein Gesicht war herrlich, als der Anwalt darum bat ein Urteil zu erhalten, weil er das quasi als Nachweis bräuchte, dass er sich auf keinen Handel eingelassen habe, sondern es wirklich nur so ginge. Also wurde ein Verhandlungstermin festgelegt (zu dem dann auch wir nur noch unseren Anwalt hingeschickt haben), der wohl mehr Zeit in Anspruch nahm um die Formalien zu klären (worum geht es und wer ist für welche Partei erschienen), als um das Urteil zu sprechen. (So der Bericht unseres RA.))


    Will sagen: natürlich kann der Manager aus dem Ausland "wilde Order geben", aber am Ende ist die in Deutschland agierende juristische Person natürlich an die deutschen Gesetze gebunden. Ohne Wenn und Aber.



    * Auch wenn ich hier mit der möglichen Hilfe von außen argumentiere, ist mir selbstverständlich klar, dass es darum aller Wahrscheinlichkeit gar nicht geht, sondern eure Geschäftsführung euch nur in die Position versetzen will, dass ihr die Drohung, die Arbeit komplett in Ausland zu verlagern, aus erster Hand hören sollt.

    Es wäre gut, wenn ihr dem "freundlichen Herrn" direkt an den Kopf werfen könntet, dass das a) ohnehin der Weg ist, den er beschreitet, weil derzeit nach und nach die Kollegen in Deutschland unter der Last zerbrechen und b) dass es selbstverständlich seine freie Entscheidung ist, seine Standortvorteile in Deutschland aufzugeben. (Hier wäre es natürlich gut, wenn ihr da auch welche zu bieten hättet (Made in Germany, kurze Wege, Qualitative Arbeit, Kundennähe, was weiß ich - ihr kennt euren Laden))

    Macht bitte euch (und dem AG) klar, am Ende des Tages ist es sein Unternehmen und seine Entscheidung. Ihr fällt keine Entscheidungen! Ihr macht den AG nur darauf aufmerksam, dass es so nicht weitergeht. Und wenn er lieber den Laden einstampfen will, als die Probleme zu lösen - auch gut, aber er solle nicht so tun, als wäret ihr es Schuld. Ihr habt die Probleme nicht verursacht. Ihr zeigt sie nur auf!


    Auf die Gefahr hin, dir/euch bitterböses Unrecht anzutun, sage ich dir mal, was bei mir gerade ankommt: ihr seid nur am jammern und meint, wenn ihr nur laut genug jammert, müsste sich alles zum besseren wenden. Tut es erfahrungsgemäß eher nicht. Ein schlauer Mensch hat einmal gesagt: Wer kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat schon verloren.

    Und wenn ihr ehrlich seid: ihr habt nichts zu verlieren, ihr könnt nur gewinnen. (Getreu dem Motto der Bremer Stadtmusikanten: Etwas besseres als den Tod findet ihr allemal!) Oder anders gesagt: der Zustand bei euch ist unhaltbar. Also lieber ein Ende mit Schrecken (Firma dicht, neuer Job) als Schrecken ohne Ende (alle AN gehen langsam und systematisch zu Grunde). Traut euch! Es geht um euch und euer Leben! (Im Sinne von Lebensqualität.) Viel Erfolg!

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ich würde gern noch die Frage zur "zuständigen Stelle" bzw. zum "disziplinarischen Vorgesetzten" noch mit euch beleuchten.

    Das ist natürlich schwierig, da wir ja detaillierte Organisation Eures Betriebes nicht kennen.

    Aber vielleicht hilft folgende Frage weiter:

    Mal angenommen Ihr (der BR) würdet neben der Überlastung auch Rechtsverstöße feststellen, z.B. Verstöße gegen den Arbeitsschutz oder die Arbeitsstättenverordnung, oder dass ohne Eure Zustimmung massiv Überstunden gemacht werden o.ä. und diese Verstöße würden trotz Eurer Hinweise nicht abgestellt werden. Nehmen wir weiter an, Ihr würdet dann beschließen zu klagen. Mit wem würdet Ihr dann vor Gericht stehen? Mit dem deutschen AG, oder würde da auch eine Führungskraft aus dem Ausland kommen?

    (Wenn ich raten soll, würde ich vermuten es ist der deutsche AG. Wenn dem so ist, sollte man ihm das evtl. mal klar machen. Also ihm mitteilen, dass er in der Verantwortung ist und sich durchsetzen muss, weil wenn das ganze weiter und vor Gericht geht, wird auch kein ausländischer Vorgesetzter kommen und seinen Arsch retten.)

    ...und mal ehrlich, wenn die MA tatsächlich dermaßen überlastet sind, wird sich doch bei genauem hinschauen sicher irgendein Verstoß finden lassen, mit dem man den AG ein wenig unter Druck setzen kann. Nehmt Euch doch mal die ganzen Gesetze und Verordnungen detailliert vor und prüft jeden noch so kleinen Mist ;) Vielleicht gibt es lt. Arbeitsstättenverordnung für die Anzahl der MA irgendwo ein Klo zu wenig, oder vielleicht ist bei Bildschirmarbeitsplätzen die Raumbeleuchtung unzureichend, oder es werden Pausen durchgearbeitet, um die Arbeit irgendwie zu schaffen (usw, usw.). Auch ohne Beschwerde nach § 85 habt Ihr jede Menge Möglichkeiten dem AG so richtig auf den Sack zu gehen, um ihn dazu zu bewegen zu seiner Verantwortung für seine MA zu stehen.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser