Briefkastenzwang

  • Grüße ins Forum,


    ich bin vollkommen neu hier, daher seht es mir bitte nach falls ich bereits gestellte Fragen erneut stelle, da ich bisher keine Antworten dazu gefunden habe.


    Nun zur Sache. Unser Betriebsrat (3 Mitglieder) ist komplett neu gegründet worden. Ich habe das Vertrauen BRV zu sein. Speziell ist das unsere Firma in Deutschland mehrere Niederlassungen hat. Wobei 2 Mitglieder aus der Huptniederlassung in Berlin sind, davon einer widerrum in Teilzeit von zu Hause.Somit sind BR Sitzungen schon immer besonders, da 1 Mitglied pro Strecke 6h Reisezeit hat.

    Im ersten Monatsgespräch, kam die Geschäftsleitung(GL) nun mit der Idee eines Briefkastens um die Ecke, den wir für uns aber eher hinderlich sehen und das erstmal im BR besprechen möchten.

    Denn es ist nie jeden Tag ein BR Mitglied da um den zu kontrollieren, wir vermuten aufgrund der gesteigerten Motivation eher ein komfortables Ingangsetzen der Fristen durch die GL

    Es steht gar im Raume, dass die GL den Briefkasten einfach so montieren lässt, denn sie hat ihn schon gekauft. Obwohl noch garnicht feststeht ob wir den betreiben.

    Nun sind wir 3 Neulinge halt mehr als nervös, welche auswirken ein solcher Briefkasten haben könnte. Bisher liefen die Anhörungen immer via Mail und mit Zugang zum Bewerbermanagementsystem, einglich recht komfortabel.

    Habt Ihr Tipps und Hinweise für uns? Beste Grüße

  • Hallo,


    in der Tat könnte so ein Briefkasten je nach konkreter Vereinbarung dazu führen, daß Fristen in Gang gesetzt werden.

    Wenn der AG sowas will, kann man ihn ja darauf hinweisen, daß dann zwingend dieser Briefkasten (arbeits-)täglich vom BR kontrolliert werden muß und ggfs. auch in irgendeiner Form reagiert werden muß - und das dann natürlich alles im Rahmen der bezahlten Arbeitszeit.

  • Mit einem Briefkasten kam unser AG auch mal an, ich hab ihm dann gesagt, der ist erstens zu klein, für die MA, die Ihre Nachrichten in Steinplatten meißeln und zweitens nicht gekuhlt, für die MA, die Ihre Nachrichten auf verderbliche Palmblätter schreiben.

    (Aber genug der schlechten Witze über antiquierte Kommunikation ;))


    Einen Briefkasten sollte man als BR durchaus haben, aber eher für die MA, als für den AG. Ich bin zwar kein großer Freund von "anonymen Hinweisen", dass heißt aber nicht, das ich solchen nicht schon die eine oder andere wertvolle Information entnommen habe. Es kommt doch immer mal wieder vor, dass mir (bzw. dem BR) ein MA keine Email schreiben will (weil ich anhand der Emailadresse ja dann weiß von wem sie kommt) und mir lieber eine Nachricht in den Briefkasten wirft.


    Was die Kommunikation AG - BRV angeht, so haben wir da eine simple Regelungsabrede: Alles was irgendwelche Fristen auslösen kann, ist mit mit Lesebestätigung per Email zu schicken und erst die Übermittlung der Lesebestätigung löst die Frist aus. Bzw. meistens werde ich einfach angerufen und direkt persönlich informiert.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Es steht gar im Raume, dass die GL den Briefkasten einfach so montieren lässt, denn sie hat ihn schon gekauft.

    Das klingt in der Tat ein wenig danach, als wolle der AG hier Fakten schaffen um euch bei Gelegenheit damit auszutricksen.


    Tipp: Nicht der AG entscheidet, wie er den BR (fristwahrend) erreicht, sondern der BR bestimmt, wie er sich organisiert. Das solltet ihr eurem AG deutlich klar machen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Wieviele Niederlassungen, für welche ihr Zuständig seit als Betriebsrat gibt es denn? Weil wenn das für die Mitarbeiter ist sollte man ja darüber nachdenken ob ihr da nicht überall einen Briefkasten benötigt. :) Wobei das zur Überwachung ja dann auch an jeder Niederlassung ein BR oder ErsatzBR Mitglied geben müsste den täglich zu überwachen.

    Wo soll den der aktuell von der GF geplante Briefkasten hin? in der Zentrale wo du auch sitzt oder wo anders?

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)

  • Anders herum aufgezogen: Der BR muss für den AG zu normalen Geschäftszeiten erreichbar sein, auch für den erforderlichen Schriftverkehr. Der BR darf hier das Ingangsetzen von Fristen auch nicht (mutwillig) verzögern.


    Der AG hat nun einen Vorschlag gemacht. Daran ist nichts verwerflich. Wenn der Vorschlag für Euch nicht gangbar ist, macht einen konstruktiven Gegenvorschlag.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Da Ihr ja nun "ganz neu" seid, vielleicht noch ein kleiner Hinweis:

    Ansprechpartner für die Geschäftsleitung bist Du als BRV:

    Zitat

    § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG

    Zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, ist der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt.

    D.h. die anderen 2 BRM sind (solange Du nicht verhindert bist) nicht berechtigt Erklärungen der Geschäftsleitung entgegen zu nehmen. Also wenn die GL etwas in einen Briefkasten wirft und dieser Briefkasten dann von einem BRM geleert wird, so gilt das was darin war noch als "nicht beim BR eingegangen". Erst wenn es Dir, dem BRV (oder im Fall Deiner Verhinderung Deinem Stellvertreter), vorliegt ist es auch beim BR eingegangen. Ein BRM kann höchstens "Postbote" für den BRV spielen, aber es kann durch das Leeren eines Briefkastens keine Fristen auslösen.

    Also kurz gesagt, Ihr/Du müsst der GL vermitteln, dass sie sich mit allen Anhörungen und überhaupt allem was sie vom BR wollen, immer ausschließlich an Dich (oder im Fall Deiner Verhinderung an Deinen Stellvertreter) zu wenden haben. (So ist es nun mal explizit im Gesetz geregelt).

    D.h. ein Briefkasten kann überhaupt nur dann irgendwie zweckdienlich sein, wenn es Dir (oder im Fall Deiner Verhinderung Deinem Stellvertreter) ermöglicht wird, diesen auch arbeitstäglich zu leeren.

    (Nach dem was Du geschrieben hast, vermute ich mal, dass die GL in der Hauptniederlassung in Berlin sitzt, Du aber ganz wo anders. D.h. die GL müsste diesen Briefkasten in Deiner Niederlassung aufhängen und Ihr Gedöns dorthin zustellen, um den BR, gesetzeskonform über den BRV, zu kontaktieren. Dein Stellvertreter sitzt dann (wenn ich das richtig verstanden habe) auch in Berlin, d.h. dort müsste ein zweiter Briefkasten hin und die GL müsste, im Falle Deiner Verhinderung, ihr Gedöns dorthin zustellen, um den BR gesetzeskonform über den stellv. BRV, zu kontaktieren. Wie sinnvoll und praktikabel das ist, kann sich die GL ja mal selbst überlegen ;)).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Hallo Paragraphenreiter,


    bei Zustellung über einen Briefkasten bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Frist nicht doch anfängt zu laufen, selbst wenn ein anderes BRM die Leerung vornimmt als der Vorsitzende.

    Da die Erklärung innerhalb des Verfügungsbereiches des BR liegt.

    Gerade bei Briefkästen macht es Sinn Leerungszeiten zu vereinbaren bzw. auch die Anzahl und den Ort an dem diese angebracht werden. Und das BR Gremium sollte sich intern entsprechend organisieren dass der briefkasten regelmäßig geleert wird.

    Bei der direkten Übergabe ohne zwischengeschalteten Briefkasten bin ich voll bei Dir.


    Viele Grüße

    Bernd

  • § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, die dem Betriebsrat ggü. ... dem Betriebsratsvorsitzenden können auch dadurch zugehen, dass der Arbeitgeber diese – etwa die Anhörung zu einer Kündigung – während des Laufs des Arbeitstages in einen vom Betriebsrat eingerichteten Briefkasten einwirft.


    https://www.haufe.de/recht/deu…k_PI17574_HI12110121.html


    Wenn der BR einen solchen Briefkasten einrichtet und dem AG gegenüber erklärt: das ist unser BR-Briefkasten, dann gilt das als zugestellt (habe ich auf einem Seminar auch so gelernt)


    Aber eben nicht, wenn der AG einen Briefkasten für den BR einrichtet.


    Wir haben keinen Briefkasten, dafür aber eine klare Vertreterreihenfolge über den stellv. BRV hinaus, so kann und muss der AG die Unterlagen immer dem gerade empfangsberechtigten BRM persönlich gegen Bestätigung übergeben.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


    2 Mal editiert, zuletzt von Randolf ()

  • Wenn der BR einen solchen Briefkasten einrichtet und dem AG gegenüber erklärt: das ist unser BR-Briefkasten, dann gilt das als zugestellt (habe ich auf einem Seminar auch so gelernt)

    So kenne ich das auch. (Mit noch dem Hinweis dazu, dass man das genaue Prozedere auch in der Geschäftsordnung regeln sollte).

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    Hanlons Rasiermesser

  • wow, vielen herzlichen Dank für die hilfreichen Antworten. Wir werden voraussichtlich durch eine GO die Vertreteungsregelung schaffen und den Briekasten durch den AG akzeptieren. Fristauslösende Schreiben müssen den BR insgesamt zugehen (quasi via Mail).

  • Fristauslösende Schreiben müssen den BR insgesamt zugehen (quasi via Mail).

    na das wird wohl nicht gehen, was ist den wenn ein BRM abwesend ist?

    Nach der Regelung müsste dann ja der AG dem Vertreter des abwesenden BRM das Schreiben zugehen, bevor die Frist zu laufen beginnt und das weiss der AG ja nicht, ob gerade ein Vertreter "aktiviert" ist.

    Das muss der BRV ja prüfen, ob ein BRM als verhindert gilt oder nicht.


    Außerdem kann man wohl kaum einen Briefkasten akzeptieren, dann diesen aber für fristauslösende Schreiben "deaktivieren"

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  • Naja.

    Wir werden voraussichtlich (...) den Briekasten durch den AG akzeptieren.

    Euch muss dann aber klar sein, dass dieser Briefkasten dann rechtlich betrachtet einem von Euch eingerichteten gleichgestellt ist. Damit ist alles, was in diesen Briefkasten eingeworfen wird, in diesem Moment in Euren Machtbereich gelangt und (fristauslösend) zugegangen.


    Das hier...

    Fristauslösende Schreiben müssen den BR insgesamt zugehen (quasi via Mail).

    ... könnt Ihr dem AG sicherlich nicht einseitig vorgeben. Der AG hat sich an das BetrVG zu halten, d.h. mit dem/der BRV zu kommunizieren, und das entweder ohne Formerfordernis oder aber in der jeweilig vom BetrVG vorgeschriebenen Form.

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  • Denn es ist nie jeden Tag ein BR Mitglied da um den zu kontrollieren,


    wow, vielen herzlichen Dank für die hilfreichen Antworten. Wir werden voraussichtlich durch eine GO die Vertreteungsregelung schaffen und den Briekasten durch den AG akzeptieren.

    bei eurer Konstellation ist der Briefkasten aus Sicht des BR die schlechteste Lösung, weil ihr ja nicht sicherstellen könnt, das jeden Tag einer da ist. Damit wird der Tag kommen, wo eine Frist bereits läuft und ihr gar keine BR-Sitzung mehr geplant und durchgeführt bekommt bis zum Fristablauf.


    Ich würde eine klare Vertreterregelung über BRV/stellv BRV hinaus in die GO schreiben und den AG mitteilen. Der AG kann dann die BRM anschreiben per e-mail oder anrufen das ein fristbehaftetes Schreiben zur Übergabe vorliegt und Ihr stellt sicher das dieses dann spätestens am nächsten AT in Empfang genommen wird.

    Die Frist beginnt dann mit der Entgegennahme.

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  • Fristauslösende Schreiben müssen den BR insgesamt zugehen (quasi via Mail).

    Das könnt Ihr schon so machen, allerdings bedarf es dazu einer schriftlichen Regelungsabrede mit dem AG.

    Denn wie Winfried ja schon geschrieben hat, wenn Ihr den Briefkasten akzeptiert könnt Ihr anschließend nicht einfach einseitig bestimmen was da rein darf und was nicht.

    Ich würde also eine entsprechende Regelungsabrede vorbereiten, dem AG vorlegen und ihm mitteilen, dass Ihr den Briefkasten unter der Bedingung akzeptiert, dass er diese unterschreibt.

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    Hanlons Rasiermesser

  • okay, Danke. Die feste BRV Vertreterregelung über den stellv. BRV hinaus auf das dritte BRM ist klar. Durch die unterschiedlichen Arbeitsorte der BRM und auch unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle, ist aber auch die Leerung am nächsten AT schwierig. Es kann passieren das ein BRM aus Hamburg gerade BRV ist und Post im BR Briefkasten in Berlin ist, welche eine Frist auslöst.

  • <korinthen-dingens ...>

    Es kann passieren das ein BRM aus Hamburg gerade BRV ist

    Nein, das kann nicht sein. Das BRM kann gerade die Vertretung und Funktion der/des BRV innehaben, weil diese(r) verhindert ist, aber wird deswegen nicht selbst zur/zum BRV.


    Du meinst sicherlich das Richtige, aber hier und da sind die Details wirklich wichtig, wie du bereits an etwas so Einfachem wie einem Briefkasten gemerkt hast ;)

    </korinthen-dingens ...>


    ;)

    Man wird alt wie ein Haus und lernt doch nie aus.

  • Durch die unterschiedlichen Arbeitsorte der BRM und auch unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle, ist aber auch die Leerung am nächsten AT schwierig. Es kann passieren das ein BRM aus Hamburg gerade BRV ist und Post im BR Briefkasten in Berlin ist, welche eine Frist auslöst.

    ...was die einfache und sachliche Begründung dafür ist, dass so eine Briefkasten für die Kommunikation zwischen AG & BR, absolut sinnbefreit ist. Aus jedem Blickwinkel entstehen, Euch als BR, daraus nur Nachteile und kein einziger Vorteil, der diese irgendwie relativieren könnte. Wenn Ihr Euch darauf einlasst, behindert Ihr Euch selbst, ohne irgendwas davon zu haben.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • ..ja, so war das auch gemeint, dass die Funktion BRV (Entgegennahme von Erklärungen) sich durch die GO bis auf das 3. BRM runterbricht und dieses nicht am Standort der Hauptnierderlassung seinen Arbeitsort hat. Danke


    ...was die einfache und sachliche Begründung dafür ist, dass so eine Briefkasten für die Kommunikation zwischen AG & BR, absolut sinnbefreit ist. Aus jedem Blickwinkel entstehen, Euch als BR, daraus nur Nachteile und kein einziger Vorteil, der diese irgendwie relativieren könnte. Wenn Ihr Euch darauf einlasst, behindert Ihr Euch selbst, ohne irgendwas davon zu haben.

    auch hier nochmal Danke, wir werden den "durch die Geschäftsführung bereitgestellten" Briefkasten und der Bedingung akzeptieren, dass fristauslösende Schreiben parallel(gleichzeitig) zum Einwurf via Mail an den gesamten BR, mit Empfangsbestätigung geschickt werden. Das dürfte ein guter Kompromiss sein.

    Einmal editiert, zuletzt von BRV_noob () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von BRV_noob mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • ..ja, so war das auch gemeint, dass die Funktion BRV (Entgegennahme von Erklärungen) sich durch die GO bis auf das 3. BRM runterbricht und dieses nicht am Standort der Hauptnierderlassung seinen Arbeitsort hat. Danke


    auch hier nochmal Danke, wir werden den "durch die Geschäftsführung bereitgestellten" Briefkasten und der Bedingung akzeptieren, dass fristauslösende Schreiben parallel(gleichzeitig) zum Einwurf via Mail an den gesamten BR, mit Empfangsbestätigung geschickt werden. Das dürfte ein guter Kompromiss sein.

    Das wird dann bei der ersten Kündigungsschutzklage interessant wenn man sich dann vor Gericht streitet ob der BR Frist- und Formgerecht beteiligt worden ist.

    Bevor wir einfache oder komplizierte Gesetzen/Verordnungen erlassen sollten wir es vielleicht mit etwas einfachen wie Hochdeutsch versuchen :)