AV unbefristet, wenn BR über Neuvertrag nicht benachrichtigt wurde?

  • Guten Abend,


    Schilderung der Grundsituation:

    AG stellt grundsätzlich AN immer mit 1 Jahr unbegründeter Befristung ein, üblicherweise erhält der AN danach eine weitere unbegründete Befristung für ein Jahr und wird dann unbefristet übernommen. Die Gespräche bezüglich der neuen Verträge finden meist kurz vor Ablauf der Verträge statt.

    Da es sich hierbei um 3 Verträge handelt, hat der BR bei jedem Zeitpunkt (3x) ein Zustimmungsverweigerungsrecht und muss entsprechend darüber unterrichtet werden. Dies hat nun in unserem 1. Amtsjahr bereits ganz ordentlich geklappt.


    Schilderung der speziellen Situation:

    Ein AN hat nun einen Vertrag für ein weiteres Jahr unterzeichnet, allerdings wurde der BR darüber vom AG nicht unterrichtet.

    Bei zwei weiteren AN gab es eine Unterrichtung zum gleichen Zeitpunkt.

    Der BR würde den betroffenen AN gerne langfristig im Unternehmen sehen, da wir sehr mit ihm zufrieden sind.


    Frage: Wenn der AN nun zur Arbeit kommt über die Frist seines 1. Vertrages hinaus und sein 2.er auf Grund der nicht Unterrichtung des BR nicht rechtskräftig sein sollte, wäre er dann direkt unbefristet angestellt?!

  • Frage: Wenn der AN nun zur Arbeit kommt über die Frist seines 1. Vertrages hinaus und sein 2.er auf Grund der nicht Unterrichtung des BR nicht rechtskräftig sein sollte, wäre er dann direkt unbefristet angestellt?!

    Leider ist das Gegenteil der Fall: Analog zu Neueinstellungen ist eine Weiterbeschäftigung ohne BR-Anhörung ungültig. Ihr könntet nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fehlenden Anhörung verlangen, was ihr ja -zurecht- gar nicht wollt, weil der MA der Leidtragende für die Schlamperei des AG wäre.


    Ihr könntet also dem AG erklären: "Du bist wohl stillschweigend davon ausgegangen, dass wir gegen einen neuen Vertrag für Peter nichts einzuwenden haben und hast damit sogar Recht. Trotzdem möchten wir aber die Anhörung nachträglich bekommen und in Zukunft über ALLE Vertragsverlängerungen angehört werden." Ihr könnt auch einen Unterlassungsanspruch gegen den AG erwirken, weitere Einstellungen/Verlängerungen ohne BR-Anhörung vorzunehmen - was euch aber nicht davon abhalten muß, der Maßnahme zuzustimmen.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • ist eine Weiterbeschäftigung ohne BR-Anhörung ungültig. Ihr könntet nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fehlenden Anhörung verlangen,

    Sorry, aber da muss ich widersprechen. Ich bin zwar bei der Einschätzung der Folgen und Möglichkeiten weitgehend bei Dir, aber hier sollten wir sauber in den Rechtsfolgen bleiben.


    Eine Einstellung ohne Anhörung des BR macht den Arbeitsvertrag NICHT ungültig. Der wäre damit vielleicht unsinnig oder gar unnütz (für den AG jeweils), aber nicht ungültig.

    Im Außenverhältnis hat der AG einen gültigen Arbeitsvertrag mit dem AN. Wegen der fehlenden Anhörung kann der BR aber den Einsatz des AN im Unternehmen verhindern/untersagen. Und der BR kann auch nicht verlangen, dass der AG das Arbeitsverhältnis beendet. Verlangen kann er, dass er angehört oder seine Zustimmung ersetzt wird. Und dass der AN nicht eingesetzt wird, bevor nicht eines davon passiert ist.

    Wenn der AG den Vertrag dann kündigt, dann üblicherweise deshalb, weil er das während der Probezeit ohne Probleme tun kann und es ihm einfacher erscheint als sich mit dem BR rumzuärgern.


    sein 2.er auf Grund der nicht Unterrichtung des BR nicht rechtskräftig sein sollte, wäre er dann direkt unbefristet angestellt?

    Wie eben dargestellt, muss hier zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis unterschieden werden. Und von daher nein, so funktioniert das leider nicht.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    Einmal editiert, zuletzt von Moritz ()

  • Wenn der AG den Vertrag dann kündigt, dann üblicherweise deshalb, weil er das während der Probezeit ohne Probleme tun kann und es ihm einfacher erscheint als sich mit dem BR rumzuärgern.

    Sorry. Da stehe ich etwas auf dem Schlauch. Habe ich da etwas übersehen? Bei einer erneuten Vertragsverlängerung (oder auch bei einer Entfristung) mit oder ohne Sachgrund gibt es keine erneute Probezeit.


    Sonst trifft die Aussage von Moritz 100% zu.

  • Habe ich da etwas übersehen?

    Yepp. Das "üblicherweise". ;)


    Hier, in diesem konkreten Fall, könnte es sogar sein, dass der Vertrag (wegen der Befristung ) gar keine Möglichkeit der vorzeitigen Beendung bietet. Nur retten/helfen würde es den/dem AN auch nicht. Weshalb ich das gar nicht weiter betrachtet habe.


    Vor dem Hintergrund, dass der TE ja erklärt hat, dass andere ordnungsgemäß angehört worden sind, würde ich hier als BR dem AG nur erklären: Hömma, du hast da einen vergessen. Holst du den noch bitte nach? Und erst wenn der AG dann rumzickt, würde ich drüber nachdenken zurück zu zicken.


    Gerade vor dem Hintergrund, dass das alles noch relativ neu ist, bietet sich hier die Gelegenheit dem AG klar zu machen: Wir sehen zwar alles, aber wir wollen dir gar nicht aus allem gleich einen Strick drehen...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Ehm,


    jetzt muss ich hier auch mal zurückfragen. Nach meiner Auffassung gibt es schon in der ursprünglichen Darstellung des TE (wenn ich ihn denn richtig verstanden habe) einen Irrtum in der Wahrnehmung der Rechtslage:


    Durch eine weitere Befristung eines bereits sachgrundlos befristet beschäftigten Arbeitnehmers entsteht kein neues Arbeitsverhältnis. Das verbietet §14 Abs. 2 TzBfG. Es kann also nur das bereits bestehende Arbeitsverhältnis im Sinne einer Vertragsänderung fortgeführt werden. Das Szenario des TE ist z.B. bei uns im Unternehmen gängige Praxis: Der AN wird für 1 Jahr befristet eingestellt (mit Anhörung zur Einstellung), dann um 1 Jahr befristet verlängert (mit Anhörung zur Änderung) und dann entfristet (wiederum mit Anhörung zur Entfristung). Es gibt also in all dieser Zeit nur 1 Arbeitsverhältnis.

    Das Konstrukt, dass der AN durch die Nichtanhörung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erlangen könne, funktioniert also schon deshalb nicht, weil das Rechtsverhältnis AN <=> AG intakt ist. Eine Nichtanhörung kann nur eine Störung im Rechtsverhältnis BR <=> AG begründen. Die Folgen dieser Störung hat Moritz m.E. nach gut beschrieben.

  • Frage: Wenn der AN nun zur Arbeit kommt über die Frist seines 1. Vertrages hinaus und sein 2.er auf Grund der nicht Unterrichtung des BR nicht rechtskräftig sein sollte, wäre er dann direkt unbefristet angestellt?!

    was hättet ihr den gemacht, wenn ihr gefragt worden wäret?


    Die erneute Befristung abgelehnt mit dem Hinweis: unbefristet oder gar nicht?


    Abgesehen davon, müsste der AN doch die ggf. unzulässige Befristung selbst vor das ArbG bringen und auf Entfristung klagen, weil es Individualrecht ist.


    Hömma, du hast da einen vergessen. Holst du den noch bitte nach?

    da bin ich bei Moritz, das ist hier der einzig richtige Weg.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Durch eine weitere Befristung eines bereits sachgrundlos befristet beschäftigten Arbeitnehmers entsteht kein neues Arbeitsverhältnis. Das verbietet §14 Abs. 2 TzBfG. Es kann also nur das bereits bestehende Arbeitsverhältnis im Sinne einer Vertragsänderung fortgeführt werden.

    Da hast du vollkommen Recht. Wenn man es juristisch absolut sauber aufdröseln will, dann ist das so, dass hier kein neues Arbeitsverhältnis entsteht, sondern nur die Befristung eines bestehenden verlängert wird.


    Ich gebe zu, da habe ich gar nicht drauf geachtet. Spielt aber letztlich für die Frage des TE, ob Fehler in der Anhörung dem AN irgendwie nutzen, letztlich keine Rolle. Denn das tun sie leider nicht.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Soweit habt ihr alles sehr treffend erkannt, TE hätte ich mal als Threat-Ersteller hergeleitet.

    Was wir gemacht hätten? Das gleiche wie bisher auch ;-). Darauf hingewiesen, dass wir auch einer unbefristeten Anstellung zugestimmt hätten. Es ist nunmal das Recht des AG 2 Jahre unbegründet zu befristen, und so ohne weiteres ist da erstmal nicht dran zu rütteln.

    Somit bleibt mir euch für die raschen Informationen zu danken und zu späterer Zeit zu berichten wenn es Änderungen gibt.