Bei Kündigung Widerspruch einlegen oder Bedenken äußern

  • Hallo zusammen!


    Bei uns im Betrieb könnte es in den nächsten Wochen zu einer ordentlichen Kündigung einer Mitarbeiterin aufgrund einer unzulässigen Nebentätigkeit kommen. Der Sachverhalt muss allerdings erst noch eindeutiger geklärt werden. Nichtsdestoweniger wären für meine Betriebsratskolleg:innen und mich die Gründe für die Kündigung nachvollziehbar, da die Kollegin schlichtweg einige Versäumnisse in Bezug auf ihre Nebentätigkeit zu verantworten hat.

    Nun stellt sich für uns die Frage, ob wir bei einer möglichen ordentlichen Kündigung - im Sinne der Kollegin - grundsätzlich widersprechen oder "nur" unser Bedenken äußern sollten. Die Schwierigkeit liegt eben darin, dass selbst wir als Betriebsrat gegebenenfalls die Kündigung als rechtmäßig erachten, wir uns aber auch nicht gegen die Kollegin stellen wollen. Versteht ihr, was ich meine?

    Mich würden einfach eure Einschätzungen dazu interessieren. Vielen Dank für eure Antworten!

    JoBR

  • Ganz so wahlfrei ist der BR in seiner Entscheidung nicht. Um widersprechen zu können, bedarf es schon eines der im § 102 BetrVG aufgelisteten Gründe.


    Was ihr in eure Überlegungen mit aufnehmen solltet: auch wenn das Fehlverhalten eindeutig war - muss es gleich die Kündigung sein?


    Ansonsten gilt: auch wenn ihr widersprecht, kann der AG trotzdem kündigen. Ihr stärkt der Kollegin nur den Rücken bei einem evtl. Rechtsstreit. Ob ihr das wollt, könnt aber nur ihr entscheiden. Ihr kennt die handelnden Personen und die genauen Umstände.

    Nach meinem Verständnis gibt es kein pauschales Richtig oder Falsch.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Was ihr in eure Überlegungen mit aufnehmen solltet: auch wenn das Fehlverhalten eindeutig war - muss es gleich die Kündigung sein?

    Genau das wäre auch mein Ansatz. Ich denke auch, dass hier nicht das mildere Mittel angewandt wurde. Ob dem wirklich so ist, ist natürlich eine Einzelfallentscheidung, die nur ihr überprüfen könnt. Wenn die Kollegin nicht gerade in krasser Weise gegen das Konkurenzverbot verstößt (Technikerin, die in einem anderen Entwicklungsbüro nebenbei arbeitet) oder die Kollegin schon öfter darauf angesprochen wurde, würde ich davon ausgehen, dass eine Abmahnung ausreichend wäre. Vielen Arbeitgebern ist auch nicht klar, dass sie im Regelfall eine Nebentätigkeit nicht nicht genehmigen könne, da sie genehmigungsfrei ist.


    Wenn ich eine Möglichkeit habe der Kündigung zu widersprechen, dann mache ich das im Regelfall auch, hier gibt es nur sehr wenige Ausnahmen wie, Gewalt, Diebstahl, sexuelle Belästigung oder Rasissmus. Wobei ersteres und letzteres abgewogen werden muss.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Sehe ich genauso wie M&M.

    Weiterhin fehlt mir die Angabe wie "schwerwiegend" der Verstoß sein soll und wie lange die Kollegin schon bei euch arbeitet. Da könnte schon keine Verhältnismäßigkeit der Kündigung sich ergeben Z. B. Pfandbon bei Emily...

  • Das wichtigste haben meine Vorschreiber schon gesagt. Ich würde auch Bedenken äußern, die darauf abzielen, dass nicht das mildeste Mittel angewandt wurde.

    Ob die Kündigung rechtens ist, entscheidet nicht der BR, sondern das Arbeitsgericht. Aktiv einer Kündigung zustimmen würde ich nur aus den von Markus genannten Gründen. Sollte der Verstoss aber aber so schwerwiegend sein, dass beim besten Willen nichts mehr zu reißen ist, kann der BR auch die Anhörungsfrist verstreichen lassen. Das wird als indirekte Zustimmung gewertet, aber ausdrücklich zugestimmt hat der BR nicht.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)