Hallo,
wieder eines meiner komplizierten Problemchen, die einer längeren Einführung bedürfen.
Bis 2016 bestand das Unternehmen aus GmbH A und GmbH B. Dann wurde B auf A verschmolzen und als eigenständiger Betrieb mit eigenständiger Geschäftsführung unverändert fortgeführt. Somit Bestand auch eine betriebsverfassungsrechtlich selbstständige Einheit. Gemäß Verschmelzungsvertrag wurde dies auch so definiert, es wurde explizit festgelegt, dass alle BVen von B für B weitergelten und auch die BVen von A nicht betroffen sind.
Ab 2018 änderte sich das dann aber nach und nach. Zwischenzeitlich hat B keine eigenständige Leitung mehr, HR wurde zusammengelegt, alle wichtigen Führungsfunktionen werden durch die gemeinsame Geschäftsführung sowie deren Beauftragte übernommen. Leitende gem. §5 Abs. 3 BetrVG gibt es nur auf Unternehmensebene, nicht auf Ebene der beiden Betriebsteile, also nur übergeordnet.
Gemäß BAG 7 ABR 3/15 > Rn 64 heißt es:
„Die für einen selbständigen Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG erforderliche relative Eigenständigkeit setzt keinen umfassenden eigenen Leitungsapparat voraus, erfordert aber, dass es in dem Betriebsteil eine eigenständige Leitung gibt, die in der Lage ist, die Arbeitgeberfunktionen in den wesentlichen Bereichen der betrieblichen Mitbestimmung wahrzunehmen (vgl. BAG 9. Dezember 2009 – 7 ABR 38/08 – Rn. 24 mwN).“
Nach meiner Interpretation dieses Urteils ist das bei der oben geschilderten Situation im Unternehmen nicht mehr gegeben, so dass von einem gemeinsamen Betrieb ausgegangen werden muss. Dies auch, da 2019 geführte Verhandlungen zu einem Sozialplan/Interessensausgleich nur gemeinsam geführt wurden,
Aktuell geht es darum, die ganzen existierenden BVen, teilweise mit Gültigkeit zurück bis 1968, auszumisten. Da kommt jetzt § 613a ins Spiel. Ein vom AG mit der Prüfung der BVen beauftragter RA vertritt die Position, dass 613a nicht relevant ist, da im Verschmelzungsvertrag ja die Fortführung des Betriebs bestätigt wurde, ergo alle BVen in den jeweiligen Betriebsteilen weitergelten. Daher wurde auch nichts in Individualvertragsrecht umgewandelt. Nachdem jetzt aber festgestellt wird, dass wir zwischenzeitlich ein gemeinsamer Betrieb sind, stellt sich mir die Frage, ob 613a wieder auflebt bzw. was denn jetzt gilt.
a) Wir haben BVen in B, die nur für dort gelten und auch nicht übertragbar sind, bzw. die kein Äquivalent in A haben.
b )Wir haben BVen, die in B im Zeitablauf gekündigt wurden, aber in A weiterhin bestehen.
c) Wir haben BVen in A, die gibt es in der Form in B nicht.
d) Wir haben BVen, die entweder in A oder in B eine für die Mitarbeiter bessere Regelung beinhalten.
Die BVen in a) können einfach weitergelten. Aber was ist mit b-d? Was gilt dort? Oder bleibt es einfach vorläufig dabei, dass alle BVen im jeweiligen Betriebsteil gelten, bis man mal was neu geregelt hat?
Hat jemand Vorschläge für diese Situation? Lösung ist natürlich ein Neuabschluss. Das ist so auch geplant, aber dauert aufgrund der schieren Anzahl an BVen.