Darf man während der Arbeitszeit ins Personalbüro

  • Hallo,


    bei uns ist seit einigen Wochen ein Thema am köcheln. Um dies zu klären sind einige Kollegen geschlossen ins Personalbüro gegangen. Ich habe sie begleitet. Wie zu erwarten war, führte das zu keinem Ergebnis und war auch sicher nicht zielführend. Ich habe von der GL dafür schon den Kopf gewaschen bekommen. Sehe ich auch ein.

    Nun ergibt sich die folgende Lage: Den betreffenden Mitarbeitern soll eine halbe Stunde Zeitkonto abgezogen werden, da, so die Argumentation der GL, Nachfragen z.B. zu Lohnabrechnungen grundsätzlich außerhalb der regulären Arbeitszeit zu erfolgen haben. Das Personalbüro hat eine Sprechstunde von 13:30 -14:30 also genau zum Schichtwechsel. Der Kollege hat sich ordnungsgemäß bei seinem Vorgesetzten abgemeldet, selbiger war auch noch mal bei mir. Ihm soll jetzt eine halbe Stunde vom Zeitkonto abgezogen werden.

    Meine Frage wäre nun:
    Ist es zulässig, daß der AG anweist das Personalbüro nur außerhalb der Arbeitszeiten aufzusuchen. Betrieblich ist mir nichts dergleichen bekannt.

  • Ist es zulässig, daß der AG anweist das Personalbüro nur außerhalb der Arbeitszeiten aufzusuchen.

    Im Prinzip schon. Wobei sich die Weisungsbefugnis des AG auf die Arbeitszeit bezieht und nicht auf den Besuch des Personalbüros. Also er kann dem MA kaum verbieten das Personalbüro in dessen Sprechzeiten aufzusuchen, Aber vermutlich kann er untersagen, dass man zu diesem Zweck einfach die Arbeit unterbricht.

    Der AG bestimmt ja den Inhalt der Arbeit nach billigem Ermessen (§ 106 GewO) und das Aufsuchen des Personalbüros wird wohl kein vom AG bestimmter Arbeitsinhalt sein.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Der Kollege hat sich ja zum Betriebsrat abgemeldet

    Auf der einen Seite ist es ganz klar, wenn der Kollege als BR die Kollegen begleitet hat, ist das zu vergütende Arbeitszeit. Da gibt es eigentlich keine Diskussion.


    Ich würde mir als BRM aber dreimal überlegen, ob meinen Kollegen das Signal geben will: guckt mal, mit euch kann der AG das ja machen, mit mir aber nicht... juristisch einwandfrei, ohne Frage. Taktisch/politisch klug? Da hätte ich so meine Bedenken.


    Ich würde hier vermutlich eher so reagieren: Liebe Kollegen, so ist das blöd gelaufen. Außer Spesen nix gewesen. Das nächste Mal lasst ihr mich als BR die Kartoffeln für Euch aus dem Feuer holen. Denn mich muss der AG dafür auch bezahlen und darf mir das nicht einfach abziehen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • guckt mal, mit euch kann der AG das ja machen, mit mir aber nicht... juristisch einwandfrei, ohne Frage.

    wirklich ohne Frage?

    Zitat

    § 39 Abs. 3 BetrVG

    Versäumnis von Arbeitszeit, die zum Besuch der Sprechstunden oder durch sonstige Inanspruchnahme des Betriebsrats erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers.

    ...also vielleicht doch eine kleine Frage: War der gemeinsame Besuch im Personalbüro eine Inanspruchnahme des Betriebsrats?

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    Hanlons Rasiermesser

  • Davon kann man ausgehen

    Dann würde ich versuchen dem AG das so klar zu machen und ihn über die Rechtslage aufklären.

    Allerdings werdet Ihr auch versuchen müssen für solch Fälle zukünftig eine vernünftige Lösung zu finden. Denn dadurch ist es immer noch nicht so, dass man zur Inanspruchnahme des BR jederzeit einfach seine Arbeit unterbrechen kann. Man stelle sich den Chirurg im OP vor, der plötzlich einfach das Skalpell fallen lässt und geht, weil jetzt BR-Sprechstunde ist. Oder das Fließband, wo sich an einem leeren Arbeitsplatz hunderte Teile stauen und die nächsten 36 MA an diesem Fließband nichts arbeiten können, weil der, welcher eigentlich an dem leeren Platz stehen sollte, gerade was mit dem BR zu klären hat.

    (Darum ist die zeitliche Lage der BR-Sprechstunden ja auch mit dem AG zu vereinbaren (§ 39 Abs. 1 BetrVG))

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  • wirklich ohne Frage?

    Mit "juristisch einwandfrei, ohne Frage" war nicht unbedingt die Minderung des Arbeitsentgeltes gemeint (darüber hatte ich noch gar nicht wirklich nachgedacht), sondern die Tatsache, dass der AG u.U. den BR anders behandeln muss, als den "normalsterblichen" AN.


    Ok, so langsam nähern wir uns der Sachlage... Die Kollegen sind beim BR aufgeschlagen, weil sie ein Problem hatten, dass sich als gemeinsames Problem mehrerer Kollegen entpuppt/dargestellt hat. Der BR kam nunmehr auf die glorreiche Idee, kommt, wir gehen alle zusammen zur Perso und klären das. Und die zickt jetzt rum, weil Besuche in der Personalabteilung "außerhalb der Arbeitszeit stattzufinden haben".


    Habe ich das so richtig verstanden? Dann bekäme der AG hier von mir eine Breitseite vom Allerfeinsten. Die Kollegen haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht den BR zu konsultieren. Und es war der BR, der auf die Idee kam. Das mag eine blöde Idee gewesen sein, aber wenn der AG jetzt dafür die Kollegen "zur Kasse bitten" will, soll er auch noch gleich die Kosten für das Verfahren wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit einkalkulieren.

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  • Mit "juristisch einwandfrei, ohne Frage" war nicht unbedingt die Minderung des Arbeitsentgeltes gemeint (darüber hatte ich noch gar nicht wirklich nachgedacht), sondern die Tatsache, dass der AG u.U. den BR anders behandeln muss, als den "normalsterblichen" AN.


    Ok, so langsam nähern wir uns der Sachlage... Die Kollegen sind beim BR aufgeschlagen, weil sie ein Problem hatten, dass sich als gemeinsames Problem mehrerer Kollegen entpuppt/dargestellt hat. Der BR kam nunmehr auf die glorreiche Idee, kommt, wir gehen alle zusammen zur Perso und klären das. Und die zickt jetzt rum, weil Besuche in der Personalabteilung "außerhalb der Arbeitszeit stattzufinden haben".


    Habe ich das so richtig verstanden? Dann bekäme der AG hier von mir eine Breitseite vom Allerfeinsten. Die Kollegen haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht den BR zu konsultieren. Und es war der BR, der auf die Idee kam. Das mag eine blöde Idee gewesen sein, aber wenn der AG jetzt dafür die Kollegen "zur Kasse bitten" will, soll er auch noch gleich die Kosten für das Verfahren wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit einkalkulieren.

    Du hast es korrekt erfasst.
    Wie kommst du auf die Behinderung der BR-Arbeit?

  • Wie kommst du auf die Behinderung der BR-Arbeit?

    Der AG droht den MA quasi Strafe (Stundenabzug) dafür an, dass sie den BR in Anspruch nehmen.

    (sich um die Anliegen der MA zu kümmern = BR-Arbeit & als AG die MA dran hindern mit ihren Anliegen zum BR zu gehen = Behinderung der BR-Arbeit)

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    Einmal editiert, zuletzt von Paragraphenreiter ()

  • Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen!


    Na vielleicht doch noch eine Kleinigkeit:

    Der AG watscht die Kollegen hier zwar nur mittelbar ab (wegen des Besuchs in der Perso), aber da das im Zusammenhang mit ihrem Besuch beim BR passiert ist (was, wie wir ja festgestellt haben, im Rahmen des § 39 BetrVG während der bezahlten Arbeitszeit zu erfolgen hat), erschwert der AG damit die BR-Arbeit ebenso mittelbar.


    Den Anspruch nach § 39 BetrVG müsste im Zweifelfall jeder Kollege einzeln einklagen. Geht es um die Behinderung der BR-Arbeit können sie sich ganz entspannt zurücklehnen und den BR die Angelegenheit klären lassen. ;)


    Ich will gar nicht ausschließen, dass ein Arbeitsrichter am Ende zu einem anderen Ergebnis kommt, aber lass es mich so sagen: es müssten schon sehr vielen Kollegen eine halbe Stunde abgezogen werden, damit sich das für den AG noch rechnet. :saint:

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    Einmal editiert, zuletzt von Moritz ()

  • Behinderung der Betriebsratsarbeit

    ist es wirklich Behinderung der Betriebsratarbeit, wenn klare Regeln für die Klärung von Lohnabrechnungsfragen bestehen?

    die Regeln waren allen bekannt und ein "Notfall" der nicht bis zur "Sprechstunde" hätte warten können, lag ja wohl auch nicht vor.

    Die Kollegen sind ja nicht daran gehindert worden den BR zu konsultieren und auch wird die AZ beim BR-Gespräch offensichtlich nicht in Abzug gebracht.

    Es geht meinen Verständnisses um die AZ die für die Konsultierung der PA außerhalb der Sprechstunde erfolgte, diese soll in Abzug gebracht werden.

    mit der Ansicht hier läge einen "Behinderung der BR-Arbeit" vor kann ich so nicht ganz mitgehen.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen!

    Gerne. War gerade zufällig da und wusste die Antwort :D


    Ich weiß ja nicht wie umgänglich/vernünftig Euer AG ist, aber in der Praxis würde ich jetzt das offene Gespräch suchen und dem AG vermitteln: "Pass auf, das mit dem Stundenabzug geht nicht (§ 39 Abs. 3 & Behinderung der BR-Arbeit), aber mir ist schon auch klar, dass das jetzt nicht die beste Idee war. In Zukunft werden wir das besser machen, wir (BR & AG) müssen gemeinsam einen Weg finden, der es einerseits ermöglicht dass die MA von ihrem Recht Gebrauch machen können den BR in Anspruch zu nehmen und andererseits sicherstellt, dass dadurch die Arbeitsabläufe nicht erheblich gestört werden."


    Es geht meinen Verständnisses um die AZ die für die Konsultierung der PA außerhalb der Sprechstunde erfolgte, diese soll in Abzug gebracht werden.

    Zitat

    § 39 Abs. 3 BetrVG

    Versäumnis von Arbeitszeit, die zum Besuch der Sprechstunden oder durch sonstige Inanspruchnahme des Betriebsrats erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers

    Hervorhebung durch den Zitierenden

    Die Kollegen sind beim BR aufgeschlagen, weil sie ein Problem hatten, dass sich als gemeinsames Problem mehrerer Kollegen entpuppt/dargestellt hat. Der BR kam nunmehr auf die glorreiche Idee, kommt, wir gehen alle zusammen zur Perso und klären das.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

    2 Mal editiert, zuletzt von Paragraphenreiter () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Paragraphenreiter mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • und der "mist" lässt sich nicht mit § 82 BEtrVG begründen


    Hier der VErweis auf RN 2 zu § 82 BetrVG


    Die Anhörungs- und Erörterungsrechte als Ausfluss der arbeitsvertraglichen Rechtsstellung kann der ArbN im angemessenen Rahmen während der Arbeitszeit ausüben. Das Arbeitsentgelt ist weiter zu zahlen

    Einmal editiert, zuletzt von Ohadle () aus folgendem Grund: und RN 4 Dem ArbN wird in Abs. 1 das Recht zugestanden, in allen betrieblichen (nicht in rein privaten) Angelegenheiten, die ihn persönlich betreffen, gehört zu werden. Dazu hat er sich – soweit es an einer gesondert ausgewiesenen betrieblichen Stelle fehlt (WPK/Preis Rn. 5) – an den sachlich zuständigen unmittelbaren Vorgesetzten zu wenden. Dieser muss sich Zeit nehmen und auf das Anliegen des ArbN eingehen. Es kann um Fragen gehen, die mit der Arbeitsleistung zusammenhängen. Dazu zählen auch solche der betrieblichen Organisation und des Arbeitsablaufs, die sich (ggf. mittelbar) auf den Arbeitsbereich und die auszuübende Tätigkeit auswirken (DKKW/Buschmann Rn. 4; HWGNRH/Rose Rn. 9).

  • mit der Ansicht hier läge einen "Behinderung der BR-Arbeit" vor kann ich so nicht ganz mitgehen.

    Das musst Du doch auch gar nicht. Es reicht doch, wenn der AG den Köder schluckt und es sich nochmal überlegt. ;)


    Die Regelungen bzgl. des Besuches in der Perso kann ich ja ganz prinzipiell nachvollziehen (auch wenn ich sie nicht gut finde), aber wenn doch der BR im Rahmen seiner Sprechstunde auf die Idee kommt, wir gehen da hin, was soll ich als AN da machen?


    Deswegen für die Zukunft einen Weg definieren, wie so etwas gehandhabt wird, aber nicht jetzt die Kollegen die Zeche zahlen lassen.

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  • Es reicht doch, wenn der AG den Köder schluckt und es sich nochmal überlegt.

    ja klar, immer machen keine Frage, wenn der AG dann einknickt --> gut so.


    Es ging mir in diesem Zusammenhang eher darum, ob es tatsächlich (unter uns BRM) eine Behinderung sein könnte.

    Da bin ich der Auffassung, da das Durchsetzen von Lohnansprüchen individualrecht ist, kann man das so nicht begründen.

    Der BR hat ja quasi eine Aufgabe angenommen um für MA Individualrecht durchzsetzen, die BR-Beratung im Vorfeld wwurde ja nicht moniert.

    Kann natürlich etwas im Zusammenhang mit einer BV sein, dann kann es wiederum BR-relevant sein.


    Und der Besuch der PA wurde ja nicht grundsätzlich moniert, nur die Tatsache das es außerhalb der Sprechstunde passiert und das ist betriebliche Ordnung, da hat der BR mitbestimmt. (sollte so sein)

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