Tarifbindung aufheben um Angestellte mehr als ein Drittel in Kurzarbeit zu schicken

  • Hallo,

    unsere Firma ist coronabedingt seit einem Jahr in Kurzarbeit und ein Ende ist nicht in Sicht. Der Chef würde jetzt gerne nicht mehr tarifgebunden sein ( hat er schon letztes Jahr gekündigt ) damit er die Angestellten auch mehr als ein Drittel in Kurzarbeit schicken könnte. Was hat das für weitere Auswirkungen ? Alternative wären Kündigungen.

    Mit freundlichen Grüßen

  • Habt ihr einen Tarifvertrag, der die mögliche Kurzarbeit auf 30% begrenzt? Normalerweise wird so etwas in einer Betriebsvereinbarung geregelt.


    Die Alternative (wenn das tatsächlich so im TV steht) wäre, sich mit der Gewerkschaft zusammensetzen und eine individuelle Tarifvereinbarung aushandeln.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Das ist im Tarifvertrag der IG Metall so festgelegt. Allerdings glaube ich kaum, daß die Gewerkschaft mit uns eine individuelle Tarifvereinbarung ausarbeiten würde. ( zumal in der Firma kaum jemand in der Gewerkschaft ist). Und wie sollte diese denn aussehen ? Der Chef möchte ja ehr freie Hand haben.


    Schöne Grüße

    Katinka

  • Das ist im Tarifvertrag der IG Metall so festgelegt.

    Bist Du dir sicher? Wir sind auch ein IG Metall Betrieb und das hab ich tatsächlich noch nie gehört. Das würde dem Sinn von Kurzarbeit auch komplett widersprechen. Ich kann mir so eine Regelung auch nur in einer BV vorstellen und die kann der BR zusammen mit dem AG ja anpassen.

  • Bitte zeigen lassen, wo das im Tarifvertrag stehen soll, wir sind auch in der IGM und ich kenne eine solche Regelung nicht. Für einige unserer Kollegen gab es im letzten Jahr auch einige Monate mit 100 % Kurzarbeit

  • Naja, wenn ihr eh kaum organisiert seid, dann tut sich euer Arbeitgeber eh leicht damit, aus der Tarifbindung auszusteigen. Es ist ja keiner da, der sich mittels Streik dagegen wehren kann.


    Aber dass das so im TV steht mit der Kurzarbeit wage ich stark zu bezweifeln. Im IGM-TV für Bayern steht auf alle fälle nichts in der Art.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • So eine Regelung im TV kann ich mir auch nicht so wirklich vorstellen.

    Mal ne theoretische Frage dazu: Nehmen wir mal an der AG kann belegen, dass er zum einen seine MA derzeit nicht beschäftigen kann und zum anderen die Existenz des Betriebes gefährdet wäre, wenn er den MA 70% für's nichts tun bezahlen müsste.

    Nach den gesetzlichen Regelungen zur Kurzarbeit könnte er den MA dann 100% in Kurzarbeit anordnen. Die MA kriegen Kurzarbeitergeld, die Existenz des Betriebes ist nicht gefährdet und es bleiben alle Arbeitsplätze erhalten.

    Nach der beschriebenen tarifvertraglichen Regelung zur Kurzarbeit müsste der AG weiterhin 70% Gehalt (für nichts) bezahlen und dann Kündigungen aussprechen, um die Existenz des Betriebes nicht zu gefährden.

    Wäre dann nicht für die MA die gesetzliche Regelung die günstigere, da mit dieser keine Kündigung droht?

    Also wird diese tarifliche Regelung (wenn sie denn existiert) nicht alleine schon durch das Günstigkeitsprinzip ausgehebelt?

    (Zumindest dann, wenn durch diese tarifliche Regelung Kündigungen drohen?).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Im Manteltarifvertrag der Bekleidungsindustrie kaufmännische und technische Angestellte steht : Wird die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt des Monats auf weniger als 2/3 der tariflichen Arbeitszeit verkürzt, darf eine weitere Gehaltskürzung nicht eintreten.

    Dies nur für die, die sich das nicht vorstellen konnten.

    Aber Danke für eure Antworten.

  • Hallo Katinka,


    das heisst aber ja nur, dass das Gehalt nicht weiter gekürzt werden darf.

    Ihr dürft die AZ weiter runterfahren und somit bis zu 100% KA machen, aber der AG muss euch finanziell so stellen, das ihr mindestens 2/3 des Gehaltes bekommt.

    Im Grunde genommen ist damit eine "Aufstockung" des KA-Geld tariflich abgesichert.


    Da muss man dann aufpassen, wenn man KA-Geld bekommt, das man die nachträglichen Abzüge durch den Lohnsteuerjahresausgleich beim KA-Geld mit betrachtet.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • das heisst aber ja nur, dass das Gehalt nicht weiter gekürzt werden darf.

    Ihr dürft die AZ weiter runterfahren und somit bis zu 100% KA machen, aber der AG muss euch finanziell so stellen, das ihr mindestens 2/3 des Gehaltes bekommt.

    Im Grunde genommen ist damit eine "Aufstockung" des KA-Geld tariflich abgesichert.

    Ich würde das auch so lesen. Wobei der TV sehr unklar geschrieben ist. Geht es hier um das Bruttogehalt? Wie soll man das dann bitte errechnen, wenn ein Teil des Gehaltes Netto von der Arge bezahlt wird.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • aber die Argumentation des AG:


    ich muss aus der Tarifgebundenheit raus, sonst muss ich Kündigungen aussprechen, weil ich nicht mehr KA machen darf


    ist damit hinfällig.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Der Sinn ist ja das der AG bis auf 2/3 des ( vermutlich Netto ) Verdienstes aufstocken muss. Diese Aufstockung will er vom Hals, ansonsten Entlassungen. Der TV dürfte sich ja für die alten AN in Nachwirkung befinden. So das man sich selbst das 2/3 Gehalt einklagen kann. Also TV kündigen, Änderungskündigungen,

  • muss er den wirklich aufstocken?


    wenn die sich bereits 6 Monate in KA befinden, dann starten die jetzt in den 7. Monat und somit auf Stufe 3. des KA-Geldes.

    d.h. 80/87 % des Netto.


    ich vermute das KA-Geld wird schon höher ausfallen als 2/3 aus dem Tarifvertrag.

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • ich vermute das KA-Geld wird schon höher ausfallen als 2/3 aus dem Tarifvertrag.

    Da hast du recht. Der Effekt ( Zuzahlung ) tritt also nur bei Kinderlosen in den ersten Monaten der Kurzarbeit ein. Und das nur bei nahezu Kurzarbeit Null. Aber kann es sein das der AG die AN in Kurzarbeit schicken will und aber die 10%, später die 30% Hürde nicht erreicht und es darum nicht zu Zahlungen durch die Arbeitsagentur kommt? Und dadurch eine Zuzahlung durch den AG eintritt?

  • das war nicht der Punkt.

    Ich hab ja schon geschrieben, dass der TV sehr unglücklich geschrieben ist. Deshalb würde ich einmal bei der entsprechenden Gewerkschaft anrufen und nachfragen, wie denn dieser Passus gemeint ist.

    Der Punkt ist, dass das KA-Geld ja schon 80/87% des Netto-Gehaltes beträgt, damit wäre der KA-Geld-Betrag bereits höher als die 2/3-Regelung im Tarifvertrag.

    Damit muss der Betrag dann eben nicht auf 2/3 aufgestockt werden, weil 80/87% eben mehr sind als 66%.


    Rückschluss meinerseits: der AG kann 100% KA machen und muss nicht auf 2/3 auftsocken.


    ob es weitere regelungen zum Aufstocken gibt, dazu wurde hier bisher nichts geschrieben, daher kann ich die in meine Schlussfolgerung nicht einbezeihen.


    Aber kann es sein das der AG die AN in Kurzarbeit schicken will und aber die 10%, später die 30% Hürde nicht erreicht und es darum nicht zu Zahlungen durch die Arbeitsagentur kommt? Und dadurch eine Zuzahlung durch den AG eintritt?

    dann ist es soweiso keine KA und somit ist die ganze Argumentation hinfällig, das man aus dem TV raus muss, weil man nicht mehr KA machen kann.

    Im Eingangspost steht ja, das bereits seit 1 Jahr KA gemacht wird.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Randolf () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Randolf mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Im Manteltarifvertrag der Bekleidungsindustrie kaufmännische und technische Angestellte steht : Wird die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt des Monats auf weniger als 2/3 der tariflichen Arbeitszeit verkürzt, darf eine weitere Gehaltskürzung nicht eintreten.

    Dies nur für die, die sich das nicht vorstellen konnten.

    Nun DAS kann ich mir vorstellen, da steht nämlich nichts davon, dass der AG die MA höchstens zu einem Drittel in Kurzarbeit schicken kann.

    Ich würde wie Randolf und Homer vermuten, dass es hier um eine Aufstockung des KuG geht. Allerdings eine die HR zum weinen bringen dürfte, weil:

    Wird die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt des Monats auf weniger als 2/3 der tariflichen Arbeitszeit verkürzt, darf eine weitere Gehaltskürzung nicht eintreten.

    Da die Wochenarbeitszeit hier das Maß ist, kann sich das für mein Verständnis eigentlich nur auf das Brutto beziehen.

    Daher müsste man für jeden MA individuell schauen, Was würde er als Kurzarbeitergeld bekommen und was würde er Netto bekommen, wenn er 2/3 vom Brutto bekäme.

    Man müsste also für jeden einzelnen MA das Kurzarbeitergeld mit dem fiktiven Netto von 2/3 Brutto verrechnen und die Differenz ist dann die Aufstockung.

    Zumindest verstehe ich das so (wobei ich keinen Anspruch darauf erhebe das auch richtig verstanden zu haben).

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

    Einmal editiert, zuletzt von Paragraphenreiter ()

  • woraus schließt ihr, dass sich

    Wird die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt des Monats auf weniger als 2/3 der tariflichen Arbeitszeit verkürzt, darf eine weitere Gehaltskürzung nicht eintreten.

    auf Kurzarbeit bezieht?


    Ich denke um das korrekt beurteilen zu können sollte man mal den kompletten TV lesen, dieser eine Satz kann sich evtl ja auf ganz bestimmte Dinge beziehen...

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • auf Kurzarbeit bezieht?

    gar nicht, aber er ist anwendbar, wenn das Gehalt aufgrund KA unter 2/3 fällt, weil eben keine weiteren Infos dazu im Eingangspost angegeben wurden.

    Wenn das allgemein gilt, dann eben auch wenn das Gehalt wegen KA sinkt.


    Ich bin da der Meinung, wenn man einen Einganspost verfasst, das man eine solche Aussage nicht einstellt und dann die zugehörigen Bedingungen weglässt (ich mag da blauäugig sein, das gebe ich zu)

    Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit, denn Macht ohne Verantwortung ist wie ein Feuer außer Kontrolle.


  • Der Punkt ist, dass das KA-Geld ja schon 80/87% des Netto-Gehaltes beträgt, damit wäre der KA-Geld-Betrag bereits höher als die 2/3-Regelung im Tarifvertrag.

    Damit muss der Betrag dann eben nicht auf 2/3 aufgestockt werden, weil 80/87% eben mehr sind als 66%.

    Wenn es hier aber um das Brutto-Entgelt geht, schaut das ganz anders aus. Und das geht für mich nicht aus dem Text des Tarifvertrages hervor. Dies zeigt eben auch der Post vom Paragraphenreiter:


    Da die Wochenarbeitszeit hier das Maß ist, kann sich das für mein Verständnis eigentlich nur auf das Brutto beziehen.

    Sinnvollerweise wäre dann seine Rechenmethode auch die, die mir als erstes einfallen würde. Allerdings hätte das dann auch nichts mehr mit dem Brutto-Lohn zu tun.


    Übrigens sind 60% KUG weniger als 2/3 des Netto-Entgelts falls es Personen gibt, die noch nicht mehr als 3 KUG-Monate hatten.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

    Einmal editiert, zuletzt von Markus 1973 ED ()