Betriebsrat gründen-aber nur an einem Standort

  • Hallo alle zusammen und vorab ein großes Danke für die Antworten.

    Wir sind ein Pflegeheim und sind gerade dabei einen Betriebsrat zu gründen.

    Zu unseren Unternehmen gehören noch drei andere Heime .Zwei davon sind weiter weg . Aber ein anderes ca 13 km.

    Wir möchten gerne einen eigenen Betriebsrat haben, der nur für unser Haus zuständig ist. Die Einrichtungsleitung will aber das , wenn schon ein Betriebsrat erstellt wird. (eigentlich ist sie dagegen) , dann aber für alle 4 Häuser.

    Meine Frage jetzt. Sind wir verpflichtet mit den anderen Heimen einen BT zu gründen , oder können wir sagen , das wir es nicht wollen? In wie weit darf sich die Heimleitung da einmischen? Wie können wir es durchkriegen für uns zu bleiben?

    Danke schon mal .

  • Die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von BR sind durch das BetrVG geregelt. Da die Beurteilung der rechtlichen Verflechtung der einzelnen Häuser von außen nicht ersichtlich und wahrscheinlich auch nicht so einfach zu beurteilen sind, ist hier eine Beratung ganz wichtig. Ich schlage immer die Zusammenarbeit mit einer Gewerkschaft vor welche sich sowieso gerade am Anfang eines BR als sehr hilfreich erweist. Da man als BR voll und ganz auf der Seite der AN steht macht es immer sinn sich von dieser Seite Hilfe zu holen. Die Voraussetzungen sind meist nicht sehr hoch. Wenigstens ein Teil des Wahlvorstands sollte Mitglied einer Gewerkschaft sein. Die Heimleitung hat dabei keinen Wunsch frei. Allein das Gesetz zählt und die Gefahr besteht das bei unrechtmäßig durchgeführter BR Wahl, diese erfolgreich angegriffen wird und annulliert wird.

  • Die Heimleitung hat dabei keinen Wunsch frei.

    Soweit richtig.


    Wir möchten gerne einen eigenen Betriebsrat haben, der nur für unser Haus zuständig ist.

    Die AN aber auch nicht...



    Allein das Gesetz zählt und die Gefahr besteht das bei unrechtmäßig durchgeführter BR Wahl, diese erfolgreich angegriffen wird

    Auch absolut richtig. Gleichwohl sollte man sich schon klar machen, dass es trotzdem immer Gründe geben mag, die Gesetze unterschiedlich anzuwenden.


    Du hast für einen der Betriebe einen Abstand von 13km angegeben. Das ist (vermutlich) noch nicht weit genug entfernt, als dass man hier nur aufgrund der Entfernung schon einen eigenständigen Betrieb verargumentieren könnte. Gleichwohl könnten sie durch Aufgabenstellung und Organisation aber durchaus selbstständig sein. (Werden schon mal AN zwischen den Häusern "getauscht" (also hilft man sich gegenseitig aus)? Das spräche für eine gemeinsame Organisation. Ist hier jedes Haus "Einzelkämpfer", hat nur den gleichen Inhaber, könnten es getrennte Organisationen sein.)


    Insofern kann ich mich Homers Tipp, sich hier rechtlichen Rat zu holen, nur beipflichten. Im Idealfall klärt ihr das alles im Vorfeld und macht es einmal richtig. Oder ihr macht es erst einmal so, wie ihr es für richtig haltet und überlasst es dem AG, hier den Streit vom Zaun zu brechen und eine gerichtliche Klärung zu erwirken. Und macht es dann richtig. Das müsst ihr wissen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Also es ist schon vorgekommen das wir einander ausgeholfen haben und die 13 km sind mit dem Auto schnell zu erreichen. Für die AN die auf Bus angewiesen sind, ist es sehr schwierig. Die sind ca eine Stunde unterwegs. Es ist aber auch so das die anderen Heime an einen Betriebsrat nicht interessiert sind. Die Einrichtungsleitung ist der Meinung , das es dann trotzdem nicht geht. Entweder alle oder keiner. Ich denke sie will es dadurch nur in die Länge ziehen und uns verunsichern. Aber wie ist denn wenn wir uns rechtlichen Beistand holen? Wer kommt dafür auf? Zahlt es der Betrieb?

  • Aber wie ist denn wenn wir uns rechtlichen Beistand holen? Wer kommt dafür auf? Zahlt es der Betrieb?

    Wenn ihr bei der Gewerkschaft nachfragt, ob sie euch hilft und die macht das dann auch, dann kostet es erst einmal nur den Mitgliedsbeitrag der Gewerkschaftsmitglieder.


    Wenn ihr vor Einleitung der Wahl einen Rechtsanwalt beauftragt, dann ist das erst einmal eure Sache und ihr müsst es auch selbst bezahlen.


    Wenn der bestellte Wahlvorstand einen RA beauftragt, um die rechtssichere Wahl sicherzustellen, dann sind es Wahlkosten, die der Arbeitgeber tragen muss. Man könnte vorab mit dem Arbeitgeber und dem RA reden, ob man die Wahlvorstandsschulung über den RA macht und dieser dabei auch auf die Unternehmensstruktur eingeht und diese gemeinsam mit euch prüft.


    Allerdings solltet ihr sehr vorsichtig sein, da der AG jetzt bescheid weiß, das da etwas im Busch ist. Der besondere Kündigungsschutz für Wahliniziatoren gilt nur für die ersten drei, die auf der Einladung zur Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes unterzeichnet haben.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Die sind ca eine Stunde unterwegs.

    Das könnte (!!!) evtl. ausreichend sein, um hier den Abstand geltend zu machen.



    Die Einrichtungsleitung ist der Meinung , das es dann trotzdem nicht geht.

    Das ist ja das schöne an Meinungsfreiheit - jeder hat das Recht eine (eigene) Meinung zu haben. Steht ja nirgendwo, dass die gut, richtig oder auch nur sinnvoll sein muss...


    Das hier

    Entweder alle oder keiner.

    gewinnt auf jeden Fall den Preis für den "Bullshit des Tages".


    (Wobei ich ehrlich gesagt, den Standpunkt inhaltlich verstehe: es macht deutlich mehr Sinn, wenn ein BR dann alle AN vertritt, bzw. alle vertreten werden. Nur dieses fatale "alle oder keiner" steht so nun mal nicht im Gesetz. Und das macht es dann eben zu Bullshit.)


    Aber wie ist denn wenn wir uns rechtlichen Beistand holen? Wer kommt dafür auf? Zahlt es der Betrieb?

    Das ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Wenn ihr den Weg geht, den Homer vorgeschlagen hat, dann habt ihr über eure Beiträge zur Gewerkschaft diese rechtlichen Beistand bezahlt. Den Beitrag zahlt aber ihr, nicht der AG.


    Hier gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:

    Ihr geht den kooperativen Weg, redet mit dem AG und vereinbart: lasst uns doch mal einen Juristen zu Rate ziehen, der sich die gesamte Konstruktion bei uns anschaut und uns (meint sowohl dem AG als auch den AN) erklärt, was geht und was nicht. Und so machen wir es dann. (Das Ergebnis mag ich nicht vorhersagen, dazu müsste ich weit mehr über euren "Laden" wissen.) Dann zahlt der AG den RA und ihr wisst, wie es weitergeht.


    Da ich aber deiner Schilderung implizit entnehme, dass das nicht unbedingt der Weg eures AG ist (der lieber sagt: ich sage euch schon was geht und was nicht, da brauchen wir kein Geld für auszugeben), bleibt euch noch der konfrontative Weg. D.h. ihr beruft mit 3 Mann eine Betriebsversammlung ein und wählt einen Wahlvorstand. Der ist, bis zum Beweis des Gegenteils, erst einmal nur für euren Betrieb zuständig. (Gleichzeitig könnte der gewählte Wahlvorstand natürlich den anderen Betrieben anbieten, ob sie nicht gem. § 3 (3) BetrVG für sich erklären wollen, an der Wahl in eurem Betrieb teilzunehmen und so einen gemeinsamen Betrieb zu begründen.)

    Ab dem Moment, wo es einen demokratisch legitimierten Wahlvorstand gibt, hat dieser auch die Möglichkeit den AG kostenmäßig in Anspruch zu nehmen und könnte sogar ein Arbeitsgericht anrufen um die Wählerlisten prüfen zu lassen. (Weil vermutlich der AG dann als Wählerlisten die AN aller Betriebe vorlegt, der der Wahlvorstand dann widerspricht usw. usf.)


    Aus Gründen des AN-Schutzes würde ich letzten Weg gehen. Beruft die Wahlversammlung ein, lasst euch zum Wahlvorstand wählen. Damit habt ihr schon mal einen Schutz vor der Willkür des AG. Und auch wenn das Gesetz vom Wahlvorstand "unverzügliches Handeln" verlangt - unverzüglich heißt nur, ohne schuldhaftes Verzögern. Und wenn es da noch Klärungsbedarf gibt, dann muss das eben noch geklärt werden und die Arbeit des Wahlvorstandes zieht sich... Shit happens... ;)


    NACHTRAG: Schön zu sehen, dass Markus und ich uns inhaltlich weitgehend einig sind. (Manchmal funktioniert das mit den Preußen und den Bayern...)

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    Einmal editiert, zuletzt von Moritz () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Moritz mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • NACHTRAG: Schön zu sehen, dass Markus und ich uns inhaltlich weitgehend einig sind. (Manchmal funktioniert das mit den Preußen und den Bayern...)

    Aber man sieht an der Länge des Textes den Unterschied. Wie heißt es schon bei "Der Brandner Kasper und das ewige Leben": Während die Preußen den kompletten Denkvorgang mitsprechen, geben die Bayern nur das Endergebnis bekannt. ;)

    *undjetztganzschnellduckundweg

    Wobei es aber auch sehr darauf ankommt welche Preußen. Mit den Rheinländern verstehen sich die Bayern z.B. meist recht gut. Meiner Erfahrung nach mit den Leuten aus dem Ruhrpott eher weniger. Wobei dort Außnahmen auch die Regel bestätigen. Hamburg läuft im Normalfall auch ganz gut, genau so wie die Waaterkant.

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Die Einladenden der Wahlvorstandswahlversammlung setzen sich im vorhinein der Wahl, einer gewissen möglichen Willkür des AG aus. Deshalb ist es sicherer für die Initiatoren, die Wahlvorstandswahl von einer Gewerkschaft einberufen zu lassen. Bis zur Wahl des Wahlvorstands setzt sich so niemand Persönlich ins Rampenlicht und ggf. Restriktionen durch den AG aus. Nach der Wahl greift dann der Kündigungsschutz. Die Gewerkschaft kann bei auftretenden Problemen gerade bei der Wahl und am Anfang der BR Tätigkeit Rückhalt geben. Gerade bei Betriebsratslosen Unternehmen ist die Kenntnis von BetrVG, ArbZG usw. bei AG sehr rudimentär und die eigenen Unsicherheiten groß.

  • Die Gewerkschaft kann bei auftretenden Problemen gerade bei der Wahl und am Anfang der BR Tätigkeit Rückhalt geben. Gerade bei Betriebsratslosen Unternehmen ist die Kenntnis von BetrVG, ArbZG usw. bei AG sehr rudimentär und die eigenen Unsicherheiten groß.

    Das würde ich sofort unterschreiben.


    Aber hier

    Nach der Wahl greift dann der Kündigungsschutz.

    irrst du. Nach gängiger Rechtsprechung gilt der Schutz schon für die Einladenden. (Weshalb es auch nur drei sein dürfen/sollen).


    Fehlender Schutz ist also sicher kein Grund, die Einladung nicht selber auszusprechen. Aber natürlich ist die Symbolwirkung eine ganz andere, wenn von vornherein klar ist, dass die Gewerkschaft mit an Bord ist. (Manchmal will man aber genau die Symbolwirkung auch gar nicht haben oder seine Verbündeten nicht offen legen.)

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  • Ich bin halt der Meinung das wenn man die AN vertreten will dann soll man sich auch die Unterstützung holen die es gibt. Diejenigen die die Gewerkschaften als Gegner oder nicht geeignet ansehen machen meiner Meinung nach einen großen Fehler, was nicht heißen soll das man alles aus dieser Richtung kommende für seine BR Arbeit übernehmen muss. Das Passende übernehmen, das andere nicht. Von vorneherein Distanz halten ist leider große Mode und Missversteht die Machtverhältnisse und Interessenlagen im Arbeitsleben. Wahrscheinlich der Geschichte geschuldet.

  • Ich bin halt der Meinung das wenn man die AN vertreten will dann soll man sich auch die Unterstützung holen die es gibt.

    Da will ich auch gar nicht gegen reden. Nur sollte die Begründung dann stimmig sein. Hier falsche Behauptungen aufzustellen klingt schon wieder nach "nur mit der Gewerkschaft geht's" statt "mit der Gewerkschaft geht es besser". ;)

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  • Noch ein kleiner Hinweis zur Distanz zwischen den beiden Standorten: Falls die beiden Standorte in unterschiedlichen Gemeinden liegen wäre das noch ein Indiz für zwei (räumlich) getrennte Betriebe. Die Analogie wäre also entsprechend der Beurteilung einer Versetzung. Da ist die Gemeindefrage auch entsprechend drin.

  • Zu unseren Unternehmen gehören noch drei andere Heime

    Nach dem euch hier schon viele nützliche Tipps gegeben wurde, zu dieser Aussage.

    Habt ihr das genau geprüft?

    Seid ihr ein Unternehmen mit 4 Betrieben oder sind die Außenstellen eigenständige Unternehmen?

    Z.B. 4 eigene GmbHs.

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey