Abfindung und Interessensausgleich: Basis der Berechnungssumme

  • Hallo zusammen,


    aus betriebsbedingten Gründen wird der AG einer Gruppe von Kollegen kündigen. Eine BV sowie ein Interessensausgleich sind bereits verhandelt und unterschrieben. Nun entsteht jedoch Unstimmigkeit bzgl. des Basisbetrags zur Berechnung der Abfindung. In der BV ist geregelt "Die Abfindung berechnet sich als Produkt der Betriebszugehörigkeit, der Monatsvergütung und eines Abfindungsfaktors".


    Mein persönliches Verständnis (ohne das explizit geprüft zu haben, was ein Fehler gewesen sein mag) war, dass die "Monatsvergütung" das Gesamtbruttogehalt ist, also die Summe die monatlich Brutto ausgezahlt wird. Diese beinhaltet u.U. verschiedene Zulagen (KFZ, Home Office etc.).


    Der AG verkündete nun dass "Monatsvergütung" seinem Verständnis nach bedeutet: ohne Zulagen, es wird nicht alles einbezogen bzw. verhandelt. Die Muttergesellschaft in USA hat das so genehmigt, Basisgehalt wird genommen (frei formulierter Auszug aus Protokoll der letzten BR Sitzung an der ich nicht teilnehmen konnte).


    M.E. ist das eine grobe Benachteiligung der betroffenen Mitarbeiter, besonders in Bezug auf die KFZ Zulage: der AG hatte diese Zulage im August 2018 eingeführt, da alle Firmenwagen abgeschafft wurden, die Kollegen aber weiterhin (deutschlandweit) ihre Kunden besuchen mussten. Diesen Kollegen wurde die Zulage gewährt und sie haben nun Investitionen getätigt oder sind Leasingverträge eingegangen um sich privat ein KFZ zu beschaffen, welches zumindest zum Teil beruflich genutzt wird.


    Im BR Lexikon habe ich nun unter "Abfindung" gefunden:


    Als Monatsverdienst werden die Geld- und Sachbezüge (z.B. Pkw-Überlassung) zu Grunde gelegt, die dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat zustehen, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 10 Abs. 3 KSchG)


    Entsprechend der Text §10 Abs. 3 KSchG:

    Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.


    Meine Frage: ist der Begriff "Monatsvergütung" der in der BV verwendet wird juristisch identisch mit dem Begriff "Monatsverdienst" im Gesetzestext und kann dieser Paragraf entsprechend dem AG gegenüber referenziert werden?


    Ich fürchte jedoch, dass hier nun genau abgewogen werden muss. Die Konditionen der BV gehen teilweise über das hinaus was der AG gesetzlich leisten müsste, was bei einer Nachverhandlung / Anfechtung wahrscheinlich in Gefahr geraten könnte... Oder ist der Sachverhalt so eindeutig, dass dieser eingefordert und ggf. auch der Rechtsweg beschritten werden kann?

  • Hallo Cosmo,

    ich befürchte ihr habt euch tatsächlich in der BV nicht eindeutig ausgedrückt. Erst mal finde ich eure Regelung zu den Firmenwagen echt fragwürdig wenn es vorher Firmenwagen gab. Aber nun ist es so.

    Die Konditionen der BV gehen teilweise über das hinaus was der AG gesetzlich leisten müsste, was bei einer Nachverhandlung / Anfechtung wahrscheinlich in Gefahr geraten könnte

    Wurde denn eine Kündigung in der BV vereinbart? Dann bekommen die Mitarbeiter ja erst mal nichts? Das Verstehe ich bei einem Sozialplan nicht, in der Regel endet der Sozialplan mit Abschluss der Maßnahmen des IA. Eine vorzeitige Kündigung sollte hier nicht vorgesehen sein. In der Regel wird auch nicht der ganze Sozialplan nichtig, nur weil ein Passus nichtig bzw. unklar ist. Prüfe hier noch mal den genauen Wortlaut hierzu.



    ist der Sachverhalt so eindeutig, dass dieser eingefordert und ggf. auch der Rechtsweg beschritten werden kann?

    Wie eindeutig der Sachverhalt ist wird dir am Ende nur der Richter sagen können, aber das Problem ist, dass hier der jeweilige Mitarbeiter klagen muss.


    Wart ihr beim Abschluss von IA und Sozialplan anwaltlich vertreten? Dann haltet doch mit dem Anwalt noch mal Rücksprache wie er die Chancen hier sieht.

  • Danke für die Antwort! In der BV ist geregelt, dass unbefristet beschäftigte AN denen aufgrund der aktuellen Situation betriebsbedingt gekündigt wird eine Abfindung nach Maßgabe bestimmter Regelungen erhalten.

    Wart ihr beim Abschluss von IA und Sozialplan anwaltlich vertreten?

    Ich war zu dem Zeitpunkt im Urlaub und erst seit kurzem zurück, werde das nochmal hinterfragen.

    In der Regel wird auch nicht der ganze Sozialplan nichtig

    Du hast vollkommen recht, das wurde auch explizit so geregelt.

  • Ich war zu dem Zeitpunkt im Urlaub und erst seit kurzem zurück, werde das nochmal hinterfragen.

    na da waren Information durch AG an BR, Verhandlungen und Abschluß des IA und SP aber schnell erledigt wenn das alles in Deinem Urlaub passiert ist, da befürchte ich, dass ihr keinen externen Sachverstand dabei hattet.


    IA und SP sind meist "Gesamtkunstwerke" in denen einzelne Punkte evtl mal scheinbar schlecht geregelt sind im Zusammenspiel des Ganzen dann aber wieder völlig ok sind.


    Bzgl. der Monatsvergütung kenne ich das so, dass das Gesamtmonatsbrutto zu Grund gelegt wird also inkl. aller Bestandteile.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Bzgl. der Monatsvergütung kenne ich das so, dass das Gesamtmonatsbrutto zu Grund gelegt wird also inkl. aller Bestandteile.

    Bei uns war es ein gezwölfteltes Jahresbrutto, also inkl. Weihnachts- und Urlaubsgeld, aber ohne Zulagen. Das ist also individuell im Sozialplan auszuhandeln und wenn der AG weniger auszahlt (egal ob falsch verstanden oder warum auch immer) ist das leider vom Mitarbeiter individuell geltend zu machen.

  • Beim Abschluss war ich nicht dabei, soll heissen, die Dokumente waren noch in Verhandlung als ich in Urlaub ging. Ich war jedoch auch etwas länger weg, wie ich zugeben muss. Aber ich stimme zu, ich denke ebenfalls dass hier keine externe Beratung stattfand.

    Bzgl. der Monatsvergütung kenne ich das so, dass das Gesamtmonatsbrutto zu Grund gelegt wird also inkl. aller Bestandteile.

    Das war auch mein Verständnis (wie gesagt, ohne dies explizit zu prüfen), daher ist mir hier dummerweise im Vorfeld gar nichts aufgefallen...


    Das ist also individuell im Sozialplan auszuhandeln

    Verstanden. In diesem Falle ist es aber so, dass dbzgl. nichts schriftlich vereinbart wurde und lediglich der Begriff "Monatsvergütung" fixiert wurde. Dieser wird jedoch nun unterschiedlich interpretiert. Daher meine Frage, da der zuvor zitierte Gesetzestext von "Monatsverdienst" spricht, ob diese Begriffe gleichzusetzen wären? Sollte in diesem Falle dann dieser Teil der Vereinbarung nicht unwirksam sein?


    Schon mal vielen Dank für Eure Mühe!

  • Daher meine Frage, da der zuvor zitierte Gesetzestext von "Monatsverdienst" spricht, ob diese Begriffe gleichzusetzen wären? Sollte in diesem Falle dann dieser Teil der Vereinbarung nicht unwirksam sein?

    Na klar ist das wirksam, aber nicht eindeutig. Und wenn ich mit der Zahlung der Abfindung nicht einverstanden bin muß ich klagen und hoffen das ich damit mehr erhalte:

    wenn der AG weniger auszahlt (egal ob falsch verstanden oder warum auch immer) ist das leider vom Mitarbeiter individuell geltend zu machen.

  • ist der Begriff "Monatsvergütung" der in der BV verwendet wird juristisch identisch mit dem Begriff "Monatsverdienst" im Gesetzestext

    Würde ich so sehen. Ich würde da mit einem anderen Gesetzestext argumentieren:

    Zitat

    § 611 BGB Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag

    (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
    (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

    Dann soll der AG mal erklären warum seiner Meinung nach die Zulagen nicht Teil der vereinbarten Vergütung sein sollen.

    „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Hanlons Rasiermesser

  • Die Abfindung berechnet sich als Produkt der Betriebszugehörigkeit, der Monatsvergütung und eines Abfindungsfaktors".

    Also ich verstehe das so Monatsvergütung ist Jahresgehalt Brutto durch 12.

    Aber wer bin ich schon?

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • also ich verstehe hier, es ist nichts konkrettes vereinbart obwohl was Konkretes gemeint gewesen war.


    wenn ich im Dezember gehen würde, so beträgt die Monatsvergütung in dem Monat bei uns nach TV das Monatsbrutto plus einen 55% aufschlag. Der richtige Monat also zum gehen

    30 Jahre im Betrieb Faktor 1,0


    prima:

    30x1x(4000+2200) ist meine Abfindung.


    so würde ich das auslegen


    oder ich höre im Sommer auf, da gibt es im Juli Urlaubsgeld plus 27,5% Zuschlag, immer, macht dann einen Zuschlag von 70% auch gut.


    um es auf den Punkt zu bringen, scheinbar war eure Beretung hier nicht die beste, nachverhandeln oder halt den AG, ok, wenn du es nicht konkretisieren willst, ganz einfach hier die rechnungen die auch möglich sind, nur Monatsgrundgehalt steht da nicht sondern monatsvergütung und dann kann es sich nur um die vergütung handeln die im jeweiligen Endmonat fällig wäre. Wir emfehlen den MA den Klageweg. Dann entscheiden die Gerichte was zählt.


    Gruß

    Rabauke