Streitigkeiten bei der Eingruppierung bei der Entfristung eines Arbeitsvertrages

  • Hallo zusammen,


    leider hab ich kein passendes Unterforum gefunden, deshalb unter "Allgemeines":


    Ich denke, dieses Problem haben die Eingruppierungs-Profis alle schon einmal gehabt, deshalb hoffe ich, dass ich jemanden finde, der mir da helfen kann.


    Bei uns im Betrieb hat sich der Arbeitgeber dazu durchringen können, doch noch den ein oder anderen befristeten Arbeitsvertrag zu entfristen. Allerdings haben wir jetzt einen Fall, wo wir in einen Gewissenskonflikt kommen. Der zu Entfristende ist seinerzeit als Leiharbeiter als Helfer eingestellt worden. Wurde dann, irgendwann befristet übernommen und auch höher eingruppiert. (+1 EG) Jetzt, nachdem die Höchstbefristungsdauer abgelaufen ist (ca. 2 Jahre) hat sich seine Tätigkeit noch weiter verändert und müsste noch um 1-2 EG´s höher eingruppiert werden. Dies ist eigentlich unter allen Beteiligten (ausgenommen Personalchef) unstrittig.


    Bei der Anhöhrung zur Einstellung und Eingruppierung hat der Arbeitgeber aber gesagt, dass die Eingruppierung unverändert bleiben soll. Auf die falsche Eingruppierung angesprochen kam dann die Aussage: "Wenn wir den Mitarbeiter hochgruppieren müsssen, dann wird er nicht entfristet." Nachdem wir unseren Arbeitgeber kennen, wissen wir auch, dass er das ernst meint und das nicht nur Theaterdonner ist. Demnach wollen wir es nicht riskieren, dass der Vertrag doch nicht verlängert wird, indem wir der Einstellung zustimmen, der Eingruppierung aber widersprechen. Der Kollege hat weniger als 10 Jahre zur Rente und deshalb schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Auch selbst wird der Kollege nichts gegen die Eingruppierung unternehmen, da er nur froh ist, einen festen Arbeitsplatz zu bekommen.


    Jetzt zu meiner eigentlichen Frage: Haben wir irgendeine Chance zeitnah, nach dem Entfristungsdatum, etwas gegen die Eingruppierung zu tun? Nach der Zustimmung bei der Anhörung werden wir uns auf alle Fälle schwer tun, der Eingruppierung im nachhinein zu widersprechen und den Arbeitgeber vors Arbeitsgericht zu zwingen.


    Mir kam aber gerade so der Gedanke in den Kopf, dass man an der ausgeführten Tätigkeit schrauben könnte und dadurch den Arbeitgeber zu einer korrekten Eingruppierung zwingt, denn die Tätigkeit braucht er.


    Besteht die Möglichkeit, da ich ja über die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen usw. wachen muss, dass ich notfalls in einem Beschlussverfahren den Arbeitgeber dazu zwinge, bestimmte Tätigkeit von dem Arbeitnehmer nicht mehr anzunehmen, oder den Kollegen richtig einzugruppieren? Hat da schon einmal jemand von gehört oder vielleicht selbst schon einmal sowas durchgezogen? Oder hat jemand noch einen anderen Tip, wie wir das durchsetzen können?


    Noch ein paar Rahmendaten:

    Produktionsfirma OEM

    Personalstärke < 250 MA derzeit sinkend

    Tarifgebunden IGM Metall- u. Elektroindustrie Bayern über HT, ERA gilt

    keine schriftlichen Tätigkeitsbeschreibungen (außer BR-Unterlagen zur Ersteingruppierung vor wenigen Jahren)


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

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  • Hallo Markus,


    auch wenn ich kein Eingruppierungsprofi bin. (wir haben keine Tarifbindung)


    Wäre es nicht eine Möglichkeit jetzt der Einstellung zuzustimmen oder gar die Frist verstreichen lassen.

    und in einem halben Jahr macht Ihr eine allgemeine Prüfung der Eingruppierung aller Mitarbeiter.

    Mit dem Ergebnis der Prüfung verlangt ihr dann beim Arbeitgeber die Einhaltung des Tarifvertrages ggf. mit Unterstützung der Gewerkschaft.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Oder ihr versucht es über die Schiene, dass ihr der Anhörung, die ja mehrere Sachverhalte zur Zustimmung enthält, entsprechend zustimmt bzw. ablehnt?

    Also konkret: ihr stimmt der Entfristung zu, lehnt aber die Eingruppierung ab.

  • Oder ihr versucht es über die Schiene, dass ihr der Anhörung, die ja mehrere Sachverhalte zur Zustimmung enthält, entsprechend zustimmt bzw. ablehnt?

    Also konkret: ihr stimmt der Entfristung zu, lehnt aber die Eingruppierung ab.

    Dann besteht genau Zeit für eine Einigung, bis zu dem Tag, an dem der Vertrag ausläuft. Der AG hat ja bereits offen kommuniziert, dass er bei höherer Eingruppierung den Vertrag auslaufen lässt. :(



    Für die Eingruppierung sind Richtlinien einer Tarifpartei, zb des Arbeitgeberverbands, leider unerheblich. Es handelt sich dabei nämlich nur um einseitige Hinweise bzw Empfehlungen.

    Am Ende legt immer der Arbeitgeber legt fest, welche Tätigkeitsmerkmale zu welcher Gruppe führen, es würde also in der Beweislast der Beschäftigen liegen, eine höhere Gruppe zu erklären. Wenn es dann im worst case keine vergleichbaren Mitarbeiter gibt, ist dies eigentlich kaum möglich.


    Wir haben ebenfalls den Fall, dass im Produktionsbereich Montagemitarbeiter für eine nahezu ähnliche Tätigkeit teilweise erhebliche Lohnunterschiede haben. Tja, dann geht die eine Person künftig nicht mehr an Justier- und Prüfplätze oder fertigt nur die Bestellungen für den Export, wo einfach nur jedes 100. Teil einer Prüfung unterzogen wird, im Gegensatz zu den 100% Prüfungen der Geräte für den deutschen Markt. Hier hatten wir schon ewig lange Diskussionen und bisher gab es immer Gründe, jemandem weniger für eine fast gleiche ARbeit zu zahlen. Betriebszugehörigkeit, Ausbildung, Weiterbildung, bla bla.


    Wenn hier wirklich jemand eine plausible Lösung hat, dann immer her damit. Ich sehe bisher keine.

  • ich glaube, das Problem haben viele, wenn ich mir unseren Tarif anschaue wird mir regelmäßig schlecht so ungenau sind die einzelnen Lohngruppen vorgegeben, vereinzelt ist eine genaue Tätigkeit genannt aber leider viel zu selten.

    Da wir auch gewerkschaftlich unterirdisch organisiert sind macht die Gew bei uns kein Faß auf...

    Ich denke auch der Einstellung zustimmen und dann im Rahmen einer Prüfung der Eingruppierungen insgesamt behaupten, dass der Kollege falsch eingruppiert ist. Ich hoffe mal der IGM-Tarif ist da genauer als der unsere.

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Hallo Markus,


    wie habt ihr den ERA eingeführt?

    Wir mit BV und nach dieser kann jederzeit der AN oder der BR eine Eingruppierungsüberprüfung durchführen lassen und ggf. diese dann über die Tarifliche Einigungsstelle umsetzen.


    Was würden wir als BR machen, nun wir stimmen der umbefristeten Einstellung zu (sind auch ein Zulieferer OEM), und dann nach 6 monaten stellt der Entgeltausschuss fest, UPS, da kann doch was nicht stimmen. Mitarbeiter A macht Dinge, die nicht mehr im EG 5 passen sondern mit EG 7 richtig zu bewerten sind.

    Dann Fordern wir den Arbeitgeber aus, mit uns in die PK zu gehen und die Eingruppierung zu überprüfen.

    Da in der Pk der personalchef einer von 4 ist, der 2te bei uns in der Regel der Abteilungsleiter, wird der personalchef überstimmt, und fertig ist die Laube.


    Ich weiß nur nicht, ob ihr das auch könnt und bei euch noc hdie BV zur ERA-Einführung gilt, wenn ihr damals ERA nach BV eingeführt habt.


    Weiterhin wenn der MA Gewerkschaftsmitglied sein sollte, geht ja immer noc hder Weg der Eingruppierungsüberprüfung über die Gerichte.


    Auf der nächsten Betriebsversammlung bekäme aber mein Personalchef dann von mir als Sprecher des Entgeltausschusses was zu höhern, zu seiner Eingruppierungspolitik und zu seinem persönlichen Gehalt, das wohl auch mal nach unten angepasst werden müsste, weil er deutlich zu viel bekommt für diesen schlechten Support, denn diese Eingruppierungspolitik hat er ja sicher nicht nur in diesem Einzelfall.


    Gruß

    rabauke

  • Hallo zusammen,


    erst einmal vielen Dank für eure Antworten!

    Ich denke auch der Einstellung zustimmen und dann im Rahmen einer Prüfung der Eingruppierungen insgesamt behaupten, dass der Kollege falsch eingruppiert ist. Ich hoffe mal der IGM-Tarif ist da genauer als der unsere.

    Das haben wir auch schon überlegt, haben aber die Überlegung, dass wir uns da wahrscheinlich relativ schwer tun, da wir ja vor kurzem erst der Eingruppierung zugestimmt hätten.


    wie habt ihr den ERA eingeführt?

    Wir mit BV und nach dieser kann jederzeit der AN oder der BR eine Eingruppierungsüberprüfung durchführen lassen und ggf. diese dann über die Tarifliche Einigungsstelle umsetzen.

    Wir haben ERA in einem laufenden Prozess ohne BV vereinbart (ja es wahr ein Fehler, aber wir waren noch jung und dumm). Wir haben uns an den ERA-Einführungstarifvertrag angelehnt, aber halt ohne Anpassungsfond. Im Anschluss an die Eingruppierung haben wir eine BV abgeschlossen, für die Ersteingruppierungen. Diese dann aber auch mit Einigungsstelle. Diese gilt aber leider nicht bei Höhergruppierungen, die laufen ganz normal nach §99 BetrVG.

    Ich weiß nur nicht, ob ihr das auch könnt und bei euch noc hdie BV zur ERA-Einführung gilt, wenn ihr damals ERA nach BV eingeführt habt

    leider funktioniert das bei uns nicht :(

    Weiterhin wenn der MA Gewerkschaftsmitglied sein sollte, geht ja immer noc hder Weg der Eingruppierungsüberprüfung über die Gerichte.

    Auch das wird der MA eher nicht machen, der ist eigentlich nur froh, dass er einen Job bis zu seiner Rente hat und nicht wieder in die Leiharbeit muss. Jetzt könnte man sagen: "OK, wenns er nicht anders will, warum sollten wir was tun." Mit dieser falschen Eingruppierung verhageln wir uns aber unsere Systematik und geben einen Präzedenzfall für die Eingruppierung an dem Arbeitsplatz.


    Deshalb würden wir ja eher in die Richtung gehen wollen, dass wir dem AG untersagen lassen, bestimmte Tätigkeiten anzunehmen, da sie nicht den Eingruppierungsrichtlinien entsprechen, oder wenn er die Tätigkeit von keinem anderen machen lassen kann, den Kollegen richtig einzugruppieren. Bei den Eingruppierungsgesprächen sagt unser Personalchef nämlich meistens, dass der Kollege, entgegen unserer Meinung, gewisse Tätigkeiten einfach nicht macht. Nur wissen wir nicht, ob das ein gangbarer Weg ist.


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

    Einmal editiert, zuletzt von Markus 1973 ED ()

  • Deshalb würden wir ja eher in die Richtung gehen wollen, dass wir dem AG untersagen lassen, bestimmte Tätigkeiten anzunehmen

    Das habe ich noch nie gehört das das geht. Und wenn der MA pflichtbewusst seine Arbeit macht, wie soll der AG die nicht annehmen? Da fehlt mir jegliche Vorstellungskraft.


    Ich würde raten, damit der Kollege endlich eine feste Anstellung bekommt dieser zuzustimmen und erst mal auf der Eingruppierung nicht rumreiten. Wenn er dann die Festanstellung hat dann könnt ihr die Eingruppierung immer noch angehen.

  • Ich würde raten, damit der Kollege endlich eine feste Anstellung bekommt dieser zuzustimmen und erst mal auf der Eingruppierung nicht rumreiten. Wenn er dann die Festanstellung hat dann könnt ihr die Eingruppierung immer noch angehen.

    Genau so würde ich das im konkreten Fall auch machen. Der AG sagt: ohne korrekte Eingruppierung entfriste ich den Vertrag nicht? OK. Dann entfriste mal, auch ohne korrekte Eingruppierung...


    Und zu dem hier:

    Das haben wir auch schon überlegt, haben aber die Überlegung, dass wir uns da wahrscheinlich relativ schwer tun, da wir ja vor kurzem erst der Eingruppierung zugestimmt hätten.

    fällt mir nur wieder Konrad Adenauer ein: Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern - nichts hindert mich daran weiser zu werden...


    Sieh es mal so: der AG spielt hier unfair und erpresst euch. Da es für den Kollegen (nachvollziehbarerweise) ok ist, würde ich mich als BR hier erst einmal darauf einlassen und Fakten schaffen (Vertrag entfristet). Aber nicht ohne mir das zu merken und dem AG bei nächster sich bietender Gelegenheit (und aufgrund der Vorbeschäftigung gehe ich mal von keiner Probezeit aus, sonst würde ich das Ende noch abwarten) bekäme er das zu spüren. Irgendwann kommt der AG und will etwas, wo der BR nicht zu ja sagen muss. Und dann ist der Tag gekommen zu sagen: wir wären ja bereit... wenn...


    Du weißt doch: Wenn der AG Spielchen will - dann spielen wir...


    Übrigens auch darum

    Mit dieser falschen Eingruppierung verhageln wir uns aber unsere Systematik und geben einen Präzedenzfall für die Eingruppierung an dem Arbeitsplatz.

    würde ich mich nicht groß scheren. Ja, im Prinzip hast Du Recht, aber ehrlich: der AG lässt euch hier keine Wahl (inwiefern das Behinderung der BR-Arbeit ist, könnte man ja mal prüfen (lassen)). Aber um hier zu einem Ergebnis zu kommen könnt ihr nur mitspielen. Und spätestens wenn ihr bei der nächsten Einstellung einfach mal nein sagt, solange da noch auch nur ein AN falsch eingruppiert ist, wird der AG merken, dass es nicht immer Sinn macht seine Macht auszunutzen und den Weg der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu verlassen... (ein lieber BR-Kollege prägt dafür mal den Begriff "kreatives Stänkern")

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

    • Hilfreichste Antwort

    Hallo Markus,


    das Problem ist doch klar, ihr könnt nun der Einstellung die Zustimmung erteilen, der Eingruppierung nicht, und der MA ist draussen, oder ihr stimmt der Einstellung incl. der Eingruppierung zu und der Kollege ist drinnen.


    Danach die Eingruppierung anzugehen sieht das gesetz für den BR nicht vor (zumindest nicht bei uns im ERA-TV) solange der Arbeitsplatz sich nicht ändert.


    Ich verstehe voll und ganz, dass mit der Zustimmung zu dieser Eingruppierung die Türe geöffnet wird, das Entgeltniveau in gänze anzugreifen, und auch anderen Tätigkeiten niedriger zu bewerten.


    Also ich würde mich hier mit der IGM zusammen setzen und klären, wie können wir Eingruppierungsüberprüfungen iniziieren, wenn wir der Meinung sind, dass die Eingruppierung fehlerhaft ist oder auf Grund der Änderung der Arbeitsaufgabe die Eingruppierung zu hoch oder zu niedrig ist.


    Wenn auch die IGM nur den Individuellen Weg bei euch sieht weil Individualrecht und kein Kolektivrecht, dann könnt ihr nur der Einstellung zustimmen und der Eingruppierung wegen Nichtanwendung des TV die Zustimmung verweigern oder halt alles verweigerer oder alles zustimmen. Zwickmühle.


    Wie sieht das denn der Vorgesetzte, Eingruppierung ok oder zu niedrig?

    Ich der Bereit in 2-4 Monate eine Versetzung zu beantragen, weil sich die Arbeitsaufgabe geändert hat?


    Wie und wann man den Arbeitgeber wo auf die Füße tritt, dass müßt ihr selber entscheiden, was da taktisch klug ist, auf Grund der Situation in der Automobilindustrie sehe ich derzeit da einen geringeren Handlungsspielraum bei uns, wie das bei euch aussieht weiß ich nicht. Bei hoher Auftragsauslastunge hilft ja schonmal die Mehrarbeitsreduzierung und die Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeit im indirekten Bereich (Einkauf, Vertrieb, Logistik, Finanz) mit den jeweiligen Androhungen Richtung Meldung bei der Zuständigen behörde um den Arbeitgebervertreter im personalbüro zu zeigen, was er so alles falsch macht und dann man ihn deutlich kontorliert, um bewegung in die Gespräche zur korrekten Eingruppierung zu bekommen.


    gruß

    Rabauke

  • Wäre später nicht auch eine Beschwerde des Arbeitnehmers beim BR möglich, vielleicht mit Bezug auf das AGG und einer vermuteten Diskriminierung aufgrund des Alters? Gerade wenn es vergleichbare Kollegen gibt, die idealerweise alle jünger sind und mehr bekommen.

    Der erste Weg sollte aber wirklich die Arbeitsplatzsicherung sein und bei einem auslaufenden Vertrag seid ihr da etwas auf den AG angewiesen.