Brandaktueller Fall - Kündigung wg Verweigerung eines Coronatests

  • Hallo,


    mich würde interessieren, wie im Forum folgender Fall, über den gerade in der Presse zu lesen ist, gesehen wird.


    Eine Reinigungskraft in einem Altenpflegeheim meldet sich am Montag mit Erkältungssymptomen AU. Am Wochenende war sie, wie man aus ihren öffentlichen Facebookposts weiss, auf der Corona-Demo in Berlin. Der AG fordert von ihr einen Corona-Test, den die AN aber verweigert. Daraufhin kündigt der AG das Arbeitsverhältnis fristlos.


    Meine Einschätzung: Der AG darf in einem Altenheim von AN mit Erkältungssymptomen verlangen, dass sie sich auf Corona testen lassen, bevor sie die Arbeit wieder antreten, die Weigerung durch die AN stellt einen Verstoß gegen ihre arbeitsvertraglichen Nebenpflichten dar. Trotzdem ist die Kündigung rechtswidrig, da der AG zuerst mildere Mittel zur Sanktionierung des Pflichtverstoßes hätte nutzen müssen: Die unbezahlte Freistellung für 14 Tage bzw kürzer, wenn vorher ein negativer Test beigebracht wird, ggf verbunden mit einer Abmahnung.


    Meinungen, Argumente?

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • :thumbup:

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  • was soll man noch dazu sagen wenn Du schon alles sagst...

    Es mag ja manchmal anders wirken, aber ich halte meine Meinungen nicht zwingend für absolute Wahrheiten... :D Vllt hat ja jemand eine andere Meinung und Argumente dazu?


    Außerdem schrieb "Spiegel Online", die Wirksamkeit der Kündigung sei unter Arbeitsrechtler*innen umstritten. Es fehlten bloß die Inhalte dazu. Es muss ja einen Grund haben, warum das umstritten ist.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Vielleicht war da ja schon was in den letzten Monaten.

    Du meinst, einschlägiges und entsprechend abgemahntes Fehlverhalten? Dann wäre das vmtl anders zu betrachten, klar. Aber die von SPON erwähnten Arbeitsrechtler*innen haben diese Info - ob da schon was war in den Monaten vorher - ja auch nicht... :/

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  • b) Wo die Kollegin war, ob a) Anti-Rassismus-Demo in den USA, b) Anti-Korinna-Demo in Berlin oder c) sündige Meile in HH hinter der David-Wache in der Sache nicht dienlich, sprich belanglos!

    Wenn sie krankgeschrieben war, dann kann man mMn schon argumentieren, dass eine Demo die mit Vorsatz gegen das Infektionsschutzgesetz verstößt, einer Genesung nicht dienlich ist. So ganz belanglos ist das in dem Zusammenhang nicht.

  • Ohne besondere Rechtskenntnisse würde ich argumentieren: Sie hat Kontakt zu einem besonders gefährdeten Personenkreis. Deshalb kann der AG bei Vorliegen möglicher Symptome von ihr den Coronatest verlangen - schon weil er gegenüber den Bewohnern eine Fürsorgepflicht hat und ihm Image- und Geldschaden entsteht, wenn er dem Personal Verletzungen der Sorgfaltspflicht durchgehen ließe. Unabhängig davon, ob die Putzfrau beim Oberammergauer Bierhumpenweitwurf oder bei der Corona-Demo war.

    Dass sie sich dort aufgehalten hat, mag zwar als Indiz gewertet werten, dass sie die Schutzmaßnahmen nicht so ganz einsieht. Das muß sie auch weder einsehen noch verstehen - aber sie hat sie gefälligst zu befolgen! Der AG hat berechtigtes Interesse, von ihr einen entsprechenden Nachweis zu fordern - nicht wegen der Demoteilnahme, sondern wegen den Erkältungssymtomen. Das sie den Nachweis verweigert würde ich als bewussten Verstoß gegen betriebliche Schutzmaßnahmen und grob fahrlässige Gefährdung anderer interpretieren, ohne dass ein triftiger Grund für die Ablehnung vorliegt. Das könnte m.E. eine fristlose Kündigung rechtfertigen.


    Als BR würde ich aber auch Bedenken äußern und vorschlagen, dass sie mal 2 Wochen unbezahlte Bedenkzeit nimmt.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

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  • Hallo zusammen,


    rein menschlich würde ich der Kündigung absolut zustimmen......


    Ob die Kündigung tatsächlich durchgeht, wird von den Umständen des Einzelfalls abhängen.


    Wir sind uns wahrscheinlich alle einig, dass es bei einer (wie auch immer) Beschäftigten Person in einem Altenheim (besonders gefährdeter Personenkreis) zu den Arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehört, dass sie sich bei Symptomen einer Erkältung einem Coronatest unterzieht, bevor sie wieder in die Arbeit kommt.


    Ob die Weigerung, einen solchen Test zu machen, einen Grund für eine fristlose Kündigung hergibt kommt meines Erachtens darauf an, wie diese Weigerung aussah (wehement und wiederholt oder nur einmalig) und wie die Wiederhohlungsgefahr ist, außerdem wie man die Gefahr einschätzt, dass die Reinigungskraft beim nächsten mal eventuell mit einer Erkältung in die Arbeit kommt, weil sie sich das ganze nicht noch einmal antun möchte.


    Die Teilnahme an der Corona-Demo würde ich zu ihrem Nachteil werten, da diese nahelegt, dass sie mit den Beschränkungen, denen sie auch beruflich unterliegt, nicht einverstanden ist.


    Sollte sie sich dann auch noch wiederholt und energisch gegen einen Corona-Test gewehrt haben, dann sehe ich eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt.


    Die zweite Frage ist, ob sie nicht sogar aufgrund einer Verordnung der Landesbehörde evtl. sogar dazu verpflichtet wäre, einen Test zu machen. Da kenn ich mich aber nicht aus, da Pflegeberufe nicht ganz mein Bereich sind. Das einzige was ich Pflege sind Metalloberflächen und mich selbst. ;)


    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Hallo Winfried,


    im Grundsatz bin ich bei dir.

    Einerseits dürfte der verweigerte Coronatest nicht für eine fristlose Kündigung ausreichen, anderseits hat der AG aber auch ein berechtigtes Interesse vor allem im Hinblick auf den Einsatzort, möglichst gesunde MA dort einzusetzen.


    Von der Corona Demo ist bekannt dass dort die notwendigen Sicherheitsabstände nicht jederzeit eingehalten wurden.


    Allerdings stellt sich für mich die Frage inwieweit Sie Kontakt zu den Im Altenpflegeheim vorhandenen Risikopatienten hat und ob es möglich gewesen wäre Sie ohne Kontakt zu diesen einzusetzen. Als Reinigungskraft gäbe es möglicherweise auch Bereiche die eine Beschäftigung erlauben ohne Kontakt zu haben.

    Sollte dies nicht möglich sein wäre das mildere Mittel sicherlich die unbezahlte Freistellung gewesen.


    Viele Grüße

    Bernd

  • Meines Erachtens spielt die Demo hier arbeitsrechtlich keine Rolle. Die Demo selbst war angemeldet und legal. Für eine Nichteinhaltung der Hygieneregeln gibt es zumindest keinen Beweis. Die reine Anwesenheit ist eine zulässige Meinungsäußerung, aus der kein Nachteil entstehen darf.

    Eine Verweigerung des Tests würde ich negativ auslegen und ggf. abmahnfähig finden. Für eine Kündigung reicht es meines Erachtens nicht aus. Alternative Möglichkeiten wurden genannt: Anderer Bereich, bezahlt oder unbezahlt freistellen, da gibt es Möglichkeiten. Auch die Wiederholungsgefahr ist eher gering.

    Eine kritische Einstellung zu den Maßnahmen oder meinetwegen auch zum Ursprung der von Reptiloiden mit Bill Gates gezüchteten Wirtschaftsbedrohung zur Erlangung der Weltherrschaft duch Zwangsimpfen und -chippen dürfte vor Gericht nicht ausreichen - da zählen nur klare Rechtsbrüche und nicht, ob die gute Reinigungskraft eine Pfeiffe ist.

  • Wenn der Arbeitgeber die Erkältungssymptome als Grund für den Corona Test anführt und nicht den Besuch in Berlin, dann sollte er grundsätzlich bei allen Mitarbeitern mit entsprechenden Symptomen einen Test fordern.


    Ein Wochenendausflug an die vollgepackten Stränden von Nord-/Ostsee sollte den AG dann ja ebenfalls dazu veranlassen, entsprechende MA zu testen.

    Die MA haben ja vielleicht auch auf Facebook von Ihrem schönen Ausflug berichtet.

  • Vielleicht gibts dazu ja bald mal endlich eine höchstrichterliche Rechtssprechung ;)

    Das wird (leider) nicht so weit gehen. Die Dame war nur vier Monate in dem Pflegeheim beschäftigt und soll lt. Focus noch in der Probezeit gewesen sein. Also keinen Kündigungsschutz. Evtl. kann es sein, dass nur die fristlose in eine fristgerechte Kündigung umgewandelt wird.

  • Wenn der Arbeitgeber die Erkältungssymptome als Grund für den Corona Test anführt und nicht den Besuch in Berlin, dann sollte er grundsätzlich bei allen Mitarbeitern mit entsprechenden Symptomen einen Test fordern.

    Das ist Vorschrift und wird in Kliniken und Pflegeheimen vollkommen zurecht auch schon so gehandhabt.

    wäre die Kündigung, als Kündigung innerhalb der Probezeit erfolgt ohne weitere Angabe von Gründen wäre diese rechtssicher und auch gültig.

    Hier sieht man, wie schlecht beraten der AG war. Die ordentliche Kündigung wäre gut machbar gewesen, da das KSchG erst nach 6 Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses greift; zusätzlich hätte er die Gekündigte wegen des verweigerten Tests für die Dauer von 14 Tagen unbezahlt freistellen können.


    Prinzipiell der selbe Effekt wie bei der fristlosen Kündigung (die AN ist sofort ohne Bezahlung weg), nur dass die außerordentliche Kündigung im Gegensatz zur ordentlichen gerichtlich angreifbar ist, weil hier § 626 BGB und eben nicht das KSchG einschlägig ist (siehe § 13 Satz 1 KSchG). Deswegen ist dieser Satz auch falsch bzw irreführend:

    Die Dame war nur vier Monate in dem Pflegeheim beschäftigt und soll lt. Focus noch in der Probezeit gewesen sein. Also keinen Kündigungsschutz.

    Da es einer gewissen "Szene", der diese Dame u.U. angehört, wichtig sein dürfte, ein Gerichtsverfahren als "Freiheitskampf" zu stilisieren, ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass ein mehrinstanzliches ArbG-Verfahren laufen wird. M.E. ist die Wahrscheinlichkeit, dass der AG das verliert, sehr hoch.


    Der AG wäre gut beraten, eine ordentliche Kündigung hinterherzuschieben.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

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