Hallo zusammen,
bei uns gibt es folgenden Sachverhalt:
Bedauerlicherweise hat es in unserem Unternehmen noch nie einen Betriebsarzt und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) gegeben. Das wurde neulich durch den Vertreter der zuständigen Berufsgenossenschaft bemängelt und dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt (mit Frist bis zur Beseitigung des Missstands).
Für die Bestellung eines Betriebsarztes und der SiFa benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des BR (§ 9 Abs. 3 S. 1 u. 2 ASiG). Weiterhin hat der BR auch bei der Entscheidung mitzubestimmen, ob ein angestellter, freiberuflich tätiger Betriebsarzt oder ein überbetrieblicher Dienst von Betriebsärzten die betriebsärztlichen Aufgaben wahrnehmen soll (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, BAG v. 10. 4. 1979 - 1 ABR 34/77).
Unser Arbeitgeber ist nun seit geraumer Zeit in Verhandlung mit einem externen Dienstleister getreten, der Betriebsarzt und SiFa anbietet (also offenbar ein überbetrieblicher Dienst). Den BR hat er darüber nicht informiert. Wie wir auf dem "kleinen Dienstweg" erfahren haben, liegt dem Arbeitgeber ein Vertragsentwurf des externen Dienstleiters vor. Letzte Woche war ein Vertreter dieser externen Firma im Hause. Zu der Besprechung war auch der Sicherheitsbeauftrage eingeladen, nicht aber der BR. Auf den expliziten Hinweis eines BRM an den Arbeitgeber, dass der BR dem Betriebsarzt und der SiFa zustimmen muß, meinte der Arbeitgeber (der das offenbar nicht wußte), dass Betriebsratsmitglied XY an der Besprechung teilnehmen kann. Wir als BR fühlen uns vom Arbeitgeber unzureichend eingebunden. Die Ansage des Arbeitgebers, das ein bestimmtes (namentlich genanntes) BRM an der Besprechung teilnehmen kann, halten wir für einen Eingriff in die Autonomie des BR, da der BR selbst entscheidet, mit welchem bzw. welchen BRM er an einer solchen Besprechung teilnimmt.
Um hier ein Zeichen zu setzen, ist ein zweites BRM mit zu dieser Besprechung gegangen (beide BRM sind übrigens die in den zukünftigen ASA entsandten BRM). Zu Beginn der Besprechung mußte sich dieses BRM einen Spruch "Was machen sie hier? Gehen sie gefälligst arbeiten!" anhören, woraufhin das BRM in bestimmten Tonfall äußerte, dass der BR schon noch selbst entscheidet, mit welchen Mitgliedern er an einer solchen Besprechung teilnimmt.
Einige Tage später hat dieses BRM eine schriftliche "Ermahnung" des Arbeitgebers mit folgendem Inhalt erhalten:
Das BRM habe ohne Abstimmung mit der Geschäftsleitung den Raum betreten und ein Anwesenheitsrecht geltend gemacht hat. Im weiteren Verlauf hätte das BRM in lautstarker, respektloser und anmaßender Weise auf seinem Anwesenheitsrecht bestanden und den anwesenden Geschäftsführern Unwissenheit vorgeworfen.
Das BRM habe durch sein Verhalten gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten verstoßen, da es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines jeden Mitarbeiters gehört, respektvoll mit Vorgesetzten und Kollegen umzugehen. Das Verhalten des BRM lässt das gebotenen Mindestmaß an Respekt gegenüber der Geschäftsleitung jedoch vermissen.
Weiterhin würde das Verhalten umso schwerer wiegen, da dies in Anwesenheit des Vertreters des externen Dienstleiters und von Mitarbeitern unserer Firma stattfand. Das Auftreten des BRM war daher nicht nur respektlos, sondern auch geschäftsschädigend.
Das Verhalten des BRM schade dem Betriebsfrieden. Als Mitglied des BR sind ihm gem § 74 Abs. 2 S. 2 BetrVG alle Betätigungen untersagt, die den geordneten Arbeitsablauf oder den Betriebsfrieden beeinträchtigen.
Weiterhin hofft die Geschäftsleitung, dass das BRM sein Fehlverhalten einsieht und in Zukunft Besserung zeigt. Ansonsten behält man sich weitere Schritte vor.
Eine Durchschrift dieser Ermahnung wird in der Personalakte hinterlegt.
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Die Beschreibung "...in lautstarker, respektloser und anmaßender Weise auf seinem Anwesenheitsrecht bestanden ..." ist so stark übertrieben, dass sie mit der Realität nichts zu tun hat (war eher eine Situation „Blöder Spruch – pampiger Spruch zurück“). Nach unserer Einschätzung versucht der Arbeitgeber hier, ein unbequemes BRM gezielt einzuschüchtern.
Wir würden hier gern gegen unseren Arbeitgeber vorgehen - insbesondere, da dieser nach unserer Einschätzung den Betriebsfrieden schon mehrfach gestört hat, indem er in die Kompetenz des BR eingegriffen hat (Fitting, § 74 BetrVG, Rn 31a; hier: Bestimmung eines namentliche benannten BRM für die Teilnahme an der Besprechung) und in jüngerer Vergangenheit mehrfach Mitbestimmungsrechte nicht beachtet hat (Fitting, § 74 BetrVG, Rn 30; unser Arbeitgeber hat das MBR bei einer (temporären) Veränderung der Kernarbeitszeit mißachtet, weiterhin hat er die Zustimmung zu zwei Einstellungen nicht eingeholt und eine Reihe von Kollegen ins Homeoffice geschickt und später wieder zurückgeholt, ohne die Zustimmung des BR gem. § 99 BetrVG einzuholen).
Wie sollten wir als BR vorgehen? Welche Maßnahmen sollte das betroffenen BRM ergreifen?
Vielen Dank für Eure Mithilfe!