Kurzarbeit(ergeld) : Erfahrungen?

  • Hallo zusammen,


    in unserer Sitzung am Nachmittag wird uns der AG wahrscheinlich darüber informieren, dass Kurzarbeit in Frage kommt. (Aufgrund der aktuellen Corona-Situation). Ich lese seit Anfang der Woche bereits kräftig alles zu dem Thema. Jedoch würde ich mich freuen, wenn jemand mit Erfahrung zu dem Thema etwas sagen kann?


    Ich denke nämliche an:

    - Ist eine BV zwingend notwendig? Was würde ihr unbedingt dort festhalten?

    - Wie hat die Reduzierung der Zeitkonten zu erfolgen? (gleich 0, negativ, oder "einfach" in der durch BV ArbZ festeglegten Grenze von max. 32 und min. 32?)

    - Wird während Kurzarbeit, der Urlaub normal erworben?

    - Trifft es jemand, der sich derzeit im Urlaub betrifft?

    - Können wir den AG dazu bringen, den Unterschied (AA zahlt 60% des Ausfalls) von 40% zu zahlen?


    Ich bin für jeden Hinweis dankbar. Wir sind ein 9er Gremium, leider relativ neu alle im Gremium (fast alle sind innerhalb der letzten 6 Monate nachgerückt).

  • Moin,


    wir warten gerade auch auf eine BV-Vorlage unseres Arbeitgebers. Ein paar Fragen von Dir kann ich aber schonmal beantworten:


    - Ist eine BV zwingend notwendig? Was würde ihr unbedingt dort festhalten?


    Die Voraussetzung für Kurzarbeit ist entweder eine Regelung in einem Tarifvertrag, eine einzelvertragliche Regelung (Arbeitsvertrag) oder in Betrieben mit Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung. Für eine BV gibt es durch ein Urteil des BAG aus dem Jahr 2015 gewisse inhaltliche Mindestanforderungen, damit diese gültig ist:

    https://www.hlw-muenster.de/ne…nfuehrung-von-kurzarbeit/


    - Können wir den AG dazu bringen, den Unterschied (AA zahlt 60% des Ausfalls) von 40% zu zahlen?


    Grundsätzlich ist eine solche BV unter §87 BetrVG erzwingbar mitbestimmungspflichtig, d.h. ohne Eure Zustimmung gibts keine Kurzarbeit. D.h. ja, in einer BV kann geregelt werden, dass der AG teilweise oder ganz einen Ausgleich leistet. Die Frage ist halt, wie stark Eure Verhandlungsposition angesichts möglicher Alternativen (betriebsbedingte Kündigungen) ist. Das kann man nicht allgemein beantworten.

  • Auch wenn, wie ich es gerade in einem anderen Thread schon geschrieben habe, Kurzarbeit so gar nicht meine Baustelle ist, denke ich, kann ich hierzu etwas sagen (weil es der meist simplen Rechtslogik folgt):

    Trifft es jemand, der sich derzeit im Urlaub betrifft?

    Wenn du mit treffen meinst, dass der Kollege seinen Urlaub abbrechen muss, oder eine andere Vergütung für den Urlaub erhält: nein. Der Urlaub ist beantragt, genehmigt und wird gerade genommen. Hier nachträglich irgendwelche Änderungen wirksam werden zu lassen, halte ich für problematisch, wenn nicht gar unzulässig.


    Dass der Kollege aus dem Urlaub kommt und sich in Kurzarbeit wiederfindet, das kann natürlich passieren.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,


    habe das selber schon erlebt. Mortiz hat Recht mit dem der Urlaub ist beantragt und genehmigt.

    Kurzarbeit kann aber ganz unterschiedlich gehandhabt werden. z. B. nur auf Abteilungen. Sprich in einer

    Abteilung besteht keine Arbeit kann diese Kurzarbeit machen während in der anderen Abteilung sogar

    Überstunden anfallen können. Arbeitszeitkonten müssen in einem bestimmten Rahmen vorher abgebaut werden.

    Zu verhandeln mit dem AA. Mitarbeiter können auch anstatt einem Tag Kurzarbeit in der Woche Urlaub nehmen.

    Zu deiner Frage wird Urlaub erworben? Du hast Anspruch auf den Urlaub in deinem Arbeitsvertrag. Sprich 30 Tage

    oder 24 Tage oder wie auch immer. Er bleibt bestehen selbst wenn du 6 Monate Kurzarbeit hast. Hier wird nichts aufgerechnet oder abgezogen.

    Den AG dazu bringen sich an den Ausfällen der Mitarbeiter zu beteiligen haben wir auch versucht, hat aber nicht geklappt.

    Sind ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern. Könnte mir das nur in großen Konzernen vorstellen.

  • Hallo EDDFBR,


    nun wir sind seit 9 Monaten in Kurzarbeit.

    Die BV hierzu hat uns unsere Gewerkschaft zur Verfügung gestellt ;) die eine Muster-BV zur Kurzarbeit hat.

    Wir haben dort dann nur noch die betrieblichen Daten ergänzt und dem Arbeitgeber dieses als Lösung vorgeschlagen. Da er unbedingt Kurzarbeit wollte und wir als BR auch die Notwendigkeit gesehen haben sind alle Punkte der Muster-BV angenommen worden.

    Hierin enthalten ist auch eine Aufstockung auf 80% des Vollzeitnetto wenn dieser Betrag nicht durch das Kurzarbeitergeld erreicht wird. Warum 80 %, hängt mit dem Kurzarbeitergeld zusammen, das die Agentur bezahlt. ist die Aufstockung höher so hat uns die Agentur gesagt vermindert sie das KUG (war einer der Gründe).


    Wir haben sowohl einzelne Personen ausgenommen wie auch Teilbereiche einer Abteilung. Beispiel Produktion A ist eine Abteilung die 5 unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichen Teams fertigt aber alle unter einer Abteilung fallen. Das produkt a läuft immer noch mit einer guten Auslastung, so das dieses Team nicht in Kurzarbeit ist während alle anderen Teams in Kurzarbeit sind. Ist möglich.


    Schreibt euch im BR alle Fragen auf die euch einfallen und stellt diese.


    Zur schon geplanten und genehmigten Urlaub oder Gleitzeit oder Freistellungstag ist die Lage eindeutig, diese können nicht mit Kurzarbeit belegt werden und sind "normal" zu vergüten.

    Krankheit in Kurzarbeit führt dazu, das die Entgeltfortzahlung reduziert wird, da diese ja so stattzufinden hätte wie wenn der Mitarbeiter arbeitsfähig wäre, und dann hätte er ja auch ggf. Kurzarbeit an den Tagen mit Kurzarbeitsvergütung

    Au die dann länger als 6 Wochen anhält führt auch dazu, dassdas krankengeld der krankenkasse reduziert wird.


    Weitere fragen bitte auch an die Agentur stellen


    gruß

    Rabauke

  • Hallo Rabauke,


    ich habe eine Frage bezüglich der Minderung des Kurzarbeitergeldes durch das Arbeitsamt. Bei einer Aufstockung von über 80% ist meines Erachtens nur der Teil darüber für den Arbeitgeber steuerpflichtig. Welche zusätzliche Minderung hat das Arbeitsamt gemeint? Tausend Dank für Deine Hilfe.


    LG

    BRimHandel

  • Hallo BR im Handel,


    es ging um Beitragspflichten die damit die Kosten des AG deutlich erhöhen. ich habe mal gegoogelt siehe hier:

    https://www.lohn-info.de/kurzarbeitergeld_zuschuss.html


    das führt dann auch dazu, das der Mehraufwand in der Erstellung der Gehaltsabrechnungen deutlich steigt und damit auch beim Arbeitgeber weitere Mehrkosten auftreten.


    Nun komm ich aus der Metallbranche und unsere Gehälter sind mit denen im Handel nicht zu vergleichen. Wäre ich im Handel hätte ich auch versucht den Zuschuss zu erhöhen ;).


    die MusterBV der IGM sieht den Zuschuss auf 80 % vor.


    Gruß

    Rabauke

  • Da es durchaus Tarifverträge mit deutlich höheren Zuschüssen bei Kurzarbeitergeld gibt und der Mehraufwand des Arbeitgeber nur weniger Kurzarbeit für Kollegen im Bereich der Abrechnung heißt, sehe ich keinen Grund, nicht zu versuchen , höhere Zuschläge für die Kollegen heraus zu handeln (haben wir geschafft).

  • Warum nur versuchen?

    Der AG hat im Grunde, so wie ich es sehe, drei Optionen wenn der BR mit dem Zuschuss um die Ecke kommt. Er kann erstens den Vorschlag akzeptieren und dann KUG beantragen, er kann zweitens den Vorschlag ablehnen, kann dann kein KUG beantragen und muss stattdessen vollen Lohn zahlen oder er kann drittens die Einigunggsstelle anrufen, dann wissen beide Seiten nicht so wirklich womit sie wieder rauskommen (so ganz ohne Zuschlag vermutlich aber auch nicht).


    P.S. Rabauke die aktuelle Muster BV der IGM mit Stand 16.03.2020 enthält absichtlich keinen Vorschlag zur Zuzahlung mehr (also keine Ziffer) da Betriebsräte, aufgrund der gesparten Sozialausgaben des AG ruhig höher rangehen sollen

  • Zitat

    ... und der Mehraufwand des Arbeitgeber nur weniger Kurzarbeit für Kollegen im Bereich der Abrechnung heißt, ...

    Naja,


    das ist so nicht richtig. Für den Teil des Zuschusses, der 80% übersteigt, ist der Arbeitgeber beitragspflichtig. D.h., der muss separat abgerechnet werden. Meine Partnerin arbeitet als Lohnbuchhalterin mit DATEV LODAS, und sie hat mir bestätigt dass das ein massiver zusätzlicher Arbeitsaufwand für die Lohnbuchhaltung ist.

    Von daher sollte man vielleicht Aufstockungswerte wie 80,5% (in einem anderen Beitrag so gesehen) vermeiden. Aber wenn 90% von AG-Seite gehen, dann kann man das durchaus machen. Man sollte nur im Hinterkopf behalten, dass das Wort "Mehraufwand" hier kein simples Jammern ist, sonder schon einen Grund hat.

  • Naja,


    das ist so nicht richtig. Für den Teil des Zuschusses, der 80% übersteigt, ist der Arbeitgeber beitragspflichtig. D.h., der muss separat abgerechnet werden. Meine Partnerin arbeitet als Lohnbuchhalterin mit DATEV LODAS, und sie hat mir bestätigt dass das ein massiver zusätzlicher Arbeitsaufwand für die Lohnbuchhaltung ist.

    Von daher sollte man vielleicht Aufstockungswerte wie 80,5% (in einem anderen Beitrag so gesehen) vermeiden. Aber wenn 90% von AG-Seite gehen, dann kann man das durchaus machen. Man sollte nur im Hinterkopf behalten, dass das Wort "Mehraufwand" hier kein simples Jammern ist, sonder schon einen Grund hat.

    Mir fällt dazu nur ein, dass es auch im Netz entsprechende Rechner gibt für Arbeitnehmer (Quelle), wo sie Kurzarbeitsgehälter einfach berechnen können. Wieso gibt man den Leuten diese Werkzeuge nicht einfach an die Hand und stellt stattdessen hochkomplexe Kalkulationen auf?!

  • Hallo Steffwalde,


    das Werkzeug hat jeder der im Internet aktiv ist. dieses Werkzeug gibt aber nur einen Richtwert an und berücksichtigt nicht den Progressionsvorbehalt, andere Einnahmen z.B. aus Miete, verpachtung, zweitjob etc.. Dass alles wird dann beim Jahresausgleich noch berücksichtigt und sorgt für Überraschung negativer Art (Steuernachzahlung des AN)


    Gruß

    Rabauke