Wann ist eine Anhörung erfolgt

  • Hallo,


    ich komme bei meiner Recherche an einem bestimmten Punkt nicht weiter. Vielleicht könnt ihr mir helfen:

    Wir haben eine Auseinandersetzung zu einer Versetzung, der wir widersprochen haben, unter anderem, weil keine Anhörung erfolgt ist. Neben anderen Streitigkeiten (ob es überhaupt eine Versetzung ist usw.) geht es auch darum, ob eine Anhörung bereits erfolgt ist. In einem Vorgespräch (allgemeines Monatsgespräch) wurde uns ein Grund (Low Performer) genannt und die Ankündigung, dass in einem Gespräch einen Monat später der AN voraussichtlich das HomeOffice gekündigt werden soll.

    Dies wurde nicht weiter als Anhörung deklariert.


    Unabhängig vom ganzen Drumrum (der Sachverhalt ist insgesamt komplizierter) geht es mir genau um diese eine Frage:

    Ist mit einer solchen Ankündigung der Absicht eine Anhörung erfolgt?


    Laut Fitting, §99 Rn. 164 ist das fraglich. Allerdings habe ich keinen Zugriff auf DKKW / Bachner Rn 140, um den Hintergrund nachzulesen. Online finde ich kein Zitat. Vielleicht hat jemand das "Heftchen" zur Hand und könnte mir hier (per PN) den Text zur Verfügung stellen. Weitere Antworten dazu konnte ich bislang nicht finden. Die Diskussionen beschränken sich üblicherweise auf Vollständigkeit und inhaltliche Fehler (die wir nebenbei auch sehen).


    Schon jetzt "Danke" für eure Unterstützung!

  • Hallo Tobias,

    ja, eine Versetzung vom Home Office in den Betrieb ist eine Versetzung, da sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen ändern. (§95 Abs.3)

    Die Anhörung ist nicht vollständig, da mit Sicherheit keine Sozialdaten des Betroffenen genannt wurden. Außerdem denke ich(ohne das große Buch gewälzt zu haben) dass in solch einem Fall schon gesagt werden muss, dass dies die Anhörung zur Versetzung sein soll.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Hallo Tobias,


    da die Anhörung an den BR an keinem Schrifterfordernis gebunden ist kann es sich hierbei schon um eine Anhörung gehandelt haben.


    Wenn also bei dem Monatsgespräch mitgeteilt wurde, wir werden Herr abc zum monatsende das Homeoffice kündigen und dann in dem Bürotrakt abc einen Arbeitsplatz zuweisen, und an dem Monatsgespräch wie es sich gehört der BR teilgenommen hat, dann kann das eine ordnungsgemäße Anhörung gewesen sein.

    Wenn es dann noch zu diesem Monatsgespräch ein Protokoll gibt ist dieses auch noch protokolliert.

    Daher, ob ihr ordnungsgemäß angehört wurdet oder nicht muss ggf. ein Gericht entscheiden


    https://www.arbeitsrecht.org/b…iebsratsanhoerung-teil-2/


    gruß

    rabauke

  • Hallo,


    Rabauke kann durchaus Recht haben, da es im Arbeitsrecht nicht unbedingt darauf ankommt, wie eine Maßnahme formal betitelt wird, sondern was sie tatsächlich inhaltlich bedeutet.

    Und wenn wie bei der Anhörung keine besondere Form vorgeschrieben ist, muß halt der BR eine Bemerkung des AG "zwischen Tür und Angel" im Zweifelsfall als Anhörung behandeln und sich rühren, wenn er die Angaben für nicht ausreichend erachten.

    Für derartige Fälle, wenn unklar ist, ob eine Rechtsfolge oder zumindest eine Fristausgelöst wurde hat die Justiz das schöne Wörtchen "höchstvorsorglich" erfunden.

  • Auch wenn ich meinen VorrednerInnen zustimme, dass eine Anhörung "zwischen Tür und Angel" erfolgen kann, möchte ich hier trotzdem davon ausgehen, dass zumindest keine ausreichende Anhörung erfolgt ist.


    Bei "Low Performance" als Begründung muss der AG dem BR schon detailliert darlegen, inwiefern sich die Leistung des/der zu versetzenden AN von der vergleichbarer AN unterscheidet, und über welchen Zeitraum. Das wird er in der Besprechung wohl kaum getan haben.


    Dass der Entzug des Home Office die Versetzungkritieren erfüllt, halte ich für unzweifelhaft gegeben.


    Meine Argumentationslinie als BR wäre hier also folgende: Lieber AG, Du magst uns pauschal informiert haben, als Anhörung kann das mangels der dafür notwendigen Informationen aber nicht gelten. Notfalls kann der BR das dann ja gerichtlich klären lassen.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • In einem Vorgespräch (allgemeines Monatsgespräch) wurde uns ein Grund (Low Performer) genannt und die Ankündigung, dass in einem Gespräch einen Monat später der AN voraussichtlich das HomeOffice gekündigt werden soll. (Fettung von mir)

    ich denke, das es auf das Wort "voraussichtlich" ankommt und ob der AG das so oder ähnlich gesagt hat.


    Fall A: "Lieber BR, nehmt zum Monatsgespräch bitte folgenden Punkt in die Tagesordnung auf: Versetzung von Mitarbeiter XY vom Home Office unter meine Fuchtel wegen Minderleistung" --> Anhörung zu einer beabsichtigten Maßnahme.


    Fall B: "Ach, wo wir gerade so gemütlich zusammen sitzen... wenn der XY weiterhin so wenig schafft, werde ich ihn noch in die Firma beordern, wo ich kontrollieren kann, was er den ganzen Tag so treibt..." --> Allgemeines Gejammer, aber keine konkrete Anhörung.

    Für einen Betriebsrat gilt: Lobt dich der Gegner, ist das bedenklich. Schimpft er, dann bist du in der Regel auf dem richtigen Weg. (August Bebel)

  • Der Mann mit der Ledertasche : Auch Fall A wäre keine ausreichende Anhörung...


    Eine Anhörung kann - korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege, ich bin ja schon ein paar Jahre aus BR-Tätigkeit raus - eine Frist nur auslösen, wenn sie ausreichend ist. Ist die Anhörung unzureichend, läuft die Anhörungsfrist nicht. Und das schlichte Statement, AN Huberfischermeiermüller performe low, reicht eben vorne und hinten nicht.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Auch wenn ich mit euch übereinstimme, dass die Anhörung an keine Form gebunden ist, so denke ich aber doch, dass es im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit dazugehört, zu sagen: "Dies war jetzt die Anhörung, braucht ihr noch was?" Oder: "Bitte gebt mir binnen der Wochenfrist Bescheid, ob ihr der personellen Maßnahme zustimmt."

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Auch wenn ich mit euch übereinstimme, dass die Anhörung an keine Form gebunden ist, so denke ich aber doch, dass es im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit dazugehört, zu sagen: "Dies war jetzt die Anhörung, braucht ihr noch was?" Oder: "Bitte gebt mir binnen der Wochenfrist Bescheid, ob ihr der personellen Maßnahme zustimmt."

    da bin ich ganz bei Markus!

    aber leider gibt es ja immer mehr AGs, die diesen Punkt nicht so ernst nehmen...

    Nicht die Dinge sind positiv oder negativ, sondern unsere Einstellung macht sie so. (Epiktet, gr. Philosoph)

  • Ich danke euch erst einmal für die verschiedenen Meinungen, die ich alle inhaltlich nachvollziehen kann. Ich bin mir sicher, dass die Anhörung nicht vollständig war, befürchte, dass das ein Richter klären müsste und hatte gehofft, dass es eine einfache Antwort wie "Nach Fitting §sowieso Rn. 08/15 ist eine mündliche Anhörung durch das Überkreuzen der Beine für alle Anwesenden erkennbar zu machen."

    Sollte ich eine richterliche Entscheidung bekommen, werde ich sie euch hier mitteilen.

  • Der Mann mit der Ledertasche : Auch Fall A wäre keine ausreichende Anhörung...


    Eine Anhörung kann - korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege, ich bin ja schon ein paar Jahre aus BR-Tätigkeit raus - eine Frist nur auslösen, wenn sie ausreichend ist. Ist die Anhörung unzureichend, läuft die Anhörungsfrist nicht. Und das schlichte Statement, AN Huberfischermeiermüller performe low, reicht eben vorne und hinten nicht.

    Hallo Winfried,


    woher soll der Arbeitgeber wissen, das wir nicht ausreichend Informiert worden sind, wenn wir das ihm nicht mitteilen?

    Ich weis ja nicht wie das so in deinem Betrieb war, bei uns, wenn der Arbeitgeber uns was mitteilt (egal ob schriftlich oder in einem Monatsgespräch Mündlich oder wie auch immer) und uns diese Angaben nicht ausreichen teilen wir ihm innerhalb der 7 Tage mit, hör mal Arbeitgeber uns ist noch nicht klar, wieso Müller ein leistungsschwacher MA sein soll den du versetzen willst, bringen bitte mal Futter dabei. So reicht uns die Info nicht. Uns fehlt hier......

    Denke daran, dass die Frist noch nicht läuft und somit die Maßnahme noch nicht umgesetzt werden kann.


    Mit freundlichen Grüßen

    Rabauke, der BRV des Betriebes


    Wenn wir dem Arbeitgeber keine Fragen stellen, dass war das Theme für uns eindeutig und wir haben dann entweder Schriftlich oder stillschweigend zugestimmt oder Schiftlich die Zustimmung verweigert.


    Daher, ja du liegst falsch, die Anhörung kann für den einen BR ausreichend sein und für den anderen BR nicht, dass muss der dann aber fristgerecht mitteilen.

    Ich kann ja auch zur Versetzung anhören ohne Gründe zu benennen. Wenn der BR dann nicht Aktiv wird, wird die Maßnahme umgesetzt nach 8 Tagen und nicht wie du es dir scheinbar wünschstbis zum st. nimmerleinstag damit gewartet, weil dann erst die Gründe dazu genannt werden (mal überspitzt formuliert).


    Gruß

    Rabauke

  • Rabauke : Mit Verlaub, das ist teils falsch. Wobei ich vermutlicherweise auch teils falsch lag bzw mich unklar ausdrückte.


    Wo ich Dir absolut widerspreche: Es handelt sich bei der ausreichenden Anhörung definitiv nicht um ein subjektives, sondern um ein objektives und gerichtlich überprüfbares Kriterium. Ich empfehle Dir den Blick in die Kommentierungen, zu den § 99 und 102 wird dort meiner Erinnerung nach sehr ausführlich die ordnungsgemäße Anhörung diskutiert.


    Der AG ist bzgl der vollständigen Anhörung in einer Bringschuld, nicht der BR in der Pflicht, weitere Info nachzufragen. Die Frage ist aber die der rechtlichen Konsequenz, wenn die Anhörung unzureichend war und der BR das nicht innerhalb der Frist moniert.


    Vmtl hast Du insofern recht, als dass der BR das tun muss, wenn er die Anhörung nicht verfristen und sich weitere Handlungsoptionen nehmen lassen will. Da wären aber bitte Kommentarstellen recht und nicht gefühlte Statements - im Gegensatz zu mir hast Fu Kommentierungen...


    Aber das ändert m.E. nichts daran, dass die Anhörung nicht ausreichend war. Individualrechtlich könnte der/die betroffene AN damit trotzdem gegen eine solche Versetzung vorgehen, da diese der ordnungsgemäßen Beteiligung des BR mangelt.


    Zuguterletzt empfehle ich dem BR hier zweierlei. Erstens ggf den Rechtsweg in der aktuellen Sache, denn die Frage, ob das überhaupt eine Anhörung war, ist zu klären. Zweitens bei zukünftigen Gesprächen mit dem AG bei jeder Erwähnung möglicher personeller Maßnahmen sicherheitshalber zu Protokoll zu geben, dass man die Info noch nicht iSe einer Anhörung für ausreichend hält.

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Als Betriebsrat sollte man mit dem AG vereinbaren das sämtliche Anhörungen schriftlich erfolgen. Wenn er dies nicht möchte wird erstmal alles blockiert bis er dazu bereit ist! ;)

    Da das Gesetz bei der Anhörung kein Formerfordernis kennt, wäre das illegal; die Anhörung muss nicht schriftlich, nur ausreichend sein.


    Wenn ein BR das dem AG nachweislich sagt und durchzieht, würde ich als AG

    a) ein Auflösungsverfahren gg den BR wg groben Pflichtverstoßes erwägen, und dabei

    b) dafür sorgen, dass ich bei jeder Anhörung unabhängig von der Form nachweisen kann, dass sie vollständig war (z.B. über Besprechungsprotokolle) - denn dann tritt bei Nichtaktivität des BR immer die Zustimmungsfiktion ein, oder

    c) die personellen Maßnahmen, so der BR sie aktiv ablehnt, trotzdem durchführen, da Widersprüche lt. Gesetz nur aus bestimmten Gründen erfolgen können und anderenfalls hinfällig sind.


    Rabauke : Hast Du Kommentarstellen, dass auch eine nicht zureichende Anhörung verfristet? Das interessiert mich wirklich...

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  • Warum sollen sich BR und AG nicht darauf einigen, dass Anhörungen schriftlich erfolgen?

    Das können sie natürlich, aber der BR kann sich m.E. nur darauf berufen, wenn dies in einer Regelungsabsprache schriftlich fixiert ist. Wenn nicht, bleibt es eine Hängepartie...

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  • alleine schon aus Gründen der Beweisbarkeit muss es dem AG doch ein leichtes sein so was schriftlich zu übergeben

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  • schwede12 : Einigen darf man sich, aber der BR darf nicht (als Druckmittel) aus sachfremden Erwägungen alle personellen Maßnahmen ablehnen...


    rtjum : Jede rAG ist gut beraten, das schriftlich oder in Textform zu machen, denn anders wurd man im Bestreutensfalle die ordnungsgemäße Anhörung nicht beweisen können. Nur ist hakt nicht jeder AG gut beraten oder gar klug...

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