Hilfe ! Betriebsbedingte Kündigung / § 622

  • Hallo meine Lieben!
    Bin mal wieder total im Stress und ich schaffe es leider so selten mich wirklich kurz zu fassen:
    Es liegt eine Anhörung zu 3 Betriebsbedingten Kündigungen auf dem Tisch. Wie jedes Jahr eigentlich. Nur, dass wir es letztes Jahr noch schafften, dass kaum jemand wirklich gehen mußte (wie immer zum "Saisonende") und die meisten Kollegen lieber Stunden reduziert haben.
    Wie immer heißt es in der Anhörung, dass die Stellen afugrund der schlechten Lage eingespart werden müssen. Es folgen zahlen der letzten 4 Jahre. Die Zahlen für dieses Jahr spiegeln lediglich die Patientenzahlen bis Ende August wieder (logisch, dass diese Zahlen im Vergleich zu den Jahren noch niedrig sind, das Jahr ist ja noch nichter und der nd wir hatten einen sehr guten September und der Oktober wird auch nicht schlecht). Eine erst seit 3 Jahren laufende und immer ansteigende Sparte wurde komplett verschwiegen.
    Kündigungsgrund ist also die schlechte Auftragslage quasi fürs kommende Jahr. Es müßten ab 01.01.2007 eine volle , eine halbe Stelle in 2 Abteilungen gespart werden. In den Kündigungen selbst soll dann der huldvolle Satz stehen, das bei Besserung der Lage natürlich eine Wiedereinstellung erfolgt. Das fehlt bei der Anhörung. 2 Kolleginnen müssen jährlich für 6 Wochen dran glauben, eine ist erstmalig dabei. Sie ist völlig entsetzt. Sie ist die einzige in der Abteilung, die den Beruf nicht gelernt hat. Die andere Kollegin ist Abteilungsleiterin und die dritte im BR. Bleibt nur sie, die über 50 ist. Will der Oberboss sie wirklich schmeissen, findet sie in unserer Gegend keinen Job mehr. In der Begründung heißt es, dass vor den sozialen Belangen diesmal die fachliche Quali vorginge.
    Wir möchten widersprechen. Aber zum Widerspruch bei Betriebs. Kündigung muß ja die Sozialauswahl falsch berücksichtigt worden sein???Wen sollten wir schon empfehlen sonst zu kündigen?
    Das einzige, das uns wirklich aufgefallen ist:
    Sie ist seit 13 Jahren im Betrieb. Lt. § 622 BGB unterliegt sie doch einem besonderen Kündigungsschutz. Lt. Vertrag wären es 6 Wochen zum Quartalsende. Damit kommt er aber bei Berücksichtigung der Zugehörigkeit nicht hin. Könnten wir dann einen anderen Widerspruch schreiben, der sich nur auf diesen Punkt bezieht? Das beträfe auch die anderen Kolleginnen, die ebenfalls seit mehr als 10 Jahren im Hause sind (eine sogar 15).
    Im November plant er bereits eine weitere Anhörung, mit weiteren 5 Kolleginnen, die er dann feuern will. Warum teilt man uns wohl nicht alle Betrb. Kündigungen gleich mit? Angeblich stehen die Abteilungen solange unter Beobachtung. Sofern sich die Lage nicht ändere, wovon auszugehen ist, werden auch diese wirksam.
    Meine Frage nun, nach welchem Paragraphen weisen wir darauf hin, dass die Kündgungsfristen nicht eingehalten werden?
    Ich hoffe, es war einigermaßen verständlich. Muß Montag die Briefe abgeben!!!
    Allerliebste Grüße
    das Inselchen

  • Hallo Inselchen,

    um Zeit zu gewinnen, könnt Ihr die Anhörung wg. Unvollständigkeit zurückgeben. Aber: Ihr müsst genau definieren, was unvollständig ist (Zahlen zu undifferenziert; Auswirkungen auf die übrige Belegschaft; Offenlegung der Sozialauswahl ...). Auch müsst Ihr bedenken, dass es kein Nachfordern, höchstens ein Nachbessern gibt. Also: Zahlen sind zu undifferenziert (Monatsbasis gefordert). Der AG gibt Euch Zahlen nun auf Quartalsbasis -> hier habt Ihr ein Nachforderungsrecht, weil Ihr die Zahlen anders wolltet. Aber AG liefert die Zahlen auf Monatsbasis, dann könnt Ihr die Zahlen nicht auf Tagesbasis mehr fordern. Auch neue zusätzliche Punkte könnt Ihr nicht mehr nachfordern (dazu habe ich mal ein Urteil gelesen, weiß es aber nicht, wo ich es finde).

    Wenn Ihr dann alle Fakten auf dem Tisch habt, könnt Ihr dann den Widerspruch formulieren. Unser RA hat mal gesagt, je mehr Punkte man hineinschreibt, desto besser. Auch solche Punkte anbringen, die eigentlich nicht zum Widerspruch reichen, aber Bedenken des BR sind. Es reicht ja aus, wenn dann einer dieser Punkte zieht.

    Ich weiß, es klingt abgedroschen: holt Euch Rat und Hilfe bei der Formulierung des Widerspruchs bei einem RA. Der BR kann es meist nicht im richtigen Juristendeutsch schreiben. Und eine falsche Formulierung kann ins Gegenteil umschlagen. Da sind die Juristen einfach eigen.

    Lieben Gruß/Günther

  • Hallo Inselchen,

    noch ein Nachtrag bzgl. Vollständigkeit der Anhörung des BR:

    http://juris.bundesarbeitsgeri…6c&nr=10885&pos=16&anz=76


    "... dass eine Kündigung nicht nur unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausführlich genug nachgekommen ist. "

    Aber wie gesagt: bei einer Nachforderung begibt man sich auf dünnes Eis.

    Grüße aus dem Süden/Günther

  • Hallo,

    in Sachen Vollständigkeit der Unterlagen bin ich voll bei Günther. Der AG muß die Personalzahlen und den Bedarf für alle Unternehmensteile offenlegen, damit Ihr i.S.d. § 102 Abs. 3 Nr. 3 i.V. mit Nr. 4 prüfen könnt.

    Da, wie Du schreibst, das Problem immer wieder auftaucht, stellt sich mir die Frage, ob Ihr eigentlich den § 92 (Personalplanung) schon mal genutzt habt oder dem AG nach § 92a (Beschäftigungssicherung) schon Vorschläge unterbreitet habt, z. B. das Problem mit Hilfe von Jahresarbeitskonten oder Langzeitkonten in den Griff zu kriegen. Der § 92a bietet zwar nichts erzwingbares, stärkt aber im Fall von Kündigungen Eure Position und die der betroffenen AN, wenn der AG sich nicht auf Verhandlungen einlässt.

    &Tschüß

    Wolfgang

  • Hallo,

    ähnliches wie whoepfner:

    Zitat

    Da, wie Du schreibst, das Problem immer wieder auftaucht, stellt sich mir die Frage, ob Ihr eigentlich den § 92 (Personalplanung) schon mal genutzt habt oder dem AG nach § 92a (Beschäftigungssicherung) schon Vorschläge unterbreitet habt, z. B. das Problem mit Hilfe von Jahresarbeitskonten oder Langzeitkonten in den Griff zu kriegen. Der § 92a bietet zwar nichts erzwingbares, stärkt aber im Fall von Kündigungen Eure Position und die der betroffenen AN, wenn der AG sich nicht auf Verhandlungen einlässt.

    hatte ich in Deinem Fall schon mal empfohlen. Was Jahresarbeitszeitkonten o.ä. betrifft, habt Ihr als BR m.W. sogar eine erzwingbare Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 2 und 3. Macht doch mal einen Vorstoß...

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • für eure Antworten.
    Die Hinweise der Personalplanung habe ich natürlich nicht zum ersten Mal gehört....ihr habt vollkommen Recht. Allerdings gestaltet es sich mehr als schwierig mit unsrem GF darüber zu diskutieren. Stundenkonten etc. waren schon vor Jahren ein Thema hier im Haus. Überstünden werden z.T. gefordert, geduldet etc. aber die Umwandlung in Konten würde schon seitens der GF scheitern, weil das Jahr am 31.12. zu Ende ist. Punkt. Stunden dürften auch bei Konten nicht ins Folgejahr übernommen werden. Der Mann ist schwierig, knallt einem unendwegt Zahlen, der Herkunft einem schleierhaft bleibt um die Ohren. Sinnlos. Abgesehen davon habe ich in meinen 1 1/2 Jahren schmerzlich erfahren müssen, was es heißen kann im BR zu sein: Ich bin der Staatsfeind Nr. 1 obwohl wir in keinster Weise unsre Rechte voll ausschöpfen. Meine berufliche Laufbahn wird beständig blockiert, immer mit dem Hinweis darauf, dass er an Stelle meines direkten Vorgesetzten niemals erlaubt hätte, mich in den BR wählen zu lassen. Aber ich will nicht weiter jammern, grundsätzlich macht die Arbeit mir ja Spaß.
    Unsre Widersprüche haben wir auch geschrieben, zusammen mit einem Schreiben voller Bedenken - besonders wegen der nicht beachteten gesetzlichen Kündigungsfristen.
    Wenn der Arbeitgeber sich weigert diese einzuhalten (besonders interessant halt für langjährige MA, die einen verlängerten Kündigungsschutz hätten), wer kümmert sich dann um die Einhaltung der Kündigungsfristen?? Muß der AG die vor Gericht einklagen?? Oder ist die Kündigung damit schon nicht mehr rechtsgültig?
    Wahrscheinlich müßte sie eingeklagt werden und der GF weiß genau, dass die MA das aus Angst dann natürlich doch nicht wieder eingestellt zu werden, niemals tun. Punkt dann für ihn.
    Aber im Internet habe ich nichts genaues gefunden und mich hätte interessiert ob jemand den Fall mal hatte.
    Liebe Grüße
    das Inselchen

  • Hallo Inselchen!

    Euer AG will nicht verhandeln und Punkt? Warum probiert Ihr es nicht mal mit der Einigungsstelle?

    Er blockiert Deine Karriere? Wenn das offensichtlich ist, warum pochst Du nicht darauf, dass Du als BR-M nicht benachteiligt werden darfst und klagst Dir Deine Rechte ggf. gerichtlich ein?

    Dein AG scheint mir nämlich einer zu sein, der nur mit Gewalt zum Dazulernen gezwungen werden kann...

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

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