Unbezahlter Urlaub bei Künstl. Befruchtung?

  • Hallo,

    eine Mitarbeiterin unseres Unternehmens möchte sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen. Die Personalabteilung will nun prüfen, ob sie dafür unbezahlten Urlaub nehmen muss.

    Meiner Ansicht nach kann sie jedoch in dem Fall krankgeschrieben werden. Was meint Ihr?

    Gruss
    Carmen

  • Das die AN hierfür "krankgeschrieben" werden darf, wage ich zu bezweifeln. Dazu müsste man mal in die entsprechenden Richtlinien schauen.

    Ist aber auch egal, da ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz nicht entsteht.

  • Hallo,

    wir hatten den Fall bei uns auch mal und haben uns erkundigt: eine künstliche Befruchtung ist keine Krankheit, also auch kein AU.

    Krankheit: Es liegt ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vor, der einer Heilbehandlung bedarf (siehe Erfurter zu §3 EFZG, Rn. 11). Kinderlosigkeit ist keine Krankheit, die Abhilfe (Befruchtung) damit keine Heilbehandlung.

    D.h. für eine künstliche Befruchtung muss man sich frei nehmen.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • ... Es kommt darauf an, was gemacht wird. Gibt ja mehrere Behandlungsmethoden. Den meisten gehen viele Termine voraus, Untersuchungen, Gespräche usw. Dafür wird es keine Krankschreibung geben. Jedoch z.B. das Entnehmen + wieder Einsetzen der (befruchteten) Eizelle ist ein medizinischer Eingriff, dafür wird Frau krank geschrieben.

    Gruß

    Elke

  • Elke,

    kannst Du das denn auch belegen?


    Wie ist das denn wenn sich eine Frau ihr Gesicht straffen lässt, hat sie für diesen medizinischen Eingriff auch Anspruch auf Lohnfortzahlung?

  • Hallo, Timo -

    zu 1.: ich kann Beispiele bringen, da ist es so gewesen. Und gehe davon aus zu Recht.

    zu 2.: weiß ich nicht bzw. möglicherweise, wenn der Arzt erkennt, dass die betroffene Person ohne diesen Eingriff selbst (psychisch / physisch) gefährdet ist. Das ist doch auch das Prinzip, nach dem geprüft wird, ob ein sehr später Schwangerschaftsabbruch noch vorgenommen werden darf. Gibt noch andere Beispiele.

    Nur mal als Ansatz: Vielleicht muss man nicht immer alles so theoretisch sehen + hinterfragen? Statt zu sagen: "Das ist keine Krankheit, soll sie mal sehen, wie sie damit klar kommt!" sage ich, wenn der Arzt krank schreibt, hat er einen Grund + stellt die richtige Diagnose, die auch evtl. Prüfungen übersteht. Da gibt es aus ärztlicher Sicht einen Ermessensspielraum, das finde ich durchaus richtig.

    Gruß

    Elke

  • Zitat von Elke_DD:

    zu 1.: ich kann Beispiele bringen, da ist es so gewesen. Und gehe davon aus zu Recht.

    Das ist mir als rechtliche Argumentation etwas zu dünn...

    Zitat

    zu 2.: weiß ich nicht bzw. möglicherweise, wenn der Arzt erkennt, dass die betroffene Person ohne diesen Eingriff selbst (psychisch / physisch) gefährdet ist.

    Ich bezog mich hier auf Deine Argumentation "Jedoch z.B. das Entnehmen + wieder Einsetzen der (befruchteten) Eizelle ist ein medizinischer Eingriff, dafür wird Frau krank geschrieben."
    Kurz: "Medizinischer Eingriff" = "Krankschreibung" = "Anspruch auf Lohnfortzahlung"
    Dort hattest Du auch nicht darüber sinniert, ob ohne die künstliche Befruchtung eine Gefährdung der Nichtmutter vorliegt.


    Zitat

    Das ist doch auch das Prinzip, nach dem geprüft wird, ob ein sehr später Schwangerschaftsabbruch noch vorgenommen werden darf. Gibt noch andere Beispiele.

    Das ist mir jetzt doch eine sehr weit gegriffene Analogie.


    Zitat

    Nur mal als Ansatz: Vielleicht muss man nicht immer alles so theoretisch sehen + hinterfragen? Statt zu sagen: "Das ist keine Krankheit, soll sie mal sehen, wie sie damit klar kommt!" sage ich, wenn der Arzt krank schreibt, hat er einen Grund + stellt die richtige Diagnose, die auch evtl. Prüfungen übersteht. Da gibt es aus ärztlicher Sicht einen Ermessensspielraum, das finde ich durchaus richtig.

    Elke, was schätzt Du, wie lange sich Dein Gyn im Studium mit arbeitsrechtlichen Fragen beschäftigt hat? Glaubst Du, dass er in arbeitsrechtlichen Fragen fit ist?
    Der Arzt wird immer nur auf Grund der medizinischen Diagnose entscheiden ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, oder nicht. Er wird dabei aber nicht hinterfragen, ob auch ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, denn dazu ist er genau so wenig ausgebildet, wie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht auch nicht ausgebildet wurde, künstliche Befruchtungen vorzunehmen.
    Ein Arzt wird Dir vermutlich auch dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen wenn Du in die Praxis kommst und sagst: "Ich habe mir heute vor lauter Langeweile selbst die Hand amputiert."

    Der Fehler den Du machst, ist zu meinen, dass die AU-Bescheinigung selbst bereits einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bedeutet. Ich befürchte dass die Einreichung einer AU-Bescheinigung an den Arbeitgeber auf Grund einer künstlichen Befruchtung bereits den Tatbestand des Betrug(sversuch)es erfüllen konnte.
    Die Crux ist doch, dass deutsche Arbeitgeber kein Recht haben, die Diagnose zu erfahren damit sie überprüfen können, ob überhaupt ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht. Im Grunde sollte man allen Arbeitgebern empfehlen, die LFZ sofort einzustellen wenn eine AU-Bescheinigung vom Chirurgen oder vom Gyn kommt.

  • Hallo, Timo -

    Dein Rat an die AG, bei bestimmten Krankenschein sofort die Lohnfortzahlung einzustellen, ist schon heftig. Wäre was fürs betriebliche Vorschlagswesen...

    Mir war schon klar, dass Du meinen Beitrag nicht so stehen lassen würdest. Aber: Als BR sind wir nicht für die Prüfung der Krankschreibungen verantwortlich / zuständig. Sollte es da Probleme geben, wird der betroffene MA kommen + sie besprechen.

    Ich würde auch niemandem vorher sagen, er darf sich in dem Fall nicht krankschreiben lassen. Zum Glück wird bei uns weder im BR noch in der GF so gedacht.

    Gruß

    Elke

  • [/quote]
    Die Crux ist doch, dass deutsche Arbeitgeber kein Recht haben, die Diagnose zu erfahren damit sie überprüfen können, ob überhaupt ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht. Im Grunde sollte man allen Arbeitgebern empfehlen, die LFZ sofort einzustellen wenn eine AU-Bescheinigung vom Chirurgen oder vom Gyn kommt.[/quote]

    Hallo,

    um zunächst die Höflichkeit zu wahren: Vielen Dank für Deinen Beitrag. Allerdings bin ich doch - gelinde gesagt - geschockt über Deine Ansicht. Du bist ein Betriebrat???

    Ich würde bei der Einstellung mal meine Intention überprüfen :?

    Meiner Ansicht nach sollte eine Frau sehr wohl krank geschrieben werden, wenn sie eine künstl. Befruchtung plant. Dass das offenbar nicht so ist, hätte ich nicht gedacht und finde es schade. Aber gut, das ist dann wohl Fakt. Tut mir leid für die Kollegin, die gefragt hat.

    Sollte ich mal in dieselbe Situation kommen, würde ich dem Arbeitgeber nichts von der künstl. Befruchtung sagen und einen AU abgeben. Das geht ihn gar nichts an, was ich habe. Und wenn er die Lohnfortzahlung stoppt, gehe ich vor´s Arbeitsgericht.

    Das würde ich auch jeder Frau in der Situation empfehlen - rechtlich sauber oder nicht.

    Danke, Elke, für Deine Ausführungen!!!!

    Gruss
    Carmen

  • Servus,

    der Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, und weil ich das jetzt gemacht habe, revidiere ich meine obige Meinung und behaupte fürderhin das Gegenteil. Guckt Ihr Erfurter zu § 3 EFZG, Rn. 22 u. 58: Soweit mit Eingriffen zur Beseitigung der Unfruchtbarkeit Krankheit oder AU verbunden ist, besteht Entgeltfortzahlunganspruch. (Wobei diese Formulierung bei genauem Hinsehen schon noch Fallstricke enthält).

    Im Übrigen: Der AG kann nicht einfach die Entgeltfortzahlung verweigern. Laut hRM kommt einer im Inland ausgestellten AU-Bescheinigung ein sehr hoher Beweiswert zu (ebda., zu § 5 EFZG; Rn. 33ff.).

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Zitat von Winfried:

    Erfurter zu § 3 EFZG, Rn. 22 u. 58: Soweit mit Eingriffen zur Beseitigung der Unfruchtbarkeit Krankheit oder AU verbunden ist, besteht Entgeltfortzahlunganspruch.

    Wird denn mit einer künstlichen Befruchtung die Unfruchtbarkeit beseitigt? Meines Erachtens nicht! Hier wird nicht die Ursache beseitigt, sondern die Folgen.

    Also fehlt es wohl schon an den Voraussetzungen...


    Zitat

    Im Übrigen: Der AG kann nicht einfach die Entgeltfortzahlung verweigern. Laut hRM kommt einer im Inland ausgestellten AU-Bescheinigung ein sehr hoher Beweiswert zu (ebda., zu § 5 EFZG; Rn. 33ff.).

    Deine Folgerung ist meines Erachtens falsch! Der Arzt stellt eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer aus. Er prüft aber nicht, ob die Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung gegeben sind. Das kann er auf Grund seiner Ausbildung gar nicht.

    Übrigens, das Arbeitsgericht Herne folgte zumindest in seinem Urteil vom 08.07.2004, Aktenzeichen: 4 Ca 416/04 meiner Rechtsauffassung.

  • Zitat von Carmen:

    Hallo,

    um zunächst die Höflichkeit zu wahren: Vielen Dank für Deinen Beitrag. Allerdings bin ich doch - gelinde gesagt - geschockt über Deine Ansicht. Du bist ein Betriebrat???

    Ich hoffe dass Du Dich von deinem Schock auch wieder erholst.
    Deiner Ansicht nach gibt es also Denkverbote für Betriebsräte?
    Was wäre denn Dein Vorschlag wie ein Arbeitgeber hier verfahren sollte damit er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt, aber auch nicht mehr zahlt als er verpflichtet ist?


    Zitat

    Meiner Ansicht nach sollte eine Frau sehr wohl krank geschrieben werden, wenn sie eine künstl. Befruchtung plant.

    Ein sehr feministischer Ansatz! Bereits für die Planung? Was wäre aus Deiner Sicht denn die angemessene Zeit für die Planung?


    Zitat

    Dass das offenbar nicht so ist, hätte ich nicht gedacht und finde es schade. Aber gut, das ist dann wohl Fakt. Tut mir leid für die Kollegin, die gefragt hat.

    Sollte ich mal in dieselbe Situation kommen, würde ich dem Arbeitgeber nichts von der künstl. Befruchtung sagen und einen AU abgeben. Das geht ihn gar nichts an, was ich habe. Und wenn er die Lohnfortzahlung stoppt, gehe ich vor´s Arbeitsgericht.


    Betrug rechtfertigt in der Regel die außerordentliche Kündigung. Davor schützt auch eine dann möglicherweise bestehende Schwangerschaft nicht.

    Warum soll der Arbeitgeber Dir Deinen Kinderwunsch "finanzieren"?
    Der Kinderwunsch scheint ja auch nicht sonderlich wichtig zu sein wenn Du nicht bereit bist etwas von deiner persönlichen Zeit darein zu investieren.

  • Hallo,

    Frage ist: Stellt der/die behandelnde Arzt/Ärztin bei einer künstlichen Befruchtung eine AU-Bescheinigung aus oder nicht? Das ist hier die Frage... Hier habe ich meine Meinung quasi gewechselt, meine also, dass eine AU wohl gegeben sein könnte, sehe aber durchaus Fallstricke.

    Der/die behandelnde MedizinerIn ist verpflichtet, meine Arbeitsfähigkeit zu überprüfen, bevor er/sie die AU ausstellt. Bin ich AU, habe ich Anspruch auf Entgeltfortzahlung (ausser z.B. ich bin selber an der AU schuld, z.B: weil ich mit 5.1 Promille gegen einen Baum gefahren bin, oder wenn ich mich genesungswidrig verhalte).

    Habe ich eine AUB und gebe diese ab, dann kann mich niemand des Betruges bezichtigen. Und damit auch nicht kündigen. Weil selbst wenn der/die MedizinerIn mir u.U. die AUB zu Unrecht gegeben hätte, handelte ich doch nicht wider Treu und Glauben, sondern nach ärztlicher Vorgabe.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • [quote="Timo Beil Warum soll der Arbeitgeber Dir Deinen Kinderwunsch "finanzieren"?
    Der Kinderwunsch scheint ja auch nicht sonderlich wichtig zu sein wenn Du nicht bereit bist etwas von deiner persönlichen Zeit darein zu investieren.[/quote]

    Bei allem Respekt, das ist eine Unverschämtheit. Für wen hältst Du Dich? A) Es geht nicht um mich und B) wie willst Du bitte schön beurteilen, was für irgendeine Frau gesundheitsschädlich ist oder nicht? Eine Frau während dieser Phase braucht RUHE und darf KEINEN STRESS haben! Da soll sie ihren ganzen Jahresurlaub für eine künstl. Befruchtung hergeben?

    Und wenn nicht, will sie es gar nicht wirklich? Du machst es Dir verdammt einfach. Du darfst zwar DENKEN, obwohl Du ein BR bist, aber wenn BR so denken.... Dann stimmt für mich die Welt nicht mehr. Du bist ein ArbeitNEHMERvertreter, aber das weisst Du ja sicher selber.

    Ich will mich hier aber nicht streiten. Für mich ist das Thema abgeschlossen.

    Gruss
    Carmen

  • Zitat von Winfried:

    Hallo,

    Frage ist: Stellt der/die behandelnde Arzt/Ärztin bei einer künstlichen Befruchtung eine AU-Bescheinigung aus oder nicht? Das ist hier die Frage... Hier habe ich meine Meinung quasi gewechselt, meine also, dass eine AU wohl gegeben sein könnte, sehe aber durchaus Fallstricke.

    Diese AU-Bescheinigung wäre übrigens unzulässig. Siehe hierzu:

    Richtlinien
    über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit
    und die Maßnahmen
    zur stufenweisen Wiedereingliederung
    (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien)
    nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7
    des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)

    § 3 Ausnahmetatbestände
    (1) Arbeitsunfähigkeit besteht nicht, wenn andere Gründe als eine
    Krankheit des Versicherten Ursache für eine Arbeitsverhinderung
    sind.
    (2) Arbeitsunfähigkeit liegt nicht vor
    — [SIZE="9"]bei Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten
    Kindes. Die Bescheinigung hierfür hat auf dem vereinbarten
    Vordruck (Muster Nummer 21) zu erfolgen, der dem Arbeitgeber
    vorzulegen ist und zur Vorlage bei der Krankenkasse zum
    Bezug von Krankengeld ohne Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit
    des Versicherten berechtigt,[/SIZE]
    für Zeiten, in denen ärztliche Behandlungen zu diagnostischen
    oder therapeutischen Zwecken stattfinden, ohne dass diese
    Maßnahmen selbst zu einer Arbeitsunfähigkeit führen,

    — bei Inanspruchnahme von Heilmitteln (z. B. physikalisch-medizinische
    Therapie),
    — [SIZE="9"]bei Teilnahme an ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation
    oder rehabilitativen Leistungen anderer Art (Koronarsportgruppen
    u. a.),[/SIZE]
    — [SIZE="9"]bei Durchführung von ambulanten und stationären Vorsorgeund
    Rehabilitationsleistungen, es sei denn, vor Beginn der Leistung
    bestand bereits Arbeitsunfähigkeit und diese besteht fort
    oder die Arbeitsunfähigkeit wird durch eine interkurrente
    Erkrankung ausgelöst,[/SIZE]
    — [SIZE="9"]wenn Beschäftigungsverbote nach dem Infektionsschutzgesetz
    oder dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) (Zeugnis nach § 3
    Abs. 1 MuSchG) ausgesprochen wurden,[/SIZE]
    bei Organspenden für die Zeit, in welcher der Organspender
    infolge seiner Spende der beruflichen Tätigkeit nicht nachkommen
    kann,

    bei kosmetischen und anderen Operationen ohne krankheitsbedingten
    Hintergrund und ohne Komplikationen oder

    — bei einer nicht durch Krankheit bedingten Sterilisation (Verweis
    auf § 5 Abs. 1 Satz 3 dieser Richtlinien).

    Die Organspende habe ich deshalb hervorgehoben, weil sie auch eine Idee gibt, was alles als Ausnahmetatbestand zu sehen ist.


    Zitat

    Der/die behandelnde MedizinerIn ist verpflichtet, meine Arbeitsfähigkeit zu überprüfen, bevor er/sie die AU ausstellt. Bin ich AU, habe ich Anspruch auf Entgeltfortzahlung (ausser z.B. ich bin selber an der AU schuld, z.B: weil ich mit 5.1 Promille gegen einen Baum gefahren bin

    Richtig! Und jetzt könnte man beginnen darüber zu sinnieren ob eine künstliche Befruchtung nicht ebenso "selbst verschuldet" ist, wie obige Alkoholfahrt...


    Zitat

    oder wenn ich mich genesungswidrig verhalte.

    Das wiederum dürfte den Anspruch auf Entgeltfortzahlung regelmäßig nicht gefährden.


    Zitat

    Habe ich eine AUB und gebe diese ab, dann kann mich niemand des Betruges bezichtigen. Und damit auch nicht kündigen. Weil selbst wenn der/die MedizinerIn mir u.U. die AUB zu Unrecht gegeben hätte, handelte ich doch nicht wider Treu und Glauben, sondern nach ärztlicher Vorgabe.

    Nicht die Abgabe der AU selber dürfte hier den Tatbestand des Betruges erfüllen, aber das Begehren von Lohnfortzahlung wenn ich weiß dass ein Lohnfortzahlungsanspruch nicht besteht. Und dies ist bei Carmen nun unzweifelhaft der Fall.

  • Hallo zusammen,
    wo bleibt da eigentlich die Gleichbehandlung.
    Wenn ich mich der Meinung von Carmen anschliesse, und die künstliche Befruchtung findet quasi während der Arbeitszeit statt (nichts anderes bedeute Lohnfortzahlung schliesslich), dann muss ich aber denen, die eine natürliche Befruchtung vorziehen (können), entsprechenden Ersatz schaffen. In Form von Urlaub, Gleitzeit oder was auch immer.

    Heißt also, ich reiche meinem Chef demnächst Überstundenanträge rein für meine Nachwuchsbemühungen. Kriege ich dann eigentlich auch Nachtzuschläge oder so?

    Nee, mal ehrlich.
    An sich stehe ich auf dem Standpunkt, dass die Natur sich was dabei denkt, wenn sie jemanden unfruchtbar macht. Aber das sind philosophische Betrachtungen.

    Wichtiger hier im Forum sind Arbeitsrechtliche. Und da muss ich Timo recht geben. Die Frau is de facto zwar arbeitsunfähig, wenn sie im OP liegt, aber das ist ein vorsätzlich herbeigeführter Umstand. Und dafür kann der Arbeitgeber keinesfalls zu Zahlungen rangezogen werden.
    Ich kann auch ein anderes Beispiel für Vorstzhandlung liefern, wenn das auch recht krass ist.
    Korrekte Verweigerung der Lohnfortzahlung passiert bei Selbstverstümmelung (z.B. als Versicherungsbetrug). Schlägt man sich eine Hand ab, ist man zwar tatsächlich arbeitsunfähig und bekommt das natürlich auch ärztlich bestätigt, aber nicht auf Grund Fahrlässigkeit, sondern willentlich, wissentlich und vorsätzlich. Und dafür muss der AG nun mal nicht aufkommen.

    Die strafrechtlichen Aspekte bei der Erschleichung von Lohnfortzahlung lasse ich mal ganz raus.

    Grüße
    Gertrüde

  • Zitat von Carmen:

    Bei allem Respekt, das ist eine Unverschämtheit. Für wen hältst Du Dich?
    A) Es geht nicht um mich

    Carmen,

    wer lesen kann ist im Vorteil! Du selber hattest geschrieben "Sollte ich mal in dieselbe Situation kommen, würde ich dem Arbeitgeber nichts von der künstl. Befruchtung sagen und einen AU abgeben. Das geht ihn gar nichts an, was ich habe. Und wenn er die Lohnfortzahlung stoppt, gehe ich vor´s Arbeitsgericht."
    Auf diesen Passus habe ich mich bezogen! Es geht an dieser Stelle um die Erörterung Deines hypothetischen Befruchtungswunsches.


    Zitat

    und B) wie willst Du bitte schön beurteilen, was für irgendeine Frau gesundheitsschädlich ist oder nicht?

    Das habe ich doch gar nicht getan! Bin ja schließlich kein Mediziner.


    Zitat

    Eine Frau während dieser Phase braucht RUHE und darf KEINEN STRESS haben! Da soll sie ihren ganzen Jahresurlaub für eine künstl. Befruchtung hergeben?

    Naja, den ganzen? Aber gehen wir einfach mal davon aus, dass dieser zeitliche Umfang (>=24 Werktage im Jahr) tatsächlich notwendig ist, warum sollte sich eine Frau dieser Behandlung nicht gerade in einer Zeit unterziehen die traditionell der Ruhe und Entspannung dienen soll und vor allem: Warum soll der Arbeitgeber hier zusätzlich zum Erholungsurlaub eine weitere Freistellung gewähren während derer er keine Arbeitsleistung bezieht?


    Zitat

    Und wenn nicht, will sie es gar nicht wirklich?

    Zumindest darf man dann darüber nachdenken, warum der Kinderwunsch in den Hintergrund tritt, wenn dafür persönliche Freizeit geopfert werden soll. Erinnert mich an die Arbeitnehmer die nur dann auf die Beisetzung ihrer Eltern gehen wollen wenn sie dafür bezahlt freigestellt werden.


    Zitat

    Du machst es Dir verdammt einfach. Du darfst zwar DENKEN, obwohl Du ein BR bist, aber wenn BR so denken.... Dann stimmt für mich die Welt nicht mehr. Du bist ein ArbeitNEHMERvertreter, aber das weisst Du ja sicher selber.

    Und Arbeitnehmervertretern ist es versagt, eine Meinung zu haben die der arbeitsrechtlichen Wirklichkeit entspricht? Immerhin hat das Arbeitsgericht Herne ja genau so entschieden wie ich es hier verargumentiere.

    Manchmal lohnt es sich sogar, ein paar Schritte weiter zu denken:
    Angenommen, der Arbeitgeber finanziert zusätzlich zum Erholungsurlaub noch einmal künstliche Befruchtungszeit im selben Umfang. Und danach "darf" er dann den Mutterschutz und ein mögliches Beschäftigungsverbot finanzieren. Wäre es nicht nachvollziehbar wenn dieser AG in Zukunft keine Frauen mehr einstellt. Dann ist das Jammern aber wieder groß!

    Manches Mal macht es auch Sinn, etwas über den Tellerrand hinaus zu schauen. Diese Diskussionen die wir hier in Deutschland zum Thema AUB führen sind für einen Niederländer schlichtweg unverständlich.


    [/b]

  • Zitat von :

    (...)Wenn ich mich der Meinung von Carmen anschliesse, und die künstliche Befruchtung findet quasi während der Arbeitszeit statt (nichts anderes bedeute Lohnfortzahlung schliesslich), dann muss ich aber denen, die eine [SIZE="18"]natürliche Befruchtung[/SIZE] vorziehen (können), entsprechenden Ersatz schaffen. In Form von Urlaub, [SIZE="18"]Gleitzeit[/SIZE] oder was auch immer.
    (...)


    Das ergibt einen ganz neuen Aspekt bei dem Begriff "Gleitzeit"

  • Hallo!

    Timo: "Gleitzeit"? :lol:
    @Alle: Und ich ändere nochmal meine Meinung, weil ich drüber geschlafen habe: Wenn ich mir die Formulierungen aus dem Erfurter nochmal anschaue, dann lese ich, dass eine AU, die in Folge einer künstlichen Befruchtung eintritt (z.B. wegen Komplikationen), zur Entgeltfortzahlungspflicht führt - nicht aber der Vorgang der künstlichen Befruchtung selbst.

    Grüsse vom meinungstechnisch flexiblen Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.